Kapitel 23 Taufe
,,Janis !“ Der rote Heilige begrüßte ihn freundlich, sobald er nahe genug heran war und kam das letzte Stück Wegs bis zum Fuß des Hügels gelaufen. Doch Janis erwiderte den Gruß nicht. Wusste auch er etwas über ihn, das man ihm vorenthielt? Einen Moment lang zweifelte er daran, ob er überhaupt noch jemand hier vertrauen sollte.
,, Sagt mir die Wahrheit, wofür führt ihr diesen Kampf ?“ , fragte Janis kühl, während die Gestalt des roten Heiligen vor ihm zum Stehen kam. Einen Moment
runzelte er die Stirn, als müsste er seine nächsten Worte gut abwägen.
,, Ihr klingt erbost.“ , stellte er fest und klang tatsächlich verwundert. Und einen Moment war Janis tatsächlich bereit, die Sache fallen zu lassen. Konnte jemand so etwas spielen? Aber er wollte sich nicht mehr mit Stückwerk zufrieden geben. Amatheris hatte diesen Mann, der ihn gerettet hatte, schwer beschuldigt. Er würde sich anhören, was er dazu zu sagen hatte. Allerdings, ohne die Geweihte dabei zu verraten, das stand jetzt schon fest. Selbst wenn er alle ihre Vorwürfe in den Wind schlug… sie wusste etwas. Und sie war zumindest bereit, es Janis auch zu verraten. Falls
das keine Lüge gewesen war um ihn irgendwie für ihre kleine Verschwörung zu gewinnen.
,, Beantwortete meine Frage…“ Er wusste nicht, woher er überhaup0t den Mut nahm, diesem Mann solche Forderungen zu stellen, doch er weigerte sich auch unter dem forschenden Blick des Heiligen einzuknicken. Schließlich seufzte dieser.
,, Gehen wir ein Stück ?“ Er nickte in Richtung des Wegs der zum Lager der Handwerker zurück führte und Janis schloss sich ihm an. Der Wind hatte mittlerweile aufgefrischt, doch statt Abkühlung brachte er nur trockene Luft und Staub mit sich, der Janis
verschwitzte Kleidung verklebte und auch an seiner nassen Haut hängen blieb. Wenn er die Gelegenheit hatte, würde er sich wohl am Abend mit den übrigen Arbeitern zum Fluss aufmachen… und dabei vielleicht ein ernstes Wort mit Aiden reden. Er wollte nicht glauben, dass der Mann ganz in Amatheris Pläne eingeweiht war…
Dem roten Heiligen schien die Hitze derweil um einiges weniger auszumachen. Der Staub, der sonst überall hängen blieb, perlte scheinbar von ihm ab und auch wenn der Pelzmantel, den er trug die Hitze eigentlich fast unerträglich machen müsste, schwitzte er nicht einmal. Sie
hatten fast die Hälfte des Wegs zurück hinter sich gebracht, als er schließlich zu sprechen begann:
,, Du hast mich gefragt, wofür wir kämpfen… oder ich. Und ich will ehrlich sein. Es gibt keine einheitliche Antwort auf diese Frage, Janis. Manche hier kämpfen, um die Gerechtigkeit unseres Gottes zu vollstrecken. Der Kaiser und seine Getreuen wiedersetzen sich weiterhin, obwohl sie seine Macht gesehen haben. Er mag ebenfalls Glauben, für eine gute Sache zu kämpfen, doch der Kampf um die Macht hat ihn auf eine Weise Blind werden lassen, die mein Herr nicht vergeben wird. Wer sich seiner Kontrolle entzieht,
arbeitet gegen ihn. Dafür werden, nein müssen sie bestraft werden. Und für so viele andere Dinge auch, meint ihr nicht?“
Janis zögerte, etwas zu erwidern. Ja, meinte ein Teil von ihm. Das war ein guter Grund, auch wenn das wohl kaum alle so sehen würden. Der Kaiser hatte vieles vernichtet. Für ihn. Und für andere auch. Und dennoch hielt ihm etwas davon ab, dem roten heiligen einfach zuzustimmen. Einen Moment meinte er etwas wie ein Echo in seinem Kopf zu hören, eine ferne Stimme, die niemanden zu gehören schien: ,, Es gab schon einmal jemanden der glaubte, die Menschen müsste alle kontrolliert werden.“
Wem gehörte die Stimme? War es überhaupt eine echte Erinnerung oder nur eine innere Eingebung? je mehr Janis versuchte, sich darauf zu konzentrieren, desto mehr verschwammen die Stimme und auch die Erinnerung selbst…
Stattdessen fragte er: ,, Was sind die anderen Gründe?“
,, Manche der Männer hier folgen mir auch, weil sie die Wahrheit erkannt haben. Und wenn unser Werk erst getan ist, werden sie es sein, die eine neue Welt im Namen ihres Herrn errichten. Der Kaiser, Janis , behält alle Macht für sich, der Herr der Ordnung hingegen teilt sie mit seinen Anhängern. Und damit werden sie die Welt
verändern…“
,, Und ihr selbst ?“
Zum ersten Mal wirkte der rote Heilige tatsächlich unsicher. Die Narbe auf seinem Gesicht verzog sich, während seine Kiefer arbeiteten, die Zähne hörbar aufeinander rieben.
