„Man trifft sich im Leben immer zweimal“ , tja , dieser Satz stimmt bei mir wohl nicht .
Ich heiße Frederica Kaiser , bin neunundzwanzigeinhalb Jahre alt , ledig und habe noch keine Kinder . Seid kurzem bin ich als freiberufliche Jurnalistin tätig.
Heute ist der 24. Juli , ich bin gerade in Rom und besuche meine beste Freundin Giulia .
Giulia habe ich vor 15 Jahren kennen gelernt als wir gemeinsam an der Rezeption eines nicht näher genannten , aber sehr guten Hotels gearbeitet haben .
Irgendwie haben wir es geschafft über die Jahre Kontakt zuhalten was in der
Gastronomie/Hotellerie durchaus nicht üblich ist . Was soll ich sagen , wir ticken halt so was von gleich , das wir Zwillinge sein könnten .
Na ja nicht ganz , denn wenn wir es wären , wären wir zweieiig .
Giulia ist Italienerin , sorry Römerin , immer schön natürlich gebräunt mit wunderschönen, dunklen Strahleaugen , einer wilden , schwarzen Lockenmähne , klein und zierlich .
Ich dagegen bin eine Riesin . So wirkt es jedenfalls wenn wir nebeneinander stehen .
Giulia ist gerade mal eienmeterdreiundsechzig während ich knapp an der einmeterachzig Marke
vorbeigeschranzt bin . Zusätzlich habe ich keine dunkle Lockenmähne , ich bin Blond.
Okay,von natur aus habe ich Straßenköter - braun-grau aber vor zehn Jahren habe ich entschieden , dass blond meine eigentliche Haarfarbe sein muss .
Egal , ich bin also einsachzig, blond ,habe grüne Augen und bin einigermaßen schlank. Zumindest für meine Größe .
Das verteilt sich bei großen Frauen ja auch ganz anders . Außerdem bin ich sportlich veranlagt . An meinen freien Tagen und im Urlaub gehe ich jeden Tag joggen ( wenn das Wetter gut ist!) und ich achte sehr auf meine Ernährung ! Also gut , ich versuche es seid fünf
Jahren . Es gibt aber auch zu viele Versuchungen wenn man freiberuflich im Auftrag für Reisemagazine und Veranstalter durch die Welt jettet und Artikel für den Restaurant -/Reiseteil schreibt.
Zurück zum Wesentlichen ! In Rom bin ich nicht weil ich einen Auftrag erledige sondern weil Giulia mich zu Ihrer Verlobung eingeladen hat .
Einige Wochen vorher hatte Sie mir beim telefonieren erzählt , dass es bei Ihr ernst werden würde und Sie damit rechnete die Fragen aller Fragen gestellt zubekommen .
Wie das bei den meisten Frauen so ist , ende zwanzig beginnt die Biologische
Uhr zuticken .
Ich kann nicht verstehen warum das so ist aber irgendwie bilden sie sich das wohl ein .
Rückt der dreißigste Geburtstag immer näher, drehen sie reihenweise durch .
Ich persönlich habe noch nicht den Mann kennen gelernt , der mich dazu bewegen könnte , eine Familie zugründen .
Ich habe immer mal wieder eine gute ,intensive Beziehung aber spätestens nach ein bis zwei Jahren ist immer die Luft raus .
Nicht das ich irgendwelche Katastrophen erlebt hätte , es hat einfach nie wirklich ausgereicht um sich
ewig zubinden .
Es gibt einen Mann in meinem Leben , den ich wohl heiraten würde nur leider passt das Timing bei uns irgendwie nie .
Ich habe Ihn auch schon einige Jahre nicht mehr gesehen .Um genau zu sein , zehn Jahre nicht.
Das hat sich soeben geändert . Ich komme , nichts ahnend, von oben aus dem Gästezimmer die Treppe herunter und da steht er , Thierry , in inniger Umarmung mit meiner besten Freundin !
Bei Ihnen steht noch ein anderer Mann , der mit Thierry gekommen sein muss . Er sieht fast genauso aus wie Thierry , nur die Haare sind heller und er wirkt jünger .
Er begutachtet mich von oben bis unten . Der Blick ist genau der, an den ich mich noch so gut erinnern kann . Der von Thierry und auch der seines Vaters ,Pascal Martin .
Das muss Etienn sein , denke ich .
Etienn ist Thierrys drei Jahre jüngerer Bruder .
Thierry Martin aus Paris . Der Thierry, den ich schon seid meinem 14. Lebensjahr kenne , muss der Verlobte meiner besten Freundin sein!
Ich bleibe also wie angewurzelt auf der Treppe stehen und versuche mich so gut wie möglich von dem Schock zu erholen, das unser Timing mal wieder perfekter nicht sein könnte als Giulia
sich umdrehet , mich an lächelt und dann Thierry etwas zu flüstert .
Er schaut zu mir herauf , scheint mich aber nicht zu erkennen . Er lächelt freundlich und etwas annerkennend zu mir herauf . Dann drückt er Giulia noch einmal und verschwindet gemeinsam mit Etienn im Salon .
Ich schlucke und gehe weiter die Treppe runter .
Sie strahlt und sieht wunderschön aus .
Ich bin ein wenig enttäuscht darüber , dass Thierry mich nicht erkannt hat aber so ist das im Leben eben .
Manchmal sind die Dinge anders als man selbst sie sich wünscht .
„ Rrrrriiiiiiiekeeeeee !“ schreit Giulia mir entgegen und breitet die Arme aus .
„Juliiiii !“ quitsche ich zurück und dann drücken wir uns , küssen uns, wie in Italien üblich, auf die Wangen und hüpfen wie zwei Teenies auf und ab .
„War das gerade dein Verlobter ?“ frage ich und sie nickt .
„Ja ! Sieht er nicht hinreißend aus?“
wenn sie wüsste wie hinreißend ich ihn finde würde sie durchdrehen vor Eifersucht .
„ Äh ja! Er sieht gut aus , wie immer !“
„Wie immer ?“ Giulia sieht mich erstaunt an „Kennt Ihr Euch etwa? „ Er hat gar nichts erwähnt als ich ihm von
dir erzählt habe …“
„Ist ja auch schon eine Ewigkeit her …. Wir waren noch halbe Kinder als wir uns kennengelernt haben ! Zufälle gibt`s …“
„So ? erzähl mal , wann und wo war das denn ?“
„ Ich war vierzehn , glaub ich ! Ich war Damals in Paris auf Schüleraustausch !
Thierrys und Etienns Eltern waren mit den Eltern meiner Austauschschülerin , Louise Miller , befreundet ! Seinen Eltern gehörte die Boulngerie an der Ecke der Straße und wenn ich morgens zur Schule lief, kam ich am Fenster der Backstube vorbei .
Mrs.Pascal schenkte mir immer ein Croissant und machte irgendeinen
Scherz, den nur er verstand . Ich konnte noch gar kein richtiges französisch zu dem Zeitpunkt und meine Gastfamilie sprach leider sehr gut deutsch und englisch .
Französisch habe ich dann im wesentlichen durch Thierry gelernt .
Er war immer hartnäckig und sagte :
„ Deutsch sprechen wir ,wenn ich zu dir nach Deutschland komme !“
„Das ist ja mal eine Geschichte ! Also kennst Du die ganze Familie Martin ?!
Pascal ist auch hier aber Francine ist vor sieben Jahren plötzlich verstorben .
Sie hatte einen Herzinfarkt und die drei haben wohl sehr gelitten .
Schade das ich sie nicht mehr
kennenlernen konnte …“
„Ja- schade ! Francine war eine so liebe Person ! Sie hat viel gearbeitet … in der Bäckerei und im Haushalt ! Gibt es die Bäckerei eigentlich noch ?“
„Warum fragst Du das nicht Pascal ? Ich glaube er wird sich freuen und sich bestimmt an dich erinnern !“
Damit kann ich Thierry wohl nicht mehr ausweichen . Jetzt heißt es gute Mine zumachen .
Giulia zieht mich an der Hand hinter sich her in den Salon .
In der Tür bleibt sie stehen und schaut sich suchend um .
„Ah , da sind ja auch meine Eltern !Wir
wollen sie lieber erst mal begrüßen . Du weist ja , meine Mutter legt viel Wert auf solche Höflichkeiten …ach Pascal ist auch bei Ihnen !
Das trifft sich doch gut , stimmts ?“
Signora Marisa di Angelo thront mal wieder wie die Königin von ganz Italien auf Ihrem vergoldeten Louis XIV Sofa .
Links neben Ihr sitzt Mr. Pascal und plaudert charmant mit Ihr .
Mr. Pascal war immer schon ein Charmeur und Signora Marisa himmelt ihn ,wie eine pubertierende Mittfünfzigerin an.
Wie immer , ist sie viel zu stark geschminkt .
Im Sessel zu ihrer rechten lümmelt Ihr
Ehemann , Enzio di Angelo , und unterhält sich mit Etienn.
Von Thierry ist keine Spur zusehen .
Wir kommen zu dem Grüppchen und die Männer erheben sich während Signora Marisa sitzen bleibt und mir die Wange zum Kuss hinhält .
Sie kann mich nicht leiden, weil ich ihr schon des öfteren meine Meinung über Ihr Verhalten ganz unverblümt mitgeteilt habe .Trotzdem ist sie stets Dame genug, es sich nicht anmerken zulassen .
Ich erkenne es nur an Ihrem sich abkühlenden Blick ,wenn sie mich den Raum betreten sieht .
Was soll es , ich bin genauso froh , wenn ich sie nicht ständig sehen muss!
Ich küsse Ihr die Wangen und begrüße sie höflich .
Enzio , den ich duzen darf, drückt mich überschwänglich an seine Brust und neckt mich ,
wie immer wenn wir uns sehen mit den vorwurfsvollen Worten :
„ No imma net verheirat , Mädsche !? Das is ei Schand mit dene Bursche heut` !
Wisse net zu schätze, wenn se ei Schätzle wie di treffe !“
Ich verziehe dann mein Stupsnäschen und sage Ihm das ich nicht unbedingt heiraten muss um glücklich zu sein .
Das ist dann der Moment an dem er mich in die Wange kneift und lachend sagt :
„ Du Fratz weisch net ,was di abgehte !“
Auf dem anderen Ohr höre ich wie Giulia mit Etienn redet .
Sie erklärt ihm das wir uns schon seid einer Ewigkeit kennen , das ich das deutsche Mädchen aus seiner Kindheit bin ,das für zwei Wochen bei der Familie Miller zum Schüleraustausch war und Etienn springt von seinem Sessel auf , schreit „ Mondieu ! Das kann doch nicht wahr sein …“ fast mich an den Schultern und dreht mich von links nach rechts .
„Mais oui ! Papa, regarde ! C`est la fille allemande de la famille Miller ! La petite chérie allemand de Thierry …Frederica ! Du bist Freddi , nicht
wahr?”
Jetzt ist Mr. Pascal nicht mehr zu halten .
Er kommt auf mich zu und zieht mich ebenfalls an seine breite Brust , drückt mich und küsst mir die Wangen .
„Freddi ! Ich hätte niemals gedacht , dich noch einmal wiederzusehen !“ sagt er auf französisch „Wie schön !Francine hätte sich so gefreut !
