»Erheben sie sich vor ihrer königlichen Majestät, Hochkönig Pyränos von Akarien, dem vereinten Königreich der Menschen, Elben und Zwergen. «, verkündete der Hofmarschall Myrm. Er stand mit stolz geschwellter Brust neben dem Thron im fast leeren Thronsaal. Die einzigen die außer ihm noch dort waren, waren die Hofdamen der Hochkönigin, der Stellvertretende oberste der Thronwache Ser Cristan von Evenos, Großherzog Melchor von Tafahl, sowie der Rat der Palantíri, der aus sieben Männern bestand. Kurz darauf erschien Pyränos in seinen edlen Gewändern,
gefolgt von seiner Frau Alexandra, die ein wunderschönes blassblaues Kleid trug. Beide stiegen die kurze Treppe zum Thron empor und nahmen ihre Plätze ein. »Lasst die Audienz beginnen! «, verkündete Pyränos mit einem Lächeln zu seiner Frau gewandt, die ihm ebenso liebevoll anlächelte. Myrm hob seinen Zeremonienstab an und stampfte drei Mal auf den Boden des Thronsaals auf. Als das Echo versiegt war, öffnete sich die große Flügeltür des Thronsaals. Von zwei Thronwachen begleitet, kamen ein Dutzend Männer und Frauen herein und schlossen sich in einem Knäuel zusammen. Zwei weitere Thronwachen
schlossen die Flügeltür, während die Thronwächter an der Spitze der Gruppe zwei Männer vor dem Thron des Hochkönigs und seiner Frau geleiteten. »Wer seid ihr und was begehrt ihr, soll ich für euch tun? «, fragte Pyränos mit höflichen Interesse. Der Linke der beiden, ein zerlumpter Mann, dreckig und ungepflegt, warf sich auf den Boden, die Hände zum Gebet erhoben. »Bitte eure Majestät. Meine Kinder leiden Hunger und dieser Mann wollte meiner Tochter die Hand abhacken, weil sie ihm ein paar Rüben gestohlen hatte.«, erklärte der Mann bettelnd. Ehe Pyränos etwas antworten konnte platzte Ser Cristan mit grimmiger Miene und der
rechten Hand am Schwertknauf vor. »Ihr habt den Hochkönig mit eure königlichen Majestät anzureden, Bettler. Stellt den Hochkönig nicht auf eine Stufe mit Balyrius II. ...«. »Genug jetzt, Ser Cristan. Lasst den Mann frei reden.«, erwiderte Pyränos gereizt. Er hasste es diesen Mann als Thronwächter einzusetzen, doch leider gab es wenige die Fähig genug waren, dem Leben als Thronwächter zu dienen. Ser Cristan stockte. Er verstummte mit gesenktem Kopf und trat beiseite. Dann betrachtete Pyränos die beiden Männer. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es schon zu solch früher Stunde solche Taten zu bekunden gäbe. Mit musternden Blick
sah er zu dem Mann hin, der dem Bettler die Hilfe versagt hatte. Dieser trug einen abgewetzten Mantel und alte Schuhe, die sonst nur die Händler aus Sturmfront trugen. »Was habt ihr zu dieser Tat zu sagen? «, fragte Pyränos den anderen, ohne die Miene zu verziehen. Er ließ sich nichts anmerken, wie sehr betroffen ihn diese Geschichte gemacht hatte. Als König musste er neutral bleiben. »Ja das Stimmt eure Majestät. Ich meine königliche Majestät. Die kleine wollte Rüben stehlen. Aber ich habe im rechten Glauben dafür gehandelt, damit meine Kinder keinen Hunger leiden müssen.«, wobei der Bettler neben ihm mit entsetztem Gesicht
sofort aufsprang und schrie. »Das ist eine Lüge. Er hat keine Familie und das kann ich beweisen, eure Majestät.« Pyränos funkelte Ser Cristan an, der beinahe wieder über den Bettler hergefallen wäre. Dann winkte er Myrm zu sich, der die beiden Männer unablässig beobachtet hatte. »Stimmt das, was der Bettler da sagt? «, fragte Pyränos nun etwas erleichtert. Wenn diese Behauptung stimmte, wusste er bereits welchen Schuldspruch er zu verkünden hatte. Myrm war kurz abgelenkt, winkte dann aber einen Hofdiener herbei, der ihm etwas ins Ohr flüsterte. Dann drehte sich Myrm zu seinem Herrn. »Es stimmt, eure
königliche Majestät. Der Mann hat keine Frau und keine Kinder. Die letzten Verwandten die er hat, leben in Dorfolin. Ich habe gehört, dass dieser Mann ein Betrüger sein soll. Er bietet gegen Goldmünzen Arznei an, die nicht hilft.«, berichtete Myrm und richtete sich wieder auf. Pyränos sah zu seiner Frau, die alles mitangehört hatte und ihr die Entscheidung ins Gesicht geschrieben stand. Er stand auf, wobei die bettelnden Laute des armen Mannes am Boden schlagartig versiegten und alle anderen erwartungsvoll ihren Hochkönig ansahen. »Ihr mein Herr, erhaltet für jedes eurer Kinder hundert Rüben, sowie eine Kuh, ein Schwein, ein