,, Ich werde meinen Posten abtreten, sobald unsere Arbeit getan ist, Janis. Es wird dann… andere Dinge um die ich mich kümmern muss. Meine Aufgab ist es nur, dem Herrn den Weg zu bereiten. Mit allen Mitteln. Danach… bin ich frei, das wurde mir versprochen. Das und mehr. Uns allen hier wurden Versprechungen gemacht, das ist vielleicht die einfachste Antwort auf
eure Frage.“
,, Versprechungen ? Verzeiht mir, aber welches Versprechen ist es Wert, dafür einen Krieg zu beginnen? Und sei es auch nur um sich selbst zu schützen. Es hätte andere Wege gegeben. Ein Versprechen kann auch gebrochen werden.“
,, Ein Gott hat es nicht nötig zu Lügen, Janis . Er ist allmächtig. Das ist der Punkt. Es stellt für ihn keine Gefahr da, unsere Wünsche zu erfüllen. Es bereitet ihm nicht einmal Mühe. Warum also sollte er es nicht tun? Es sei denn, er wäre nicht, was er vorgibt zu sein, aber wer kann daran zweifeln, nachdem er einmal seine Macht gesehen hat? Mein
Herr würde selbst den Kaiser willkommen heißen, solange er ihn anerkennt… egal was ich davon halten mag.“
,, Das heißt ihr haltet nicht von ihm ?“
,, Ich fürchte ihr seid nicht der einzige, dem der Kaiser etwas wichtiges genommen hat, Janis. Und ich werde es zurück erhalten, so oder so. Solange mein Herr seine Versprechen hält, soll mir sogar egal sein, wenn ich mit ihm auf einer Seite kämpfen müsste. Aber das wird er nicht. Und somit obliegt mir die Aufgabe, die Strafe zu vollziehen…“ Der rote Heilige lächelte. ,, Ich kann nicht sagen, dass ich darüber besonders traurig wäre. Wir alle können nur sein,
was unser Herr uns vorgesehen hat. Und mir obliegt es die Geißel zu sein, sein Schwert und sein Zorn.. Und ihr Janis ? Welche Rolle spielt ihr in den Plänen des Herrn der Ordnung? Ich weiß es nicht und egal wie lange ich auch darüber meditiere ich erhalte einfach keine Antwort. Nur das euer Überleben von Gott gewollt ist.“
Einen Moment lang kam ihm Amatheris Warnung in den Sinn. Aber sie war es, die ihn im Dunkeln stochern ließ, nicht der rote Heilige. Er glaubte schlicht nicht, das dieser Mann , der so freundlich und aufmunternd mit ihm sprach ihn dabei anlügen könnte. Der Mann, der ihn gerettet hatte, dessen
Anhänger ihn aufgenommen hatten… Hoffentlich würde die Geweihte ihr Wort halten. Das war das einzige, das ihm im Augenblick daran hinderte, von ihren Plänen zu erzählen. Und im Gegensatz zu ihr enthielt er ihm wenigstens nichts vor, sondern sprach völlig offen mit ihm.