Sie hat Thierry immer aufgezogen weil er nicht heiraten wollte !
Dann hat sie gesagt :
`Pascal , den Jungen bekommen wir nie dazu, dass er uns Enkelkinder beschert , es sei denn er läuft irgendwann seiner
petite chérie allemand noch einmal über den Weg !` …was für ein Segen ! Ich werde meine beiden Jungen verheiraten !“
Oh Gott, in was für ein Alptraum ! Ängstlich schaue ich zu Giulia aber die lacht nur herzlich und hängt sich bei Etienn unter .
„ Komm lass uns mal deinen Bruder suchen ! Der möchte „Freddi“ oder „Sa petite chérie allemand„ bestimmt auch begrüßen !“
„Unbedingt! Ich freu mich schon auf sein Gesicht wenn er diese Story hört ….einfach unglaublich!“
Ich bleibe bei den Anderen zurück und Mr. Pascal oder Pascal , wie ich Ihn jetzt
nennen soll erzählt mir von Francine ,der Bäckerei und den Millers .
Louise war 5 Jahre mit Thierry verheiratet und schwanger mit einer Tochter , die sie im sechsten Monat verlor .
Danach ging die Ehe in die Brüche und Louise nahm ihr Studium wieder auf .
Sie lebt inzwischen in Südfrankreich und ist eine erfolgreiche Scheidungsanwältin geworden , hat bis heute keine Kinder , dafür aber einen neuen , stinkreichen Freund .
„Abgehoben ist die !Spinnt ! Besucht noch nicht einmal mehr die eigenen Eltern ! „
dröhnt er .
Die Millers sind beide im Ruhestand und leben in ihrem Ferienhaus in der Provence .
Joel , Ihr Sohn , hat die Wohnung behalten .Er lebt dort mit seiner Familie und die Millers kommen ab und an zu Besuch .
Ich stelle immer wieder Fragen und irgendwann höre ich Enzio murren :
„Riiiieke, wenn du nur halbe so gute italiano spreche wurdes , wie du franzeh sprisch , ätt isch disch scho längsch unna de Haub bekomme !!!“ und rollt dabei mit den Augen .
„ Isch han da ei Neff …“
weiter kommt er nicht denn durch die Gartentür stürmt ein strahlender Thierry
auf mich zu.
Er bleibt stehen , schaut mich mit seinen tiefblauen Augen , die wenn er wütend ist dunkel grau werden , an. Ich sehe, dass sich seine Lippen bewegen aber ich höre nichts außer einem fürchterlichen rauschen in meinen Ohren . Er redet und redet . Wahrscheinlich hat er schon drei mal das selbe zu mir gesagt. Mein Mund ist so trocken das ich auf keinen Fall ein Wort herausbekomme. Ich höre ja auch nichts , dank des Rauschens in meinen Ohren!
Gulia ,die mitlerweile neben mir steht , stößt mir in die Rippen und ich erwache aus meiner Erstarrung .
Endlich kann ich auch hören was er mir
mit seinem unnachahmlichen Akzent, den er immer noch nicht im Griff hat (Zum Glück!!!) , zusagen hat :
„ Erde an Freedie ! Isch habe disch gefragt , was Du mit Deinön schönen Arön gemacht ast ? Blonde ? Ach Freedie ! Isch ab disch so gar nischt erkonnt , chérie ….“
So richtig in der Gegenwart bin ich noch nicht wieder angekommen .
Lahm antworte ich ihm :
„ Sie sind blond , Thierry ! Ich habe sie blondiert und mir gefällts !“
Wissend nickend hakt er sich bei mir unter und führt mich von der gespannt lauschenden Gruppe weg . Über die Schulter entschuldigt er uns bei den
Anderen :
„ Ihr müsst mir vergeben , dass ich Freedie direkt mit Beschlag belege aber wir haben uns lang nicht mehr gesehen und eine Menge zu berichten , wie ich meine !“ sagt er auf italienisch und an mich gewandt :“ Nischt wahr Freedie?!“
Also Widerrede duldet er im Moment wohl nicht , so wie er meinen Arm umklammert .
Thierry bugsiert mich nach draußen auf die weitläufige Terrasse und drückt mich auf eins der Sofas , die dort zum erholen stehen . Er selbst bleibt vor mir stehen
und betrachtet mich eingehend .
„Du siehst immer noch genauso wunderschön aus wie vor zehn Jahren, Chérie ! Ein wenig älter und reifer aber immer noch wunderschön ! Nur das Blond stört mich ein wenig ….“ Er spricht französisch !
So langsam geht er mir auf den Senkel ! Ich sitz hier doch auch nicht rum und analysiere sein Aussehen …
„ Du hast dich auch fast nicht verändert ! Ich habe dich jedenfalls sofort erkannt …“ erwiedere ich ebenfalls in französisch.
„ Ich habe mir ja auch nicht die Haare gefärbt !“
Da ist er wieder , sein unschlagbarer
Humor .
Das habe ich schon früher so an Ihm gemocht .
Das und seine wissenden, immer leicht schelmischen Blicke .
Und schwupp !
Alles wieder da!
Dieses kribbelige Gefühl in der Magengegend von Damals wenn er in meiner Nähe war .
Auszüge aus meinem Tagebuch :
10.März 1994
Es ist gerade 6.30 Uhr .In zwei Stunden geht es los !!!! Paris ich komme !!!Yeah!
Mir ist jetzt schon schlecht wenn ich daran denke das ich ganz allein für zwei Wochen bei Fremden wohnen werde ...hoffentlich sind sie nett und ich verstehe sie gut .
„ Beeile dich ! Der Zug geht um halb neun .. es wird Zeit ,Frederica ! Wir müssen los !“
Mom schreit schon wieder !
„Ich weis ,ich weis ! Bin ja schon da ...“
ich schnappe mir meine Reisetasche und den Rucksack , suche nach meiner Lieblingsjacke um dann endlich raus zum Auto zugehen .
ZumGlück sind wir , dank meiner Mutter ,wie immer über-pünktlich .
Auf dem Bahnsteig wimmelte es von aufgergeten Schülern und Schülerinnen die drauf warten endlich in den Zug einsteigen zu können .Ich suche nach meiner besten Freundin die auch mitfahren wird und finde sie bei einer Gruppe Jungen die etwas abseits stehen .
„ Melli ! „
Ich rufe nach Ihr und sie dreht sich um und winkt mich zu sich .
Ich stelle meine Tasche zu den anderen und gehe zu meinen Klassenkameraden , meine Mutter ignoriere ich obwohl sie mir noch tausend Fragen stellen will .
„Frederica , hast du an die Gastgeschenke gedacht ?? Hast du auch deinen Pass mitgenommen ? Denk daran , das ich dir den Brustbeutel in den Koffer gepackt habe ! „
So geht das die nächsten Minuten weiter bis ich sie endlich ausreichend beruhigt habe .
Endlich kann ich zu Melli und den Jungen aus meiner Klasse gehen ohne das sie mich vollquatscht .
Melli umarmt mich und fragt sofort :
„Sag mal , Freddi , sollen wir uns gleich
Plätze gemeinsam mit den Jungs suchen ?“
„Klar , können wir machen ! Gute Idee ...wird bestimmt lustig !“
In dem Moment kommt die Lautsprecherdurchsage , die unseren Zug ankündigt .
Die Lehrer rufen uns zusammen und wir verabschieden uns noch kurz von unseren Eltern .
Im Zug nach Aachen finden wir schnell Plätze und ich beginne eine nette Plänkelei mit einem meiner Klassenkameraden . In Aachen stiegen wir in den TGW nach Paris / Gard du Nord um . Der Nachmittag zieht sich endlos hin und aus der Plänkelei wird
mit den Stunden mein erster Flirt . Er hieißt Christian und ist einer der beliebtesten Jungs in meiner Klasse .
Es dauert nicht lang und er fordert mich heraus :
„ Los ! Lass uns ne Wette abschließen … ist so langweilig !Machste mit ?“
Ich schaue skeptisch aber nicht abgeneigt , nickt dann aber nach kurzem überlegen .
„ Also dann ! Ich wette , Du traust dich nicht, mich vor allen anderen auf den Mund zu küssen … mit Zunge !“
Ich bin, gelinde gesagt, etwas geschockt . Ich habe noch nie jemanden geküsst und schon gar nicht mit Zunge aber ich will mir nicht die Blöße geben und
hinterher als verklemmt gelten .
Ach was solls ,denke ich und beuge mich über die Sitzlehne und küsse Ihn .
Direkt auf den Mund .Mit Zunge . Tolles Gefühl ! Irgendwie sind wir sehr enthusiastisch dabei und hören gar nicht mehr auf zu knutschen . Für den Rest der Fahrt halten wir dann Händchen und die Lehrer ermahnen uns ,natürlich mit nem Schmunzeln und Neckereien .
Als wir endlich in Paris ankommen, ist es schon dunkel . Ich bin beeindruckt von dem großen , völlig anders aussehenden Bahnhof , dass ich nichts um mich herum wahr nahm .
Einige von den Austauschschülern begrüßen uns und bringen uns zu zwei
Reisebussen, die uns d an unser endgültiges Ziel kutschieren sollen .
Irgendwie landee ich im Bus neben Melli aber an quatschen ist nicht zu denken . Wir sind alle viel zu beeindruckt .
Am Lycée angekommen erwartet uns der Rest der französichen Gastfamilien um uns in Empfang zunehmen und danach so schnell wie möglich nachhause zu bugsieren .
Nachdem uns das Programm für den nächsten Tag erzählt worden ist, können wir endlich den Heimweg antreten . Ich bin völlig ausgepowert und nicht mehr so richtig aufnahmefähig .
Mein Gastvater , Mrs, Miller ist ein sehr
großer , schlannker und intelligent wirkender mittvierziger . Mein erster Eindruck von Louise , meiner Gastschwester, ist eher durchwachsen .Ich versuche mit Ihr ins Gespräch zukommen aber sie bleibt einsilbig .
Mrs. Miller nimmt meine Tasche und fordert mich in englisch auf mitzukommen .
Er beginnt mich ein wenig über meine Familie auszufragen und erklärt mir einiges über seine Familie .
Die Millers bestehen aus dem zur Hälfte algerischen Mrs.Miller , der zu einem viertel russisch jüdischen Mme. Miller , ihrer 80 jährigen , russisch jüdisch -deutschen Mutter und den beiden
Kindern , Louise und Joel .
Mrs. Und Mme. Miller hatten zu Anfang große Bedenken gehabt, ihrer Tochter den Schüleraustausch zu erlauben .Noch dazu mit einer deutschen Familie . Man konnte ja nie wissen an wen man da geriet und welchen historischen Hintergrund man vorfand .
Meine Eltern sind ,wie ich glaube , die aufgeschlossensten Eltern überhaupt :
Nicht übermäßig religiös , fremdenfreundlich und tollerant !
Ich wusste nicht mal was Mrs. Miller von mir wollte, als er mir sagte das sie zum Teil jüdisch seien .Ehrlich gesagt spielt Fremdenhass oder Antisemitismus in meiner Welt gar keine Rolle .Ich
denke einfach nicht über solche Sachen nach .Es ist mir herzlich egal ob jemand evangelisch, katholisch oder muslimisch (das kannte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mal) ist .Ich habe andere Dinge im Kopf !
