Challenge Nr. 10
EllaWolke warf uns die nachfolgenden Geschichten-Vorgaben für das Challenge Nr. 10 in den Ring. Und nannte sie
Morbide Gedanken
"Arvin saß am PC. Seit Tagen brodelte es in ihm und er suchte einen Weg, wie er dieses Gefühl bändigen konnte.
Die vertrackte Situation nahm immer mehr zu. Auf seiner Lieblingsseite im Forum hatte sich ein Troll fest gebissen. Der untergrub mit seinen scharfzüngigen, niederträchtigen Bemerkungen immer wieder den bisher
so guten Umgangston. Manche der Forenmitglieder fielen auf ihn herein. Ließen sich anstiften und traten in seine Fußstapfen. Andere dagegen gaben auf und ließen sich nicht mehr sehen. Jerik, der Troll, hatte es geschafft, sie mit seinen Machenschaften zu vertreiben.
Nichts fiel Arvin ein. Gern hätte er etwas zu diesem ungebührlichen Treiben des Trolls geschrieben, doch zu viele waren schon aufgehetzt. Hatten sich Jerik angeschlossen.
Im Radio lief ein Krimihörspiel und so kam er auf den Gedanken, ?wie wird man einen unliebsamen Menschen los??
Arvin geriet ins Träumen.
Zuerst war da die Idee, denjenigen im Nil zu ertränken.
Ein guter Gedanke, aber nur solange bis Arvin ins Bewusstsein kam, dass Wasserleichen in den wenigsten Fällen für immer unter Wasser bleiben.
Wasserleichen sind aufgedunsen, wirken bleich und kalt.
Nein, also das war keine Möglichkeit Jerik loszuwerden. Diesen Anblick wollte Arvin sich ersparen.
Was gab es noch?
Ein Bad in Salzsäure, doch das stank und war für seinen sehr empfindlichen Geruchssinn, den er als Parfumdesigner
noch brauchte, mehr als schädlich. Und hinzu kam ja noch der Geruch von Selbstüberschätzung und Eigenlob des Trolls. Keine gute Mischung. Also, fiel das auch aus.
Hmm, man könnte eine Reise in die Wüste unternehmen.
Im feinen roten Sand der Kalahari ersticken und verbuddeln.
Die Idee nahm Gestalt an, verbunden mit einer Reise ans Okavangodelta war es sicher ein Vergnügen. Was machte es schon aus als Mörder durchs Leben zu gehen, niemand würde die Leiche im Sand finden.Jedoch?! Was passierte wenn die Wüstenwinde die Leiche frei
wehen? Also auch keine Lösung für die Ewigkeit.
Kälte ist gut, sie konserviert.
Also könnte man ja statt der Wüstenreise, eine Reise an den Nordpol buchen. Arvin wollte schon lange einmal die dichten Eismassen im Arktischen Ozean sehen.
Träumend zog Arvin mit den Bären durchs Eis, sah Eisbärenmütter ihrem Nachwuchs das Jagen von Nahrung beibringen und verlor sich in dem Gedanken des Loswerdens.
Doch beim Träumen blieb es nicht, die Realität holte Arvin ein. Im Radio hatte
das Hörspiel sein Ende gefunden und gerade wurde ein Bericht über den Klimawandel gesendet.
Also war seine Idee wieder nichts, denn irgendwann würden die schmelzenden Eisberge die Leiche freigeben.
So blieb noch ein Vulkan.
Heiß. Heißer? Hitze.
So heiß wie die Gedanken die in Arvin seit Tagen am kochen waren.
Das war es, wer so heiße Gedanken verursacht, sollte mit Hitze bestraft und entsorgt werden.
Er verlor sich in seinen Gedanken. Wollte schon die Seite öffnen, auf der man Hubschrauber buchen
kann.....
Doch!
Mord wird nie eine Lösung sein! Sein Entschluss ging in eine andere Richtung.
Arvin wird sich aus der Masse heben, wird aus der Reihe schlagen, wird den Mund aufmachen.
Wird das Unliebsame zur Sprache bringen, vielleicht ändert sich ja etwas."
Lest, wie meine Geschichte um Arvin und Jerik sich entwickelt. Viel Freude.
Der Liebesgruss
Es war Montagabend.
