Am nächsten Morgen wachte Grimm auf. Schlaftrunken, sah er um sich. Im düsteren Nebel seiner Kajüte funkelte sein Schwert aus sich selbst heraus. »Wir sind bald wieder Zuhause. «, flüsterte Grimm träge. Sein Schwert schien ihn verstanden zu haben, denn es erlosch gleich darauf. Es hing an einer Stuhllehne und schlug bei jeder kleinen Bewegung des Schiffes gegen das Holz. Bei dem Funkeln des Schwertes, hatte Grimm sich an die letzten Worte seiner Frau erinnert, die ihm dieses Andenken vermacht hatte. »Hegst du Zweifel, so sprich zu mir und das Schwert beginnt zu
leuchten. «, dachte er. Er muss es im Schlaf zum Leuchten gebracht haben, doch er wusste nicht mehr woran er im Traum gedacht hatte. Er war jedoch froh lebendig wieder nach Akarien zurück zu kehren, um seinen Sohn in die Arme zu schließen. Telier war jetzt auch ein Knappe im Dienst der Thronwache und darauf war Grimm Stolz. Auch wenn Emilia es nicht gutgeheißen hatte, dass Kinder der obersten Thronwächter, den Platz ihres Vaters einnehmen mussten, war es Teliers Weg; den er allein zu beschreiten hatte. Tief in ihm war das Gefühl, dass sein Sohn eines Tages noch eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hatte. Grimm stand auf und sah aus einer Ritze
des Rumpfs, wobei er die Umrisse einer Stadt in der Morgendämmerung erkannte. »Wir sind da! «, hörte er vom Deck über ihn, von jemanden rufen. Er machte sich langsam daran, sich anzuziehen. Nach einigen Minuten als er fertig war, ging er den Gang entlang, von den weitere Kajüten wie seine abgingen. Er stieg die Treppe zum Deck empor, bis er erleichtert die frische Seeluft einatmete. Alle Männer waren bereits oben am Deck und jauchzten vor Erleichterung auf, endlich die Küstenstadt Sturmfront erreicht zu haben. Grimm ging die Treppe zum Steuerrad hoch und klopfte Ser Wilhelm Veleris auf die Schulter. »Ich übernehme
jetzt das Steuerrad. «, erklärte er und Ser Veleris trat ohne ein Wort beiseite. Grimm trat ans Steuer und drehte es ein paar Mal nach links, dann nach rechts. Es dauerte noch bis zum Mittag, bis das Schiff in den Hafen von Sturmfront einlief und am Steg festmachen konnte. Wie Grimm waren auch die anderen erleichtert endlich wieder zuhause zu sein. Am Steg waren nicht viele Menschen. Einige Fischer, deren Boote ebenfalls am Steg lagen, grüßten die Männer im Vorbeigehen mit einem Händedruck. Vom Steg aus, gingen Grimm und seine Männer in Richtung eines bekannten Wirtshauses, das am Rande des Stadtmarktes lag. Das
geschäftige Treiben auf dem Stadtmarkt erinnerte Grimm an Zuhause, an Balyrias wo der Markt noch viel größer war. Im Gegensatz zu den Kalksteinhäusern in der Vorstadt von Balyrias, gab es hier in Sturmfront nur die Fachwerkhäuser, deren Dachgiebel mit dem Stadtwappen von Sturmfront verziert waren. Das einzige aus Stein erbaute Haus, war das Kapitänshaus, was sich am Steg befand. »Wollen wir uns erst noch einen Krug Met und eine saftige Schweinshaxe zu uns nehmen, Grimm? «, fragte Ser Viktor Gondalon erwartungsvoll. Ser Grimm schüttelte den Kopf, während er an einen Händler für frischen Fisch vorbeiging. »Der