,, Jeder von uns kämpft für etwas, Janis.“ , fuhr der rote Heilige derweil fort. ,, Und genau deshalb frage ich mich : Wofür kämpft ihr ? Wenn man so will, verratet mir… was ist euer Versprechen?“
,, Ich kann mich nicht erinnern, das wisst ihr…“ Aber er Verstand langsam, wieso so viele diesem Mann folgten. Der
rote Heilige verstand es , den Leuten zuzureden, das anzubieten und zu sagen, was sie hören mussten oder wollten. Und obwohl ihm dies bewusst war, fiel es Janis leicht, darauf einzugehen. Dieser Mann war so weit es ihn betraf der einzige wirkliche Wegweiser den er hatte. Und wenn er nicht einmal dem lebenden Avatar eines Gottes vertrauen konnte, wem dann ? ,, Ich weiß es nicht.“ , wiederholte er. ,, Und dennoch manchmal glaube ich, ich habe einen Fehler gemacht. Irgendwie Schuld auf mich geladen…“ Erneut kam ihm die Brosche ins Gedächtnis, die sich nach wie vor in seiner Tasche befand. Gehörte sie am Ende doch ihm? War er ein
kaiserlicher Agent gewesen? Und wenn ja, war er dann für den Untergang seiner Heimat verantwortlich? Es gab so viele offene Fragen und für den Moment konnte er keine davon beantworten. ,, Vielleicht ist das ja der Grund, aus dem wie ihr sagt, euer Herr mein Leben bewahrt hat. Damit ich etwas wieder gut machen kann. Und wenn es schon sonst nichts gibt, das ich tun kann, helfe ich euch, diese Tyrannei zu zerstören, wird vielleicht wenigstens ein Teil davon aufgehoben.“
Der rote Heilige lächelte freundlich. ,, Dann müsst ihr diesem Ruf folgen, nicht wahr ? Und ich werde euch nicht daran hindern, wenn ihr es denn wollt.
Niemand kann euch zwingen, das Schicksal anzunehmen, dass mein Herr euch zeigt. Ich kann euch nur den Weg weisen, solltet ihr das wünschen. Frei von der Last euer Vergangenheit.“
Konnte das stimmen? War sein Gedächtnis-Verlust am Ende vielleicht gar keine Strafe, sondern ein Segen? Es schien einleuchtend, je länger der rote Heilige sprach und auch wenn Janis wusste, dass es das nicht unbedingt wahr machte… Es gab hier gute Leute. Und auch schlechte, meinte eine zynische Stimme im hintersten Winkel seines Verstands. Er brachte sie zum Schweigen. Er würde sich nicht in Amatheris Ränkespiel hinein ziehen
lassen. Aber er konnte ihrer Sache dienen. Nicht der Sache irgendeiner Splittergruppe, sondern der des Herrn der Ordnung. Er konnte hier wirklich etwas bewirken. Und sei es nur durch die Arbeit seiner beiden Hände. Und deshalb viel es ihm umso leichter, am Ende Ja zu sagen…
Träumer hatte diesen Moment gefürchtet. Und hatte er nicht auch damit gerechnet, seit der Junge erwacht war, fragte er sich, als er sah, wer mit seinem Meister zusammen den Tempel betrat. Das Zwielicht in der innersten Kammer wurde nur durch einen einzigen
Lichtstrahl erhellt, der durch eine Öffnung im Kuppeldach herein fiel. Rot und schwarz schimmerten der Boden und die wenigen Stellen, an denen das wenige Licht bis zu den Wänden der Halle durchdrang. Große Säulen, dick wie Bäume ragten dort auf und trugen das Gewicht der Kuppel über ihm, verziert mit den Insignien des Herrn der Ordnung. Die Wände selbst hingegen waren völlig glatt poliert worden, so dass man sich, währen die Lichtverhältnisse besser, darin spiegeln könnte. Eine Fußleiste aus weißem Marmor verlief daran entlang, in welche man stilisierte Zweige und Wurzeln geschnitzt
hatte.
Und an der Rückwand des Raums, noch hinter dem hellen Kreis, den die Öffnung in der Kuppel hinterließ stand das Becken. Es war ein einfacher Steintrog aus grauem Granit. Der Stein war vollkommen unbearbeitet, selbst die Öffnung in seiner Mitte war natürlichen Ursprungs. Lediglich an den Kanten, wo die Arbeiter ihn aus dem umgebenden Fels gelöst hatten, gab es einige scharfkantige Bruchstellen und aus Erfahrung wusste er, dass bereits mehr als ein Mann sein Blut daran zurück gelassen hatte. Die im Halbdunkel ölig schimmernde Flüssigkeit darin allerdings, war lediglich klares
Wasser.
Träumer trat seinem Herrn wortlos entgegen, als dieser mit Janis unter dem großen Bogentor stehen blieb, das den Eingang zur inneren Kammer markierte. War der restliche Tempel zumindest sporadisch mit Fackeln ausgeleuchtet, so gab es ab hier nicht einmal mehr Halterungen an den Wänden und Träumer merkte, wie der Junge einen Moment zögerte weiterzugehen. Doch war nicht nur die Dunkelheit der Grund dafür, nicht? Die Schatten in den dunkelsten Nischen des Heiligtums begannen sich zu bewegen, als sie das Nahen ihres Herrn spürten. Einst waren sie Geweihte gewesen, außerwählte ihres Gottes. Und
manche waren es vielleicht immer noch. Andere jedoch waren von der Berührung des Herrn der Ordnung zerstört worden, ihre Körper so weit verdreht, das sie kaum noch etwas menschliches hatten, ihr Geist in vielen Fällen einfach zerschmettert. Für sie gab es keine Erlösung mehr. Und der einzige, der noch über sie Gebieten konnte, war der rote Heilige selbst. Es wäre besser, für uns und auch für sie, sie einfach zu töten, dachte Träumer nicht zum ersten Mal.
