Vorbemerkung
Die tragische Geschichte von Johann Friedrich Böttger läßt sich googeln, aber hier biete ich eine komprimierte, ziemlich vollständige und unterhaltsame Zusammenfassung, wie Sie diese ansonsten nicht finden können.
Der erste Teil handelt von Böttgers Jugend, der zweite Teil befasst sich mit seinem späteren Elend. Der dritte behandelt die Erfindung, das Ende Böttgers und Verrat.
Die Bände sind bebildert.
Copyright: G.v.Tetzeli
Cover: G.v.Tetzeli
Der Betrüger Teil 1
Am Mittwoch, den 4.Februar 1682 wurde Johann Friedrich Böttger in Schleiz, einem kleinen Nest im Südosten Thüringens geboren. Die Wisenta, ein Nebenfluss der Saale schlängelte sich durch die Ortschaft.
(Schleiz - Apothekergässchen)
Ob nun nach der astrologischen Meinung die schöpferische, nervöse Unruhe dem Jungen durch das Sternzeichen Wassermann angeboren war, mag ich zu bezweifeln. Leider verstarb sein Vater schon früh, als der kleine Johann gerade krähen konnte, nämlich noch in seinem Geburtsjahr.
Alle Behauptungen, dass der junge Böttger sich in dem Juwelierladen vom Bruder seines Vaters aufhielt und neugierig herumschnüffelte, sind falsch. Richtig ist nur dass die Familie Böttger als Goldschmiedemeister in den Stadtarchiven Magdeburgs erwähnt wurde.
Seine Mutter Ursula, die vier Kinder zu versorgen hatte, heiratete erneut 1685, nämlich Johann Friedrich Tiemann. Böttger
war gerade drei Jahre alt. Finanzielle Sorgen kannte die Familie Böttger nicht. Tiemann besaß in Magdeburg mehrere Häuser. Darunter auch ein stattliche Wohnhaus, Katzensprung 7, das auch „Zum Kronprinzen“ genannt wurde. Es ist anzunehmen, dass klein Böttger dort seine Kindheit verbracht hatte. Hinzu kam 1689 noch ein Erbe von einem gewissen Christoph Pflug. Viel entscheidender war, dass Tiemann ein gebildeter Mann war und sich rührend um den kleinen Böttger kümmerte, weil er wohl seinen aufgeweckten Geist erkannte.
So wundert es nicht, dass Böttger schon früh Schreiben und Lesen konnte, Rechnen so weit nötig. In der Schule gab es außerdem Lateinunterricht. Stiefvater Tiemann
unterrichtete in Geometrie, Fortifikation, also Festungsbaukunst, und Feuerwerkerei. Böttger behauptete später diese Kurse sogar selbst als 14 Jähriger abgehalten zu haben, wenn sein Stiefvater verhindert war.
Am Markt in Magdeburg wohnte auch ein gewisser Herr Schrader. Mit dessen Sohn hatte sich Böttger angefreundet. Der sollte das wohlangesehene Apotherkerhandwerk erlernen. Auch Tiemann ließ sich überreden, dass dies für seinen begabten Stiefsohn Böttger das Beste sei. Aber wenn schon, denn schon. Nicht in der Magdeburg Klitsche, sondern in der Residenz Berlin sollte er zur Lehre gehen. 1696, also mit 14 Jahren, kam Johann Friedrich Böttger bei dem Reichsapotheker Friedrich Zorn in die Lehre.
Nebenbei schnüffelte Johann auch noch in das „Studio Medico“ herein. Zorn muss es ihm offensichtlich ermöglicht haben. Damals war Apotheker, Arzt und Barbier nicht so genau zu unterscheiden. Es gab viele übergreifende Schnittstellen. Böttger musste sich mit viel Neuem zurecht finden. Im Verkaufsraum (Offizin) von Zorns Apotheke, da gab es Schalen, Waagen und die Apotheker- und Medizinalgewichte hatten verschiede, eigene Skalen (Unzen, Drachmen, Skrupel, Gran). Außerdem gab es unzählige Essenzen und Arzneien wurden von Hand zusammengestellt, gerieben und alchemistisch hergestellt.
Johann war begabt und sog das Wissen um Kräuter, Extrakte und Pulver auf. Darunter
waren auch Opiate, Gifte. Viele Fachbücher standen ihm zur Verfügung. Gern blätterte im „Cours de Chymie“ (von dem Franzoden Lemery).
