Kurzgeschichte
Abschiednehmen

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"Abschiednehmen"
Veröffentlicht am 14. Juni 2016, 8 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Ich bin Hausfrau und Mutter von 3 erwachsenen Kindern sowie Oma von 6 herrlichen Enkelkindern. Seit unendlichen Jahren (von Kind an , mit Unterbrechungen) schreibe ich Gedichte und kleine Geschichten, meist entstehen diese aus Situationen heraus, Geschehnisse , die ich erlebe, die ich erzählt bekomme. Nicht alles hat mit mir direkt zu tun , ich bin ein sehr mitfühlender Mensch und so entstehen meine kleinen Schreibereien aus "Gelebtem - ...
Abschiednehmen

Abschiednehmen

Wind bläst mit voller Kraft über den Friedhof und wirbelt kleine Äste durch die Luft.

Die Sonne versucht immer wieder hinter den Wolken hervorzuschauen, manchmal gelingt ihr das sogar. Aber wärmen kann sie nicht, nur etwas Licht kann sie bringen.

Der alte Mann sitzt einsam in der ersten Reihe, seine linke Hand hält einen Gehstock, die rechte umklammert drei rote Rosen. Sein Blick ist auf den aufgebahrten Sarg gerichtet, rote Rosen und Gerbera bedecken ihn wie ein Wasserfall. Daneben ein Kranz, ebenfalls mit den Blumen geschmückt,

rot wie Blut, In Dankbarkeit Dein Mann

Gedankenfetzen wirbeln im Kopf des Mannes, wie die Ästchen die draussen über die Gräber tanzen.

48 Jahre hat er mit seiner Frau verbracht, schlechte Tage, auch gute Augenblicke. Gemeinsam haben sie vor 14 Jahren ihren Sohn zu Grabe getragen, gemeinsam hatten sie ihn 32 Jahre lang gepflegt. Behindert war der Junge, durch einen Fehler während der Geburt, damit hat er sich abgefunden. Damals, zusammen mit seiner Frau, hat er es geschafft nicht zu verzweifeln. Zu zweit standen sie am Grab, begleitet von Verwandten und Freunden die ihnen

beistanden. Immer seltener kamen sie , immer weniger hörten die beiden Trauernden etwas von denen die ihr Beileid bekundet haben.

Jetzt begleitet niemand der Familie den alten Mann. Allein sitzt er dort in der ersten Reihe, danach zwei leere Reihen wo die Verwandten sitzen sollten. Niemand von ihnen ist erschienen.

Nachbarn und Bekannte haben im hinteren Teil der kleinen Kapelle Platz genommen. Jedesmal wenn die Tür geöffnet wird dreht sich der alte Mann um, möchte sehen wer eingetreten ist.

Die Trauerfeier beginnt , und immer noch sind die Plätze um ihn herum leer.

Er legt die Blumen auf den Platz neben sich und sucht in seiner Jackentasche nach einem Taschentuch, wischt sich , verlegen um sich schauend, die Tränen aus dem Gesicht und schnäuzt sich geräuschvoll die Nase.

Der letzte Weg schließt sich an die Predigt an, alleine geht er schwankend und zitternd hinter dem Sarg her, es folgt mit Abstand der Rest der Trauergemeinde.

Vaterunser.................als das verklungen ist wirft er die Rosen in das offene Grab und stellt sich ein Stück

entfernt daneben.

Jeder nimmt nun Abschied von seiner Frau, ein Händedruck für ihn, ein tröstendes Wort, das kommt nicht von jedem. Die meisten gehen in entgegengesetzter Richtung davon.

Er irrt über den Friedhof, alleine, einsam. Am Grab seines Sohne stehen zwei Frauen , zu denen sagt er: Hier liegt unser Thomas." Wieder kämpft er mit den Tränen und will sie nicht zulassen, dreht sich um und geht zurück zum offenen Grab seiner Frau.

Die beiden Frauen schauen sich an und haben beide denselben Gedanken, sie

nehmen den alten Mann mit nach Hause, kochen Kaffee, holen Kuchen. Sein Anblick wie er da so allein gesessen hat, hat bei den zweien schon in der Kapelle die Tränen fließen lassen. Jetzt können sie nicht anders als sich ein wenig um ihn zu kümmern.

Dankbar geht er mit und wird während des Kaffeetrinkens ruhiger. Erzählt . Vielleicht freut er sich sogar, dass sich jemand seiner angenommen hat . Zeigen kann er es nicht.

