Science Fiction
Deception - Randbeitrag zum 53. Foren-Battle

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"Deception - Randbeitrag zum 53. Foren-Battle"
Veröffentlicht am 01. September 2016, 44 Seiten
Kategorie Science Fiction
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Über den Autor:

Hauptberuf: Mama. Hobbies: Schriftstellerei, Rendering, Rollenspiele, Lesen, Rätseln, Brettspiele... viel zu viel für nur 24 Stunden, besonders, wenn noch ein kleines Wunder im Haus ist.
Deception - Randbeitrag zum 53. Foren-Battle

Deception - Randbeitrag zum 53. Foren-Battle

Foren-Battle 53

Die folgenden Worte sollen fließend im Text untergebracht werden:

vergeben Scheidung Kalender irrlichtern verheißungsvoll Romanze sinnen Bettkasten Astronautenwitz Krösus

Ito

Ito sah sich nur kurz in der Suite um. Er stellte seinen Koffer neben die Tür, während seine Beiden Terro-Leibwächter sich alles genauer ansahen. Grundsätzlich war er angenehm überrascht. Er hatte damit gerechnet, dass man die beiden Botschafter mit haufenweise Luxus und Bequemlichkeit zuschütten würde, um ihre Sinne für die Verhandlungen zu vernebeln, doch offenbar hielten die Sylvai die Konferenz wirklich für nötig. Oder sie waren einfach so sparsam, wie man es ihnen nachsagte. Jedenfalls bestand sein Quartier aus einem Wohn-Schlafbereich mit zwei versenkbaren Betten (dort würden die beiden Terro

schlafen), einem Hauptschlafzimmer für ihn selbst, einer Reinigungszelle und einer Kühleinheit für Getränke und Fremdnahrung. Es gab zwar eine Unterhaltungseinheit, doch sie war zweckmäßig eingerichtet. Eine Com-Station, ein Safe, und die Ausstattung war komplett. Ito lächelte. Als ob er den Safe, den seine Gastgeber ihm zur Verfügung stellten, benutzen würde. Dann hätte er seine Daten auch gleich an der Rezeption abgeben können. Sina und Assuan kehrten von ihrer Inspektion zurück. Sina grinste breit und gluckste noch. „Was ist lustig?“, fragte Ito seine Leibwächterin interessiert. Sie winkte ab. „Assuan hat mir ein paar von diesen

Astronautenwitzen erzählt, die er auf dem Flug hierher aufgeschnappt hat“, erwiderte sie, offenbar noch immer köstlich amüsiert. Ito nickte nur kurz. Diese Art Amüsement war nicht die seine; er kannte die „Witze“, die auf diesen Schiffen kursierten. Sie kamen meist aus den unteren Regionen des Bettkastens. Ito bevorzugte eher intelligente Unterhaltung. „Wie sieht es denn aus?“, erkundigte er sich also über den Zustand der Sicherheit. Assuan projizierte ein Holobild der Suite und wurde ernst. „Grundsätzlich gut. Wir haben keine ernstzunehmenden Abhöranlagen gefunden; was da war, war ziemlich eindeutig platziert und schien mehr der Tradition halber dort. Es

gibt einen Geheimgang hinter dem großen Spiegel der Reinigungszelle; man kann ihn öffnen, indem man an die zweite Kachel von unten rechts daneben tritt. Von innen ist er einfach aufzuschieben. Wir haben ihn vorsichtshalber erst einmal blockiert“, erstattete er Bericht. Ito nickte. Das war weniger, als er befürchtet hatte. Oder die Sylvai waren sehr gut darin, so etwas zu verstecken. Er war froh, dass er Sina dabei hatte. Die Terro war psibegabt und konnte technische Geräte zum Versagen bringen. Falls es hart auf hart käme, waren sie vorbereitet. Die Saureaner packten gemütlich ihre Koffer aus und richteten sich auf die Konferenz ein. Sie sollten hier mit den Terranern näher

bekannt gemacht werden, die sich vor kurzem in den Raum gewagt hatten und seitdem eine extensive Expansionspolitik betrieben – in letzter Zeit stark auf das Imperium der Saureaner zu. Das missfiel der Imperatrix natürlich, denn die Terraner gingen sehr wenig systematisch vor, sondern mehr wie Räuber, die Planeten an sich rissen, um sie auszubeuten. Es wurde eine Handvoll Kolonisten abgeworfen, genug, um den interstellaren Kolonisationsvereinbarungen gerade so zu entsprechen, dann überließ man die Leute sich selbst. Keine vernünftige Aufbaupolitik, keine Unterstützung – wenn weitere Leute auf den Planeten zogen, gut, ansonsten mussten die Kolonisten selbst klarkommen.