Natürlich stieß Böttger auch auf das Goldmacherrezept des Basilius Valentinus. Ach Gütchen, da brauchte es mehrere Monate bis das „große Elixier“ hergestellt werden konnte. Wenn aber die Sache gelang, so versprach die Schrift des Valentinus, dann hätte man für immer ausgesorgt. Dieser Stein der Weisen scheint Böttger „verwirrt“ zu haben. So brütete er immer mehr über verbotene Bücher der Alchemie. Ein gewisser Wahn war entfacht, der aber auch sein Gutes hatte. Hier entwickelte sich Böttgers Drang nach
experimenteller Tätigkeit und Zorn verbot ihm schließlich herum zu pfuschen.
Böttger ließ sich nicht abhalten. Die Folge waren einige Rückschläge. Einmal fackelte er Teile des Labors ab, ein anderes Mal fand man ihn bewusstlos im Labor liegen. Er hatte Zorn den Giftschrankschlüssel geklaut, um sich Arsenik zu beschaffen. Das bräuchte man unbedingt, so die verbotene Schriften von „Goldmachern“, um geschmolzenes Kupfer zu Silber zu „tingieren“. Zorn war erzürnt und Böttger konnte die Mäkeleien nicht vertragen. Er kehrte Zorn den Rücken, fand sich aber reumütig wieder bei ihm ein (1698). Schließlich floh er zu einem gewissen Christian Siebert, einem Scharlatan, der vergeblich an einer Goldumwandlung in
seiner Behausung vor dem Leipziger Tor hantierte (1700).
Begabt, belesen und experimentierfreudig war der junge Böttger allemal, aber die Sache mit Goldtransmutation nahm wahnhafte Züge an.
Da wundert es nicht, dass er den bekannten Alchimisten Johannes Kunckel kennen lernte. Der war für sein kunckel‘ schen Phosphor bekannt, eine leuchtende Phosphormodifikation. Sein Hauptgebiet betraf die Glasherstellung, des Kristallglases, so dass er bei dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm ein Stein im Brett hatte (Gehalt: 500 Taler). Sein Rubinglas war für den Kurfürsten eine Goldgrube. Heimlich soll Böttger von Lascaris, dem Gehilfen Kunckels, eine
Substanz geschenkt bekommen haben, mit der sich Gold herstellen ließ.
Schließlich führte Böttger das entscheidende Experiment vor. Er wollte es seinem Lehrmeister zeigen, der so viel Verdruss mit ihm gehabt hatte.
Zeugen waren also Zorn und noch drei weitere Spezialisten. unter anderem Konsistorialrath Winkler (darunter der eingeweihte Lascaris vielleicht auch?).
Vor ihren Augen wandelte Böttger am 1.Oktober 1701 Silber in Gold um. Die gebildeten Herren prüften. Kein Zweifel. Es war wirklich Gold!
Heutzutage lächeln wir bei dem Begriff Goldmacher (heute nennen wir sie Banken),
damals aber waren diese Alchemisten sehr begehrt.
(Böttger in jüngeren Jahren)
Das erfolgreiche Experiment kam dem
Kurfürsten Friedrich III zu Brandenburg zu Ohren. Daher stellte er Böttger eine Vorladung in sein Berliner Schloss zu.
Au weia!
Böttger wusste natürlich, dass er kein Gold herstellen konnte. Er wollte durch seinen Taschenspielertrick nur seinen Meister beeindrucken. Ruhm und Reichtum mögen auch eine Triebfeder gewesen sein.
An Selbstwertgefühl hatte es ihm sowieso noch nie gemangelt.
Und natürlich hätte der Fürst verlangt, dass Böttger Gold produzierte.
Nun sind solche Fürsten leicht nachtragend, wenn sie merken, dass sie verarscht werden.
Böttger hatte keine Lust sich einen Kopf
kürzer machen zu lassen und nahm die Beine in die Hand. Er floh gerade noch rechtzeitig Ende Oktober 1701. Doch wohin? Zuerst einmal nach Wittenberg in Brandenburg.
Böttger war erst 19 Jahre alt.
"Der Betrüger Teil 2" zeigt, wie Böttger vom Regen in die Traufe kam.