Zum Beispiel Klamotten , mein Aussehen und Jungs ...
Wir sind noch nicht lang unterwegs als ein Junge in meinem alter neben uns auftaucht und Louise und ihren Vater begrüßt . Er sieht verdammt gut aus ! Groß ,dunkele Locken die ihm etwa bis auf die Schultern fallen und dazu noch strahlende , blaue Augen die mich neugierig mustern .
.Und dann erst seine Klamotten … er
trägt eine beige Buntfaltenhose , ein hellblaues Hemd und er hat einen dunklen Kaschmir Pullover um die Schulter gelegt . Fanzosen haben eben Geschmack, was ihre Kleidung betrifft !
Mrs. Miller stellte ihn mir als Thierry Martin vor .
Nach einigen Minuten weis ich mehr über ihn, Thierry, als über Louise , die ziemlich genervt wirkt, seid er aufgetaucht ist . Das hält ihn allerdings nicht davon ab sie anzusprechen, was sie damit quitiert , dass sie ihn wortlos stehen lässt und zu einer ihrer Freundinnen hinüber geht .
Thierry zuckt nur die Schultern und wendet sich an mich :
„ Mach dir keinen Gedanken , Louise ist eigentlich nicht so ! Sie ist ein nette Mädschön !" sagte er mit seinem niedlichen Akzent " Es liegt an mir, dass sie gegangen ist !“ Er spricht sehr gut Deutsch und man merkte ihm an wie sehr er sich bemüht, auch alles korrekt auszusprechen .
„ Sie ist immer genervt von mir auch wenn ich nischt genau weis , wieso …!“
Damit verabschiedet er sich von mir und Mrs. Miller und läuft voraus .
Er sieht wirklich gut aus ! Ich kann Louise nicht verstehen ….
Für mich wirkte es als ob ihm etwas mehr an Louise liegt als nur an einer „Freundin“
13.März 1994
Heute war mal wieder früh aufstehen angesagt .
Louise musste früh in die Schule aber ich hatte noch Zeit zum Frühstücken .
Mme. und Mrs. Miller waren bereits aus dem Haus und auf dem Weg zur Arbeit .
Oma Rouselle , wie ich sie nennen darf ,kümmert sich um Joel und mein Frühstück .
Sie ist eine richtige , französische Großmutter , wie ich finde .
Sie ist Immer gut und sehr feminin gekleidet , trägt dezentes Makeup und Schmuck und ihre Haare sitzen perfekt .
Sie geht mindestens ein Mal pro Woche zum Coiffeur und lässt sich regelmäßig maniküren .
Mme. Miller legt ebnfalls großen Wert auf Pflege .Jeden Abend legt sie irgendwelche Masken auf oder cremet sich dick mit Anti- Falten Creme ein .
Zur Arbeit trägt sie immer ein schwarzes Kostüm und Pumps und ungeschminkt das Haus verlassen kommt gar nicht in Frage !
Ich lebe in einer Familie mit viel Style . Das erkennt man auch an der Wohnung .
Es ist eine Altbau Maisonett /Mansardenwohnung aus dem vorherigen Jahrhundert .
Sie liegt in einer ruhigen Seitenstraße an
deren Ende man an einem Messegelände auskommt .
Ich liebe solche Häuser ,weil sie mich an Zeiten erinnern über die ich sehr gerne lese und in denen ich noch lieber gelebt hätte .
Natürlich nur als reiche Dame und nicht als Dienstmädchen ... mit Bällen ,schönen Reifrockkleidern , Hochsteckfrisuren , Handschuhen und Fächern !
Allein das Treppenhaus ist schon wunderschön . Marmor an Boden und Wänden und ein alter Fahrstuhl mit einem Gitter zum davor schieben und der schon mal gern stecken bleibt, machen das Ganze zu einer Residenz für
gut situierte Leute . Ich komme mir schon fast fehl am Platz vor ! Es gibt auch eine Hausmeisterin die im Erdgeschoß wohnt und immer Lockenwickler , Polyesterkittel und dazu beige Perlonsocken und Hausschuhe trägt .
Eben genauso wie man es aus Filmen kennt .
Joel soll mich heute zur Schule begleiten , schauen wir mal , was mich erwartet ... Joel ... er ist drei Jahre jünger als ich und ein richtiger Kindskopf!Ich hab ihn jetzt schon gern ...man hat richtig Spaß mit ihm obwohl er kein deutsch spricht und ich kaum französisch .
Wir verstehen uns auch so prima . Gerade hat es geklingelt .Ich bleibe in der Küche , Joel geht die Tür öffnen .
Jetzt ratet mal wer da hereinspaziert kommt ???
Oh Gott , mein Herz klopft vielleicht .... ich kann gar nicht atmen ....Thierry ! !!!
Die Schule hat ihn " gebeten " mich abzuholen weil Louise schon so früh weg musste ...klar !
Gut, also geh ich heute auch mit Thierry zur Schule !
Was wohl mein Freund dazu zu sagen hat??? Und erste die Mädels ?!
Da wird wohl bei der Einen oder Anderen Neid aufkommen...
Treffen 9.30 Uhr an der Schule !Wird
Zeit , das wir los gehen .
Joel begleitet uns bis zur Straßenecke dann verabschiedet er sich und geht mit einem Klassenkameraden voraus .
Er kann es natürlich nicht lassen mir noch verräterisch zu zuzwinkern und frech zu grinsen .
Ich bin bestimmt total knallrot im Gesicht .
Thierry läuft still und ebenfalls grinsend neben mir her .
Ich fahre den Ellebogen aus und haue ihn ihm in die Seite , dann mach ich mich beleidigt davon.
"Komisch!" ruft er lachend "Louise scheint einen schlechten Einfluss auf dich zu haben , Freeedie !"
Ich schau ihn an und muss lachen "Ich glaube auch !"antworte ich .
"En francais , s`il vous plait , mademoiselle !" sagt er streng " Wir sprechen deutsch wenn ich bei dir bin!
In den nächsten Tagen lernte ich Louise immer besser kennen obwohl sie nicht viel Zeit hatte . Wir verstanden uns wirklich gut und bekamen ein herzliches Verhältnis zueinander .
Louise war sehr beschäftigt .Schule bis fünf , danach mindesten drei Mal die Woche lernen in der Bibliothek , Klavierunterricht , Tennisunterricht und zusätzlich Altgriechisch .
Während ihre Klassenkameraden ihre Freizeit genossen und Spaß hatten lernte
Louise ,was Ihr viele Hänseleien und auch Ausgrenzung einbrachte . Ich bewunderte sie für ihre Intelligenz und ihren starken Willen . Langsam erkannte ich auch was Thierry in ihr sah .
Nur Louise wollte nicht sehen, wie toll Thierry in Wirklichkeit war . Wenn die anderen Schüler sie ärgerten , nahm er sie in Schutz und er verteidigte sie . Für mich war er in Louise bis über beide Ohren verknallt .
Alle Mädchen redeten über ihn . Schwärmten über sein Aussehen und seine coole und reife Art .Ich selbst wusste erst überhaupt nicht um wen es dabei ging da ich seinen Namen nicht wirklich wahrgenommen hatte .
Außerdem war ich selbst in einer glücklichen Beziehung und fühlte mich nicht wirklich hübsch genug als das ein Junge wie Thierry Interesse an mir haben könnte . Deshalb achtete ich nicht weiter auf ihn oder auf einen der anderen französischen Jungs .Es war eine tolle Zeit .Jeden Tag machten wir Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten. Das Hotel de ville , Notre Dame, Sacre Coeur und Mon Matre , Das Musee D`Orsay , das Picasso Museum und der Eifel Turm wurden besichtigt . Wir machten eine Fahrt auf der Seine und fuhren sogar in riesiges Einkaufszentrum außerhalb von Paris immer in Begleitung unserer
Austauschschüler . Thierry tauchte jedes Mal bei Louise und mir auf , Louise verschwand und ich quatschte mit Thierry , was mein Freund nicht sehr lustig fand . Regelmäßig hatte ich Stress mit Ihm wegen Thierry . Dabei war er nur nett zu mir und wollte eigentlich mit Louise zusammen sein , wie ich vermutete .An den Wochenenden fanden regelmäßig Feten statt zu denen Thierry eigeladen war aber nicht hin ging weil Louise nicht eingeladen wurde und er seinem Vater in der Bäckerei helfen wollte . Louise und ich wurden nie eingeladen weil Thierry sie mochte also mochten sie folglich auch mich nicht . Irgendwann bekam ich mit das mein
Freund sehr viel Spaß bei diesen Feten hatte . Melli erzählte mir davon . Das fand ich nicht so lustig aber okay , er war halt eingeladen . Immer öffter sah ich ihn mit einem der französichschen Mädchen sprechen. Er verabschiedete sich immer schnell wenn ich auftauchte .Ich dachte mir nichts weiter dabei obwohl es mir komisch vor kam .Ich machte auch Ausflüge mit den Millers . An einem Samstag fuhren wir nach Versaille und in einen Freizeitpark . Mme. Miller nahm mich an den Nachmittagen mit zum Shoppen . Mit der Metro fuhren wir zum Montparnasse und zur Galerie Lavayett oder gingen einkaufen . Auf dem Weg nachhause
kaufte sie jedes Mal Baguette für das Abendessen und eins für unterwegs . das klemmte man unter den Arm und aß zwischendrinn davon . So wie sie machte das jeder . Egal zu welcher Tageszeit , die Pariser trugen Baguettes unter dem Arm und kauten genüsslich vor sich hin . Vor jeder Metro Station stand irgendwo ein Crepesverkäufer . Es duftete verführerisch und man war jedesmal versucht Crepes zuessen .Leider hatten wir nie Zeit dafür . Zum Ausgleich durfte ich aber mit meiner Familie essen gehen . Wir trafen die Martins beim Asiaten . Das war mein erstes asiatisches Essen überhaupt . Es war toll . Wir fuhren mit dem Bus weil
Mrs. Miller noch arbeiten musste . Ein Höllentrip , sag ich Euch ! Danach stand für mich fest : "Nie wieder Busfahren in Paris!" . Das Restaurant war fantastisch . Modern und exclusiv .Wir saßen an einem runden Tisch bei dem sich die Tischplatte drehen ließ . Mrs. Miller bestellte zusammen mit Mrs. Martin und jeder bediente sich von den Speisen wie er mochte .Louise und Joel liebten die Nam-Röllchen , kleine Frühlingsrollen und Thierry riet mir zu Bratreis mit Hünchenfleisch . Wir hatten richtig Spaß und sogar Louise taute in Thierrys Gegenwart auf . Sie zeigten mir wie man mit Stäbchen essen musste und bekamen fast Bauchschmerzen vor lachen
weil ich mich nicht sehr gut damit anstellte . Nach dem Essen brachte man uns heiße Handtücher und ich staunte Bauklötze weil ich nichts damit anzufangen wusste . Thierry erklärte es mir leise und ich war ihm dankbar . Danach gab es noch eine Besichtigungstour durch Paris .