tänzelnde Jäger ist für mich nicht von Bedeutung. Der Wirt besitzt einige Pferde, die wir uns leihen können, um schnell nach Balyrias zu kommen. «, antwortete Grimm, wobei ihm im nächsten Moment eine alte Bettlerin um ein paar Goldstücke bat. Er legte ihr zwei Drachenstücke in die hohlen Hände und ging weiter. »Danke oh Herr, für eure großzügige Spende. Möge euch Âmun auf ewig in seine Gebete einschließen. «, krächzte die alte Dame und schlurfte davon. »Alte Kuttel. «, murrte Alexej verstohlen und sah ihr nach. Als er sich den anderen wieder anschließen wollte, versetzte Grimm ihm einen finsteren Blick, den er
reumütig annahm und sein Haupt senkte. Dann gingen sie weiter und kamen nach einigen Minuten am Wirtshaus an. Der alte Wirt Berno begrüßte Grimm freundlich wie einen alten Freund und mit einem kräftigen Händedruck. »Was darf es denn sein, alter Freund? «, fragte der Wirt mit breitem Lächeln. Grimm bat um drei der schnellsten Pferde die der Wirt besaß. Während Ser Lucas und Ser Alexej wegen ihrer Verletzungen dortblieben, folgten ihm Ser Wilhelm Veleris und Ser Ithrill zu den Stallungen, die neben dem Wirtshaus standen. Die übrigen drei, Ser Markus Bergelin, Ser Viktor Gondalon und Ser Gritt blieben ebenfalls im Wirtshaus um
sich auszuruhen und um etwas zu essen. »Wir kommen nach. «, rief Ser Markus den dreien zu, als sie auf dem Weg zu den Stallungen waren. Als Grimm vor den Stallungen sein Pferd bestieg, trat Berno zu ihm. »Reitet voraus, ich hole euch ein. «, befiehl Grimm den beiden und beugte sich zum Wirt hinunter. »Seid vorsichtig. Vor ein paar Tagen wurde die Elbenküstenstadt Allonnan angegriffen und völlig zerstört. Der Hochkönig hat eine Heerschau angeordnet. Sie wird in den nächsten Tagen von ihm persönlich inspiziert. Tausende haben sich gemeldet. Auch mein Bruder und sein Sohn. «, Grimm hob den Kopf ruckartig an, wobei er
versehentlich die Zügel stramm zog. Das Pferd bäumte sich auf, doch konnte ihn nicht hinunterwerfen. Er beruhigte die Stute und streichelte ihre Mähne, während er verunsichert auf Berno hinabblickte. »Warum erzählst du mir das jetzt erst. Was für Angreifer waren das? «, fragte Grimm aufgebracht. Berno senkte kurz den Kopf dann hob er ihn wieder und antwortete. »So wie es aussieht, waren es dieselben die euch angegriffen haben. Ich habe einige Elben Zuflucht geboten, die entkommen konnten. Was du mir erzählt hast, passt auf die Beschreibungen derer, die die Stadt verwüstet haben «. Grimm fiel bei dieser Erklärung sprichwörtlich aus allen
Wolken und hielt sich krampfhaft am Horn des Sattels fest. Nach einer Minute beruhigte er sich wieder und verabschiedete sich von Berno. Er wusste nun was er zu tun hatte und ihm war auch klar, dass der Angriff auf seine Männer und auf die Elbenstadt im Zusammenhang stand. Grimm wusste nur noch nicht, welchen Zweck der Unbekannte verfolgte. Der Pfad aus der Stadt führte Grimm zu einer Weggabelung. Er nahm die Begrund-Straße, ein schmaler Weg aus Sand und kleinen Steinen. Die Weite mit ihren Wiesenlandschaften und am Horizont die Burgen war der direkte Weg nach Balyrias und zu seinem König Pyränos.