Hauptsache, sie lieferten die Ressourcen, die Terra brauchte. So waren Saureaner nicht. Egal, ob die Imperatrix nun eine Terro oder eine Lith war, Projekte wurden immer auf eine solide Grundlage gestellt. Bevor eine Kolonie sich nicht sicher selbst tragen konnte, wurde kein neuer Planet besiedelt. Mit dieser Gründlichkeit hatten die Saureaner es in den letzten fünfhundert Jahren immerhin geschafft, zwanzig wohlhabende, blühende Welten in ihr Imperium zu integrieren. Nicht gerechnet die drei Protektoratswelten, die sich dem Imperium angeschlossen hatten, weil sie von ihren Nachbarn bedroht wurden. Diese hatten natürlich auch allen Aufbau erfahren, der einer zivilisierten Welt zukam.

Die Terraner verschlangen nur. Mit ihrer Taktik hatten sie allein in den letzten einhundert Jahren zwanzig Welten annektiert und dann sich selbst überlassen. Dem musste Einhalt geboten werden.

Lassiter

Stephen Lassiter seufzte. Er hatte mit etwas mehr Bequemlichkeit für einen Botschafter gerechnet als dieses Loch. Zwei Betten für die Leibwächter, ein bretthartes Bett für ihn, eine winzige Nasszelle und ein – ungefüllter! – Kühlschrank. Den Safe konnte man praktisch aufpusten, und die Unterhaltungseinheit hatte die Ausmaße von historischen Briefmarken. Agent Te Hong und Agent Krösus kehrten von ihrem Rundgang zurück. Lassiter hob nur eine Augenbraue. „Die versuchen tatsächlich, uns abzuhören, wenn auch nicht allzu gut“, schnaubte Te Hong. „Es gibt einen doppelten Spiegel im

Badezimmer, den ich mal verhängt habe. Sollen sie sich ihre harten Badetücher von hinten angucken.“ Lassiter nickte und holte den Störsender aus der Tasche. Sobald die kleine Kugel lief, entspannten sich seine Leibwächter sichtlich. „Worum geht’s hier eigentlich, Boss?“, fragte Krösus. Lassiter schnaubte verächtlich. „Diese blöden Echsen fühlen sich auf den Schlips getreten, weil wir angeblich zu schnell kolonisieren. Sie würden sich noch viel mehr ärgern, wenn sie wüssten, um welche Welten wir uns als nächstes kümmern wollen: sie liegen alle direkt vor ihrer Haustür, eine rein theoretisch schon in ihrem Gebiet. Sie haben sie jedoch nicht kolonisiert und nicht annektiert, was wollen sie also dann damit?“,

erklärte er. Seine Agenten lächelten. „Wie haben Sie vor, vorzugehen?“, erkundigte sich Krösus weiter. Lassiter winkte ab. „Kann mir nicht vorstellen, dass diese Saureaner so verschlungene Wege gehen wie die Sylvai. Ich werde erst mal mit ihnen verhandeln, falls sie sich stur stellen, versuchen, ihnen die Planeten abzukaufen, und wenn das nicht funktioniert – soviel ich weiß, besteht ihre militärische Flotte aus ganzen fünfhundert Schiffen samt Versorgungschiffen. Das sollte sich also irgendwie lösen lassen.“

Die Sylvai

Yunal sah vom Hohen Turm des Dunai aus hinab auf das Konferenzhotel. „Großer Dunai, was ist, wenn es doch zu Kampfhandlungen zwischen den beiden Völkern kommt?“, fragte sie den Herrn von Sylva. Der Große Dunai lächelte nur dünn. „Dann wird eine der beiden Welten fallen“, antwortete er. Yunal wandte sich zu ihm um. „Haben wir schon entschieden, welche?“ Die ätherische Gestalt des Dunai nickte. „Wenn sich die beiden Kinder nicht von unserer Weisheit leiten lassen wollen, müssen sie fühlen. Die Terraner sind naiv. Richte ihre Gier auf ein Objekt, und sie laufen kollektiv in seine Richtung. Die

Saureaner haben sich in den letzten zweihundert Jahren etwas zu sehr von uns entfernt; wenn wir nicht aufpassen, werden sie sich demnächst fühlen, als wären sie uns ebenbürtig. Sollten die beiden kämpfen wollen, werden wir die Terraner unterstützen.“ Yunal nickte. Das war das übliche Vorgehen. Denn die Jungen mussten geführt werden, sonst nahmen die Kriege überhand. Die Sylvai hatten schon vor eintausend Jahren entschieden, dass es besser war, Aufsässige ganz aus der interstellaren Gemeinschaft zu entfernen, um den Frieden zu wahren. „Wollen wir denn noch eine friedliche Lösung?“, stellte sie die entscheidende Frage.

