Vorbemerkung
Ohne Zweifel ging es Böttger lange Zeit nicht besonders. Ohne Zweifel hing er noch immer der Idee der Goldtransformation nach.
Als Betrüger gelang es ihm, als Erfinder des Porzellans dazustehen.
Das Herumhantieren mit giftigen Substanzen besiegelte seinen frühen Tod.
Erfunden hatte das Porzellan ein Anderer!
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Übersicht
Der Betrüger Teil3
Nachtrag
Bilder
Der Betrüger Teil 3
Man schrieb nun das Jahr 1705. Damit endet mein Teil 2.
Auf der Albrechtsburg arbeiteten Tschirnhaus und Böttger zusammen. Während Tschirnhaus der Wissenschaftler war, zeichnete Böttcher die Praxisorientierung aus. Inzwischen war der Ofenbau weiterentwickelt worden, so dass über 1000 Grad Hitze erreicht werden konnten (Erbauer: Balthasar Görbig und Andreas Hoppe nach den Plänen von Papst von Ohein). Umgesetzt wurden diese Öfen erst in Königstein.
Es ging erst einmal darum Schmelztiegel zu
entwickeln und künstlichen Marmor herzustellen. Eine erste Entdeckung dabei war, dass sich dunkle Keramik Partien sintern (verdichten) ließen, helle Stellen aber porös blieben.
Es kam etwas dazwischen, nämlich der Krieg, der schon über 4 Jahre rumorte und erst 1706 mit dem Altranstädter Frieden am 24. September 1706 sein Ende fand. Da die Schweden eingefallen waren, wurde Böttger mit anderen Gefangenen nach Königstein gebracht..
Tschirnhaus war währenddessen nicht untätig und ließ in der Festung Königstein ein Labor nach neuesten Anforderungen einrichten. Dazu gehörten nun auch Brennöfen, die noch etwas höhere
Temperaturen erzeugen und auch halten konnten. Das Labor befand sich auf Königstein in den Kasematten der Jungfernbastei.
Im Folgenden verzichte ich auf die Darstellung von wichtigen Mitwirkenden, wie von Ohein und Barthelmei, weil es sonst den Umfang hier sprengen würde.
Jedenfalls, am 22.September 1707 brachte man Böttger in die Jungfernbastei. Die Überwachung wurde noch strenger. Genügend Soldaten riegelten das Umfeld ab.
Nach der Kriegsbedingten Untätigkeit zwischen 1706 und 1707, passte Böttger der neue Aufgabenbereich nicht wirklich. Die Gefangenschaft ebenso wenig. Er beschwerte sich. Vor allem wollte er mit der
Arbeit am Porcelaine nichts zu tun haben. Schließlich sei es Sache von Tschirnhaus.
(Brief vom September 1707). Er hing wohl immer noch dem Wahn nach, Gold produzieren zu können. Es half natürlich nichts. Der Kurfürst befahl!
Wieder ist Böttger offensichtlich in Fluchtpläne von anderen Gefangenen involviert (März 1707). Wollte er selber auch fliehen?
Jedenfalls verrät er seine Mitgefangenen.
Ein Herzchen!
Er muss sich einer Untersuchung stellen. Am 07.Juni 1707 wurde Böttger mit Tschirnhaus und Bartholomai nach Dresden beordert. Natürlich war auch ein Offizier zur Sicherung
dabei. Termin: 8.Juni., 5 Uhr früh, zur Vermeidung von Aufsehen. Bei dieser Audienz mit August waren wohl ein paar geharnischte Worte gefallen. Zack, zurück nach Königstein. Es war das einzige Mal, dass Böttger Königstein je verlassen hat. Er war und blieb ein Gefangener.
August Friedrich II. von Sachsen schaute dann persönlich nach dem Lümmel. Anfang Oktober 1707. Mit dabei war von Tschirnhaus und von Fürstenberg. „„tu mir zurecht Böttger, sonst ..." Das langte.
Alle Beteiligten bezahlte August durchaus angemessen, Tschirnhaus allerdings fürstlich. Den Handlanger Böttger nicht. Er bekam nur ein Handgeld von 50 Talern.
Als Gefangener, vor allem als kleiner
Zuarbeiter, klagte Böttger darüber, dass er seine Behausung nicht verlassen durfte. Er drohte mit Selbstmord und ließ seine Wut an seinen drei Dienern aus.
Am 22.September wurde Böttger nach Dresden verlegt. Er hatte 1 Jahr und 17 Tage in strenger Gefangenschaft auf Königstein verbracht.