Eine leichte Brise kam auf, die den Duft von Honig und Sonnenblumen versprühte, die nördlich der Straße blühten. Der Honig kam von der nahe gelegenen Stadt Burgundrod. Dort bauten die Menschen viele Dinge an, die auf den Märkten verkauft wurden. Ab und zu kamen ihm vereinzelte Leute entgegen, die aus anderen Städten kamen, andere wiederum, waren Kaufleute und Händler die ihre Waren auf dem Markt von Sturmfront anbieten wollten. Nach etwa einer Stunde hatte er auf der Begrund-Straße Ser Wilhelm Veleris und Ser Ithrill eingeholt, die sich ungewöhnlich ruhig verhielten. Beide sahen nach Vorn und wechselten
keinen einzigen Blickkontakt. »Was ist los. Wilhelm, könnt ihr mir sagen was mit euch und Ser Ithrill los ist? «, fragte Grimm leicht besorgt. Ser Wilhelm brummte auf und sah ihn über die Schulter heran. »Einer der Kaufleute hat uns gesagt, dass die Stadt Allonnan angegriffen wurde. «, antwortete Ser Wilhelm wahrheitsgemäß und blickte wieder geradeaus. Dann nach einer kurzen Pause erwiderte Ser Ithrill mit einer Hoffnungslosen Stimme. »Der Wirt hat euch das bereits erzählt, nehme ich an «. Grimm wendete das Pferd und ritt auf die andere Seite, neben Ser Ithrill. »Es tut mir leid. Ich wusste nicht was er mir erzählen würde. Ich hätte es euch
berichtet. «, antwortete Grimm betreten und legte eine Hand auf die Schulter des Elben. Der Elb erwiderte Grimms aufrichtige Entschuldigung mit einem kurzen nicken. Nachdem sie eine Zeit lang geritten waren erreichten sie die Stadtgrenze von Südklingar. Diese Stadt hatte wie jede andere Stadt, eine eigene Geschichte. Grimm, der zwischen beiden ritt, bewunderte die Verzierungen an dem großen Stadttor, durch, dass sie ritten. Über dem Torsturz prangte das Wappen der Großherzogin Gwendolin von Klindon, mit dem roten aufsteigenden Phönix auf weißen Grund. Sie war eine der letzten Nachkommen aus dem Haus des Phönix, das bis in die
Gründerzeit von Akarien zurückreichte. Als sie durch das Tor geritten waren und den Hauptweg der Stadt folgten, merkten die drei, dass immer mehr Leute in dieselbe Richtung wollten, wie die drei Reiter. Grimm, der neugierig war, ritt zu eine der Wachen hinüber, die am Straßenrand stand und wachsam die Bürger beobachtete. »Könnt ihr mir sagen was hier los ist, Wachtposten? «, fragte Grimm im höflichen Tonfall. Die Wache sah auf, zuckte mit den Achseln und antwortete. »Auf dem Marktplatz hat sich die Großherzogin eingefunden, um den Bürgern dieser Stadt etwas mitzuteilen. Soweit man mich informiert hat, geht es um die Heerschau, die unsere
königliche Majestät, Hochkönig Pyränos angeordnet hat«. Grimm bedankte sich bei der Wache und trabte zurück zu den beiden, die in einiger Entfernung auf ihn gewartet hatten. »Und was hat er gesagt, Grimm? «, fragte Ser Wilhelm Veleris neugierig. »Die Großherzogin wird sich zur Heerschau unserer königlichen Majestät äußern. «, antwortete Grimm. Während die drei weiter dem Hauptweg folgten, sah Grimm mit leicht zugekniffenen Augen zum Zentrum der Menschenmenge, die sich vor ihnen erstreckte. Der Platz war groß und in einem Kreis von hohen Gebäuden eingekesselt. Die Sonne schien und die Vögel zwitscherten durch das Geäst von
Bäumen die am Eingang zum Platz gepflanzt waren. Grimm und die beiden anderen ließen ihre Pferde an einem Trog stehen, wo sie trinken konnten. Doch jetzt im mitten der Menschenmenge war es nicht einfach für die drei weiterzukommen. Einige schubsten, drängelten und wüteten gegen andere, die eine gute Aussicht hatten. Grimm sah nach oben, zu den weißen Kalksteingebäuden und besonders zu den Balkonen, auf denen viele Männer und Frauen standen und mit mäßigen Interesse das Geschehen unten auf dem Platz verfolgten. »Und wo ist die Großherzogin, Grimm. Seht ihr sie? «, fragte Ser Veleris etwas
enttäuscht in die Runde blicken. Ser Ithrill, der hinter den beiden hergelaufen war, packte beide plötzlich an der Schulter und zeigte anschließend direkt geradeaus, zu einem der höchsten und größten Balkone, an dem die Banner der Großherzogin hingen. Alle drei beobachteten mit leichter Ehrfurcht wie eine kleine Delegation von Männern und Frauen in edlen Gewändern auf den Balkon heraustraten. Eine der Frauen trat vor und Stille legte sich über den Platz. Die Frau, die ihre Arme ausbreitete, trug ein silbernes Kleid und weißes Haar, was ihr leicht wellig über die Schultern hing. Mit den Worten „Aus der Asche empor“, begrüßte sie ihre
