Messerchen und Gäbelchen
Ich war zum Kaffee eingeladen, zu Bekannten, die mehr Geld haben, als sie je werden ausgeben können. Ich freute mich auf ein Wiedersehen. Meine Bekannte ist 75 Jahre alt, er 85 Jahre alt. Einliebenswertes, sympathisches Ehepaar.
Ich guckte entzückt auf meinen Berliner, den mir Frau M auf den Teller gelegt hatte. Es gab für jeden einen Berliner und Kopenhagener "Guten Appetit", wünschte uns Herr M.. Den hatte ich und nahm den Berliner in die Hand, um herzhaft hinein zu beißen. Dass ich hier
gerade einen großen Fehler gemacht hatte, sah ich an den erstaunten Blicken der Beiden.
"Oh", sagte Herr M freundlich lächelnd: "Hat meine Frau vergessen, Ihnen das Kuchenbesteck hizulegen?" Ich sah auf meinen Teller und tatsächlich...daneben lag ein kleines Gäbelchen und ein kleines Messerchen. Jetzt sah ich auch, dass die Beiden ihr Besteck in den Händen hielten.
"Ach", sagte ich ebenso lächelnd wie Herr M: "Da lag die Serviette drüber. Ich wunderte mich auch schon.."
Ob Ehepaar M mir das abgenommen hatte, kann ich nicht sagen, Ich hatte jedenfalls einen angenehmen schönen Nachmittag.
Auf dem Weg nach Hause musste ich wieder daran denken, dass ich völlig vergessen hatte, bei wem ich eingeladen war. Geld macht manchmal sonderlich.
Ich hab natürlich meine Freundinnen angerufen und sie erst mal ausgehorcht, wie sie denn einen Berliner essen würden. "Mit den Händen". Na, sagte ich dann nur, wenn ihr so weitermacht, wird
das nichts mehr mit dem Reichtum in diesem Leben. Muss ja einen Grund haben.