Er ist ein alter Mann , er kann nicht verstehen dass sein Sohn vor ihm gegangen ist, dass seine Frau die doch um einige Jahre jünger war als er vor

ihm gestorben ist, jetzt ist er allein .

Nach Hause fährt er , dort wartet noch sein 17 Jahre alter Hund auf ihn.

Wann wird der ihn auch allein lassen?

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Hörbuch

Über den Autor

Soraya55
Ich bin Hausfrau und Mutter von 3 erwachsenen Kindern sowie Oma von 6 herrlichen Enkelkindern.
Seit unendlichen Jahren (von Kind an , mit Unterbrechungen) schreibe ich Gedichte und kleine Geschichten, meist entstehen diese aus Situationen heraus, Geschehnisse , die ich erlebe, die ich erzählt bekomme. Nicht alles hat mit mir direkt zu tun , ich bin ein sehr mitfühlender Mensch und so entstehen meine kleinen Schreibereien aus "Gelebtem - Gefühltem - Geträumtem" .
Ausser Schreiben liebe ich Arbeiten, die ich mit meinen eigenen Händen fertige, das können Dinge sein die ich Nähe, Stricke, Häkel, Sticke , aus Holz fertige oder anderen Materialen. Manchmal haben meine Tage nicht genug Stunden um alles zu tun was ich gerne möchte - dann muss ich lernen geduldiger zu sein ;o)
Ich bin nicht perfekt , aber ich mache alles mit Hingabe und Freude.
Vielleicht gefällt euch einiges von dem was ich hier hinterlasse - gute Unterhaltung!

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CHM3663 Es gelingt sehr selten, daß eine Geschichte unendlich traurig und gleichzeitig so wunderschön ist. Du hast genau das erreicht und mich zu Tränen gerührt.
Hoffen wir, daß auch auf diesen einsamen alten Mann noch Wärme und Menschlichkeit wartet!
GLG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
Soraya55 Danke dir, liebe Chrissie, der alte Mann ist inzwischen verstorben. Ich habe ihn noch einige Male besucht, er war verwirrt und hat mich nicht mehr erkannt.....................dann kam er in ein Heim , weit entfernt von hier(nehme an dass das seine Nichten und Neffen ausgesucht hatten), vor ca 1 Jahr ist er dort verstorben.
Vor langer Zeit - Antworten
CHM3663 Wie traurig!
Aber ich bin sicher, daß ihm Deine Besuche gut getan haben - egal, ob er Dich noch erkennen konnte oder nicht. Manchmal reicht es schon, wenn nur irgendjemand da ist und mit einem spricht.
Schön, daß Du Dich um Menschen wie ihn kümmerst!
GLG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
Soraya55 Ja sehr traurig, momentan schenke ich von meiner Zeit einer älteren Dame, die sich immer freut wenn ich sie besuche. Manchmal frage ich mich, ob ich auch mal jemanden haben werde, der mir mal die Tage etwas verkürzt......................
Vor langer Zeit - Antworten
CHM3663 Lieb von Dir!
Ich habe auch über eine lange Zeit bis zu ihrem Tod eine einsame alte Dame im Pflegheim besucht, die man mit wenigen Worten und ab und zu mit einem Eis sehr glücklich machen konnte. Wenn wir das einfach alle tun würden, dürfte doch eigentlich niemand irgendwann ganz allein bleiben... Ein schöner Gedanke!
Auf jeden Fall wünsche ich Dir von Herzen, daß Du immer jemanden haben wirst, der Dich zum Lächeln bringt!
GLG, Chrissie
Vor langer Zeit - Antworten
Soraya55 Da hast du recht ! Es müsste niemand ganz allein bleiben. Leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Oft kümmern sich Fremde mehr als die eigene Familie...........
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Eine traurige Geschichte, aber sehr ehrlich! So ist das Leben manchmal ...
LG fleur
Vor langer Zeit - Antworten
Soraya55 Ja, leider............................
Vor langer Zeit - Antworten
tooshytowrite Schade durfte der Hund nicht mit zur Beerdigung...
LG
tooshy
Vor langer Zeit - Antworten
Soraya55 Nun, der Mann lebte alleine, keiner kümmerte sich um ihn und ich denke, er hat nicht dran gedacht den Hund mitzunehmen. Der war übrigens ein sehr lieber Hund und konnte schonmal eine Weile alleine bleiben.
Vor langer Zeit - Antworten
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