Untertanen, die es mit klatschen erwiderten. Dann trat wieder Stille ein und die Großherzogin begann ihren Vortrag. »Liebe Bürgerinnen und Bürger, wie ihr sicherlich erfahren habt, ist vor kurzem die elbische Küstenstadt Allonnan angegriffen worden. Viele der Überlebenden berichten von grausamen Gemetzeln und schrecklichen Kreaturen, die sie überfallen haben. Ihre königliche Majestät hat einen Boten geschickt um jede Provinz an ihren Eid zu erinnern den wir vor langer Zeit geleistet haben. Nun fordert der Hochkönig diesen ein und dazu brauche ich eure Hilfe. Wir rekrutieren nach Leibeskräften Männer für die Armee von Akarien. Niemand
wird gezwungen in die Armee einzutreten. Jeder von euch, der sich freiwillig meldet, kann nicht nur einen Beitrag zum Schutz dieses Landes leisten, sondern auch sich und seiner Familie Ruhm und Ehre bringen. Wer sich entschließt sich der Armee anzuschließen, kann seinen Namen in die Armeeliste eintragen, die die Thronwache des Hochkönigs im Rathaus ausgelegt hat… «, erklärte die Großherzogin. Als sie fertig war trat sie zurück und fing ein Gespräch mit einem ihrer Berater an. Während auf dem Platz das Stimmengewirr lauter wurde, beobachtete Grimm aufmerksam den Balkon. »Was ist, Grimm? «, fragte Ser
Veleris leicht beunruhigt. Ser Ithrill sah ebenfalls fragend drein. »Ich weiß es nicht. Mit einem Mal habe ich das Gefühl das etwas Schlimmes passieren wird. Mein Instinkt sagt mir, dass die Großherzogin ein Fehler begangen hat. «, erwiderte Grimm der sich zu Veleris umgedreht hatte. Plötzlich jedoch ertönten Schreie vom Balkon und Panik legte sich über den Platz. Sofort strömte die Menge in alle Himmelsrichtungen davon, während die Wachen rund um den Platz die Ausgänge sicherten und aufmerksam das Areal beobachteten. Grimm, Veleris und Ithrill, die die einzigen noch auf dem Platz waren, sahen instinktiv nach oben, wo mehrere
der Delegation sich um eine Gestalt am Boden knieten. »Die Großherzogin! «, erwiderte Grimm und war sich sicher, dass es ein Anschlag war. Grimm rief nach oben, zu einer der Wachtposten, der mit erhobenen Schild die übrigen Delegationsmitglieder vor weiteren Schaden abschirmte. »Was ist mit der Großherzogin? «. Nach einer kurzen Unterbrechung rief der Wächter nach unten. »Ein Pfeil hat die Großherzogin getroffen. Sie ist Tod! «, erwiderte der Wächter mit Bestürzung in der Stimme, wobei die drei das Schluchzen vernahmen, dass eine der Frauen von sich gab, die neben der Großherzogin kniete. »Bringen sie die anderen rein,
wir suchen den Täter! «, rief Grimm zurück und drehte sich zu seinen Männern um. »Seht euch um. Wenn das ein Bogenschütze war, muss er sich irgendwo hoch oben befunden haben«. Sofort teilten sich die drei auf und suchten nach Hinweisen. Ser Veleris spurtete nach Westen und Ser Ithrill erklomm nach Osten die Fassade eines großen Gebäudes und verschwand auf den Dächern. Grimm ging einen der Hauptwege entlang, die weg vom Geschehen führte und behielt die Dächer im Auge. Die Bewohner der Häuser an denen er vorbeikam, schlossen ihre Türen und zogen die Fensterläden zu. Grimm war gerade an einem Schmied
vorbeigegangen, als er im Schatten einer engen Gasse eine dunkle Gestalt erblickte. Sie wirbelte herum und rannte davon. Grimm wie vom Blitz getroffen hinter her. Sein Adrenalin stieg an, während er die Gasse durchhastete. Der Unbekannte rannte die Gasse entlang, sah zurück zu Grimm und ließ vor Schreck etwas fallen, blieb aber nicht stehen, um es auf zu heben. Grimm rannte dem Unbekannten weiter hinter her, bis er zwischen mehreren Gebäuden in einem kleinen Hinterhof ankam. Auf der rechten Seite stand ein Brunnen, in den er hineinsah, doch da war niemand. Er rannte weiter den Weg gerade aus, bis er am Ende der Gasse plötzlich Geschrei
vernahm. Ser Veleris war im Zweikampf mit dem Unbekannten. Grimm hastete zu den beiden, die sich auf dem Boden wälzten. Als Grimm nah genug an den beiden war, schlug Ser Veleris den Unbekannten mit der Faust ins Gesicht, das von einer Kapuze verhüllt war. Der Mann schrie auf, als er zurückschnellte und Blut auf Ser Veleris Brust tropfte. Grimm schlang seinen Arm um den Hals des Mannes und zerrte ihn von Wilhelm runter. Der Halsabschneider jedoch wehrte sich verbissen gegen den Griff von Grimm und schlug um sich. Grimm rief zu Ser Veleris, doch Plötzlich schoss ein Pfeil auf den Mann hinab und traf ihn direkt ins Herz. In Grimms
Klammergriff erschlaffte er und sank auf den Boden. »Wer war das? «, brüllte Grimm aufgebracht und sah in die Richtung, in der eine weitere Person von Dach zu Dach sprang und verschwand. Nicht nur das die Großherzogin Tod war, jetzt war auch noch der Mörder Mundtot gemacht worden. Als sich die Situation gelegt hatte, sank Grimm zu Boden, schwer atmend auf den Meuchelmörder starren. Ser Veleris setzte sich auf und klopfte sich Staub von seiner Kleidung ab. »Er hat nichts anderes als den Tod verdient. Ich finde es nur schade, dass ich den tödlichen Schlag nicht ausführen durfte. «, erwiderte Ser Veleris enttäuscht. Grimm schnaufte erschöpft.