Paris bei Nacht ... Lichter , Moulin Rouge , Eifel Turm ... es war wirklich schön !
Ein oder zwei Mal hatten wir auch Unterricht mit den französischen Schülern . Es war nicht immer einfach da wir nicht alles verstehen konnten .
Es gab auch nicht so schöne Momente . Irgendwann ging ich mal früh morgens
allein zur Schule und eine ältere Dame stand auf Ihrem Balkon , sah mich kommen und verzog abfällig das Gesicht . Sie murmrlte etwas von " schon wieder so eine deutsche Nazi !" ging in ihre Wohnung und ließ das Rollo herunter sausen . Ein anderes Mal viel für uns eine Unterrichtsstunde aus und wir sollten in einen der Aufenthaltsräume gehen . Dort saßen schon einige französische Schüler, die wir aber nicht kannten . Wir setzten uns dazu und versuchten mit Ihnen ins Gespräch zu kommen . Sie ignorierten uns und fingen statt dessen an uns auf französich zu beleidigen . Das merkten wir erst gar nicht . Erst als sie anfingen uns
anzuschreien und das Wort "pute" viel war uns klar , das war nicht mehr freundschaftlich zuverstehen . Wir krigten sogar richtig Angst . Zum Glück kam Thierry rechtzeitig dazu denn sie waren drauf und dran auf uns loszugehen und handgreiflich zu werden . Als er sie zur Rede stellen wollte räumten sie das Feld aber nicht ohne doch noch Schaden anzurichten . Einer ging an Melli vorbei und spuckte ihr sein Kaugummi in die Haare .
In der letzten Woche machten wir einen Ausflug zusammen mit unseren Austauschschülern nach Chatre . Wir besichtigten die Kathedrale und die Cahmpagnerkellerei Teitinger. Nach dem
Mittagessen in einer Schulkantine durften wir allein auf Erkundungstour gehen .
Mein Freund hatte sich bei mir beschwert das ihm unsere Beziehung zu klammerich geworden war und er endlich mal was mit seinen Jungs machen wollte. Ich erfüllte ihm seinen Wunsch in dem ich mit ihm Schluß machte . Ich war nicht sehr traurig eher sauer und hakte das Ganze schnell ab .
Somit hatte ich auch wieder Zeit für Melli, Louise und die anderen Mädchen .
Wir gingen zu viert los , machten alberne Fotos und lachten uns tot über einander .
Irgendwann bemerkte ich Thierry, der auf der anderen Seite der Straße mit einer Gruppe Jungen stand und uns beobachtete . Er grinste wie immer amüsiert und lehnte lässig auf einem Zaun .Ich sah nur Ihn , wie er da stand und uns zusah .Es kam mir so vor, als würde ich Scheuklappen tragen die den rest der Welt ausschlossen . Merkte er das, fragte ich mich ? "Ja!" schoss es mir durch den Kopf , denn er kam zu uns herüber. Er stieß sich vom Zaun ab und schlenderte ruhig und gelassen auf uns zu und nahm Melli den Fotoapparat ab . Alle erstarrten in ungläubigem Schweigen denn bis jetzt hatte er noch mit keinem der Mädchen geredet .
Louise suchte wie immer sofort das Weite . Als er einige Fotos gemacht hatte bat er Melli darum ein Foto von Ihm und mir zumachen . Er stand da, wieder lässig an einen schmiedeeisernen Zaun gelehnt und einen Arm legte er mir um die Schulter . Er zog mich näher an sich .Ich merkte wie er an meinen Haaren schnupperte und ich begann vor Nervosität zu zittern . Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und in meiner Magengegend begann etwas zu flattern . Schmetterlinge im Bauch !
„ Schön !“ flüsterte er und als ich mich zu ihm umdrehte grinste er mich wissend an und zwinkerte mir zu . Schon
wieder sah er so verdammt gut aus . Heute trug er Jeans und einen dunklen Rollkrangenpulli . Als das Foto gemacht war schlenderte er wieder zu den anderen zurück und bat Melli um einen Abzug . Das war der letzte Tag an dem ich ihn sah .Vier Tage später fuhren wir zurück .
Im Juni kamen dann die französischen Schüler zu uns .Für Louise waren die letzten Wochen noch schlimmer geworden . Ihre Mitschüler schlossen sie jetzt völlig aus . Wie sich herausstellte , weil Thierry ihr half und sie immer wieder verteidigte .Am schlimmsten war Lea . Es sah so aus als wären Lea und
Thierry ein Paar , so bestitz ergreifend wie sie sich benahm wenn man sie zusammen irgendwo traf . Das war ständig der Fall .Sobald Thierry zu Louise oder mir herüberwinkte war das Anlass für Lea irgendetwas gegen Louise zuplanen . Sie hetzte die anderen Mädchen und Jungen gegen Louise auf aber nur dann wenn Thierry nichts davon mitbekam . Wenn er mit dabei war behandelte sie Louise als wäre sie ihre beste Freundin und die anderen machten es ihr nach und verspotteten sie dann hinterrücks aber so das sie es mitbekam .
Ich war auch nicht besser . Ich benahm mich wie ein kleines Kind aus dem
Kindergarten , bockig , weil ich Louise nicht ständig mitschleppen wollte und ich lies sie das spühren . Ja . ich hatte ein schlechtes Gewissen aber nie lange . Ich wollte , genau wie die Anderen , bei Leas Balettübungen zusehen und zu Feten eingeladen werden doch weil Louise bei mir wohnte , luden meine Klassenkameraden mich nicht ein .Für mich war Louise daran schuld , dass ich plötzlich nicht mehr beliebt war . Abends telefonierte ich immer mit Melli da sie Tagsüber nie Zeit hatte .Ich jammerte und beschwerte mich wegen Louise und ging ihr auf dei Nerven.
Das der eigentliche Grund für unseren Ausschluss Thierry war, kam mir nicht
in den Sinn ! Weil Thierry Louise mochte und mich ebenfalls , waren wir beide potenzielle Konkurentinnen für die anderen Mädchen.Ich hatte das nicht geschnallt aber Melli ,meine beste Freundin, rückte mir den Kopf wieder grade :
"Sag mal , was ist denn mit dir falsch ? Wie benimmst Du dich? ! Was kann denn bitte schön die arme Louise dafür , das Thierry mit Ihr spricht ? Diese fiesen Weiber sind doch blos eifersüchtig , dass er sich nicht mit Ihnen unterhalten will ! Meistens steht er nur teilnahmslos dabei und ignoriert sie ... wären sie nur ein klitzekleines Bischen netter und nicht so eingebildet , würde er sich
vielleicht mit Ihnen abgeben ... dumme Kühe sind das und Du machst da auch noch mit !Ich erkenne dich gar nicht wieder , Freddi! "
Melli ,meine liebste und absolut gerechte Freundin , konnte Lea nicht ausstehen .
Trotzdem blieb Ihr nichts übrig als sich mit Lea zu arangieren denn Lea wohnte bei Melli .
Wir beschlossen ab jetzt zu Louise zuhalten . Wenn Melli nicht mehr Nachmittags zu Sonya ging bei der Thierry wohnte und auch nicht mehr zu den Parties, musste Lea genauso zuhause bleiben .
Melli setzte sogar noch einen drauf . Sie
verabredete sich mit mir und Louise für den nächsten Nachmittag . Lea hatte die Wahl .Sie konnte mitkommen oder allein zuhause bleiben .
Am nächsten Tag in der Schule kam Thierry zu mir und sprach mich an .
„ Freedie , wir haben uns noch gar nischt gesehen seid isch ihr bin und Louise hab isch auch nicht zu Gesischt bekommen. Es geht mir sowieso alles auf die Nerv . Ständisch kommen irgendwelsche Leute zu uns und isch hatte noch keinen Tag an dem isch mal Ruhe hatte !
Kannst vielleischt mal mit Sonya spreschen ? Vielleischt ört sie auf disch
und ält mir wenigstens für ein oder zwei Tagö diese idiotön vom Leib ...wie wäre es zum Beispiel heute Nachmittag ? Abt ihr da schon etwas vor ?“
Er hatte keine Lust auf all den Rummel um seine Person ? Na ich konnte das schon verstehen aber ob Sonya das auch tat ? Und was würde erst Lea , seine Freundin davon halten ?
Sonya liebte ihre plötzliche Beliebtheit . Im normalen Leben war sie ein schlimmer Fall von extremer Schüchternheit und deshalb kümmerten sich die meisten Leute nicht weiter um sie .
Ein Versuch konnte nicht Schaden . Thierry wartete gespannt auf meine
Antwort und ich hatte ihn auch nicht gerade beachtet seid dem er in Deutschland war . Andererseits hatten wir ja während der Wochen in Paris auch nicht richtig Kontakt miteinander gehabt außer bei meiner Ankunft ,dem gemeinsamen Foto und zwei Abendessen an den Wochenenden .
Ehrlichgesagt war ich sogar ziemlich erstaunt das ihm soviel daran lag mich zutreffen .
Na klar ! Plötzlich ging mir ein Kronleuchter auf . Es ging dabei überhaupt nicht um mich sondern um Louise !
„ Also gut !“willigte ich ein „ Ich versuche mal mit Sonya zureden ! Sag
mal warum hast Du ihr denn nicht schon längst gesagt , daß dich der ganze Trubel stört ? „ er ignorierte meine Frage und antwortete statt dessen :
„Donke dir , chérie und bis eute Nachmittag !“
„Nee , heute Nachmittag hab ich keine Zeit ! Ich muß zum Tanzkurs ...“
„Kannst Du den denn nicht sausen lasen ? Bitte !!“
„Nein kann ich nicht ! Mein Tanzpartner rechnet fest mit mir .“
„ Nur eute .Ich ab misch so drauf gefreut das ihr kommt , Du und Louise !“
Ich schüttelte den Kopf
„ Ein anderes Mal , ja ? Außerdem weis
ich garnicht ob Louise überhaupt Lust hat mitzukommen ! Sie sondert sich in den letzten Tagen immer mehr ab und sitzt allein in ihrem Zimmer … ich glaube , sie ist irgendwie sauer auf mich ! Sie weint auch viel ...“
Er sah mich besorgt an , sagte aber nichts weiter . Ich seufzte und zuckte die Schultern .„Hm also gut ich versuche sie dazu zu überreden , dass sie morgen mit kommt , okay ?! Ich hoffe nur deine Freundin lässt sie danach in Ruhe !“
Er zog die Augenbrauen hoch und sah mich Verständnisslos an :
"Welche Freundinn?Ich verstehe nicht so richtig was Du meinst , Freeedie ! Wer
lässt Louise nicht in Ruhe?"
"Na, Lea natürlich !"
"Lea? Aber Lea ist nur "eine Freundin" ! Macht sie Ärger? " Er sah richtig wütend und geschockt aus .
"Äh, ja!!! Sie hätzt die anderen aus eurer Klasse gegen Louise auf wenn du nicht in der Nähe bist ?!"
"Merde! Diese Idiotön ....ich regle das !"
"Also wie gesagt , ich versuche sie mal zu überreden ..."
„Donke !Gut !Dann bis morgen ...“ Sagte er , grinste mich auf seine freche Thierry -Weise an und verschwand .
