Es ist ein seltsames Gefühl die Mündung einer geladenen Waffe auf sich selbst gerichtet zu sehen. Ich hätte von mir selbst erwartet aufgewühlt zu sein, in Panik oder vielleicht auch gelähmt, wenn der Tod keine zwei Meter von einem selbst entfernt steht. Stattdessen ist da nichts außer eine endgültige Ruhe, eine Kälte die die Zeit anhält und einfriert, so dass jede Sekunde sich auf das ganze Universum ausdehnt. Der Nebel vaporisiert und alles ist ganz klar, keine Störelemente, keine Nebengeräusche, man ist ganz und gar kozentriert und auf einmal versteht man, dass man am Leben ist. Noch nie habe ich mich so lebendig gefühlt.
Wie seltsam es erst sein müsste die Waffe selbst zu halten, die runde Öffnung auf der Haut zu spüren, direkt an die linke Schläfe gepresst. Selbst Herr*in über die eigene Sinnesruhe zu sein.
Das eigene Gedankenwirrwarr geordnet zu einer
einzigen geraden Linie.
Wie seltsam es ist, dass man in den Momenten der größten Angst, gar keine Angst empfindet, ich konnte mich fallen lassen.
Es ist als wäre ich zu Hause angekommen, in die Dämmerung, den Bauch meiner Mutter zurückgekehrt und ich habe zwar keine Erinnerung daran, doch so hat es sich angefühlt, darüber kann man nicht lügen.
Ich schwebe dahin und mein Leben ist von einem Augenblick auf den anderen federleicht, weil er es in seinen Händen hält. Mein Leben ist mir völlig entzogen, nichts mehr als eine Entscheidung. Ein einfaches Ja oder Nein. Bernoulli 0 oder 1.
Es ertönt ein Knall. Die Kugeln fliegen die gerade Linie meiner Gedanken nach und das Geräusch eines leeren Körpers, wie er auf den Boden kracht erfüllt den Raum.
Und meine Seele, die bis jetzt friedlich unter der dreckigen Zimmerdecke entlang geschwebt
ist fällt krachend, mit einem Stoß wie der einer Pistolenkugel zurück in meinen Körper.
Die Zeit verdichtet sich und die Dämmerung weicht dem Morgen, dem ein greller Tag folgt.
Das Ding ist, ich glaube ich bin in dem Moment meinem wahren Selbst sehr viel näher gekommen als in den ganzen Jahren meiner vorherigen Existenz.
Ich habe den Tod gesehen und ihn als Freiheit betrachtet, einem Moment in dem ich außer meiner Selbst am meisten ich selbst war. Mich fallen zu lassen und dabei in mir selbst zu landen.
Ich träume oft noch von dem zeitlosen Zeitraum, dem Stillstand “und fast jeden Morgen hoffe ich, die schöne Dämmerung würde sich noch einmal wiederholen.”