Armin Vintage hängte seine Jacke an die Garderobe und warf seine Schuhe ins Schuhregal. Seine Mutter war nicht zu Hause. Er hatte Glück. So gab es kein Gemeckertes, dass er erst jetzt nach Hause kam. Der Blick auf die Küchenuhr verriet ihm, es war kurz vor Mitternacht. Mutter war also schon eine Weile in der Nachtschicht. Er las den Zettel auf dem Küchentisch: „Wo warst Du! Essen in der Mikrowelle.“ Hatte sie ihm vor der Nachtschicht noch Essen bereit gestellt. Doch auch Unmut verspürte er.
„Oh, Mann, Mutter, ich bin fast 22. Kann ich nicht mal ein bissel Spaß haben, mein Leben leben?“, brummte er vor sich hin.
Es wurde Zeit, dass er sich eine eigene Bude besorgte, auch wenn es bequem war, als Student im Hotel Mama zu wohnen. Auch wegen Jenny, der passte es nicht, hier zu übernachten, wenn Mutter da war und sie beäugte. Mütter sind manchmal anstrengend. Er drückte auf den Knopf der Mikrowelle, nahm nach drei Minuten den dampfenden Teller Spaghetti Bolognese mit dem Geschirrtuch aus der Mikrowelle und verbrannte sich dennoch fast die Finger. „Mist, jetzt ist auch noch das
Geschirrtuch voller Tomatensoße!“, fluchte er, als er den Teller in seinem Zimmer neben dem PC abstellte.
Er warf den PC an und öffnete das Fenster, frische Luft strömte in das verqualmte Zimmer des jungen Mannes. Während der PC hochfuhr, schaufelte er hungrig die Spaghetti in sich hinein. Mal wieder lecker, stellte er fest, stellte den leeren Teller zu Seite und öffnete die Seiten seiner Lieblingsforen.
„Gestern sah es noch anders aus, lieber Jerik“, dachte er zufrieden. Er erinnerte sich, wie er in den vergangenen Tagen auf allen Foren, die er gerne besuchte und deren Admin er
war, auf diesen Forentroll Jerik traf. Der ärgerte ihn auf allen seinen Lieblingsforen, vor allem in der Ungarncommunity, wo der Troll als Provokateur und Besserwisser auftrumpfte.
Es machte ihm keine Freude mehr. Eigentlich verbrachte Armin die freie Zeit bis in die Nacht hinein vorm Bildschirm; chattete, surfte und war mit seinen Forenfreunden unterwegs. Bis auf den Sonnabend, den hatte er für Jenny, seine Freundin, reserviert.
„Naja ein Tag in der Woche ist doch in Ordnung,“ dachte er. Immerhin waren sie schon zwei Jahre zusammen. Aber neuerdings hatte ihr der Sonnabend nicht
mehr genügt und sie wollte mehr mit ihm gemeinsam machen in der Woche nach den Seminaren. Hatte sie keine Freundin oder Hobbys? Radausflüge und Schwimmen gehen! Und wer sollte seine Foren betreuen? Da wurde er gebraucht. Manchmal waren Frauen anstrengend.
Genau wie dieser Forentroll. Der untergrub mit seinen scharfzüngigen, niederträchtigen Bemerkungen immer wieder den bisher so guten Umgangston im Forum und griff ihn persönlich an. Manche der Forenmitglieder fielen auf ihn herein. Ließen sich anstiften und traten in seine Fußstapfen. Immer ging es ihm um Freiheit. Er nannte sie Junkies, die kein eigenes Leben hatten.
Sie würden ein fremdbestimmtes Leben führen, während draußen das wahre Leben war und die Abenteuer auf sie warteten. So ein Quatsch aber auch. Genau über die Welt unterhielten sie sich ja, analysierten und tauschten sich aus. Doch leider, einige seiner Onlinefreunde verschwanden bald und ließen sich nicht mehr im Forum sehen. Jerik, der Troll, hatte es geschafft, sie mit seinen Machenschaften zu vertreiben.
Doch nun hatte er, Armin, Gegenmaßnahmen ergriffen und in seinen Foren das Profil des Trolls auf eine Schleife gelegt. Nun würde der Störenfried nur noch bei seinen eigenen
Kommentaren landen und nicht mehr ins Forum gelangen. Armin lachte laut auf, nahm einen Schluck Bier aus der Flasche, die er sich aus der Küche geholt hatte, und stellte sich das dumme Gesicht des Trolls vor, wenn der das entdeckte. Er wusste, dass diese Maßnahme hart an der Grenze des Erlaubten war, aber als Administrator und Informatikstudent hatte er einige Möglichkeiten.