Kein Wunder das all die Mädchen Schlange vor Sonyas Tür standen .
Nur ahnte keine von ihnen , daß sie null
Chancen bei ihm hatten .
Louise ließ sich natürlich nicht dazu übereden mit zu kommen .Dafür redeten
wir Abends lange miteinander .Meine Mutter hatte mich bei Seite genommen und mir auch noch mal ins Gewissen geredet . Ich entschuldigte mich bei Ihr und erzählte Ihr von meinem Gespräch mit Melli .Sie war erleichtert und man merkte ihr an dass es ihr besser ging . Ich war froh , das sie meine Entschuldigung angenommen hatte .
Als ich am nächsten Tag vor Sonyas Tür stand , war von anderen Jugendlichen weit und breit nichts zusehen .
Thierry und Sonya öffneten mir gemeinsam die Tür , Arm in Arm !
Äh, was war das ?!
Sonya winkte mich herein und folgte Thierry der sie an der Hand nach Oben
zog .
Mir blieb es überlassen die Tür zuzumachen und Ihnen hinterher zugehen .Unschlüssig blieb ich unten stehen bis Sonya zu mir herunter rief :
"Kommst Du , Freddie?" ich atmete noch ein Mal tief durch und gesellte mich zu Ihnen .
In der Tür blieb ich stehen und sah den beiden zu wie sie eng umschlungen auf dem Bett saßen und miteinander alberten .
Okay, ich wered eine halbe Stunde bleiben und dann die Flucht ergreifen .
Sonya stand suf und löste sich von Thierry .
"Ich geh uns mal was zutrinken und
zuknabbern holen , ja? Was magst du , Freddie ? Sollen wir Tee trinken ? Ich hab extra " Erdbeer-Sahne" geholt !Den magst du doch so gern ,nicht?"
"Äh....ja!" kam von mir.Ich war zu geschockt .
Kaum war Sonya aus dem Zimmer sprang Thierry vom Bett und zog mich hinüber zum Sofa auf der anderen Seite . Er drückte mich in die Kissen und setzte sich neben mich .
"Louise hatte wohl keine Lust, was ?"
"Nein , hatte sie nicht!"
wir schwiegen . Was gab es auch schon zusagen .Die Situation erklärte sich ganz von allein !
"Bist du stumm geworden , Freedie?"
Ich schüttelte den Kopf und rutschte in die Ecke des Sofas .
Irgendwie hatte ich ein kleines Fünckchen Hoffnung verspürt .... gehofft das Thierry vielleicht doch ein wenig mehr in mir sehen könnte als es zusehen gab .
Das war wohl offensichtlich nicht so .
Ich fühlte mich immer schlechter und wollte nur noch schnell weg hier .
Er rutschte unauffällig näher bis sich unsere Oberschenkel berührten .Ich sog die Luft ein weil ich mich erschreckte .
Er hob mein Kinn an und drehte meinen Kopf zu sich und sah mir in die Augen , dann senkte er die Lippen auf meine und küsste mich . Ich war so perplex , dass
ich ihn wieder küsste . Als mir
dämmerte was er da machte sprang ich auf und klebte ihm eine .Wut kochte in mir hoch und ich ballte die Hände zu Fäusten dann rannte ich die Treppe runter und raus aus der Tür .
"Sorry , ich muss nachhause !" rief ich noch Sonya zu .
23.Juni 1994 Freddies Tagebuch
Also wirklich! Was bildet der Kerl sich ein?
Ich bin noch nie so sauer auf jemanden gewesen , wie auf Thierry !
Was ist das bloß für ein krankes Spiel,das der da treibt ?
Ich könnte ausflippen !
Jetzt ruft der ständig hier an und will mit mir reden ...da gibt`s nichts zureden !
In der Schule hab ich mich auch schon ständig versteckt damit er mich in Ruhe lässt !Ist das etwa nicht Aussage genug ? Versteht er das nicht?
Noch zwei Tage , dann sind sie wieder weg ...
Ich hatte natürlich (und zum Glück) nicht so viel Glück Thierry aus dem Weg zu gehen .Er erwischte mich am nächsten Morgen vor dem Eingang der Schule .Ich wollte an ihm vorbei gehen
aber er hielt mich am Arm fest .
"Lass mich los! Ich bin spät dran !" fauchte ich aber das tat er nicht .
"Isch will mit dir redön über das was bei Sonya passiert ist ..."
"Ich aber nicht !Da gibt`s nichts zu sagen ..."
"Und ob es da etwas zu sagön gibt ! Für misch schon !"
Er zwang mich ihn anzusehen .
Ich wollte nicht und blickte stur zur Seite .
"Je t`aime , Freeedie ! Tu compris ,quesque je voulez dix ? Isch liebö disch , Freeedie !Sonya hat mir nur geholfen um disch eifersüschtike zu machön !"
Ich war sprachlos .
Er nutzte die Gelegenheit und küsste mich ! Vor den Augen aller Anderen !
Noch zwei Tage ! Oh Nein , bitte nicht!
Das Resultat war mein erster , richtiger Liebeskummer .
Wir blieben noch ein Jahr in Kontakt , telefonierten und schrieben uns .
Meine Eltern versprachen mir sogar mit mir nach Paris zufahren um die Millers zubesuchen aber dazu kam es nicht .
Mein Vater wurde arbeitslos und wir hatten nicht mehr genug Geld .
Irgendwann schrieb Thierry mir dann nicht mehr zurück .
Das war das selbe wie Schluss zu machen .Ich wartete vergebens auf Antwort .
Naja wir waren noch sehr jung und die Zeit heilt alle Wunden ...
ich verliebte mich neu , trennte mich , begann meine Ausbildung zur Hotelfachfrau und zog nach meinem Abschluß nach Paris .
Mein erstes richtiges Arbeitsverhältniss brachte mich ausgerechnet wieder zurück in die Stadt meiner Jugendträume .
Paris war sehr teuer . Deshalb lebte ich in einer WG zusammen mit drei Arbeitskolleginen .Die ersten Monate drehte sich alles nur um meine Arbeit .
Ich lernte die Sprache immer besser und fand auch Anschluss außerhalb des Hotels .
Eher zufällig führten meine Wege dann doch noch nach Issy - les- Moulineaux zurück .
Ich lernte eine Spanier namens Jorge kennen , der nur zwei Straßen von den Millers und der Bäckerei entfernt wohnte . Er lud mich zum Abendessen mit seinen Freunden ein und auf dem Weg kam ich an der Straße vorbei in der die Millers lebten . Spontan machte ich einen Abstecher . Ich schaute auf die Klingelschilder und fand den Namen . Ehe ich wusste was ich tat , drückte ich auf die Klingel . Der Türsummer öffnete mir und ich fuhr mit dem Fahrstuhl nach Oben . Oma Rachelle öffnete mir die Tür .
Sie war älter gworden und ging gebäugter aber sie erkannte mich sofort .Sie freute sich so sehr das ich schon fast Angst bekam , sie könne auf der Stelle tot umfallen !
Mme. und Mrs. Miller waren leider nicht zuhause , Louise studierte und wohnte nicht mehr bei Ihnen und Joel war mit Freunden verabredet .
Oma Rachelle lud mich zum Tee ein und so saßen wir zusammen in der Küche . Genauso wie Damals als ich bei ihnen zu Besuch war .
Ich merkte nicht wie die Zeit verging . Irgendwann hörten wir, wie die Tür aufgeschlossen wurde und jemand den Gang entlang kam . Ich schaute auf die
Uhr und bekam einen riesen Schreck . Schon kurz vor halb neun!
Höchste Zeit aufzubrechen . Ich verabschiedete mich bei Oma Rachelle und wollte nur noch kurz dem Neuankömmling guten Tag sagen als Thierry in der Tür erschien .
Er stand da und schaute mich geschockt an .
"Freeedie ?! Bist Du das? "
Ich lächelte Ihn strahlend an , nickte und trat auf Ihn zu um ihm die Wangen zuküssen.
Ich spürte das selbe, flatterige Gefühl in der Magengegend , das ich immer bekam wenn ich ihm nah war . Er roch gut . Eine wunderbare Mischung aus teurem
Aftershave und Thierry und er sah gut aus ! Sportlich , chick und erwachsen . Einfach männlich und toll und doch war da immer noch etwas von dem Jungen in den ich irgendwann mal verliebt gewesen war .
Um es kurz zu machen , wir hatten eine heftige und sehr intensive Affäre , die so abrupt endete , wie sie begonnen hatte .
Sie endete damit , das seine Verlobte vom Studium zurück nachhause kam und uns praktisch in flagranti erwischte .
Ihr ahnt ja sicher , wer die Verlobte war ?!
Richtig - Louise !!!
Er versuchte in den nächsten Tagen alles
um mich davon abzuhalten ihn zuverlassen aber ich hatte schlicht und ergreifend genug !
Er schwor mir , Louise alles zu beichten und sich von Ihr zutrennen aber ich wollte nichts anderes als weg - weg von Paris , weg von Ihm und weg von der Tatsache das er mich belogen hatte !
Eigentlich hatte er mir nur nichts über die Verlobung erzählt, weil er selbst viel zu erstaunt über die Geschehnisse und die intensivität unserer Gefühle gewesen war aber das zählte in dem Moment nicht zu seinen Gunsten .
Ich war sauer, ich war zutiefst verletzt, ich verfluchte Ihn und gleichzeitig wollte ich ihn zurück!
Nun ja , es endete !
Es endete sang und klanglos , in dem ich mich versetzen lies und fast sofort das Weite suchte !
Ein Jahr danach begegneten wir uns erneut .Diesmal in St.Gallen in der Schweiz wo ich zu diesem Zeitpunkt als Rezeptionistin arbeitete .Thierry war dort um an einer Tagung teilzunehmen .
Diesmal war er verheiratet !
Ich sah den Ring an seinem Finger und ich wusste es aber es hielt mich nicht davon ab ihn zutreffen und ihn immer noch zulieben .
Gibt es einen Menschen auf Erden , der noch schwächer ist als ich ?
Ich fragte es mich jeden Tag den ich mit
ihm verbrachte .
Ich glaubte auch , beten könnte helfen aber Irrtum , es blieb was es war , zum Scheitern verurteilt !
Wir wussten es beide und an dem Tag als sein Aufenthalt in St.Gallen vorbei war , war uns klar, wir mussten eine Entscheidung treffen .
Er nahm sie mir schlichtweg ab indem er mir erzählte , daß seine Frau ein Baby erwartete .
Mir war schlecht als er es erzählte aber mir war auch klar, das ich nicht in der Lage war seine und Louises Familie zuzerstören .
Ich sah Ihn nur an und ich wusste ganz genau wie er sich fühlte .
Wir verabschiedeten uns , wir bedauerten es aber wir hatten keine Chance auf eine Zukunft zusammen . Ich brachte ihn zum Flughafen um die letzten Minuten auszukosten , die ich ihn noch sehen konnte .
Er küsste mich , hielt mich , zitterte und wollte mich nicht gehen lassen aber was blieb mir übrig ?
Ich nahm sein Handy aus der Tasche als er zur Bar ging um noch einen Kaffee für uns zuholen und löschte alles was mit mir zutun hatte .
