Gekonnt ergriff er mit seinem Schwung meinen Arm und drehte ihn nach, zusätzlich trat er mir in die Kniekehle, welches zur Folge hatte, dass ich leicht einknickte. Er war ein Zarisma. Was war anderes zu erwarten, dass er ihm Nahkampf hervorragend war. Seine Stärke machte es ihm als Draufgabe noch einfacher. Insgeheim freute ich mich, dass es endlich jemanden gab, mit dem ich meine natürlichen Fähigkeiten messen konnte, auch wenn die Situation an sich nicht allzu erfreulich war. Ich war die einzige Zarisma im Valdirlager. Was mich schon damals sehr stutzig gemacht
hatte? Alle meine Instinkte fuhren hoch. Die Valdirmaske war an seinen dafür vorgesehenen Ort und ich ließ mich gänzlich in das tödliche Spiel ein. Ich ließ mich ganz zu Boden fallen, packte mit meinen zweiten Arm, seine andere Hand und hob ihn mit Schwung über meinen Körper auf die andere Seite, von der er gekommen war. Durch die Überraschung, dass ich sein ganzes Gewicht über mich stemmen konnte, ließ er mein Handgelenk aus und so ermöglichte es mir, gleich darauf meinen nächsten Schritt anzugehen. Er landete auf den Rücken. Selbstverständlich rollte er sich gleich zur Seite. Anscheinend hatte er keinen Tag ausgelassen ohne das er trainiert hatte.
Vielleicht sogar mir Jelia? Ich schlug ihm meinen Fuß direkt zwischen die Rippen in die Magengegend. Er bäumte sich etwas, jedoch hatte er seine Bauchmuskeln so angespannt, dass er den Schlag halbwegs abwehren konnte. Schnell ergriff er mein Bein, bevor ich es zurückziehen konnte, zog daran und ich landete nicht gerade bequem auf der kalten vom Nebel aufgeweichten Erde. Nichtsdestotrotz schleifte er mich etwas zu sich, damit er sich auf mich stürzen konnte und mich am Boden fest hielt. Ich war stocksauer. Niemand ließ mich so kalt aussehen. Niemand besiegte mich. Vor allem nicht im Kampf mit Händen und Fäusten. „Warum hast du das getan?“, schrie er mich
an. Kalte Tropfen seiner Tränen fielen auf mich herab und streiften meine Wangen. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich war so in meinem Blutrausch gefangen, dass ich kaum noch etwas in meiner Umgebung wahr nahm. Ich musste Koro töten. Meine Bestimmung war es Koro zu töten. Ihn leider zu sehen. Ihn für das strafbar machen, dass er versuchte eine Valdir im Zaum zu halten. Anscheinend hatte Koro gemerkt, dass das Fragenstellen sinnlos war. Dass ich mich in meiner eigenen Welt befand, in der ich zurzeit nicht entfliehen konnte. Ich wollte Blut sehen. Ich wollte Koros Blut sehen. In seinem Gesicht sah ich einen Anflug aus
Mitleid. Wieso empfand er Mitleid für mich? Ich war doch stark. Ich war eine Valdir. Ich war die beste, tödlichste und atemberaubendste Valdir weit und breit. Er müsste stolz auf mich sein. Oder etwa nicht? „Es tut mir Leid, dass ich das jetzt machen muss“, hörte ich seine Stimme nur dumpf an mein Ohr dringen. Ich wehrte mich mit aller Kraft, um aus seinen Griff zu entkommen, aber er saß so fest auf meinen Oberschenkeln und hatte meine Hände so stark unter Kontrolle, dass ich sicher blaue Flecken davon tragen würde. Aber was tat ihm Leid? Dass ich ihn umbringen musste? Dass ich mich gleich befreien würde und ihm die Kehle
