Lausebengel
Schockschwerenot!
Wo ist mein Heuschnupfenmittel?
Eben noch mopsfidel beginnt nun meine Nase zu triefen. Ja, der Rotwein! Ich hätte ihn nicht trinken sollen. In meiner Hand rolle ich den kleinen Blauen aufgeregt hin und her. Eigentlich ist er schön glatt und inzwischen beruhigend warm. Doch jetzt hilft er mir nun auch nicht mehr. Die Nase läuft und mein Kopf
quillt zu! Dabei wollte ich doch mit dem Jungen Tacheles reden. Dieser kleine Pottenbuckler, den ich unter meine
Fittiche genommen habe. Nur Mist macht er! Gegen sein Benehmen bin ich machtlos – da hilft auch der Lapislazuli nichts. Aber wart´s nur ab, Bursche! Am Ende der Schlacht werden die Toten gezählt! Bei diesem Vergleich muss ich nun doch grinsen und ein bisschen entflieht mir die nötige Spannung. Wollte ich doch richtig böse mit ihm sein. Ich stecke den Stein zurück in die Hosentasche und quäle mich unter die Tischreihen. Irgendwo müssen meine
verdammten Pillen doch hingefallen sein! In dieser Kaschemme ist aber auch kein vernünftiges Licht. Hier unter
den Tischen sehe ich fast gar nichts! Beim sechsten Nieser in Folge haue ich mir auch noch die Plautze ein. Eilig rappele ich mich hoch, versuche mit dem kurzen Ärmel meine Nase sauberzureiben. Ich weiß, dass ist nicht die feine Art, doch das einzige Taschentuch ist inzwischen völlig durchnässt. Meine Innenwände jucken vom Rachen bis zur Schädeldecke und das Naselaufen will nicht nachlassen. Ich flitze hektisch zwischen den
Bankreihen lang und suche, so gut es mir bei diesem Schummerlicht möglich ist, den Boden nach den Pillen ab.
Kurz fällt ein Lichtstrahl in den Raum. Ich sehe auf. „Aha. Da kommt ja mein Rumtreiber“, bemerke ich. Steffen, mein Pflegejunge, lächelt mich strahlend an. „Ja, und sieh nur, was ich vor der Tür gefunden habe. Die sind doch von dir, oder.“ Er hält mir das handgenähte Mäppchen mit dem Antiallergikum hin. Ich schnappe danach. Er sieht mir aufmerksam ins Gesicht. „Es geht dir nicht gut! Warte, ich hole dir schnell ein Wasser.“ Dieser Wicht! Er besitzt die
Gabe. Er hat das Lächeln eines Engels und nimmt mir, so, als wäre nichts gewesen, den Wind aus den Segeln.
„Wir müssen über dein Schuleschwänzen reden!“ „Trink erstmal einen Schluck“, meint er und drückt mir zwei kleine weiße Pillen aus dem Briefchen. Ich missbrauche den zweiten Ärmel und weiß überhaupt nicht mehr, wie ich nun schimpfen soll. Die paar verschlonzten Stunden kommen mir plötzlich nicht mehr so schlimm vor. Der Lapislazuli wandert erneut in meine Hand. Kurz denke ich über die Wirkung dieses Steines nach. „Weißt du, ich bin
verantwortlich dafür, dass du zur Schule gehst“, ist alles was ich herausbringe. Eigentlich ist er ein wirklich guter Junge und ein Meister darin, mich um seinen kleinen Finger zu wickeln.
Ende