Stumm bedeutete Träumer den beiden Neuankömmlingen einfach ihm zu folgen. Er wusste, wieso sie hier waren. Janis kam der Aufforderung offenbar nur
zu gerne nach, gab es ihm doch zumindest einen Grund, seine Aufmerksamkeit von den wogenden Schatten und glühenden Augen in der Finsternis zu nehmen. Stattdessen konzentrierte er sich scheinbar ganz auf den schwachen Lichtkreis im Zentrum des Saals, wo Träumer zuvor gewartet hatte. Einen Moment blinzelte der junge Mann geblendet, als er schließlich hinein trat, Träumer und den roten Heiligen nun jeweils zu seiner linken und rechten Seite.
,, Ihr habt eure Entscheidung getroffen ?“ , fragte der rote Heilige, während die Schatten erneut in Bewegung gerieten. Zwei von ihnen lösten sich aus der
Dunkelheit und stellten sich neben das Becken. Im Halbdunkeln war nicht viel zu erkennen, außer ihrer skelettartigen Gestalt. Die dünne Haut, die ihre Körper überzog wirkte ausgezehrt und stellenweise schien sogar Glut darin eingeschlossen zu sein und glomm mit einem beunruhigenden Licht, das keine wirkliche Helligkeit abzusondern schien.
Janis nickte lediglich, behielt die zwei Gestalten dabei jedoch genau im Auge. Jede hätte selbst den größten Menschen oder Gejarn noch um mindestens einen Kopf überragt. Und sobald der Junge den Kopf senkte, entfalteten sich ihre Schwingen. Gewaltige Segel aus Feuer, die den Saal in gleißendes Licht
tauchten. Rote und gelbe Flammen bauschten sich auf, vertrieben die Dunkelheit innerhalb eines Herzschlags und enthüllte ausgezehrte, von verbrannter, toter Haut eingehüllte Körper. Knochen stachen daraus hervor, als wollte sie bei jeder Bewegung reißen, verstärkte den Eindruck noch, etwas Totem gegenüber zu stehen. Eine verbrannten Leiche vielleicht… Augen aus Glut glommen eingelassen in dieser Membran. Die Augenhöhlen der Schädel jedoch waren leer, wie dunkle Teiche, die Züge ausdruckslos und nicht zu deuten , sah man von dem zu viel an nadelspitzen Zähnen ab…
Wie lebendige Statuen blieben die zwei
Kreaturen links und rechts des Wasserbeckens stehen, beleuchteten die Szene mit ihren Flügeln. Das Licht drang jedoch kaum zehn Schritte weit in den Raum hinein und war lange wieder geschluckt worden, bevor es den hellen Kreis erreichte, wo Janis, Träumer und der rote Heilige nach wie vor warteten. Dieser hatte mittlerweile eine schlanke Klinge zu Tage gefördert, die er Janis hinhielt, das Heft und die Spitze jeweils auf seinen ausgestreckten Händen ruhend. Das Schwert selbst war dünn und erinnerte mehr an einen Rapier, das Heft jedoch war einem Langschwert nachempfunden worden. Im Knauf hatte man einen Handtellergroßen Rubin
eingelassen, der zu drei Fingern auslief. Die Parierstange und der Griff wiederum warne mit feinstem Silberdraht umwickelt, so fein und mit Stoff durchsetzt, das er sich fast wie Spinnweben anfühlte. Weich, nachgiebig… und doch auch irgendwie verfänglich, als würde er die Hand seines Trägers nie wieder frei geben.
Janis nahm die Waffe ehrfürchtig entgegen.