Als er wieder zurückkam sah er die Tränen in meinen Augen und es fiehl ihm sichtlich schwer nicht auch zuheulen .Dann kam der Aufruf .
Wir küssten uns zum Abschied und er flüsterte mir "Vergiss mich !" zu .
Ja - das half mir !
Es dauerte Monate, sogar fast ein Jahr, bevor ich halbwegs wieder normal war .
Ich vermisste ihn jeden verdammten Tag , jede Minute , jede Sekunde . Nur das Arbeiten und irgendwann ein Australier Namens Jack hielten mich davon ab ihn anzurufen denn ich hatte seine Nummer und alle Fotos und SMSen behalten .
Tja und jetzt sitze ich hier auf der Terasse meiner besten Freundin in Rom , er ist nicht mehr verheiratet aber dafür verlobt !Schlechtes Timing , wie schon gesagt ! !!
Hm! So fühlt es sich also an , wenn man
zum wiederholten Mal dem Menschen begegnet , der einem der am meisten erwünschteste und zugleich der nicht gewollteste Mensch auf diesem Planeten ist.
Skurilerweise spüre ich förmlich die Katastrophe über mich herein brechen und hoffe gleichzeitig, diesmal könnte es endlich klappen .
Ich sitze nur dort auf der Couch,genieße den Anblick , sauge ihn förmlich in mich auf aber höre ihm nur mit halbem Ohr zu.
Er geht vor mir auf und ab , redet , gestikuliert und ich merke er wird lamgsam aber sicher wütend .
Ich versuche mich zu konzentrieren auf
das was er sagt und unterdrücke den übermächtigen Drang aufzuspringen und ihn zu küssen . Hier auf der Terasse seiner Verlobten , meiner besten Freundin .
Ich mache die Augen zu und zähle rückwerts - vier , drei, zwei , eins - dann öffne ich die Augen , sehe ihn wie er mich fragend und gleichzeitig bedauernd anschaut und höre wie er fragt :
"Das verstehst Du doch sicher,Fredie ?"
Das einzige , daß ich zustande bringe ist zu lächeln und stumm zu nicken .
Die Anspannung fällt förmlich von ihm ab und weicht Enttäuschung, das erkenne ich in seinem Blick aber nur für
Sekunden dann zuckt er die Schultern , seufzt und lässt mich da sitzen .
Er geht ! Er geht einfach ! Ohne ein weiteres Wort ?
Wenn ich doch nur irgendetwas von dem verstanden hätte , was er mir so aufgewühlt erzählt hat vielleicht ....
Ich kann nicht anders , ich muss ihn aufhalten .
Ich springe förmlich vom Sofa auf und renne ihm nach , will ihn aufhalten und ihm sagen , das ich trotz unserer Vergangenheit eine Zukunft mit IHM WILL und dann kommt mir Giulia wieder ins Gedächtnis .
"Alles sinnlos , Frederika !
Mach Dir doch nichts vor, es ist doch
längst zuspät dafür !!!"
Hämt meine innere Stimme .
Sie amüsiert sich prächtig über mich .
"Hättest Du damals nur gekämpft, wäre das jetzt schon deine Zukunft mit ihm!"
Leise murmele ich :
"Aus!Punkt!" und lasse ihn gehen .
Ich will nicht wieder zurück ..... ich will nicht, ich will nicht !
Aber ich muss denn Giulia zählt auf mich .
Ein laaaaanger Spazieeeergang wird ja wohl noch erlaubt sein .
Ich schleiche mich aus dem Garte/Park von Giulias Elternhaus und schaue mich
unschlüssig um .
Die Frage ist, wohin soll ich jetzt gehen ?
Ich höre , wie Jemand meinen Namen ruft und flüchte einfach .
Erst nach einigen Straßenüberquerungen und Abbiegungen ist genug Abstand zwischen mir und dem Desaster , das mich erwartet .
So und was jetzt?
"Toll gemacht, Frederika !" geiert meine innere Stimme schadenfroh .
Ich habe weder Geldbörse noch Handy dabei also was hat das hier für einen Sinn , frage ich mich ?
Ich gehe zurück und atme noch einmal kräftig durch bevor ich wieder über die
Terasse ins Haus gehe . Ich habe gerade die ersten Stufen auf dem Weg nach Oben hinter mich gebracht als ich Thierrys vertraute Stimme am Treppenabsatz höre:
" Wo warst Du denn ? " Wir haben dich gesucht ! Jetzt hast du das Essen verpasst !!" bemerkt er auf französisch.
Ohne etwas zuantworten , denn ich habe einen tierischen Klos im Hals , veharre ich einen kurzen Moment wie erstarrt , dann drehe ich mich zu ihm um.Er steht bereits direkt hinter mir .
Viel zu nahe. Wir schauen uns in die Augen und ich erkenne genau den Augenblick in dem sein innerer Kampf verloren ist . Ich Will ihm ausweichen
aber bin zulangsam . Er küsst mich !
Leidenschaft , Verlangen , unmenschliche Sehnsucht .... wir sind beide völlig machtlos !
Er löst sich von mir , drückt mich und fasst dann meine Hand, zieht mich hinter sich her und fragt :
"Wo ist doin Simmer,Cherie ?"
Okay, wir sind nicht nur älter und reifer geworden , auch das Vokabular - Niveau hat sich verändert !!
Irgendwie bin ich Kopflos genug und drehe den Spieß um , zeige ihm die richtige Richtung und wir kommen direkt zum Punkt unseres hier seins.
Das Bett ist viel zuweit weg und ausziehen ist auch vollkommen
überbewertet ...
Wow , nichts hat sich geändert , es ist immer noch der absolute Himmel !
Er ist ein Gott, ein Tier , unbeschreiblich und verdammt noch mal gut !!!
Völlig Atemlos lassen wir endlich voneinander ab und starren uns aus einem Meter entfernung an .
Ich völlig erschrocken , er überrascht .
Er will etwas sagen , tritt auf mich zu aber ich hebe die Hand und gebiete ihm Einhalt .
"Geh einfach ! Ich kann keine Erklärungen mehr verkraften !"
Irgendwie habe ich nun also den Besuch in Rom überstanden .
Ohne weitere Zwischenfälle bin ich nach vier Tagen dauer Marthyrium heile und mit nur wenigen Blessuren wieder zuhause angekommen , wo Melli mich bereits sehnsüchtig erwartet .
Wir haben jeden Abend telefoniert und sie ist auf dem Laufenden was die Thierry - Sache anbelangt.
Melli hat netterweise meine Mopsdame Paula bei sich aufgenommen solange ich weg war . Sie ist sozusagen Paulas zweite Mama , denn immer wenn ich für das Magazin auf Tour gehen muss oder in den Urlaub will wohnt Paula bei Mellis Familie .
Ich schließe also die Tür zu meinem Apartment auf und schon kommt Paula Schwanz wedelnd und kleffend auf mich zu gestürmt . Melli hingegen lehnt abwartend in der Tür zum Wohn/Schlafzimmer .
Meine Wohnung besteht bewusst nur aus
einem Wohn/Schlafzimmer , dem Bad und einer Küchenzeile . Ich bin viel zuselten daheim um mir eine richtige Wohnung anzulachen . Eigentlich dürfte ich noch nicht mal Paula besitzen da ich meist nicht viel Zeit für sie habe aber sie begleitet mich nun schon so viele Jahre treu und ich konnte sie einfach nicht abgeben .
Jedenfalls kommt sie mit ihrem Leben als Teilzeit - Hund wunderbar klar und sieht zufrieden aus .
Insgeheim glaube ich sogar , Paula hält sich für den Menschen in unserer Beziehung und wir sind ihre Haustiere , die sie abwechselnd bespaßt und hütet !
Jedenfalls benimmt sie sich oft so alsob
sie das sagen hätte .Manchmal hat man sogar das Gefühl , sie würde sich mit einem unterhalten und richtige Gespräche führen von denen wir anderen aber nicht viel verstehen .
Meine erste Handlung wieder daheim ist also ein langer Spaziergang gemeinsam mit Paula und Melli . Im Augenwinkel sehe ich die Kontrolllampe für verpasste Nachrichten dauerblinken und ignoriere sie schlichtweg .
Das sind Dinge, die warten können .
Obwohl ich fast direkt im Zentrum wohne haben wir es zum Glück nicht weit bis zur nächsten Grünanlage . Ich wohne nicht um sonst in der grünsten Stadt Deutschlands . Hier ganz in der
Nähe bin ich aufgewachsen und hier möchte ich auch nicht weg obwohl die Umstellung von Dorf- auf Stadtleben mir zuanfang nicht leicht gefallen ist .
Meine Eltern und Melli leben immer noch da wo ich geboren wurde also gleich um die Ecke sozusagen . Jedefalls nicht allzuweit entfernt als das man sich nicht sehr häufig sehen würde .
Ich liebe es nachhause zukommen und meine Liebsten ganz in der Nähe zuwissen .
Das ist auf jedenfall um Welten besser als es in der Zeit meiner Auslandstätigkeiten war .
Naja, zu dem Zeitpunkt wollte ich ja weg aus dem Dorf und die große, weite
Welt erkunden . Es war gut so wie es war aber alles hat seine Zeit , wie meine Mutter immer so weise bemerkt .
Jetzt jedenfalls bin ich Dankbar, dass ich wieder in der Heimat lebe und freiberuflich erfolgreich bin . So kann ich mir aussuchen , für welche Projekte ich tätig werden möchte . Jedenfalls meistens . Ganz selten muss ich auch mal aus Geldmangel Jobs annehmen, die mir nicht so gut gefallen .
Wie dem auch sei , Melli hat heute Familienfrei und ich lade sie zum Dankeschön für das Paula-sitten zum Essen ein . Anschließend gehen wir in eine Lounge/Bar in der Nähe meiner Wohnung um ein paar Cocktails
zutrinken und eventuell einige unserer Freunde zutreffen .
Man weis ja nie, wem man an so einem Abend noch begegnet ...
Ich jedenfalls suche dringend nach Ablenkung von der immer währenden Thierry -Story und bin nicht wählerisch , was das angeht !Mögt Ihr mich nun verurteilen oder nicht , schauen wir mal , wen mir der Abend noch so über den Weg laufen lässt .
Zum Glück befinden wir uns in einer Messestadt in der vor einigen Jahren die Expo zugast war also dürfte es an Auswahl nicht mangeln .
Das Männer-Buffet ist so gut wie eröffnet und gut bestückt !
Als wir die Bar betreten (Paula ist zuhause und schlummert seelig!) ist sie rammel voll aber trotzdem finden wir noch Platz bei einigen Bekannten aus der Nachbarschaft .
Ich gebe mein Bestes und flirte auf Teufel komm raus aber am Ende lasse ich es dann doch .
Was soll ich sagen , ich trage mal wieder den Thierry-Stempel queer über der Stirn .
Deutlich sichtbar und in pinken Neon-Reklame -Buchstaben , wie es scheint !
Um drei Uhr in der Früh und nach einem Lokationswechsel in eine Altstadt-Kneipe , gebe ich schließlich auf und
taumele mit Melli im Schlepptau in Richtung meiner Wohnung .