aufschlitzte? Ich hörte ein komisches Gemurmel, dass von meinem Bruder kam und ich fragte mich, was sich das Bringen würde, wenn er gleich in einem Blutmeer am Boden liegen würde. Plötzlich verstummte er und mit dem ausbleiben seiner Stimme, kam der laute Knall wieder. Ich traute meinen Augen nicht, als ich nun das verschwommene etwas sah, dass sich über Koros Kopf am Himmel zusammenbraute. Es sah aus, als ob sich der Nebel zu einen Gebilde zusammen führen würde. Was war das? Machte das Koro? Hatte er darum geflüstert? Ich konnte es nicht begreifen. Auch wenn ich mich gerade im Blutrausch befand, wusste ich
nicht, wie ich mit so etwas umgehen sollte? War es einfach nur ein Naturschauspiel? Nein, musste ich feststellen, als sich der Nebel zu einer Person formte. Sie war groß, hatte langes Haar, das offen im Wind der Nacht wehte. Was war das? Ich zuckte ein wenig zusammen, als ich ein weiteres Mal auf das weiße undurchsichtige Etwas starrte und mich plötzlich zwei tiefstgrüne Augen anleuchteten. Ich hatte aufgehört mich zu wehren. Gebannt von dem „Geist“ oder was auch immer es sein mag. Auch Koro lockerte etwas seinen Griff, ließ mich jedoch nicht los. „Es tut mir leid!“, flüsterte er noch einmal und das kosmische Wesen kam auf mich
zugeflogen. ~*~ Es war hell, als ich erwachte. Ich fühlte mich komisch. Erniedrigt. Traurig. Ich war nicht ich selbst. Das wusste ich. Etwas war geschehen. Bevor ich in Ohnmacht gefallen war, war etwas geschehen. Schnell richtete ich mich auf. Bevor ich meine Sinne verlor, war ich gerade in einem Kampf mit Koro verwickelt. Wo war er nun? Ich sah mich um. Ich war alleine. Die Sonne strahlte auf den kleinen Platz, sofern es die großen dichten Bäume zuließen. Es schien alles ruhig zu sein. Zu ruhig. Noch immer verwirrt, hievte ich mich auf und musste feststellen, dass sich um meine
Handgelenke wirklich blaue Flecken gebildet hatten. Bei der kleinsten Bewegung durchfuhr mich ein Stechen. Was war bloß passiert? Langsam ging ich auf die Hütte zu, da ich erwartete, dass Falior noch immer zusammen gekauert darin auf mich wartete. Die Tür stand weiterhin offen und ich musste zu meinem Entsetzen feststellen, dass zwar Falior da war, jedoch nicht mehr lebendig. Ich suchte ihn nach Kampfspuren ab, allerdings fand ich nichts, dass darauf hindeute, dass er durch eine Attacke gestorben war. Was sollte ich bloß dem Anführer erzählen? Er würde mir nie die Geschichte von diesem Gei… . Plötzlich kam es in mir hoch. Das Gefühl, als
das Wesen auf mich zuschoss. Traurigkeit. Leid. Tod. Es fraß mich auf. Schnell schüttelte ich den Gedanken ab. Ich durfte mich nicht zu sehr daran erinnern, dann würde es schon gut gehen. Doch warum war Falior daran gestorben? Hätte ich dann nicht auch Tod sein müssen? Warum hatte ich überlebt? Und wie zum Teufel sollte ich das alles meinem Anführer beibringen? Ich versuchte Falior hochzuheben, doch meine Hände spielten einfach nicht mit. Zu gerne hätte ich ihn als Beweis mitgebracht, dass nicht ich ihn getötet hatte, sondern jemand anderer. Jemand namens Koro. Jemand, der mein Bruder war.
Ich wusste nicht mehr was ich fühlen sollte. Darum verließ ich den Ort des Schreckens und machte mich auf die Heimreise. Ob ich es jedoch noch immer mein zu Hause nennen durfte? Da war ich mir nicht so sicher.
Mein Boss wird auszucken, angesichts der Tatsache, dass er mir überhaupt Glauben schenkt.