Journalismus & Glosse
Die wundersame Welt der Fan-Fictions - Ist das Kunst, oder kann das weg?

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"Die wundersame Welt der Fan-Fictions - Ist das Kunst, oder kann das weg?"
Veröffentlicht am 04. August 2016, 22 Seiten
Kategorie Journalismus & Glosse
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Über den Autor:

Ich schreibe, seit ich 8 Jahre alt war, besonders haben es mir Kurzgeschichten und Gedichte angetan. Dabei probiere ich immer wieder gerne etwas Neues aus - sei es beim Genre, oder beim Schreibstil.
Die wundersame Welt der Fan-Fictions - Ist das Kunst, oder kann das weg?

Die wundersame Welt der Fan-Fictions - Ist das Kunst, oder kann das weg?

Fan-Fictions sind schon eine eigenwilli-ge Sache, wenn ihr mich fragt. Sie sind wie eine eigene Welt, die hinter einer Tür liegt, auf der eigentlich alle mög-lichen Warnungen draufstehen müssten: „Achtung – Teile dieser Texte könnten die Bevölkerung eventuell verunsich-ern!“ „Achtung – Mit überschreiten dieser Linie betreten Sie einen gesetz- und logikbefreiten Raum! In diesem Gebiet gelten eigene Regeln!“ „Achtung – Kritik (selbst, wenn sie kon-struktiv sein sollte) ist nicht erwünscht! Infrage stellen jeglicher OTPs kann mit Augen-auskratzen geahndet werden!

Schreibstile jeder noch so missratenen Art, sowie mangelhafte und/oder schlechte bzw. unrealistische Storylines sind in jedem Fall als überdurchschnitt-liches Talent in den Himmel zu loben!“ „Achtung – Hormonüberschuss pubertie-render Besucher(innen) und ‚Autorin-nen‘ könnte die Inhalte erheblich beein-flussen.“ Diese Welt, die ihre eigene Herrin ist – in der nichts zu absurd oder pervers oder moralisch verwerflich zu sein scheint; diese Welt mag zwar für eine gewisse Zeit faszinierend, lustig, interessant, ja vielleicht sogar wunderbar wirken – ich habe die Tür zu ihr recht neugierig

geöf-fnet, mich umgesehen, habe selbst eine Geschichte verfasst und sie dort plat-ziert, und dann allerdings relativ schnell wieder die Flucht ergriffen. Neben einigen zweifelhaften Bildern blieben die Fragen: „Was genau habe ich da eigentlich gelesen?“ und: „Wer denkt sich das bloß alles aus?“ Fazit: „Keine Plattform, auf der ich Wur-zeln schlagen könnte – Zeit, sich nach etwas Anderem umzusehen.“ Ich möchte hier keinesfalls die FanFic-Community angreifen – Ich respektiere das Prinzip ‚Don’t like – Don’t read!‘; soll jeder das tun, was ihn glücklich macht. Ich nehme mir hier nur das Recht

heraus, meine Gedanken zu dieser Szene zu formulieren; zu hinterfragen, warum solche fiktiven Szenarien existieren; was sie (vor allem für junge Mädchen) so besonders anziehend macht. Weil sie sich unter anderem des Hand-werks der Dichter und Denker, der krea-tiven Köpfe bedient. Weil sie sich zur Autoren-Szene zählen, in der auch ich mich beheimatet fühle – wenn auch, genau wie sie – amateur-mäßig. Der aufmerksame Leser wird hier anmer-ken wollen: „Hey, meintest du nicht ge-rade, du hättest selber eine Fan-Fiction

geschrieben?“ Ganz recht, das habe ich. ‚Klang des Le-bens‘ ist eine Geschichte, die sich des Vorlesers Saoru (GermanCreepyPasta) und des Pianisten Myuuji als Charaktere bedient. Es ist keine romantische Ge-schichte, hat keine wilden Sex-Fantasien und ist auch nicht besonders mit den Persönlichkeiten ihrer Protagonisten verwoben. Es ist eine Geschichte, die ich geschrie-ben habe, um zu zeigen, dass man Fan-Fictions auch gesellschaftstauglich schreiben kann. Außerdem brauchte ich eine geeignete Plattform und eine dank-bare Zuhörerschaft, die den Kontext verstehen

