Vorwort
Die Geschichte darf gerne weiterverwendet werden wenn
1) Kein Geld damit verdient wird
2) Der Name der Autorin bei jeder Veröffentlichung DEUTLICH genannt wird (Susanne Weinsanto aka JeanneDarc)
3) Ich bei weitergehenden Verwendungswünschen VORHER gefragt werde.
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Der Puderzucker
Ayoma und ihr Vater mussten ihr Heimatland verlassen, und das alles nur, weil ihr Vater einen Mann liebte. Vor der Scheidung hatten ihre Eltern immer sehr viel gestrit-ten, und als sie sich trennten, lernte ihr Vater Ochuko beim Einkaufen kennen. Sofort verstanden sich beide prächtig und es dauerte nicht lange, bis sie spürten, was sie für einander empfanden.
Ayoma fand das nicht schlimm.
Sie fand Ochuko toll, und freute sich, wenn er zu Besuch kam. Keiner der drei begriff, wieso es in Nigeria ein Gesetz gab, welches es nicht erlaubte, dass Männer Männer oder Frauen Frauen liebten. Aus diesem Grund konnte
Ochuko auch nicht zu Ayoma und ihrem Vater ziehen, das wäre viel zu gefähr-lich gewesen. Da Ochuko aber Ayomas Vater sehr gern hatte, entschlossen sie sich, eines Tages nach Deutschland zu reisen. In Deutschland lebte schon ein guter Freund von Ochuko und bei diesem würden sie vorerst unterkommen können.
Der Flug war alles andere als komfortabel und sie waren sehr froh, als sie endlich in Frankfurt landeten.
Für alle drei war Deutschland im ersten Moment seltsam,vor allem war es sehr kalt. Solche Temperaturen waren sie aus Nigeria nicht gewöhnt. Wie konnten die Leute, die
hier ihr Zuhause hatten eine solche Kälte ertragen?
Als sie Hunger verspürten suchten sie sich ein Restaurant auf dem Flughafen. Und als Ochuko die Speisekarte vorlas, musste Ayoma und ihr Vater laut lachen. Was sollten denn Maultaschen sein? War das etwa der gefüllte Mund eines Menschen, den ein Kannibale getötet hatte? Ochuko musste auch lachen, als er diesen Gedan-ken von Ayomas Vater hörte, und erklärte den beiden, dass es sich dabei um gefüllte Teigtaschen handelte.
Das war allerdings bei weitem nicht das Einzige was für den einen oder anderen
Lacher sorgte. Bei Spätzle dachten sie im ersten Moment an einen toten Vogel, und was ein Leberkäse sein sollte, das war für sie völlig unverständlich.
Zum Schluss assen alle drei die Maultaschen und waren begeistert. Das schmeckte viel besser als der ständige Reis in Nigeria.
Nachdem sie fertig waren, wollten sie zur Wohnung von Ochukos Bekanntem lau-fen, der nicht sehr weit weg wohnte. Da Ayoma und ihr Vater froren, kauften sie im Flughafen ein paar dicke Mäntel.
Danach machten sie sich auf den Weg. Plötzlich fing es an. Erst ganz langsam, dann immer stärker kam irgendetwas Weisses vom
Himmel herab, das sich dann auf-löste, sobald es den Boden berührte. Was war das nur? So etwas kannten sie nicht. Ochuko war manchmal ein Witzbold, und antwortete auf die Frage von Ayoma, was das denn sei: „Ayoma, Du bist jetzt im Schlaraffenland, und das ist Puderzucker“
Da Ayoma noch nie Schnee gesehen hatte, glaubte sie das. Sie wunderte sich nur, dass das so gar nicht nach Puderzucker schmeckte, wenn sie es in den Mund nahm. Es schmeckte eigentlich nach gar nichts. Es war ein bisschen, wie Wasser fand sie.
Als sie bei Ochukos Bekanntem angekommen waren, spielten sie noch
gemeinsam ein wenig.Ochuko und sein Bekannter erzählten ein paar grundlegende Dinge über Deutschland.
Danach gingen sie ins Bett. Als Ayoma am nächsten Morgen aufwachte und aus dem Fenster sah, konnte sie es nicht glauben: Es musste die ganze Nacht Puderzu-cker vom Himmel gefallen sein, denn nun lag er zentimeterdick auf Gehwegen, Autos und auf den Dächern. Als sie das sah, rannte sie schnell in das Zimmer in dem die erwachsenen schliefen und schrie: „Schaut mal, da draußen, alles voll Puderzucker“ Ochuko wusste natürlich gleich, dass das kein Puderzucker, sondern Schnee war und
so fragte er:
„Ayoma, sollen wir im Puderzucker spielen?“ Ayoma war begeistert, denn dieses weiße Etwas gefiel ihr. Sie zog sich warm an und ging gemeinsam mit Ochuko hinaus.
Draußen erklärte er Ayoma, dass es kein Puderzucker ist, der da überall lag, sondern dass man das Schnee nennt. Und dass das im Grunde nichts anderes ist als Wasser.
Ayoma gefiel das und sie überlegte, dass man damit doch etwas tolles bauen könn-te. Und so fing sie an eine der Hütten aus ihrem nigerianischen Dorf im Schnee nach-zubauen. Als sie damit fertig war sagte sie:
„Jetzt habe ich mir ein bisschen Heimat nach Deutschland geholt, ich freue mich schon
sehr darauf, mehr von diesem Land kennenzulernen.“
Allerdings wusste Ayoma da noch nicht, dass ihre Hütte aus Schnee eines Tages schmelzen würde. Hoffentlich würden ihre Hoffnungen auf ein besseres Leben für sie und ihren Vater und dessen Freund nicht auch dahin schmelzen.