»Ohne ihn, haben wir nichts. «, erklärte er mit einem vielsagenden Blick zu Ser Veleris gewandt, der überrascht wirkte. »Was meint ihr mit nichts. Er ist Tod. Somit haben wir den Mörder der Großherzogin seiner gerechten Strafe überführt. «, doch bei Ser Veleris Argumentation, warf Grimm schneidend, die Hand empor. »Aber kein Beweis, wer ihm den Auftrag erteilt hat und warum. «, erwiderte Grimm, wobei Ser Veleris im Worte seiner Einsicht verstummte. Nach einigen Minuten tauchte Ser Ithrill auf, der gleichgültig den Toten betrachtete. »Somit haben wir ein Rätsel mehr, dass wir zu lösen haben. «, erwiderte der Elb und half Grimm auf.
»Was für ein Rätsel meint ihr? «, fragte Ser Veleris verwirrt. Der Elb ging zum Toten, zog den Pfeil heraus und hielt ihn den beiden hin. »Das der Mörder der Großherzogin mit einem Pfeil aus dem Haus der Eule getötet wurde. Wo doch keiner aus dem genannten Haus hier ist, geschweige denn vom Mord so schnell unterrichtet werden konnte. «, erklärte Ser Ithrill unbeeindruckt. Der Pfeil den er in der Hand hielt war pechschwarz mit Einkerbungen versehen, die nur vom Haus der Eulen benutzt wurden. Ser Veleris wirkte immer noch verwirrt, doch Grimm, der den Worten des Elben aufmerksam verfolgt hatte, kam die Einsicht. »Ihr habt Recht, Cloúdran. Was
hat das mit einem Pfeil zu tun, der aus einem der großen Häuser stammte. Oder hat einer von euch die Banner der Eulen gesehen? «, erwiderte er mit einer Frage, wobei Ser Veleris noch verwirrter dreinblickte und der Elb kaum merklich, die Mundwinkel verzog und mit den Schultern zuckte. Nach einigen Minuten, nachdem sie den Toten in die Obhut von vier Stadtwachen übergeben hatte, gingen die drei wieder zurück zum großen Platz. Auf dem Weg hin, füllten sich die Straßen wieder mit Menschen, die aufgeregt miteinander tuschelten. Einige wirkten verstört, andere waren den Tränen nahe, als die drei am Platz ankamen und von weiteren Stadtwachen
in Empfang genommen wurden. »Lady Leonore wünscht euch zu sehen! «, meldete sich einer der Stadtwachen zu Wort. Er wirkte verärgert und geleitete die drei mit seinen Männern in den kleinen Stadtpalast. Die Eingangshalle war nur schwach beleuchtet vom Kronleuchter, dessen Lichter immer kleiner wurden. Während die übrigen Wachen verschwanden, blieb einer der Wächter neben ihnen stehen und sah zum Kopf der Treppe. »Wer ist Lady Leonore, wenn ich fragen darf? «, fragte Grimm vorsichtig, neben dem Wächter stehend. Dieser schenkte ihm nur einen kurzen Blick bevor er wieder zur Treppe sah. »Lady Leonore ist die Tochter der
Großherzogin Gwendolin von Klindon. Nun da ihre Mutter Tod ist, wird sie zur Großherzogin ernannt und die Stadt Klindon regieren. «, erklärte die Wache mit unbeeindruckten Zügen. Nach einigen Minuten der Stille, hörten die vier Schritte von oben. Auf der Treppe erschienen drei Frauen, die am Fuß der Treppe stehen blieben und den drei Fremden mit einem Lächeln begrüßten. Die linke Frau, in einem schwarzen Kleid gehüllt, sah alt und ausgemergelt aus. Ihr weißes Haar war leicht zerzaust und die Falten schlugen Schatten in ihrem Gesicht. Die Rechte der drei Frauen war eine sehr Junge, bildhübsche Frau, im blassblauen Kleid und