Verhandlungssache

Ito folgte dem kleinen, schwebenden Roboterdurch das Hotel, seine Leibwächter immer einen Schritt hinter ihm. Sein Führer ging ihm aber langsam gehörig auf die Nerven. Eigentlich sollte er die Gesandtschaft zum Konferenzraum geleiten, doch er irrlichterte schon seit einer dreiviertel Standardstunde durch die Hotelanlage und schien seine Karten verlegt zu haben. Gerade führte der Roboter sie durch eine Tür in einen Lagerraum. Schon wollte Ito sich aufregen, doch dann sah er das rot leuchtende Schild „Draußen bleiben!“ über sich. Terranisch. Dies war also das Lager der

Terraner, und sie waren auf einem Weg hereingekommen, von dem die Terraner nicht wollten, dass ihn jemand beschritt. Der Lith-Botschafter rief sich in Erinnerung, was er gerade eben gesehen hatte und bedeutete derweil seinen Leibwächtern, alles gut im Auge zu behalten. Sie kamen vom Landefeld des Hotels. So weit, so gut. Dort war aber kein Schiff gewesen. Hm. Vielleicht verfügten die Terraner über optische Tarnfelder. Die Saureaner hatten vor dreihundert Jahren auch einmal mit so etwas herumgespielt, sich dessen aber enthalten, nachdem die Zahl der Unfälle mit Bodenpersonal stark zugenommen hatte. Er erinnerte sich nicht mehr an die genauen Zahlen, aber wenn er sich recht entsann,

hatte der dreißigste verschwundene Monteur den Ausschlag gegeben, die Tarnfelder am Boden zu verbieten. Und im All waren sie nutzlos, weil dort sowieso niemand auf seine optische Wahrnehmung setzte. Bei Entfernungen von mehreren Millionen Stellari schaute man nicht mehr auf die Kamera, sondern nur noch auf die Massesensoren. Ito seufzte. Die Terraner kamen ihm immer mehr vor wie Schlupflinge, die neu auf dem Spielplatz waren und sich mit aller Gewalt ihr Territorium abstecken wollten. Er bedeutete dem herumschwebenden Roboter, sich endlich weiterzubewegen. „Führe uns auf direktem Wege zum Konferenzraum!“, befahl er der nervös auf und ab schwirrenden Einheit.

„Ja, Sir, natürlich, Sir!“, kam die blecherne Antwort. Der Roboter schwebte nun zügig weiter, sodass der kleine Lith schon fast Schwierigkeiten hatte, ihm zu folgen. „Dämliche Maschine“, brummte Ito auf Saureanisch, während er in einen eher unziemlichen Laufschritt verfiel. Glücklicherweise hielt er sich einigermaßen trainiert, sodass er wohl kaum atemlos dort ankommen würde. Tatsächlich waren sie die ersten im Konferenzraum. Der Terraner war noch nicht da; wenn er ähnliche Probleme mit seiner Leiteinheit hatte, könnte es sich auch nur noch um Stunden handeln. Was Ito wunderte, war, dass die Sylvai noch nicht hier waren. Sie

sollten doch nun wirklich wissen, wo der Konferenzraum wäre. „Werden wir mehr tun müssen, als nur aufzupassen, Ehrwürdiger?“, fragte Assuan auf Saureanisch. Ito verneinte, machte jedoch mit seiner zweiten Stimme den Laut für „Ja“. Weder Sylvai noch Menschen konnten Infraschall vernünftig wahrnehmen. Folglich wurde die ganze Unterhaltung nun in Infraschall geführt. Es galt zwar als barbarisch, diese Stimme für eine zivilisierte Unterhaltung zu benutzen – es war die Stimme der Instinkte –, doch da sie davon ausgehen mussten, dass alles im Konferenzraum aufgezeichnet wurde, wollte Ito kein Risiko eingehen. „Beobachtet die Sylvai. Um den Terraner