,, Ab heute seit ihr sein Werkzeug, Janis. Und auch eine Waffe des Herrn, sollte er es fordern. Genau wie die Klinge in eurer Hand. Und genau wie die Klinge soll euer altes Leben hier enden. Trete vor, wenn ihr es wagt, reinigt die Waffe
und euch selbst von jeder Vergangenheit…“
Rst bei diesen Worten sah Träumer zum ersten Mal so etwas wie Unsicherheit auf dem Gesicht des Jungen. Aber nur einen Herzschlag lang, dann packte er das dargebotene Schwert fester… und trat entschlossen aus dem Lichtkreis heraus . Die erneute Dunkelheit musste ihn halb blind machen, nachdem seine Augen sich einmal mehr an die Helligkeit gewöhnt hatten, doch trotzdem blieb sein Blick starr auf das Becken und die Wächter gerichtet. Träumer und der rote Heilige folgten ihm ohne einen Laut und in etwas Abstand, bis er den Felsen erreichte. Beinahe sanft lies Janis das
Schwert ins Wasser gleiten, bevor er selber vor dem Becken niederkniete. Die Feuerschwingen der beiden Wächter spiegelten sich auf der ruhigen Oberfläche, machten sie undurchsichtig und verbargen die Waffe in der Tiefe. Janis streckte die Hände aus. Der rote Heilige trat ohne sichtliche Eile neben ihm…, legte eine Hand auf seinem Kopf… und drückte ihn ohne jede Warnung ins Wasser. Trotzdem blieb der Junge völlig ruhig, wie Träumer erstaun feststellte. Es hatte genug gegeben, die plötzlich doch ihre Zweifle bekommen hatten, sogar jene, die versucht hatten sich zu befreien. Doch Janis nicht. Stattdessen treckte er suchend die Hände
aus, fand den Schwertgriff… und wartete. Träumer wusste nicht, wie viel Zeit wirklich verging. Es konnte wohl kaum mehr als eine vielleicht auch zwei Minuten gewesen sein. Mehr hätte der Junge nicht überlebt, sagte er sich. Und doch rechnete er einen Moment tatsächlich damit, dass sein Herr ihn einfach ertränken würde. Dann jedoch riss der rote Heilige den nach Atem ringenden Janis zurück. Er stolperte rückwärts, das Schwert in den Händen und landete mit einem dumpfen Laut auf dem Boden. Im Gleichen Moment falteten die Wächter ihre Schwingen zusammen, das Feuer erlosch… und lies sie wieder einmal im Dunkeln zurück. Nur
Janis schwere Atemzüge hallten von den Wänden wieder, als der Junge sich langsam aufrichtete… und die Klinge darbot.
,, Behaltet sie.“ , meinte der rote Heilige und Träumer stelle überrascht fest, dass sein Herr tatsächlich lächelte. ,, Wie ich euch schon sagte. Von diesem Tag an seid ihr Werkzeug und Waffe des Herrn. Und nun geht. Erholt euch, meditiert… und wir werden uns bald wieder sprechen. Ich habe … Verwendung für euch.“
Janis erwiderte nichts, vielleicht war er dazu im Augenblick auch gar nicht in der Lage, sondern verbeugte sich lediglich und zog sich dann zurück.
Träumer sah ihm nach, bis er von der Finsternis verschluckt wurde. Und selbst danach wartete er, bis auch seine Schritte nicht mehr zu hören waren. Erst dann drehte er sich zu seinem Herrn um ihn zur Rede zu stellen. ,, Ihr habt das geplant, oder ?“ , verlangte er zu wissen. ,, Ihr wisst so gut wie ich, wer er ist. Ist es wirklich nötig, ihn derartig gegen seinen eigenen Vater zu benutzen?“
,, Wenn seine Strafe vollkommen sein soll, dann ja… Ich will ihn zerstört sehen, Träumer. Und wie könnte das besser gelingen, als durch die Hand seines eigenen geliebten Jungen… Dann ist der Sieg vollkommen unser.“
Träumer erwiderte nichts. Aber bei
diesen Worten kam ihm ein völlig neuer, schrecklicher Verdacht…
,, Sein Gedächtnisverlust war kein Zufall, nicht wahr ?“
,, Natürlich nicht,. Ich kann ihn nicht töten, Träumer. Benutzen kann ich ihn schon…“
,, Ja und doch… ist es euch nicht aufgefallen ? Der Junge…“
,, Der Junge ist ein Werkzeug.“ , erwiderte der rote Heilige kühl und leis Träumer alleine in der weiten, leeren Halle zurück. Erneut zögerte dieser, etwas zu sagen, bis die Schritte seines Herrn vollkommen verhallt waren.
,, Das mag so sein, Herr. Aber er sieht euch auch ähnlich. So unglaublich
ähnlich…“ Vielleicht hatte der rote Heilige schlicht keine Augen dafür. Vielleicht hatte es auch nichts zu bedeuten. Er konnte nur hoffen, dass es außer ihm sonst niemanden auffiel. Wer wusste schon zu was für Schlussfolgerungen die Leute sonst kommen mochten. Und jene, die den roten Heiligen heimlich kritisierten… für sie wäre es ein gefundenes Fressen, dachte er.