lieblichen Zügen, deren braunes Haar, lockig über ihre Schultern fielen. Und die mittlere der drei, wobei nicht nur Grimm und Ser Veleris die Münder aufstanden. Auch der Elb war von der Schönheit der jungen Frau geblendet. Ihr weißes Kleid strahlte hell, sowie das weiße Haar, dass sie erhaben wirken ließ. Ihre Haut zart rosa und die vollen Lippen in einem dunklen rot getaucht. »Darf ich euch, ihre königliche Hoheit, Prinzessin Leonore von Klindon vorstellen. «, erklärte die Wache neben Grimm. Sofort verbeugten sich Grimm und Ser Veleris, der Elb jedoch nickte nur. »Vielen Dank. Ihr müsst Ser Grimm sein. Meine Berater haben mir schon
einiges über euch erzählt, oberster der Thronwache. Und auch über euch, Ser Veleris. «, richtete die mittlere der drei Frauen, das Wort an Ser Grimm und Ser Veleris. Beide winkten ihren Einsatz bescheiden nieder und wurden rot. Dann, nachdem sich die Wache verabschiedet hatte, folgten die drei Neuankömmlinge der Prinzessin und ihren Begleiterinnen in eine kleine Halle. Auch hier war das Licht nur kümmerlich durch einige Kerzenständer auf den Tischen erhellt. Die Fenster waren mit dicken Vorhängen zugezogen. Die Prinzessin bot den dreien, Plätze auf einer Sitzbank nahe einer Fensterreihe an und setzte sich selbst in einen großen
Sessel, ihnen gegenüber. Die beiden anderen Frauen setzten sich derweil auf eine weitere Sitzbank, die zwischen der Sitzbank und dem Sessel stand. Die Atmosphäre in der kleinen Halle wirkte gespenstisch und doch gemütlich. In der Mitte der kleinen Sitzecke, stand ein kleiner Tisch, auf dem ein Kerzenständer stand und daneben ein Strauß Rosen. »Nun was führt sie eigentlich hier zu uns nach Klindon, Ser Grimm? «, fragte Prinzessin Leonore mit aufrichtigen Interesse. Grimm, der eigentlich sofort darauf geantwortet hätte, hielt inne. Irgendetwas stimmte hier nicht, dass spürte er sofort. Die Prinzessin hatte schließlich soeben ihre
Mutter verloren und dennoch wirkte sie irgendwie glücklich und zufrieden. Es herrschte regelrecht eine Art Genugtuung im Ableben ihrer Mutter. »Wenn ich euch zuvor noch eine Gegenfrage stellen dürfte? «, wobei die Prinzessin lächelnd nickte. »Warum seid ihr nicht traurig über den Verlust eurer werten Mutter? «. Ser Veleris wirkte bestürzt und zugleich empört über Grimms Taktlosigkeit, während Ser Ithrills Augen sich verengten und die Prinzessin fixierten. Die Prinzessin sah ihn an und senkte dann langsam den Kopf und den Blick nach unten auf ihre Hände, die sie auf ihren Schoss zusammenhielt. »Ich habe meine Mutter
sehr geliebt, Ser Grimm. Ihr Tod ist das schlimmste was ich in meinem Leben erfahren musste und dass sie ermordet worden ist, macht es nicht besser. «, antwortete Leonore mit zitternder Stimme. Eine Träne lief ihr über die Wange und verschwand in ihrem weißen Haar. Sie wischte sich schnell mit einem Tuch die Wange und setzte dabei wieder eine Miene voller Konzentration auf. »Aber ich habe ein Volk zu beschützen und darauf konzentriere ich mich. Trauer würde meine Mutter nicht wieder lebendig machen. Sie selbst sagte immer, dass der Tod etwas ist, dass man nicht aufhalten kann. Für jeden von uns ist das Ende vorgegeben, ob nun