kümmere ich mich, das ist meine Aufgabe. Doch den Sylvai dürfen wir nicht zu sehr vertrauen; auch sie sind ein Volk mit einer eigenen Agenda“, erklärte er. „Die Sylvai spielen sich gern als Eltern der ‚jüngeren‘ Völker auf; sie kontrollieren gern alles. Warum sollten sie also den Terranern und uns helfen, uns anzufreunden? Wenn wir uns bekriegen, sind wir danach vermutlich beide so geschwächt, dass wir auf fremde Hilfe angewiesen wären, und damit viel leichter kontrollierbar. Denn die Terraner mögen jung und naiv sein, aber sie sind stark, und es heißt, sie hätten gute Krieger und viele Schiffe. Selbst wenn eins unserer Schiffe zehn von ihren besiegen könnte, wären sie uns zahlenmäßig noch immer überlegen.“ Die

beiden Terro nickten. „Außerdem mischen sich die Sylvai manchmal in Kriege ein“, bemerkte Sina. „Danach ist von ihren Gegnern meist nicht mehr viel übrig. Sie haben nun einmal mehr Raumerfahrung und bessere Schiffe als alle andern. Wer sich gegen sie stellt, landet in der Steinzeit oder wird gleich ganz ausgelöscht.“ Assuan sah ungemütlich drein, doch Ito nickte. „Ja. Und die letzten zwei Imperatrices haben deutlich gemacht, dass sie die Saureaner als eigenständig handelndes Volk ansehen, das auch ohne die Ratschläge der Sylvai auskommt. Das mögen die Sylvai nicht. Wenn es also zu Kampfhandlungen kommt, werden sie sich auf die Seite der Terraner

schlagen“, meinte er. Seine Leibwächter schluckten. „Das heißt, es geht um nicht mehr und nicht weniger als den Fortbestand unseres Volkes“, fasste Sina zusammen. Wieder nickte Ito, schwerer Herzen. Tatsächlich kam es ihm vor, als schlügen seine drei Herzen nicht mehr im Takt. „Heißt das, wir müssen die Forderungen dieser unverschämten Schlupflinge erfüllen?“, fragte Assuan aufgebracht. Ito schüttelte den Kopf. „Nein. Wir müssen auch nicht gleich eine Romanze mit den Terranern eingehen, dafür sind wir zu unterschiedlich. Da könnte man ja gleich den Scheidungstermin im Kalender markieren – also, den Kriegsbeginn“, erklärte

er, als er die verständnislosen Mienen seiner Leibwächter sah. Sina zog eine Grimasse. „Was habt Ihr dann vor, Ehrwürdiger?“, fragte sie. Ito lächelte verheißungsvoll „Wir werden ihnen ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen können“, antwortete er geheimnisvoll.

Geschäfte

„Diese Planeten sind für uns völlig wertlos“, erklärte Ito mit einem verächtlichen Blick auf die Holokarte. „Die Ressourcen sind bestenfalls marginal, und sie müssten doch erst starkem Bioforming unterzogen werden, bevor die Saureaner sich darauf niederlassen könnten. Meinetwegen könnt Ihr sie haben.“ Die Terro hinter ihm behielten sicher ihre steinernen Gesichtsausdrücke bei, doch Ito konnte die Anspannung spüren. Das hatten sie nicht erwartet. „Allerdings“, fuhr er fort, bevor der terranische Botschafter – ein vergleichsweise junger und arroganter Mann – Luftsprünge machen konnte und auf die Unterzeichnung

eines Vertrages drängen, „allerdings hätten wir da auch Interesse an einigen Planeten.“ Er richtete seinen Holoprojektor auf die bereits bestehende Sternkarte. Am andern Ende des terranischen Sektors, genau entgegengesetzt zum saureanischen Imperium, leuchtete ein Feld auf. „Hier liegen zehn Planeten und Planetoiden, deren reichhaltige seltene Erden und metallischen Ressourcen für uns von großem Wert wären. Dazu gibt es hübsche Funkelsteine, die unseren Schlupflingen sicher gut gefallen, und die Biosphären sind optimal.“ Er ließ die Daten der Planeten auf dem Holobild aufleuchten und konnte sehen, wie die Augen des Terraners groß wurden. Es sah aus, als hätten die Saureaner die

besseren Sternkarten. Die Planeten waren den Terranern noch völlig fremd. „Ihr werden nur verstehen, dass der Umweg um Euer ausgedehntes Reich für uns eine erhebliche Einschränkung darstellen würde. Wenn Ihr uns also Durchreiserecht und die Kolonisation dieser Welten gestatten wollt, mögt Ihr gern die Planeten an unserer Grenze haben.“ „Wir werden es uns überlegen, Ehrwürdiger. Ich muss dazu jedoch mit meiner Regierung konferieren; um Durchreiserechte zu gewähren, fehlen mir leider die Befugnisse“, antwortete Botschafter Lassiter, äußerlich gelassen. Ito neigte den Kopf. „Dann lasst uns morgen weiterreden“, schlug er vor und sammelte seine Daten ein.