würde. Die ausschlaggebende Ursache für das Entstehen der Geschichte war dann letz-ten Endes allerdings Myuus Musik – dunkle, atmosphärische Klaviermusik, die mich schon beim ersten Hören inspi-riert hatte. Die Geschichte wurde sogar von den beiden auf YouTube vertont, was eine große Ehre für mich war; aber schlussendlich musste ich einsehen, dass die Fan-Fiction-Szene zu speziell für mich war. Man konnte eben ausschließ-lich Sachen schreiben, die irgendeinen Bezug zu etwas bereits Existierendem hatten und das hat mich einfach unglaub-lich eingeengt. Desweiteren fand ich die Fan-Fictions

der anderen „Autorinnen“ oft mehr als verstörend und wollte nicht mit der Sze-ne in Verbindung gebracht werden. Nicht zu Unrecht witzelten viele, die die Sache mit einer gewissen Distanz betrachteten, 99,9% seien eher FanFic(k)s; und was soll ich sagen:

Ich musste ihnen Recht geben. Generell konnte man (und kann man wahrscheinlich noch immer), wenn man denn wollte, auf FanFiction.de so ziem-lich jede erdenkliche Konstellation von Charakteren und Szenarien finden. Ein erheblicher Anteil erotische Abenteuer für Leser ab 18. Hier ergeben sich meiner Meinung nach

folgende… Situationen:


1. Es gibt Filter-Funktionen, die extra dafür gemacht sind, bestimmte Katego-rien herauszufiltern. Man kann also ohne Weiteres sagen: „Heute ist mir nach ei-nem Hardcore Dan&Phil Porn!“ Und dann kann man ihn ganz leicht finden, indem man die gewünschten Personen angibt, dann ‚Slash‘ (was für eine Ro-manze steht) und P18 – also nur den ganz harten Tobak. Lesen kann es dann jeder, ob 18 oder im schlimmsten Fall auch 11, oder gar noch jünger.

2. Wer liest, schreibt in den meisten Fällen auch. Und so passiert es, dass z.B.

eine 11-jährige, deren Fantasie getriggert wurde, in Zukunft Hardcore Porn Geschichten schreibt und sie auch noch im Netz hochlädt. Ohne Kontrolle der Eltern; ohne, dass es die Freunde mitbe-kommen müssen; ohne, dass sie sich in irgendeiner Weise dafür rechtfertigen muss. Und dass viele „Autorinnen“ noch sehr jung sind, merkt man zum einen am sehr unbeholfenen Schreibstil und zum anderen an üblen Grammatik- und Recht-schreibfehlern.


Mir persönlich wurde immer eingebläut, man solle nichts ins Netz stellen, was einen selbst in ein schlechtes Licht rückt. Nun, wenn harte Sex-Fantasien da

noch nicht ausreichend waren, dann sind es zahllose Rechtschreibungs- und Zeichensetzungsfehler wahrscheinlich schon. Ich möchte nicht altbacken klingen – bin ja selbst noch keine 20 – und auch nicht prüde, aber in solchen Situationen mache ich mir ernsthaft Sorgen um die Kids von heute. Ist es wirklich so weit gekommen, dass sie Klassiker wie ‚Frankenstein‘ und ‚Dracula‘ ablehnen, dann aber ‚Twilight‘ und zusätzlich zu der offiziel-len Lektüre noch die Texte lesen, die das ausmalen, was zwischen den Zeilen passiert? Und wie in aller Welt kommen sie

da-rauf, P18 Geschichten über BRÜDER zu schreiben? Brüder! Nicht nur Videospiel-Helden wie Mario und Luigi sind davon betroffen; auch real existierende Perso-nen wie Jared und Shannon Leto wurden zusammen unter eine Decke gesteckt. Mal im Ernst – mit kreativer Freiheit hat das nicht mehr viel zu tun. Der Grund für diese Faszination für ero-tische Abenteuer zwischen ganz norma-len Personen bzw. Charakteren hat sich mir noch nicht ganz erschlossen. Danisnotonfire hat dazu das wunderbare Video „I will go down with this ship“ gemacht.