Im Oktober fruchtete die Zusammenarbeit mit Tschirnhaus und zeigte erste Erfolge. Im Oktober, kurz nach der Warnung an Böttger durch August, da entstand das Jaspisporzellan (nach dem Jaspis-Edelstein). Es war rot, rotbraun und stellte sich als dichter, feiner, härter, als das importierte, Chinesische heraus. Man konnte es schöner schleifen und polieren. Durch das Beifügen
von Kaolin (Anregung durch von Ohein! und entscheidend) gelang im Dezember 1707 das erste, echte Gefäß aus Hartporzellan.
Dazu gibt es tatsächlich einen Nachweis. Ein Protokoll.
15. Januar 1708: „Dass „er“ nach 12 stündigem Brand um 5 Uhr einen weißen, durchscheinenden Scherben in Form kleiner Tellerchen erhalten hat.“
Das gilt als das genaue Datum der Geburtsstunde des europäischen Hartporzellans.
Nun hat aber eine Schriftprobenanalyse ergeben, dass dieses Protokoll gar nicht von Böttger stammt, sondern von Dr. Bartholomäi, einem Mitarbeiter Tschirnhaus‘. Wer war dann mit „er“ gemeint?
Jetzt wird es doch merkwürdig.
Fest steht, dass Tschirnhaus am 11. Oktober 1708 plötzlich verstarb. Man diagnostizierte die rote Ruhr. Er wurde nur 57 Jahre alt.
Auch damals schon konnte man wesentlich älter werden, zumal Tschirnhaus sich immer in gehobenen Kreisen befand und niemals an irgendwelchen Mangelerscheinungen gelitten hatte.
Ich will nur kurz anmerken, dass eine Vergiftung mit kleinster Menge Eisenhut ähnliche Symptome hervorrufen konnte und natürlich tödlich endet..
Wollen wir mal zusammenfassen.
Erst Ende September 1707 wurde Böttger
überhaupt in Porzellanforschung tätig. (Hauptstaatsarchiv Dresden
(H.St.A. genannt ), Loc.1341).
Wie o.a. sträubte er sich sogar. er wolle damit nichts zu tun haben. Das neue Forschungslaboratorium wurde am 22. Sep. 1707 in Betrieb genommen. Die Pläne dafür stammten ausschließlich von Tschirnhaus.
Ein Brief von Böttger (14.10.1708) drei Tage nach dem Tode des Freiherrn, bestätigt die Herstellung eines Porzellanbechers von Tschirnhaus. Der sei nämlich gestohlen worden.
Das deckt sich mit dem Beleg, dass bereits am 25. Juni 1708 ein gewisser Dörfler die berühmte „Auer Erde“ geliefert hatte. Tschirnhaus hatte also die neue
Porzellanerde, die den Durchbruch ermöglichte, in Händen gehabt (Kaolin).
Die frühen Brände, nämlich die Steinbrände, das rote Steinzeug, ist eine Erfindung Tschirnhaus schon aus dem Jahre 1706. (späteres Jaspisporzellan)
Ironie des Schicksals: August verweigerte den Erben Tschirnaus die versprochenen Reichtümer. Sie blieben mittellos.
Wie ging es weiter? Tschirnhaus, der Chef des Ganzen, war nicht mehr. Auch Böttger wusste nicht weiter. Die Forschung und Produktion ruhte, bis Herr Melchior Steinbrück in Dresden eintraf. Noch am selben Tag unterzeichnete der Anwalt bei einem Notar (20.03.1709) den Nachlass. Vor
allem die akribischen Aufzeichnungen glitten in seine Hände. Steinbrück hatte also die Porzellanrezepte und traf mit Böttger zusammen.
Genaueres weiß man nicht. Jedenfalls, nur acht Tage später verkündete Böttger dem König die Erfindung des weißen Porzellans. Der wieder aufgetauchte Becher war der Beweis.
Ohne Häme stelle ich nur einfach fest.
Böttger wurde Leiter der ersten Porzellanmanufaktur Europas. Zu seiner rechten Hand ernannte er Steinbrück als Oberinspektor. Und Steinbrück heiratete die Schwester von Böttger.
Einfache Frage: Sollte es da Absprachen gegeben haben?
Steinbrück selbst hat 1718 in einer Abfassung zugegeben, damals von der Porzellanrezeptur Tschirnhaus eine Abschrift gemacht zu haben (Für wen?) (Kgl.Bibliothek Dresden Ms.J. 275, 1718)
Und was war nun mit Böttger selbst? Tatsächlich wurde er erst am 19.April 1714 aus der Haft entlassen, durfte aber Sachsen nicht verlassen. August der Starke wollte das Geheimnis unbedingt bewahren.
