Wenn einer eine Reise wagt
dann kann man etwas erleben.
So wie es öfter einmal vorkommen könnte und es viele schon von uns auch einmal erlebt hatten, so erzählt es uns diese kleine Geschichte. Jedenfalls, es war noch sehr früh am Morgen, als ich erwachte und der Wecker hatte doch noch gar nicht geklingelt. Gähnend streckte ich meine Arme in die Höhe und ein Kribbeln im Bauch machte sich bemerkbar.
„Endlich! Ich habe endlich einmal Urlaub und das auch noch zum ersten Male in meinem ganzen Leben, dass ich mir einfach diese Auszeit gönne. Immer
hatte ich den Urlaub vor mir hergeschoben und so wurde nie etwas daraus,“ dachte ich noch und stand endlich auf. Viel zu Aufgeregt war ich, als das ich etwas Essen konnte und so trank ich nur meinen Kaffee. Die Unruhe wuchs in mir und ich überlegte, ob ich gestern auch alles eingepackt habe und nichts vergessen hatte. Meine Blicke wanderten in der Wohnung hin und her, in der Hoffnung etwas Vergessenes zu entdecken. Nein, nichts deutet darauf hin. Der Kaffeepott war jetzt auch leer geworden und ich brachte die Tasse in die Küche. Habe sie noch rasch abgewaschen und auf das Handtuch gestellt, zum trocken werden.
Anschließend nahm ich mein Gepäck und brachte es nach draußen.
Schon sehr lange habe ich auf diese Gelegenheit gewartet und nun ist es endlich einmal so weit. Das Gepäck ist im Wagen verstaut und ich gehe noch einmal zurück, in das Haus. Schaue nach, ob ich auch nichts vergessen habe abzuschalten. Gas habe ich nicht und den Stromhebel habe ich herunter geschaltet. Fenster waren auch alle verriegelt, konnte also nichts geschehen. Alles ist in Ordnung und dann gehe ich wieder hinaus ins Freie. Schaue noch kurz hinüber zum Garten und sehe dann, dass mein Badeanzug noch auf der Leine hängt. Ich habe ihn noch rasch
abgenommen und ihn auf dem Rücksitz geworfen. Habe diesen Badeanzug mal mit meinem Jüngsten gekauft, weil er gerade diesen so herrlich fand. Damals sagte er noch zu mir, „Mami, der würde dir unheimlich Klasse stehen.“
Na gut, dann habe ich ihn mir halt gekauft und machte damit uns beiden eine kleine Freude. Dem Sohn, weil er ihn gut gefiel und mir, damit ich mir auch einmal etwas gegönnt habe. Was ja bei mir sehr selten vorkam, dass ich mir etwas Schönes kaufte. War einfach Zufrieden, mit dem was ich hatte. So dachte ich gerade und dann steige ich ein in das Auto und fahre los. Es ist zwar nicht Erwähnenswert, aber es ist
meine erste große Fahrt und das auch noch ganz alleine. In der dreißiger Zone überlegte ich noch einmal, ob ich beim Auto auch alles Überprüft habe, Ölstand, Bremsflüssigkeit und Scheibenwasser. Nur etwas habe ich vergessen zurück zu lassen und das war meine schreckliche Angst. Na gut, dann muss sie mich halt begleiten, dachte ich und musste einfach lächeln. Man was hatte ich doch immer für eine schreckliche Angst, alleine Auto zu fahren und dann auch noch über die Autobahn. Na ja, habe es nun einmal meiner Freundin versprochen, dass ich kommen werde und das plante ich auch schon ziemlich lange. Versprochen das
ich mal komme, habe ich ihr immer wieder bei unseren Telefongesprächen gesagt und das schon viele Jahre lang. Nun wurde es Zeit, mein Versprechen einzuhalten. Die Fahrt war sehr Ruhig, die Autobahn fast leer und weil es sehr Eintönig war, schalte ich das Autoradio ein. Ach nein, richtige Trauermusik musste ich mir da anhören. Wie üblich hatte mein Sohn wieder alles verstellt und ich weiß nicht einmal auf welche Frequenz ich gehen muss, um meinen Sender rein zubekommen. Es ist aber auch zum Mäusemelken dachte ich gerade als ich es dann sah, das Schild zum parken. „ Ach, was für ein Glück ich gerade habe! Na, dass kommt ja wie
gerufen eine kleine Parkmulde und ich biege ab. Nun konnte ich ganz in Ruhe meinen Musiksender suchen, den ich auch sehr schnell fand. Da ich nun einmal stehe, kann ich mir auch eine Birne aus dem Kofferraum nehmen, denn der Duft im Wagen machte darauf großen Appetit. Ich habe nämlich zwei Stiegen mit schönen saftigen Birnen mitgenommen, die ich dann mit meiner besten Freundin, Einkochen möchte. Sie war einfach Süchtig nach dem Birnenkompott, seit sie ihn vor ein paar Jahren mal bei mir gekostet hatte.