Spoiler: Er hat den Grund auch nicht wirklich herausgefunden. Meine Theorie ist, dass ein Wunsch-gedanke der „Autorin“ in Form einer Geschichte festgehalten wird, weil er keine Chance auf Verwirklichung in der Realität hat. Eine andere Theorie von mir ist, dass die Verfasserinnen die Vor-stellung lustig finden und sie deshalb aufschreiben. So sehr ich an Letztere glauben möchte – ich fürchte, dass viele einfach etwas kompensieren wollen, was in der Realität nicht passieren wird, oder was ihnen nicht gezeigt

wird. Wie gesagt: Ich möchte hier keinen Kleinkrieg mit den Vertretern des Fan-Fiction-tums anfangen; manche mögen wirklich gut geschrieben sein und immer-hin war ich mal auf eine seltsame Art und Weise kurz ein Teil dieses Univer-sums – sonst hätte ich diesen Text hier in der Form gar nicht schreiben können. Wenn man meinen Account finden sollte, wird man auch feststellen, dass ich eini-ge Geschichten kommentiert habe. Und dass, obwohl ein paar von ihnen genau dem entsprechen, worüber ich mich gera-de eben ausgelassen habe. Und hier kom-me ich zum nächsten Punkt, den ich an

der Fan-Fiction-Community etwas eigen-sinnig finde: Reviews schreiben – Kontakte knüpfen. So sah meine zugegeben relativ einfache Rechnung aus. Ich hatte eine Geschichte geschrieben und wollte Leser haben. Diese Leser wol-lte ich durch Reviews auf mich aufmerk-sam machen und bestenfalls sollten sie mir wohlgesonnen sein. Ich merkte schnell, dass Slash-Geschich-ten den meisten Zulauf fanden und suchte mir ein paar heraus, bei denen ich eine positive Review moralisch für mich ver-treten konnte. Um das hier abzukürzen: Ich bekam meine Leser und bevor ich den „Ruhm“ genießen konnte,

verabschiedete ich mich von der Plattform und von dieser Strategie, Leser zu finden. Ich habe mir geschworen, dass ich das nicht nötig habe, dass ich nicht lügen oder mich verstellen muss, nur um selbst Feedback zu bekommen. Ich suche nicht mehr nach positiven Aspekten bei Tex-ten – wenn ich eine Review schreibe, dann bin ich ehrlich.

Autoren-Ehrensache.


Doch auf fanfiction.de war es meistens so: Nicht die Sachen, die sprachlich und story-technisch am anspruchsvollsten waren, bekamen die meisten Leser, son-dern die, die einerseits die sabbernde

Zielgruppe bedienten und andererseits ihnen zum Sabber dazu auch noch or-dentlich Honig ums Maul schmierten. Dann war eine Geschichte mit Logik-fehlern, grausamer Rechtschreibung und katastrophaler Grammatik plötzlich ein Meisterwerk und die Person, die es fabri-ziert hatte, ein Ausnahmetalent. Ich habe mir oft die Frage gestellt, ob ich vielleicht neidisch auf ihren Erfolg war; habe das allerdings bald mit Nein beantworten können. Lieber eine nicht ganz so erfolgreiche (nach den Maßstä-ben der Website), dafür aber sprachlich korrekte Geschichte, als eine erfolgrei-che Geschichte mit ungefähr so vielen Fehlern, wie sie Leser hat.


Der Punkt, der mich neben den Ein-schränkungen in der Personenwahl am meisten störte, war also die fehlende Bereitschaft, Kritik zu formulieren und sie auch anzunehmen. Gleich vorneweg: Dieser Absatz wird wahrscheinlich meine Familie und Freun-de zum Lachen bringen – ich bin beinahe unverbesserlich, wenn es um Geschichten und Gedichte geht, weil ich davon über-zeugt bin, dass meine Art die beste ist (bis es jemanden gelingt, mich glaubwür-dig auf meine Fehler hinzuweisen). Dennoch: Selbst ich weiß inzwischen, dass man ohne Kritik nicht besser wer-den kann. Ich freue mich zwar

unheim-lich über jede Form von Lob, aber letzten Endes lerne ich am meisten aus meinen Fehlern und Ungereimtheiten – ergo: wenn ich Mist schreibe, dann will ich gefälligst auch, dass mir das jemand sagt! Mit deutlichen, verständlichen Argumenten, was genau daran Mist ist. Die Fan-Fiction-Szene hingegen hatte diese seltsame Angewohnheit, alles über-mäßig und mit viel pubertärem Gequiet-sche in den Himmel zu loben; und sei die Geschichte noch so erbärmlich (aus mei-ner höchst objektiven Sicht heraus *ehem – Ironie*).