natürlich oder durch Gewalt spielt letztendlich keine Rolle. Erst wenn wir Tod sind, werden wir unsterblich «. Als die Prinzessin geendet hatte, senkte sie wieder ihren Blick. Kurz darauf meldete sich die ältere der beiden im schwarzen Kleid. »Ihre königliche Hoheit, Prinzessin Leonore hat wie ihre Mutter Gwendolin ein Gelübde abgegeben. So wie es das Haus des Phönix vorschreibt. So versagt sie jedem Gefühl für Trauer über einen Verlust, um sich auf die Aufgaben als Herrscherin vorzubereiten. «, erklärte die alte Dame mit kühler Miene. »Wer seid ihr? «, fragte Grimm und sah die alte Dame mit misstrauischem Blick an. Ihm war bereits
an der Treppe aufgefallen, wie bestimmend die alte Dame war. Unabhängig vom Protokoll gesehen, dem sie und der Prinzessin Folge zu leisten hatten, wirkte sie eher wie diejenige, die im Hintergrund die Fäden zog. »Ich bin Lady Altara. Ich war die Zofe der Großherzogin und nun bin ich die Zofe ihrer königlichen Hoheit, Prinzessin Leonore. «, erwiderte sie mit einem verschmitzten Lächeln und legte dabei ihre Hände in den Schoß. Grimm sah über die Schulter zu Ser Ithrill, der ihn mit vielsagendem Blick, verriet das er genauso misstrauisch war wie er. Ser Veleris im Gegensatz, schien eher nur ein Auge auf die junge Frau neben Lady
Altara geworfen zu haben, die bis dahin schüchtern den Blick gesenkt hatte. »Wenn ich fragen darf, werte Lady. Wie ist euer Name? «, fragte Ser Veleris, als eine Pause eingetreten war. »Ich, ich bin Prinzessin Emilia von Klindon. Die jüngste der drei Geschwister. Unsere Schwester Thalia ist die Hofdame der Hochkönigin. «, erwiderte sie leicht verschreckt. Grimm war überrascht. Ser Veleris schien leicht verwirrt. Ser Ithrill jedoch wirkte angespannt. »Ich wusste ja gar nicht das Thalia noch eine kleine Schwester hat. «, erwiderte Grimm aufmerksam. Er wusste zwar das Thalia aus dem Haus des Phönix war. Lediglich vom Hörensagen, war ihm Leonores und
Gwendolins Namen ein Begriff gewesen, jedoch hatte er sie nie wirklich kennengelernt und was Emilia anging, war sie nie erwähnt worden. Nachdem eine weitere Pause eingetreten war, erwiderte Lady Altara. »Ja das stimmt. Prinzessin Thalia ist genauer gesagt die älteste der drei Töchter von Großherzogin Gwendolin von Klindon und ihren Gatten«. Nach einer weiteren Pause wollte Grimm etwas sagen, doch Ser Ithrill kam ihn überraschend zuvor. »Prinzessin Leonore. Der Pfeil mit dem eure Mutter getroffen wurde, wie sah der aus? «. Leonore sah kurz zu Lady Altara, als würde sie die alte Frau um Erlaubnis bitten, zu antworten. Doch
dann antwortete die alte Dame mit einem grimmigen Gesichtsausdruck und geballten Fäusten auf dem Schoß. »Diese Nichtsnutze aus dem Haus der Eule haben meine geliebte Herrin und die Mutter dieser zwei Waisenmädchen kaltblütig ermordet. Und ich kann mir auch schon vorstellen warum, Ser Grimm«. Grimm der alles mitangehört hatte, war überrascht, als die Dame ihn mit funkelnden Augen ansah und wütende Schimpftiraden murmelte. Grimm der dabei den Pfeil nicht vergessen hatte, den Ser Ithrill aus dem Toten gezogen hatte, konnte sich schwer vorstellen das wirklich das Haus der Eule, den Mord an einer Großherzogin
begangen haben sollte. Als oberster Thronwächter war er in diesem Fall dazu verpflichtet, den Mörder von Gwendolin von Klindon zu finden, wobei eher der Auftraggeber hier in diesem Fall interessanter war, als der Tote Bogenschütze.