Mm mm, schon der Duft der einem entgegen kommt, als ich den Kofferraum geöffnet hatte, ließ einem das Wasser im
Mund zusammenlaufen. Voller Verlangen, biss ich hinein in die köstliche Frucht und der Saft lief mir an den Fingern herunter. Aber leider haben es auch die Bienen wohl mit bekommen und schwirren kurz darauf reichlich auf dem Obst herum. War ja klar, bei so einem herrlichen Duft, da konnte keiner widerstehen. Weder der Mensch, geschweige noch die Bienen. Hmm und der Honig müsste da ja so etwas von lecker schmecken. Doch jetzt ist es aber genug mit dem Träumen, denn so konnte ich nicht weiter fahren. Die Bienen mussten leider draußen bleiben und durften daher nicht bei mir im Auto bleiben. Um ja nicht gestochen zu
werden, holte ich zwei große Handtücher aus der Tasche und schlug sie um die Kisten herum. Nun war der Duft nicht mehr so intensiv und die Bienen wollten trotzdem noch nicht gehen. Da kam mir eine andere Idee, ich schnitt eine Birne in mehreren Hälften und legte sie etwas weiter weg vom Wagen, auf die grüne Wiese hin. Und siehe da, die fleißigen Bienchen waren auch sofort darauf geflogen und schienen ihre Beute zu bewachen. Ich schaute mir die Birne an, in der ich bereits schon abgebissen hatte und dann sah ich was ich nicht sehen wollte, diese war sehr stark Wurmstichig gewesen. Im hohen Bogen warf ich sie auf die Wiese,
für die Vögel oder auch für das andere Getier, die gerne so etwas fressen wollen. Ist aus der Natur gekommen und wird so der Natur zurück gegeben. Schnell habe ich alles aus dem Mund ausgespuckt und nun suchte ich noch nach einem Taschentuch. Klar, wie üblich, im Auto liegen gelassen. Da vorne im Handschuhfach keine lagen, schaute ich auf dem Rücksitz nach. Ach nein, nun habe ich die auch noch vergessen, liegen ja noch im Badezimmer auf dem Regal. Ganz zufällig schaute ich auf dem Boden und entdeckte doch noch ein Päckchen. Noch etwas habe ich gefunden, was ich unheimlich lange schon vermisste, mein
Notizbuch wo ich immer ein paar Stichpunkte aufgeschrieben hatte für mein nächstes Buch, denn ich schreibe ja sehr gerne. So konnte ich zumindest einmal sehen, wann ich das letzte mal den Innenraum sauber gemacht hatte. Habe mir gerade die Hände mit einer Selters abgewaschen und wollte mir schon ein Papiertaschentuch nehmen, da reichte mir eine fremde Person ein Tuch herüber. Ich war erstaunt und hatte mit so etwas Nettes nicht gerechnet. Eine sehr freundliche Dame, so um die vierzig Jahre reichte mir das Tuch, mit einem schönen Lächeln im Gesicht.