Lassiter sandte die von dem Lith gegebenen Daten sofort auf einem sicheren Kanal zur Erde, gemeinsam mit einem Vorschlag, wie er vorzugehen gedächte. Die Antwort kam postwendend (was bei der terranischen Bürokratie ein Wunder war), und gab ihm Handlungsfreiheit dafür. Am nächsten Morgen ging er optimistisch in den Konferenzraum. „Verehrter Ehrwürdiger, ich habe Nachricht von meiner Regierung“, erklärte er mit sorgfältig aufgesetzter Trauermiene. „Bitte vergebt mir, aber leider bin ich nicht befugt worden, Euch die benötigten Durchreiserechte zu gewähren.“ Der kleine Saureaner zog ein enttäuschtes Gesicht. Die

Sylvai-Diplomatin setzte sich etwas aufrechter hin. Irgendwie kam es Lassiter vor, als habe sie Blut geleckt. Sie hatte ihm bislang – inoffiziell – während der ganzen Verhandlungen den Rücken gestärkt. „Ich möchte jedoch ungern nach Hause fliegen, bevor ich Euch nicht einen wenigstens annehmbaren Alternativvorschlag gemacht habe“, setzte er hinzu, bevor Botschafter Ito etwas sagen konnte. Die Augen der beiden Leibwächter flackerten kurz zu Lassiter herüber, und er schauderte. Diese Giganten ließen Kinderalpträume von menschenfressenden Dinosauriern wieder wach werden. Schnell fuhr er fort. „Es ist für unsere beiden Völker nicht das, was sie sich gewünscht hätten, aber – diese

Planeten liegen so vor unserer Grenze wie die, an denen wir Interesse haben, vor der Euren. Wir haben die Planeten dort sehr genau untersucht; so marginal sind die Ressourcen nicht.“ Er ließ die Daten, wie sie den Terranern bekannt waren, über das Holobild laufen. Der Saureaner zog nur einen Brauenwulst hoch. „Dann scheinen unsere Daten unvollständig gewesen zu sein“, gab er zu. Lassiter lächelte dünn. „So wie die unseren“, antwortete er. „Mein Vorschlag wäre, dass wir die Interessengebiete tauschen. Was die Ressourcen und Besiedlungsmöglichkeiten durch das jeweilige Volk angeht, sind beide Flecken für den andern etwas besser, doch

bevor keiner irgendetwas bekommt, wäre es wohl besser, wenn man sich jeweils mit dem zweitbesten zufriedengäbe, oder?“ Der Lith zog ein unbefriedigtes Gesicht. „Ich dachte, wir könnten uns irgendwie einigen“, brummte er. „Bioforming ist so schrecklich teuer.“ Lassiter zuckte mit den Schultern. „Dafür weiß man dann wenigstens genau, was man hat“, entgegnete er. Der Saureaner seufzte. „Auch wahr“, gab er zu. „Minimiert Allergien und Eingewöhnungskrankheiten.“ Er schien jedoch noch immer nicht überzeugt. Lassiter geriet ins Schwitzen. Die Planeten, die der Lith ihm gezeigt hatte, lagen so viel näher an Terra, dass selbst, wenn die Daten der

Saureaner um ein Drittel übertrieben waren, die Ausbeutung sich noch immer doppelt so sehr lohnen würde wie die der Planeten, die sie ursprünglich hatten besiedeln wollen. „Andererseits sind es nur fünf Planeten und nicht zehn“, ließ sich die Sylvai-Mediatorin vernehmen. Lassiter war geschockt. Eigentlich hatte sie ihm vor den Verhandlungen zu verstehen gegeben, dass sie ihn unterstützen wolle. Der Saureaner sah sie ebenso überrascht an, nickte dann allerdings vehement. „Das wohl, ja“, sagte er, offenbar froh über das Gegenargument. „Das ließe sich ja unter Umständen durch Ressourcenlieferungen oder Aufbauunterstützung ausgleichen“, sagte