Huhn und einen Sack voll Mehl. «, verkündete Pyränos mit einem zuversichtlichen Blick an den Bettler gerichtet, der es kaum glauben konnte, was er da hörte. Kurz darauf wandte er das Wort an den Mann, der gelogen hatte. »Und ihr mein Herr. Ihr werdet beschuldigt, arme Menschen um ihr hart verdientes Gold gebracht zu haben, für Arznei die nicht hilft. Für das erste Vergehen, dem Kind nicht geholfen zu haben und es sogar bestrafen zu wollen, werden die Hundert Rüben aus eurem Besitz genommen. Desweitern, wenn sich das zweite Vergehen bewahrheiten lassen sollte, werdet ihr für Hundert Tage in den Kerker gesperrt«. Als die
beiden von den Thronwachen aus dem Thronsaal hinausgebracht wurden, traten die nächsten vor. So gingen die Stunden ins Land, während ein weiterer Betrüger in den Kerker geworfen, eine nicht gewollte Hochzeit annulliert und ein Mord bestraft wurde. Es waren jetzt nur noch zwei Personen übrig, doch plötzlich brach das Schweigen im Thronsaal, als jemand die Flügeltür zum Thronsaal aufstieß. Derjenige rannte durch die Menge der warteten und blieb schlitternd vor den Treppenstufen stehen. Es war Ser Thomas von Agalon, dem Neffen Alexandras. »Eure königliche Majestät. Verzeiht mir mein lautes eindringen und die Störung der
Audienz. Es ist etwas Schreckliches passiert.«, der Junge konnte kaum aufrecht stehen und immer wieder musste er sich auf seine Beine abstützen. Pyränos hob eine Hand, wobei Myrm mit dem Zeremonienstab wieder drei Mal aufschlug und verkündete. »Die Audienz ist für Heute zu ende. Kommt morgen wieder«. Die Thronwächter führten die übrigen Leute aus dem Thronsaal und verschlossen die Flügeltür. »Was ist passiert Thomas? «, fragte Alexandra leicht besorgt. Sie wollte aufstehen, doch Pyränos wies sie an, sitzen zu bleiben. Thomas hatte sich inzwischen ein wenig erholt. »Die Küstenstadt Allonnan wurde gestern
Abend von einer Armee angegriffen und bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Dort seht! «, erklärte Thomas aufgeregt und zeigte mit dem Finger auf eines der Thronsaalfenster. Tatsächlich konnten alle die hohen Rauchschwaden erkennen, die weit entfernt am Himmel empor waberten. »Schickt sofort Boten nach Acladon und zu unseren Provinzen Westfölderingen, Trakas, Berilín und Khan. Übermittelt was passiert ist und lasst sofort in jeder Provinz ein Heer aufstellen. Lasst sie dann in Nîrn, sowie Khaad und Bavahl stationieren. Sichert alle äußeren Dörfer und Grenzen! «, befahl Pyränos mitschneidender Stimme und stand auf. Thomas nahm Haltung an,
verbeugte sich und verschwand augenblicklich aus dem Thronsaal. Die übrigen Männer und Frauen, die den Bericht von Thomas mitangehört hatten tuschelten aufgeregt miteinander, bis Myrm zur Ordnung im Thronsaal rief. »Großherzog Melchor von Tafahl. Was haltet ihr von diesem Vorfall? «, fragte Pyränos, das Wort an einen der Männer gerichtet, die am Fenster standen und sich die Rauchschwaden ansahen. Melchor, der sich als erster umdrehte, war groß und dürr. Er trug einen dunkelbraunen Mantel über seiner Brokatweste und sein langes schwarzes Haar war ungepflegt. »Ich kann es nicht beschreiben eure königliche Majestät.
Selbstverständlich werde ich euch so gut es geht unterstützen, dem Ursprung auf dem Grund zu gehen. Meine Männer stehen euch zur Verfügung. Das Haus Mondschild wird seinen Lehnseid pflichtbewusst ausführen. «, antwortete Melchor mit ruhiger Miene. Als Pyränos ein Handzeichen gab, verneigte auch er sich und verschwand mit schnellen Schritten aus dem Thronsaal. Dann trat ein anderer der Männer vor, der dem Rat der Palantíri angehörte. Pyränos erkannte ihn an seinem schwarzen Mantel und dem hohen Kragen. »Eure königliche Majestät. Solch ein Akt der Grausamkeit in eurem Land darf nicht geduldet werden. Was habt ihr vor,
abgesehen davon die Grenzen zu sichern? «. Pyränos setzte sich und musterte den Mann eindringlich. »Palantíri, ihr seid Hevis nicht wahr? «, fragte Pyränos skeptisch, wobei der Mann nickte und sich verbeugte. »Ich werde überhaupt nichts von alle dem was passiert ist dulden. Ich will, dass diejenigen gefunden und öffentlich hingerichtet werden. «, erwiderte Pyränos barsch. Er sah dann zu seiner Frau, die leicht besorgt dreinblickte. »Alles wird gut, meine Liebe. «, sagte er mit einfühlsamer Miene und legte seine Hand auf ihre. Dann stand er auf, sah zu seiner Frau die dann ebenfalls aufstand und beide den Thronsaal
verließen. Die Fürsten wurden von ihren Leibwächtern aus dem Thronsaal geführt, während die Hofdamen ihrer Hochkönigin folgten. Nur Myrm, stand noch einen Augenblick vor den Flügeltüren des Thronsaals und sah den anderen nach, bis auch er zu seinen Pflichten zurückkehrte.