Tatsächlich glaube ich allerdings, dass nur wenige Leute dort dem Wüten eines Literaturkritikers standgehalten hätten;

ich maße mir nicht mal an, dass meine Geschichten es tun würden, aber ich arbeite hart daran, dass sie es einmal können werden. Um es mal zusammenzufassen: Die Fan-Fiction-Szene ist in vielen Aspekten wohl genauso verstörend wie S&M Por-nos und in manch anderen sogar viel-leicht noch mehr. Ich weiß weder, wie sie sich entwickeln konnte, noch, was ihr literarischer Wert ist, denn das muss je-der für sich entscheiden. Ich sage nur, dass ich nach dieser kurzen Episode des Vertraut-machens mit dieser Welt mit gutem Gewissen sagen kann, dass sie nichts für mich ist. Ich möchte

sie jedoch auch niemandem madig ma-chen, denn grundsätzlich unterstütze ich erstmal jede Form von Kreativität, Kunst, Schreibkunst und vor allem Fan-tasie – auch wenn ich mir für das Wohl unserer Jugend und die Zukunft der Nachwuchs-Autoren sehr wünschen wür-de, dass die Geschichten etwas gesell-schaftstauglicher werden würden. Vielleicht ein bisschen weniger Fic(k)tion und dafür ein bisschen mehr Fiction. Und noch ein kurzes Wort zum Sonntag: Vielleicht könnten wir dann alle mal von der pubertären Ebene herunterkommen, uns sachlich mit den Texten beschäftigen und tatsächliche Argumente

hervorbrin-gen, was genau gut und was verbesse-rungswürdig ist.Kritik tut vielleicht manchmal weh. Aber es ist ein konstruktiver Schmerz. Und wenn man kontinuierlich dranbleibt, dann wird die Kritik und mit ihr der Schmerz immer weniger werden. Das ist es, was uns besser macht – kein „Naaaaw, OMG das ist so süß! Ich piss mich gleich ein!“

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Hörbuch

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JanaRetlow
Ich schreibe, seit ich 8 Jahre alt war, besonders haben es mir Kurzgeschichten und Gedichte angetan.
Dabei probiere ich immer wieder gerne etwas Neues aus - sei es beim Genre, oder beim Schreibstil.

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tintengewalt Sehr interessante oder auch "besondere" Thematik, mit der ich mich auch schon konfrontiert sah. Diese Szene kenne ich selber lediglich aus der Ferne, die Gerüchte und Kommentare dazu sind mir gut bekannt. Selber geschrieben habe ich noch keine FanFiction, mit dem Gedanken gespielt aber sehr wohl! Im Endeffekt waren mir die (scheinbaren wahren) Gerüchten dann genug, um mich abzuschrecken. Wie du sagst, man möchte ja niemandem den Mund verbieten, etwas merkwürdiges an sich hat es dennoch.
Somit teile ich deine Meinung, auch ohne konkrete eigene Erfahrungen, sehr.

PS: Jaja, damals hat Saoru schon geile Creepypastas gemacht... damals... *schnief
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JanaRetlow Ich finde es ja teils witzig, teils bedenklich, dass FFs heutzutage eigentlich der größte Absatzmarkt im Netz sind.
Aber wenn sie die Jugend zum Lesen anregen, soll's mir recht sein.

Auch bemerkenswert finde ich, dass ich hier jemanden treffe, der GCP gehört hat. Bisher kannte ich nämlich außer mir nur eine weitere Person, die ihn kannte.
Das Internet ist eben schon ein Dorf ;)

Danke für deinen Kommentar!
LG - Jana
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