Ohne Hoffnung, kein Leben
An der Wohnungstür klingelt es. Langsam klappt Marina den Deckel ihrer Schreibmaschine zu und legt ihr leeres Blatt Papier beiseite.
„Das mir heute aber auch gar nichts einfallen will, wie ich noch weiter schreiben könnte. So viele Erinnerungen schwirren in meinem Kopf herum und nichts kann ich richtig auf die Reihe bekommen“, denkt sie noch im Stillen, als sie auch schon die Tür geöffnet hat.
„Hallo Viola, was treibt Dich denn zu mir? Schon sehr lange habe ich nichts mehr von dir zu hören bekommen. Also?“
„Ich wollte eigentlich nicht gleich mit
der Tür ins Haus fallen, denn ich möchte dich doch nur fragen, wie weit du schon mit deinem Buch gekommen bist. Weißt du, ich bin doch so etwas von neugierig und sterbe fast daran.“
Herzlichst umarmen sich die beiden Damen, worauf Viola erneut sprach; „Du weißt doch hoffentlich noch, was du mir vor langer Zeit einmal versprochen hast. Ich darf als Erste dein Manuskript lesen. Das hast du mir mal fest versprochen gehabt und ich habe dir reichlich Zeit gelassen, zum Schreiben.“
„Ja, ich weiß! Aber sehr weit bin ich noch nicht gekommen. Familie, die Arbeit und der Haushalt, sie rauben mir die Zeit zum Schreiben. Doch keine
Angst, wenn du etwas Zeit mitgebracht hast, dann kannst du noch heute mit dem lesen beginnen. Ich koche uns in der Zeit einen Kaffee und komme ebenfalls in die gute Stube. Geh, du weißt ja wo sie ist und mache es dir etwas gemütlich!“
Während Marina den Kuchen aufschnitt und den Kaffee aufbrüht, deckt Viola in der Stube den Tisch und zündet dazu, zwei Kerzen an. Sie liebt es im romantischen Kerzenschein zu sitzen, zu lesen und weiß, auch Marina sitzt gerne bei Kerzenlicht.
„Draußen wird es schon ziemlich früh dunkel“, ruft Viola aus der Stube.
„ Ja“, meint Marina, die gerade mit dem
Kaffee die Wohnstube betrat. Schweigend setzen sich die Damen, die Eine auf dem Sofa und die andere in den Sessel. Nur das Rascheln der Manuskriptseiten und das Flackern des Kerzenlichtes sind noch wahr zunehmen.
„ Mama, Mama!“
Tränen kullern über ein kleines blasses Gesicht und zwei dünne Ärmchen strecken sich zu einem großen Glasfenster, hinter dem die Eltern des Kindes stehen. Sie winken und zeigen auf einen großen Schokoladenweihnachtmann, der in der linken Ecke auf dem Tisch von dem Kinderkrankenzimmer steht. Plötzlich, da
erklang mahnend die Stimme von der Krankenschwester; „ Marina, höre jetzt auf zu weinen und leg dich endlich hin! Deinetwegen, da können die anderen Kinder nicht schlafen.“
Aber das Kind kann einfach nicht mit dem weinen aufhören, viel zu sehr sehnt sie sich nach der Geborgenheit ihrer Eltern, die doch so unendlich weit weg erscheinen. Gerade mal fast zwei Jahre jung, kann sie es doch noch nicht begreifen, weshalb sie im Krankenhaus sein muss und deshalb auch von ihren Eltern getrennt ist. Was ihr wirklich fehlt, konnte einfach kein Arzt diagnostizieren. Abermals erklang die Stimme der Krankenschwester; höre doch
jetzt endlich mal auf mit deinem heulen! Wenn du dich nicht sofort hinlegst, bekommst du nichts von dem Weihnachtmann ab!“ Kurz darauf, da wurde es still im Zimmer. Die Eltern waren längst schon gegangen, Marina war in ihrem Bettchen nach oben gekrabbelt und schaut durch die Gitterstäbe von ihrem Bett.