Auch fand er, dass die Sache auch ohne Böttger eigentlich ganz rund anlief. So sollte sich Böttger weiter um die Goldherstellung kümmern.
Es scheint so, als ob Böttger immer noch diesem Wahn nachhang.
Sein dauernder Umgang mit giftigen Chemikalien, seine längere Trunksucht, die jahrelange Hitze und die widrigen Lebensumstände führten zu seinem frühen Tod. Am 13. März 1719 starb er mit gerade mal 37 Jahren. Mindestens neun Jahre davon, wenn man kleinlich ist, hatte er in Gefangenschaft verbracht.
Das mit dem Gold Herstellen, hat nicht geklappt.
Es gibt erfolgreichere Betrüger.
Böttger wird fälschlicher Weise immer noch als der Erfinder des Porzellans angesehen. Inzwischen wurden auch schon Schulbücher (z.B. Sachsen) entsprechend berichtigt.
Nachtrag
Die geheimgehaltene Entwicklung des Porzellans stand unter dauernder Bewachung. August der Starke wollte die Erfindung unter allen Umständen geheim halten.
Es gelang nicht.
Schon 1719, drei Monate vor Böttgers Tod, flieht Samuel Stölzel nach Wien. Es war schlichtweg Bestechung. Ordentliche Bestechung! Er war sogenannter Arkanist.
Geboren wurde Samuel 1685 in Scharfenberg als Sohn eines Bergmannes. Zunächst war er Bergknappe, aber am 19. Januar 1706 traf er als einer von sechs
Bergknappen auf der Albrechtsburg ein. Ein Arkanist war Schlämmerer, Brenner und Stölzel selbst später Massebereiter.
Der österreichische Diplomat Graf Vimont bot ihm 1000 Gulden jährlich, freie Wohnung und eine entsprechende Equipage obendrein. Da gab es noch einen weiteren Anreiz zur Flucht. Stölzel hatte eine Frau geschwängert, die Schwierigkeiten machte.
Normaler Weise bekamen diese Helfer, die vor allem beim Brennen für den Ofen, für die Temperatur zuständig waren, nicht alle Ingredienzien mit, aber gerade Stölzel war von Anfang 1706 bei der Erforschung dabei. So sammelte er mit der Zeit sämtliche Informationen.
In Wien konnte Stölzel nicht nur das
Allermeiste für die Porzellanherstellung verraten, vor allem aber wusste er, wie man die Porzellanmasse und die „Schnorrische Erde“ (Kaolin) besorgen konnte. Er arbeitete eng mit Christoph Unger zusammen. Der war genialer Emailleur des Tschirnhaus gewesen und hatte sich schon 1718 von Wien abwerben lassen.
Im Dekret vom 11. März 1720 wurde Stölzel in Dresden pardonniert. Das bedeutete, dass ihm Vergebung offiziell zugesichert wurde.
Stölzel verließ sich darauf.
Auch er kein Freund von Traurigkeit, packte seine sieben Sachen und floh Hals über Kopf aus Wien. Er hatte nicht nur ein erhebliches Vermögen in Gold im Säckel, sondern auch sämtliche Unterlagen über die
Emaille-Technik im Gepäck, die er Unger entwendet hatte. Die geheimen Porzellanmalfarben und Farbrezepturen waren auch dabei.
Damit nicht genug. Bevor er sich hastig vom Acker machte, zerstörte er die Wiener Brennöfen und machte die vorhandene Porzellanmasse unbrauchbar. Den Schaden bezifferte man damals mit 15.000 Talern.
Sagen wir mal so: Das war wohl eine der geheimen Bedingungen dafür, dass man ihm in Dresden verzieh.
Stölzel war danach an der Entwicklung der Aufglasglasuren beteiligt, erfand das Malgold mit Höroldt und errichtete die ersten Muffeöfen. Er entdeckte zudem mit Johann Georg Schubert das sogenannte
„Siebenlehner Stein“. Dadurch wurde Feldspanporzellan möglich. Reumütig kehrte auch Christoph Unger, der Emailleur, 1727 wieder nach Dresden zurück.
Stölzel starb wohlhabend und anerkannt 1737 mit 52 Jahren.
Bilder
( Kanne 1710, Jaspizporzellan)
(Steinzeug mit Gold 1712)
(Meissen Anfang 1730 - sitzende Löwin, versteigert Nov. 2011 für 1,1 Millionen €
- eigentlich sitzender Tiger)