Als wir um die Ecke biegen glaube ich fast eine Fatamorgana im Dunkeln zusehen .
Auf dem Bürgersteig vor meinem Haus hockt ein Obdachloser und schläft seelenruhig seinen Rausch aus . Sowas gabs noch nie in diesem Bezirk normalerweise schlafen die in Bahnhofsnähe .
Als ich versuche die Tür aufzuschließen erwacht der "Tramp" und springt sofort auf .
Ich kriege einen riesen Schreck und schmeiße glatt meinen Hausschlüssel weg .
Weg ist das Ding !
Während ich auf allen vieren rumkrieche und danach suche , stehen Melli und der Obdachlose einfach nur da und beobachten mich grinsend .
Irgendwann räuspert sich Melli dezent und ich schaue zu ihr hoch .
"Was?!" frage ich generft "Willst du mir nicht wenigstens mal helfen den Schlüssel zufinden ?!"
sie wackelt grinsend mit dem Kopf in Richtung des Obdachlosen und ich drehe mich verständnisslos in seine Richtung .
Hölle und Verdammniss, ich bin Verloren !
Thierry! Hier ! Vor meiner Wohnung !
Ich hocke da auf dem Bürgersteig und
stöhne einfach nur vor Resignation und dann wird mir auch noch höllisch schlecht .
Mist,Mist,Mist ! Nur nicht das ....
war wohl doch ein bischen zuviel Input für den heutigen Abend , denke ich noch als Melli endlich den Schlüssel entdeckt und die Haustür aufschließt .
Thierry will mir beim aufstehen helfen aber ich wehre ab und stürme an ihm vorbei und die Treppe rauf .
Ich brülle ihm noch ein "Heute Nicht mehr !" von Oben entgegen und rutsche dann mit dem Rücken an der Wand neben meiner Wohnungstür herunter und warte darauf , dass Melli endlich mit dem Schlüssel auftaucht .
Als sie bei mir ankommt schaut sie mich vorwurfsvoll an und schüttelt den Kopf .
"Man bist Du nett, Kripcke !" sagt sie .
"The Big Bang Theory" ist unsere Lieblings - Serie , jedenfalls nach "Outlander" .
Wir lieben "Outlander" und haben für August eine gemeinsame Reise nach Schottland geplant um dort die Drehorte zu besichtigen aber wenn sie mich "Kripcke" nennt , dann muss ich echt fies gewesen sein !
"Der arme Junge !" schimpft sie "Weist Du dumme Kuh eigentlich , wie lange der da draußen schon gesessen und auf Dich gewartet hat ??? Nein??? Ich kanns Dir beantworten , denn ich habe mit ihm
geredet ! Fünf volle Stunden und fünfundvierzig Minuten ! Mit Unterbrechung weil er was essen und zum Klo musste !Da hättest Du doch wohl fünf Minuten Zeit gehabt um mit ihm zureden !"
"Morgen ist früh genug ! Ich dachte , ich wäre deutlich genug gewesen nach dem F...!"
zum Glück schneidet Melli mir das Wort ab .
"Das ist jetzt nicht dein Ernst , oder ?! Ich meine gerade gehört zu haben , das Du ihn "DANACH" abgewimmelt hast und ihm einfach aus dem Weg gegangen bist! So hat Thierry es jedenfalls gerade erzählt und das passt auch ganz genau zu
dir,Fräullein! Ich kenn dich nun schon laaaange genug ,Fräulein , um zu wissen , dass es so war!!"
"Mpf!" mache ich und gehe bockig an ihr vorbei durch die offene Wohnungstür "Morgen ist auch noch ein Tag zum abwimmeln!" nuschele ich aber sie hat es trotzdem verstanden ,
"Nix da, Fräulein!Du wirst das schön klären !"
"Nö ! Mach ich nicht !Das Thema ist durch!!!!!" sage ich mit Nachdruck und verschwinde im Schlafzimmer .
Neuer Tag , neues Glück !
Nur nicht für mich ...pünktlich um 10.00 Uhr klingelt das Verderben an meiner Tür .
"Bin nicht zuhause !" rufe ich auf französisch von innen und Es antwortet :
"Öffne mir die Tür, Cherie , bitte!"
"Boah, hau ab ,Martin !Ich kann und ich will nicht mit dir reden !! Das geht nur wieder schief , wenn wir zwei zusammen in einem Raum sind .... warum bist Du hier?! Ich verstehe es einfach nicht ....kannst Du mich nicht einfach aus deinem Gedächtnis streichen ? Tu so , als ob ich dir völlig fremd wäre !"
Schweigen .
Noch mehr Schweigen .
"Bist du noch da?"
"Oui - und isch bleibe ier stehen bis du mir öffnest !"
"Hast du nicht zugehört?"
"Ja und isch kann nischt!"
Ich laufe hinter der Tür auf und ab und fluche vor mich hin :
"Danke , Gott, das du so nett zu mir bist!Womit habe ich das blos verdient?!"
Es antwortet von draußen :
"Damit das du so bist , wie du bist , perfekt für misch!"
" Na toll ! Du aber nicht für mich , Martin! Also bitte , geh jetzt und komm mir nicht mehr zu nahe ! Kannst du nicht verstehen , das ich meiner Freundin
nicht weh tun will und kann ??"
"Freundin? " Es klingt irritiert " Welche Freundin ?" und nach einer Weile :
"Isch versteh .....bon ! Wenn ich disch verloren abe , dann gehe isch !"
Ich höre wie er die Treppe hinunter geht und wie die Tür hinter ihm ins Schloss fällt .
Ich sprinte zum Fenster und schaue ihm nach wie er die Straße überquert und um die Ecke verschwindet .
ER IST WEG !
Ich glaube , ich kriege keine Luft mehr ....ich muss sterben ....mein Herz rast wie verrückt ....und dann heule ich .
Gott ist das Leben scheiße !
Einen Tag Liebeskummer mit allem drum
und dran ,schwöre ich mir hoch und heilig und rufe Melli an .
Aber Melli hat kein Mitleid mit mir .
Im Gegenteil . Sie schreit mich am Telefon regelrecht an :
" Du dumme Kuh ! Man könnte glatt denken , du seist noch im Kindergartenalter ! Bist du völlig bescheuert??? Wie lange willst du dir eigentlich noch selbst im Weg stehen ,Fräulein, hm? Ich komm ganz bestimmt nicht bei dir vorbei , wenn du selbst dran schuld bist , das du jetzt heulst !Nix da, Nada , Madamme !Du gehst jetzt und redest noch mal mit Thierry , verstanden?! Los jetzt ..."
"Nö, hab ich dir gestern schon gesagt!"
Sie legt einfach auf ...unfucking fassbar .... meine beste und älteste Freundin legt einfach auf !
Dann eben nicht ! Heule ich halt für mich allein ! Wer braucht schon eine Melli !!!
Einige Wochen sind verstrichen , Melli ist doch noch bei mir aufgetaucht und hat mir beigestanden und ich habe das ganze Desaster schon fast verdrängt .
Ich komme gerade von einem Tripp in die Türkei wieder, auf dem ich im Auftrag eines Reiseveranstalters mehrere Hotels begutachtet habe. Ich habe bereits einen Vorabentwurf per E-mail auf die Reise geschickt und warte auf Änderungsvorschläge .
Irgendwas hab ich mir eingefangen , denn mir ist schon seid Tagen immer wieder schlecht !
Elend ,oh Elend , lass es nur eine Grippe sein schießt es mir duch den Kopf !
Noch am Flughafen stürme ich die nächste Apotheke und kaufe den Monster-Test .
Mit ein wenig rechnen und viel Horror weis ich eigentlich schon , was der Monster-Test ergeben wird und will es trotzdem nicht wahr haben .
Eigentlich hätte ich mir das Geld sparen können aber wenn ich es nun mal schon ausgegeben habe .... schaden kann es ja nichts !Vielleicht überrascht er mich ja und ich bin Monster- Frei !?
Bitte , lieber Gott , lass es falscher Arlam sein , bitte,bitte !!!
Testpinkeln abgeschlossen , jetzt heißt es warten ....
zwischenzeitlich schaue ich die Post
durch und was finde ich ?
Die Einladung zur Hochzeit meiner besten Freundin und dem Vater meines ungeborenen Monsters !
Mir wird schon wieder schlecht ....
Mit zitternden Fingern reiße ich den Umschlag auf und ziehe die Karte heraus .
Nein , ich kann nicht drauf schauen wann der Stichtag ist .
Zum Glück höre ich den Schlüssel in der Wohnungstür und Paula kommt auf mich zugeschossen und springt , trotz ihrer mindestens neunzig Jahre , wie eine verrückte vor mir auf und ab .
Ich drücke Melli die Karte in die Hand und sage :
"Schau du für mich nach , wann ich zum Henker muss!"
Ich begrüße sie und Paula während Melli die Karte vorliest :
" Zu unserer Vermählung am 08.08. laden wir Dich herzlich ein und freuen uns , das Du diesen Tag mit uns feiern willst !
bla,bla,bla
Giulia&Etienn "
"Moment, was bitte ? Hast du dich verlesen?? Du hast dich versprochen , oder?"
"Wie meinst du das ?"
"Na du hast Giulia und Etienn vorgelesen ! Du meinst Thierry!"
"Nein , hier steht Etienn , eindeutig und
schwarz auf weiß!"
"Etienn ? Giulia heiratet Etienn ? Warum ist mir das denn entgangen ?"
Ich sinke auf das Sofa und schüttele den Kopf
" Na dann ist ja noch nicht aller Tage Abend! "
Melli kann mit diesem Kommentar nichts anfangen und schaut mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an .
"Ach weist du schon das Neueste ?" frage ich sie und sie schüttelt wieder den Kopf
" Ich glaube , ich brüte ein Monster aus!"
"Hä?" fragt sie verwirrt.
"Braten in der Röhre , Lieferung vom
Klapperstorch in ca. acht Monaten .... mein Gott, Melli, ich glaub ich bin schwanger !"
Um ganz sicher zu sein mache ich einen Termin bei meiner Frauenärztin und muss auch nicht lange warten .
Nur vier Tage später komme ich aus der Praxis , ausgestattet mit einem Ultraschallbild .
Melli wartet schon ungeduldig vor der
Praxis und wer steht bei Ihr ? Meine Mutter !
"Toll ! Ganz toll, Melli !Gut gemacht ...kannst Du eigentlich nichts für dich behalten ?" frage ich sie ein wenig angesäuert .
"Und ?" meine Mutter platzt schon fast vor Neugier .
Resignierend hole ich das Bild aus der Tasche und halte es hoch .
"Folltreffer !" meine Mutter schnappt es sich sofort und bestaunt es dann dreht sie sich zu Melli und hält es ihr unter die Nase und fast in der selben Sekunde umarmen mich zwei Frauen so stürmisch das ich fast hintenüber kippe .
Meine Mutter schiebt mich ein Stückchen
von sich weg und schaut mich ernst an ,dann fragt sie :"Und wann lernen wir , dein Vater und ich , den dazugehörigen Erzeuger kennen ?
Oder war das etwa ein Unfall ?"
