Herr Kinkerlitz
Hast Du auch eine Sammelleidenschaft?
Titelbild und Text von Marle
„Guten Tag!“, sagte Herr Kinkerlitz zum Geschäftsmann. „Ich bin Sammler. Schenken Sie mir eine Kleinigkeit?“
Der beleibte Geschäftsmann, der gerade vor einem Stapel Rechnungen saß, schaute Herr Kinkerlitz amüsiert an. „Sie können meine Schulden haben, aber die wollen Sie sicherlich nicht.“
„Nein!“, wehrte der Herr Kinkerlitz ab. „Solche Kinkerlitzchen meine ich nicht. Sowieso, ehe wir uns beide herum gedreht haben, haben Ihre Schulden sich in Rauch aufgelöst. Haben Sie nichts Bleibendes?“
„Was Bleibendes?“, lachte der Geschäftsmann. „Möchten Sie meine Sorgen haben? Die begleiten mich den ganzen Tag. Die fressen mir noch die Haare vom Kopf.“ Er zeigte dabei auf seine behaarte Glatze.
Herr Kinkerlitz schüttelte mit dem Kopf. „Ach, das sind doch alles nur Kinkerlitzchen. Wenn Sie heute Abend hier die Tür abschließen, haben Sie Ihre Sorgen schnell vergessen. Nein, solche Dinge möchte ich nicht.“
„Mm.“, überlegte der Geschäftsmann. Er wollte ja nicht unhöflich sein, das wäre nicht gut für sein Geschäft.
„Ich könnte Ihnen die Hälfte von meinem Essen anbieten, falls Sie gerade Hunger haben.“ Er wies auf den kleinen Nebentisch, worauf sein 2. Frühstück stand. Doch auch das wollte der Herr Kinkerlitz nicht: „Kinkerlitzchen.“, murmelte er. „Nahrungsmittel sammelt man doch nicht. Sie verderben viel zu schnell. Sowieso meine ich was Besseres.“
Jetzt wurde der Geschäftsmann ungehalten. Er wusste, man sah es ihm schon an, dass er nicht zu leiden brauchte, aber zu verschenken hatte er auch nichts.
„Von meiner Ware kann ich Ihnen nichts geben, außerdem ist sie noch nicht bezahlt.“, greinte er seinen Gegenüber an. Doch der Herr Kinkerlitz erklärte nur: „Mit solchen Kinkerlitzchen befasse ich mich nicht. Ihre Ware ist mir viel zu neu und sowieso für mich nicht aussagekräftig. Ich sammele was wirklich wichtig ist.“
„Ja, ich weiß, Sie wollen mein Geld!“, fuhr der Geschäftsmann Herrn Kinkerlitz an, weil er sich nicht mehr beherrschen konnte. „Ich habe aber kein Geld, das würde ich gern selber sammeln.“
Traurig sah der Herr Kinkerlitz den Geschäftsmann an:
„Was soll ich denn mit Ihrem Geld? Das sind doch alles nur Kinkerlitzchen. Früher oder später müsste ich es sowieso wieder ausgeben. Nein, ich sammele nur, was ich wirklich behalten kann.“
Nun staunte der Geschäftsmann den Herrn Kinkerlitz an:
„Ja um alles in der Welt, was sammeln Sie denn dann?“
„Erfahrungen! Nur Erfahrungen! Danke für das aufschlussreiche Gespräch!“
Marlis Stephan
13. Juli 2013