ARME RITTER
Dort lag er nun vor ihm, in all seiner Pracht,
die goldenen Schuppen sacht im dämmrigen Licht der Höhle funkelnd, der Drache, der ihm zu ewigem Ruhm und Ehre verhelfen würde, wenn er erst seinen Kopf dem König darbot. Er klappte das Visier an seinem Helm herunter und atmete noch ein letztes Mal tief ein, bevor er das Schwert aus der Scheide zog und sich mit sachten Schritten dem schlafenden Ungetüm näherte - nur knapp eine Armeslänge hielt die Schneide seiner Klinge noch davon ab, endlich das heiße Blut des Drachens zu schmecken, als plötzlich ein schrumpeliger Alter Mann in einem Gewand aus trockenem Laub und einem Bart, der
beinahe so lang war wie er hoch, mit erhobenen Händen zwischen ihn und seine Beute sprang.
„Haltet ein, Herr Ritter - dieses Getier steht unter Naturschutz und darf nicht von euch geschlagen werden!“, schrie er und weckte so den Drachen.
Die Klinge des Ritters würde nun nie wieder die Gelegenheit dazu haben, das Blut einer wahren Bestie zu schmecken, denn nachdem sich der Drache die Reste von gegrilltem Edelmann und dem Druiden mit seiner Spitze aus den Zähnen gepuhlt hatte, warf er es achtlos auf den bereits mannshohen Berg mit all den anderen herrenlosen Waffen.
TAG 43, 13.Juni 2016