„Ich kenne sie von irgend wo her, doch ich kann mich nicht erinnern“ waren die
ersten Worte von dieser Dame zu mir gewesen. Wenn sie es nicht wusste woher sie mich kennen könnte, dann kann ich ihr schon lange nicht weiter helfen. Doch die Frau behaarte darauf, mich zu kennen. So setzten wir uns an einen dieser freien Tische, die aus Baumstämmen zusammen gezimmert wurden. Tische, so wie auch die Bänke waren in einer rostbraunen Farbe angestrichen worden und fügten sich sehr gut in die Natur ein. Wir redeten über dies und das, während sie ganz genüsslich drei von den Birnen aß, die ihr unheimlich gut gemundet haben. So sagte sie noch zum Schluss, „mir haben die Birnen sehr gut geschmeckt und
schon sehr lange habe nicht mehr, solche köstlichen Birnen gegessen. Da kann sich deine Freundin doch sehr darauf freuen, auf diese tollen Birnen.“
Monik, so hieß diese Dame, war in ihren Wagen gestiegen und davon gefahren. Eigentlich wollte ich mir noch eine von den Birnen nehmen, aber der Appetit auf diese war mir nun vergangen und daher stieg ich in meinem Wagen ein und fuhr weiter. Hier und dort sah ich wunderschöne Waldgegenden, wo hier und da einmal ein Reh zu sehen war. Hoffe nur, sie laufen nicht einfach jetzt auf die Fahrbahn und bleiben schön in ihrem Revier stehen. Einen Fuchs, Igel und auch einen Marder habe ich schon
liegen sehen, am Fahrbahnrand. Überfahren und dann zur Seite geschoben. War schon Traurig, so etwas zu sehen. Nun klingelte auch noch das Handy und wie gewohnt wollte ich danach greifen, ließ es dann aber doch sein, weil es viel zu gefährlich war, bei einer Geschwindigkeit von Hundertdreißig zu telefonieren. So fuhr ich den nächsten Rastplatz an und war auch erleichtert, als ich die Nummer sah. Meine Freundin hatte angerufen und so schnell hätten wir beide auch kein Ende gefunden und würden sicher noch immer am erzählen sein, also rief ich zurück. Wir haben gerade angefangen uns zu Begrüßen, da hörten wir beide
einen schrecklichen Knall.
„Ist das gerade ein Unfall bei dir? Hörte sich ja grausam an. O man, mein Mann fährt auch gerade diese Strecke entlang und kommt von einem Seminar zurück. Jetzt mache ich mir aber doch ganz große Sorgen. Denn diese Strecke ist berüchtigt für Tierunfälle. Ich melde mich später noch einmal und fahre mir bitte Vorsichtig!“
Schon hatte sie aufgelegt und ich kam erst gar nicht dazu, ein Wort zu sagen. Ein wenig traurig war ich schon darüber und stieg wieder in meinem Wagen ein, fuhr kurz darauf weiter. Keine fünfzig Meter weit, kurz nach der Auffahrt auf die Autobahn, da lag er nun der grüne
Wagen, hinter dem ich die ganze Zeit hinterher gefahren war und vor ihm lag das tote Reh. Zwei Wagen sind ihm noch hinten drauf gefahren. Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als ich diesen Unfall sah und mir war auch klar, wäre ich nicht rausgefahren auf den Rastplatz zum telefonieren, wäre ich mitten drin gewesen, in diesem Geschehen. Mein Herz flatterte ganz schön und schien mich auch noch in meiner Angst zu bestärken, als ich die herannahenden Sirren hörte. Kurz vor meinem Ziel angekommen, fing der Wagen auch noch an zu bocken. Rechts auf dem Standstreifen rauf gefahren, Warndreieck raus und
aufgestellt.