Lassiter schnell. Ein Schweißtropfen rann enervierend langsam seine Stirn hinab. Fahrig wischte er ihn weg. Der Lith schien sich die Sache zu überlegen. „Wir benötigen völlig andere Voraussetzungen für unsere Kolonien“, meinte er dann wegwerfend. „Aufbauhilfen wären also sinnlos.“ „Aber Ressourcenlieferungen nicht. Egal, ob Ihr eure Häuser rund oder eckig baut, Ihr werdet Baustoffe brauchen“, entgegnete Lassiter. Botschafter Ito zog überlegend die Lippen zu einer Seite, was ungemein komisch ausgesehen hätte, hätten sich auf der anderen Seite nicht seine starken Raubtierzähne abgemalt. Lassiter wurde zum ersten Mal bewusst, dass dieses Wesen ihn

vermutlich innerhalb kürzester Zeit in Stücke reißen konnte, auch wenn es nur halb so groß war wie er. „Nun gut. Ihr versorgt unsere Kolonien auf vorher von Euch angestrebten Welten mit den für den Aufbau bis zu einer Million Siedlern benötigten Ressourcen, und wir werden dafür alle Ansprüche an den Cluster an Euch abtreten“, schlug er schließlich vor. Lassiter hätte fast aufgelacht. Eine Million Siedler! Das war lachhaft. Da hatte sich der kleine Saureaner aber einen dicken Schnitzer geleistet. Vermutlich hatte er eine Milliarde gemeint, doch Lassiter würde schön brav die Klappe halten. „In Ordnung“, stimmte er zu. Die Sylvai lächelte gezwungen und drückte auf ihrer

kleinen Tastatur einen Knopf. Der Holobildschirm in der Mitte zeigte plötzlich einen Vertrag, auf dem die mündlichen Verhandlungsergebnisse schriftlich fixiert wurden. Der Saureaner blickte kaum darauf und nickte nur. Offenbar wurde ihm die Zeit hier zu lang. Lassiter überflog das Dokument, fand alles zu seiner Zufriedenheit – inklusive der einen Million Siedler – und nickte ebenfalls. Zwei Minuten später betrat ein Sylvai mit drei Kopien des Vertrags den Raum, die allen Parteien ausgehändigt wurden. „In einer Woche haben wir die Unterzeichnungen“, freute der Terraner sich. Der Saureaner nickte nur gelangweilt und drückte seinen Daumen auf das Dokument.

„Ich habe glücklicherweise die Befugnisse“, erklärte er. Lassiters Herz hüpfte. Das ging ja noch besser, als er erwartet hatte.

Deception

Zwei Wochen später betrat Ito mit der üblichen Beklemmung den Thronsaal. Jedes Mal, wenn er der Imperatrix gegenüberstand, überfiel ihn ein Minderwertigkeitsgefühl. Vermutlich, weil sie so perfekt war. „Nun, Ehrwürdiger Botschafter Ito? Was habt Ihr zu berichten?“, hörte er die sanfte Stimme hinter dem Schleier hervor. „Die Terraner sind auf die Täuschung hereingefallen, Herrin“, erklärte er beflissen. „Die zehn Planeten werden von ihnen besiedelt.“ „Und gibt es für sie einen Haken?“ „Nun, auf zweien der Planeten gibt es recht aggressive Mikroben, doch das ist nichts,

womit eine gute Wissenschaft nicht fertig werden könnte. Wenn sie allerdings keine gute Wissenschaft haben, könnten sie auch daran zugrunde gehen“, lächelte Ito. „Allerdings werden die Mikroben wohl zehn oder zwanzig Standardjahre brauchen, um sich an den terranischen Metabolismus anzupassen. Viel Zeit, um sie unter der Menschheit hin und her zu tragen.“ „Kann man das bis zu uns zurückverfolgen?“ „Nein, Ehrwürdige Gebieterin, weil die Mikroben dort tatsächlich ihren Ursprung haben. Wir haben nur vergessen, es zu erwähnen…“

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Lessa
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Thiar Sehr interessante Geschichte. Da ließe sich mal wieder mehr draus machen :D
Vor langer Zeit - Antworten
Lessa Danke ^^ Wenn du hier bist, zeig ich dir mal meine Notizen dazu ^^

Aber bis wir unsere Trilogie fertig haben, werd ich nichts Neues anfangen!!
Vor langer Zeit - Antworten
Thiar Verständlich, auch wenn bei deinem Schreibtempo eigentlich... :-P
Vor langer Zeit - Antworten
Lessa Schreibtempo ist eine Sache, Disziplin eine andere! ^^
Vor langer Zeit - Antworten
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