Ein selbstbestimmte leben
Jetzt lag sie also da, hinter ihrem Stammclub und konnte sich nicht bewegen. Sie hätte nie gedacht, dass sie einmal so enden würde, sie hatte doch nur so leben wollen, wie sie es für richtig hielt. Ihre Eltern hatten sie darin nie unterstützt, deshalb war sie ja dann mit 14 auch ausgezogen. Es war der einzig mögliche Schritt für sie gewesen, die Eltern hatten doch immer nur versucht sie herumzukommandieren, hatten ihr alle Freiheit genommen und sie nie selbst entscheiden lassen. Das war bei ihren Freunden ganz anders gewesen. Deren Eltern waren nie zu Hause
gewesen und hatten einfach immer wieder teure Geschenke gemacht. So wurde jeden Tag eine Hausparty veranstaltet und in die Schule ging keiner von ihnen mehr. Eines Tages hatte einer von ihnen begonnen, diese coolen kleinen Kügelchen mitzubringen, die ihnen seither immer wieder die besten Partys beschert hatten. Immer häufiger waren sie über die Hintereingänge in die coolsten Clubs der Stadt gelangt. Mit 18 hatten sie eine solche Routine gehabt in Clubs hineinzukommen, dass sie sich gar nicht mehr angewöhnt hatten, den Vordereingang zu nutzen. Mit der Zeit hatten sie und ihre Freunde immer stärkere Mittel gebraucht, um einen Kick
zu spüren.
Jetzt erst, wo sie so unbeweglich in der Gosse lag, wurde ihr klar, dass sie vielleicht doch nicht immer richtig entschieden hatte. Aber wenigstens hatte sie Spaß gehabt! Das war doch immer ihr Ziel gewesen. Sie hatte sich immer gesagt, die Zukunft kommt noch früh genug, warum mich also jetzt darum kümmern? Erst einmal Spaß haben, danach kann ich noch so seriös werden wie es alle von mir verlangen. Das würde aber nun wahrscheinlich nichts mehr werden. Sie würde jetzt und hier sterben und keine Zukunft mehr haben. Sie würde niemals Kinder bekommen, geschweige denn eine Person finden, mit
der sie ein gemeinsames Leben gestalten könnte. All diese Träume, die sie doch als kleines Kind noch gehabt hatte, würden nie in Erfüllung gehen, weil sie als 14-jährige nicht auf sich geachtet hatte, die Eltern im Stich und die Schule sausen gelassen hatte. Damals hatte sie gedacht, ihre Freunde seien das Wichtigste auf der Welt und würden immer zu ihr halten. Aber wo waren sie jetzt, diese Freunde? Jetzt, wo sie sie doch so sehr brauchte… Sie würde alleine sein wenn sie starb und ihre sogenannten Freunde würden wahrscheinlich nicht einmal zu ihrer Beerdigung kommen. Zu Lonnys Beerdigung war ja auch keiner von ihnen
gewesen…
Jetzt wurde sie wütend auf sich selbst und obwohl sie ihren Körper wegen der ganzen Medikamente schon lange nicht mehr spürte, merkte sie, wie langsam Tränen aus ihren Augen flossen. Das wars also, so fühlte es sich an, alleine zu sterben. Ihr Atem wurde immer flacher, sie merkte wie sie immer leichter wurde, bald würde sie ganz verschwunden sein. Dann gingen ihre Augen zu und ihr Gehirn hörte auf zu arbeiten…
Dann trat der Barkeeper in den Innenhof, vielleicht würde sie diesmal Glück haben…