Während ich mich noch drehe , wende und zögere ihr zu erzählen , wer der Magic Mike dieses Wunders ist , platzt es förmlich aus Melli heraus :
"Der Papa ist Dir gut bekannt , Tilli ! "
Das hat man nun davon , wenn die beste Freundin mit der eigenen Mutter im selben Ort wohnt und sie in der selben Turngruppe sind ! Die kennen sich einfach zu gut ....
"So ?Wer ist es denn ?"
"Mutter !" mische ich mich ein .Und
dann :"Melli!"
Melli ignoriert mich einfach und quatscht eifrig weiter :
" Kannst Du dich noch an den Austauschschüler aus Paris erinnern , in den Rike damals so verknallt war , Tilli ?"
Die haben mich völlig ausgeblendet also lass ich sie eben da stehen wo sie sind und gehe zur U-Bahn . Sollen sie sich ruhig über meine Angelegenheiten ausquatschen . Melli weis ja sowieso bestens Bescheid ,was das Thema angeht und ich kann mich Wichtigerem widmen .
Zum Beispiel der Frage , wie ich das Thierry verkaufe .
Ich habe weder eine Telefonnummer von
ihm noch seine Adresse, geschweige denn , dass ich wüsste , ob er derzeit eine Freundin hat oder nicht .
Soll ich warten , bis ich zur Hochzeit nach Rom fahre oder rufe ich Giulia an und bitte sie bei Etienn nachzuforschen ?
Augen zu und durch ! Ich hole mein Handy raus und wähle Giulias Nummer .
"Riiiiieke !" höre ich unmittelbar nach dem ersten klingeln ." Hast du die Einladung schon bekommen ?"
Ich nicke aber das kann sie ja nicht sehen also quetsche ich ein :"Hmhm!" raus und sie sprudelt weiter mit ihren Fragen und Erzählungen bis sie merkt , dass ich still zuhöre .
"Ist irgendetwas nicht in Ordnung ,
Rieke ?" fragt sie mich und ich wache aus meiner Erstarrung wieder auf und sage :" Jaaaa, schon ! Bis auf das ich ein klitze kleines Bischen schwanger bin ...."
Sie muss gerade etwas getrunken haben denn sie hustet am anderen Ende der Leitung als wäre es so .
"Giulia? Alles okay bei Dir?"höre ich Etienn aus dem Hintergrund rufen . Es dauert einige Zeit bis ich Giulia sagen höre :" Alles gut , Tesoro mio !" dann bleibt es noch kurz still bis sie sich wieder an mich wendet :" Ich gehe mal davon aus , das es Dir nicht recht ist, wenn Etienn das jetzt mithört , oder ? "
"Hmhm!" bringe ich raus und sie redet
weiter .
" Gehe ich richtig in der Annahme , das ein gewisser Mann den ich und Du kennen , bald Vater wird ?"
"Wieso glaubst Du , das Du weist wer der Vater meines Monsters ist?"
"Riiieke !" stöhnt sie "Glaubst Du eigentlich , ich bin blind ,taub und dumm zur selben Zeit ?
Und ein Monster wächst da ganz bestimmt nicht in deinem Bauch also nenn es nicht so , hörst Du!?"
" In der Tat , ich halte Dich keineswegs für irgendetwas anderes als die schlaueste Person , die ich kenne!"
"Gut , dann wäre das ja geklärt!" ich kann förmlich sehen , wie sie mit den
Augen rollt .
"Kannst Du mir jetzt vielleicht noch sagen , wie ich aus diesem Schlamassel halbwegs normal wieder heraus komme ?
"Nichts einfacher als das , Rieke ! Nachdem ich Thierry ausreden konnte , das Du ein Verhältniss mit Melli hast , nichts einfacher als dass!"
Ich war sprachlos!
"Was ? Ich habe gerade verstanden , Du hast ihm ausgeredet , das ich ein Verhältnis mit Melli habe? Wie in aller Welt , kommt er denn auf sowas ?!"
Giulia lacht am anderen Ende der Leitung . Klar , sie amüsiert sich mal wieder prächtig über mein Beziehungschaos , wie immer . Ich finds
nicht Lustig !
"Typisch Riiiieke !" prustet Sie " Dann erinnere Dich mal an Euer letztes Gespräch ..."
Ich überlege und lasse das Gespräch revuepassieren , dann stöhne ich :
"Uups! Ich dachte bei dem Wort "Freundin" nicht an Melli , ich dachte dabei an Dich, Giulia ....!"stottere ich und erkläre ihr alle dähmlichen Ausführungen meiner Gedankengänge .
Zwischendrinn stellt Giulia Fragen und lacht über meine Miesere um dann promt nach Pascal und Etienn zurufen . Ohne großes Aufhebens teilt sie ihnen die großen Neuigkeiten mit . Der Großvater in Spe reißt ihr mit lauten Ausrufen der
Freude das Handy aus der Hand um mich zu dieser ach so gelungenen Überraschung zu beglückwünschen . Der einzige , der noch nichts von seinem Glück weis , ist nun der Monster-Daddy persönlich ! Super , Rieke !!
Ich hocke da in der U-Bahn und höre , wie alle völlig aus dem Häuschen sind und total ausrasten vor Freude. Ich selbst könnte heulen und das nicht vor Freude sondern weil ich mich nur noch mehr in die Sch... geritten habe .
Es dauert geschlagene drei Minuten in denen sich meine Gesprächspartner am Handy alle paar Sekunden abwechseln .
Dann hab ich wieder Giulia am Telefon und sie sagt zu mir :
"Ach Rieke, sollte es heute Abend an Deiner Wohnungstüre klingeln, solltest Du gefälligst auf machen und zuhause sein ! Einen besseren Zeitpunkt für ein Gespräch und eine Versöhnung wirst Du nicht mehr erleben !"
Ich werde verdammt nochmal sterben ....
"Wie meinst Du das bitte ?"
"Thierry ..... er ist auf dem Weg zu Dir .... Moment bitte ! "
Sie fragt laut bei den übrigen Martins nach :
" Wann ist Thierrys Flugzeug noch gleich abgeflogen ?" höre ich sie rufen .
"13.45 Uhr !" höre ich aus zwei Mündern gleichzeitig .
"Also , Du hast es gehört ! Das bedeutet
, er steht spätestens in drei Stunden vor Deiner Haustür! Ach und Rieke ....."
"Ja?"
"Versau es nicht!" brüllen Etienn , Pascal und Giulias Vater aus dem Hintergrund in zwei Sprachen und ich sehe sie vor mir , wie sie sich gegenseitig auf die Schultern klopfen .
Scheiße, scheiße , scheiße !
Ich wandere in meinem Appartment auf und ab und warte nervös auf das erlösende Klingeln an der Haustür .
Kann nicht Irgendjemand einen Vorspulknopf für unerwünschte Situationen erfinden ?Jetzt?! Nein?! Niemand? Wirklich Niemand ??
Ich kaue Fingernägel , öffne den Kühlschrank , schalte den Fernseher an und wieder aus und waaaaaarte .
Alle zwei Minuten schaue ich auf die Uhr aber die Zeit scheint einfach nicht vergehen zu wollen .
Je später es wird, desto nervöser werde ich . Zu guter Letzt bin ich ein nervöses Wrack und als es endlich klingelt , fange ich an zuheulen, renne die Treppe runter um mich Thierry schlicht und einfach an den Hals zuwerfen und ihn abzuknutschen .
Wenn er vorher noch nicht wusste , dass ich ihn erwartet habe , jetzt weis er es !
Lachend lässt er Koffer und Mantel fallen und küsst mich zurück .
"Hätt isch gwusst , das dass so einfach wird, wärö isch viel früer gekommen ..."
Ich nehme ihn einfach bei der Hand und will ihn die Treppe herauf und nach Oben bugsieren aber er protestiert und schnappt sich seinen Hardcover - Trolley .
noch fünf , vier, drei, zwei , .... eins ... Tür zumachen Rieke !
"Du wirst .... " probe ich flüsternd vor mich hin .
Er schaut mich erwartungsvoll an ,kaum habe ich die Tür ins Schloss gezogen.
"Was werde ich?" fragt er schmunzelnd .
"Ähm , Du wirst ....ähm ....." krächze ich .
Wie sagt man sowas ? Ich habe keine Übung darin ,sorry!
Er will nach mir greifen und mich küssen aber ich entwische ihm .
" Okay .... es wird also doch nischt soooo einfach !" meint er augenzwinkernd .
"Nein .... doch ....." stammele ich .
"Oui ...non....?" fragt er mit hochgezogenen Augenbrauen .
Ach verdammte Hacke !Ich gehe rüber zum Schrank und hole das Ultraschallbild und strecke es ihm entgegen .
Er zuckt die Schultern , nimmt es mir ab und schaut drauf .
Ich gebe ja zu , man sieht nichts wenn man sich nicht damit auskennt .
Er schaut zu mir auf und zuckt fragend die Schultern :
"Et maintenant ? Que`ce que je peux voir ?"
"Sag mal , Martin , weist du nicht , was das ist ?"
Er nickt eifrig und wissend , schaut
dabei ein wenig skeptisch drein und dann sehe ich , wie es bei ihm dämmert .
"Non ! NON ! Oui ?? Du ünd isch ..... wir ...."
Zum Glück steht er genau vor der Couch auf die er sich, ohne weiter darauf zu achten , fallen lässt .
Dort bleibt er erstmal sitzen und starrt auf das Bild von unserem M....Baby .
Plötzlich springt er wie von der wilden Elfriede gebissen ( Frei Übersetzung meiner Mom für : " Wie von der Tarantel gestochen ") auf und reist mich in die Arme :
"Chérie ! Je t'aime , chérie ! Du bist perfekt , mon amour ! Jetzt ab isch disch festgenagelt .....also isch meine , Du bist
jetzt ganz bei mir .... Du weist schon !"
Ergeben zucke ich mit den Schultern und lächele ein wenig schief .
Wie hatte er doch vorhin gleich bemerkt ,so einfach ist das ?
Ehe ich weis , wie mir geschieht , kramt er in seinem Trolley und findet sogleich das was er sucht .
Tada , eine Schmuckschachtel kommt zum Vorschein ….
Klappe auf und schwup di wup , ein fetter Diamant Klunker zierte meinen Ringfinger .
„Voilá - cest tout ! Nous allons marier ,chérie !”
gela556 Lach... ging ein Kronleuter auf... Tiere sind immer das Treuste von allen in unserem Leben und sie leben gerne mit uns zusammen. O weh, arme Melli...aber der Schlüssel ist nun mal bei ihr... schön, mal zum Lachen, mal zum fürchten, eine sehr schöne Geschichte Hat unheimlich viel Freude gemacht, sie zu lesen Habe noch einen sehr schönen Abend Herzlichst, Gela |
Delunima101 Danke Gela , die Geschichte ist in Teilen autobiographisch also kannst Du dir ungefähr vorstellen , das es lustig zugeht bei mir und ich ganz bestimmt nie Langeweile bekomme !Ganz zuschweigen von den Ideen für das Schreiben ;) Es kommt ja immer auf den Blickwinkel an im Leben ob etwas eine Katastrophe ist oder ob man über sich selbst lachen kann... Liebe Grüße Simone |