Armin loggte sich mit seinem Avatar Arvin ein. Und dann stutzte er.
In seinem ersten Forum kam er nicht weiter als bis auf die Homepage. Dort stand ein großes Baustellenschild mit dem Text: Wegen Wartungsarbeiten nur
Dienstag und Donnerstag geöffnet. Im Auftrag des Admin und war unterschrieben mit einem großen J.
„Was war das!“, Armin fühlte einen Stich im Magen. Nur er konnte so ein Schild stellen. Er ging ins nächste Forum. Wieder so ein Schild doch diesmal stand da, das Forum wäre am Montag, Freitag und Sonntag geschlossen.
Nun loggte sich Arvin noch in seiner Ungarncommunity ein. Was er schon befürchtet hatte, trat auch hier ein. Wieder das Baustellenschild. Diesmal war der Sonnabend, der Mittwoch und Donnerstag geschlossen. Wieder hatte J. für den Admin unterschrieben. Was
war geschehen? Was lief da gerade gegen ihn? Armin angelte nach dem Handy und rief seinen Forenfreund und Studienkumpel Louis an, mit dem er bis vorhin auf ein Bier zusammengesessen hatte und sich dann für Wartungsarbeiten mit ihm online verabredet hatte: „Mensch Armin, ich warte auf Dich, wo bleibst Du denn?“, fragte ihn Louis gleich etwas ungehalten.
„Ich komme nicht in die Foren rein, ich dachte, du hast sie „Under Construction“ gestellt. Es sind auf allen drei Foren Baustellenschilder.“
„Quatsch, ich bin doch drin, habe gerade mit diesem Jerik gechattet. Der
hat sich entschuldigt für den Stress den er gemacht hat und er hat gemeint, es käme nicht wieder vor.“
„Ich habe ihn doch ausgesperrt und auf Schleife gelegt, wie kann er im Forum sein?“, Armin reagierte entsetzt.
„Das weiß ich nicht, er hat auch nichts darüber gesagt, dass er ausgesperrt gewesen wäre. Bist du sicher?“
Armin reagierte empört: „Ich habe es doch vorhin an der Uni im Informatiklabor nochmal überprüft, bevor wir uns getroffen haben. Dann bin ich noch in den Foren gewesen und er nicht.“
„Pass auf, Armin, ich gucke mal rein und versuche, dich wieder frei zu
schalten. Mal schauen, was da los ist. Das dauert ein bissel. Trink noch ein Bier und geh schlafen, würde ich sagen. Du solltest morgen für die Klausur fit sein. Wir sprechen uns morgen.“
„Danke, Louis, bis morgen.“ Armin war am Boden zerstört. Er war der beste Programmiere und ein gewiefter Hacker. Und dieser Jerik hatte ihn wohl ausgetrickst und vorgeführt. „Verdammt!“, Armin schlug mit der Faust auf die Tastatur, die der nackten Gewalt nicht gewachsen war und ihr Leben aushauchte. Armin holte sich noch ein Bier aus der Küche und stellte den Wecker.
"Nun ist auch egal“, murmelte er, lehrte
die Flasche Bier zügig, machte das Licht aus und war bald danach eingeschlafen.
Wilde Träume waberten durch seinen Schlaf, die alle mit J. und Jerik zu tun hatten. Irgendwann wechselten seine Träume, Jenny mit ihren blauen Augen tauchte zwischendurch in seinem Traum auf. Und auch die einzige Ansichtskarte die Jenny ihm vor zwei Jahren geschrieben hatte, als sie beide frisch verliebt jedoch für einen Monat getrennt waren, weil Jenny ihr Praktikum bei einer Softwarefirma in London machte, während er in München bei Siemens sein Praktikum absolvierte. Die Unterschrift lautete: „In Liebe und voller Sehnsucht, Deine J. Erik.“
Armin erwachte schlagartig aus dem Traum und schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf.
Er nahm sein Handy und tippte die SMS an die vorprogrammierte Nummer:
„In Liebe und voller Sehnsucht, Dein Ar. Vin.“ und drückte auf senden. Dann sank er in einen erholsamen Schlaf.