„Mm,“ mehr konnte ich nicht sagen. Motorhaube geöffnet und Ehrfurchtsvoll hinein geschaut. Ja, was soll ich sagen, hätte es mir auch verkneifen können, bei meinem tollen Talent. Na dann rufe ich mal den Pannendienst an, vielleicht können die mir helfen. Suche gerade nach der Nummer in meinem Handy, da hält kurz vor mir ein toller Schlitten an und dann hatte es erneut geknallt, ein Polizeiwagen war aufgefahren. Kam anscheint von dem Unfall gerade her. Ein älterer Herr, knapp an die sechzig Jahren, steigt aus dem dunklen Wagen aus und kam dann auf mich zu. Sofort fiel mir seine Hose auf, denn diese
Bügelfalte war ein misslungener Akt. Also, wer diese gebügelt hatte, hat wirklich keine Ahnung davon gehabt. Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht, fragte mich dieser Mann, „ Na junge Dame, was hat denn das kleine Wägelchen? Anscheint haben wir beide heute ganz viele Schutzengelchen um uns herum gehabt. „
Mit fragenden Augen sah ich ihn an und wusste nicht, worauf der Herr hinaus wollte. Höflich sagte ich dann zu ihm, „Habe leider keine Ahnung! Aber von meinem Wagen, da ist nur ein komisches Geräusch zu hören.“
„Mach doch bitte mal den Motor an,“ sagte der nette Mann zu mir. Auf Anhieb
erkannte er, „es ist der Keilriemen, viel zu locker sitzt er schon!“
Er spannte ihn dann neu und siehe da, der Motor lief wieder ganz leise und vollkommen normal.
„Wenn noch etwas sein sollte, hier haben sie meine Telefonnummer. Fahre ja schon die ganze Zeit hinter Ihnen, haben wohl beide den gleichen Weg, also,
einfach anrufen und ich komme dann sofort, wünsche eine gute Weiterfahrt.“
„Ach wie Schade, denn schon war er fort,“dachte ich noch, als ich ihm hinterher schaute. Ich holte noch mein Warndreieck zurück und packte ihn sorgfältig wieder ein. Ging nach vorne
und wollte gerade einsteigen, da sah ich dann etwas am Rande liegen, an der Stelle, wo der Wagen vorher stand.
Ging hin und schaute nach, glaubte nicht was ich da nun sah. Ein kleiner süßer Igel lag da ganz ängstlich zusammengerollt und schon schaute ich mich um, ob ich seine Mutter sehen konnte. Etwas weiter vorne sah ich sie dann liegen. Sie lag tot am Straßenrand, überfahren.
„Ach du armer kleiner Wicht, komm ich nehme dich einfach mit!“
Noch zehn Minuten Fahrt und ich war bei meiner Freundin angekommen.
Na, dreimal darfst du raten, wer mir da hat die Tür geöffnet. Richtig, der Mann
der mir geholfen hatte.
„Mann hast du dich verändert,“ sagte ich dann noch zu ihm, weil er mich total verdutzt anschaute. Nun sah ich auf den Zettel mir die Telefonnummer genauer an, es war die von meiner Freundin ihrem Haustelefon. Herzlichst mussten wir dann lachen und ihr kleiner Enkel von acht Jahren, hatte nun auch noch einen kleinen Freund bekommen. Noch einmal viel mir ein, wie Rücksichtslos doch mache Menschen mit dem Auto fahren und wenn ich heute nicht so viel Glück gehabt hätte, ich ebenfalls ein Opfer von den Rasern gewesen wäre. Aber Autobahn, mag ich heute noch nicht gerne fahren. Der kleine Igel hatte
großes Glück gehabt und ist jedes Jahr bei meiner Freundin im Schuppen zu Gast. Hat sogar dort, seine Jungen zur Welt gebracht und leben sicher und zufrieden, in einer kleinen heilen Welt.
ENDE
Geschrieben und das Bild kreiert ,
von Monika Stahl (AB)