Kurzgeschichte
Mein Job

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"Kein angesehener Beruf, aber er finanzierte das Studium und unterstützte die Eltern"
Veröffentlicht am 31. Mai 2016, 16 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Kein angesehener Beruf, aber er finanzierte das Studium und unterstützte die Eltern

Mein Job

Titel

Wie herablassend manche Menschen sein können. Natürlich bin ich nicht stolz darauf, was ich tue. Oft ekle ich mich auch dafür. Aber ich krieg schönes Geld. Nur deswegen gehe ich dieser Beschäftigung nach. Angefangen hatte ich vor einigen Jahren, als Studentin. Zuerst landete ich, durch eine Freundin, bei einer Begleitagentur. „Da verdienst gutes Geld.“, hatte sie gesagt. Und das hatte ich bitter nötig, um mein Studium finanzieren zu können. Meine Eltern hatten es nicht so dicke. Mit jedem Monat reichte das Geld immer weniger,

weshalb ich als Teenager Zeitungen austrug und Altpapier zum Wertstoffhof brachte. Damit unterstützte ich ein wenig meine Eltern. Es ist ja nicht so, das sie den lieben langen Tag zu Hause herumsitzen und nichts tun. Beide sind Werktätige. Aber ihre Löhne sind miserabel. Leider ist es schon damals so gewesen, das man nehmen musste, was man kriegte. Als sie gelernt hatten, gab es die DDR noch. Kurz nach dem Mauerfall verloren sie ihre Arbeit. Nur wenig später gab es ihre erlernten Berufe nicht mehr, weshalb sie nur als Helfer tätig sind. Trotz des geringen Budgets, hatte ich eine tolle Kindheit. Zwar konnten wir nie

in Urlaub fahren, aber das hatte mich nie gestört. Wir waren oft im Park und machten ausgedehnte Spaziergänge. Manchmal liehen wir uns die Räder von unseren Nachbarn, denen es auch nicht wirklich besser ging, als uns. Meine Eltern haben mir sehr viel beigebracht. Stets versucht, mir alles zu ermöglichen. Und sie gaben mir das allerwichtigste auf der Welt: Liebe. Dadurch bekam ich nur am Rande mit, das wir arm waren. Bei der Begleitagentur ging ich nicht nur mit Männern auf Empfänge, in Restaurants und ähnlichem. Also, am Anfang schon. Zumindest die ersten paar Wochen. Beim Einstellungsgespräch

wurde ich schon darauf hingewiesen, das manche Männer noch aufs Hotelzimmer begleitet werden wollen. Das dies aber kein Zwang ist und ich dafür extra entlohnt werde. Damals war es mir zuwider. Ich konnte mir nicht vorstellen, mit irgendeinem fremden Mann ins Bett zu steigen, um mit ihm... Das änderte sich, als er in mein Leben trat. Ein hochgewachsener, intelligenter, gutaussehender Mann. Er traf voll meinen Männergeschmack. Äußerst gepflegte Erscheinung, rasiert und nur ein Hauch Deodorant. Dieser Mann schaffte es, mich ins Bett zu kriegen. Dafür brauchte er nicht viel. Nur einen intensiven Blick, ein charmantes Lächeln

und schon war ich ihm verfallen. Wir hatten traumhaften Sex. Er war sehr zärtlich und liebevoll. Kein Rüpel, wie manch einer. Es war, als wären wir ein Paar, das sich sehr liebt. Und mit dem Morgen, kam der Abschied. Ein sehr langer Abschied. Wir küssten und leidenschaftlich. Wären beinahe wieder im Bett gelandet. Aber da sein Taxi wartete... Ohne, das ich es bemerkte, hatte er mir einen Scheck in meinen Slip gesteckt. Wie gesagt, er war sehr zärtlich. Noch heute bekomme ich eine angenehme Gänsehaut, wenn ich an seine Berührungen denke. Schade, das es bei der einen Nacht geblieben ist. Gerne

hätte ich mehr gehabt. Und nicht, weil der Scheck großzügig ausgefallen war. Der Mann war einfach nur ein Traum. Deshalb. Einen Teil, meines Einkommens, überwies ich meinen Eltern. Aus Dankbarkeit, das sie mir eine wunderschöne Kindheit geschenkt hatten, weil ich wusste, das sie mir gern mein Studium finanziert hätten und weil sie es bitter nötig hatten. Die Lebenserhaltungskosten stiegen jährlich. Teilweise stieg auch ihre Miete. Was nicht stieg, waren ihre Löhne. Die blieben Konstant. Um Lohnerhöhung wollten sie nicht betteln, da sie Angst um ihre Arbeitsplätze hatten. Eine

handvoll Mitarbeiter wurde deswegen schon entlassen. Nach meinem Traummann kamen nur noch durchschnittliche Geschäftsmänner. Teilweise hatten sie zwar auch was anziehendes an sich. Aber niemand konnte sich mit dem Einen messen. Deshalb dauerte es lange, bis ich mich bereitwillig auf ein neues Abenteuer einließ. Die Abstände, zwischen den Bettgeflüster, wurden immer geringer. Am Ende des Studiums hatte ich fast jede Woche Sex mit einem anderen. Manchmal kamen auch bekannte Kunden, die sehr zufrieden mit mir waren. Ich nannte sie Stammkunden,

weil sie so oft kamen. Nach meinem Studium fand ich keine Arbeit. Irgendwie hatte ich das falsche Fach gewählt. Dazu kam noch, das meine Noten nicht die allerbesten waren. Sie waren nur Durchschnitt. Und bei meinem Praktikum hatte ich kläglich versagt, weil ich mit meinen Gedanken stets woanders war. Kurz gesagt; ich hatte es vergeigt. Zum Teil lag es an meinem Job, mit dem ich zwar mein Studium finanzieren konnte, aber mich daran hinderte beizeiten ins Bett zu kommen, um morgens ausgeschlafen zur Vorlesung zu gehen. Nicht selten kam es vor, das ich erst morgens um vier oder fünf ins Bett kam und um acht musste

ich schon wieder aufstehen. Während der Vorlesung habe ich dann geschlafen. Oder ich habe den Wecker nicht gehört und kam viel zu spät. Da ich mit meinem Abschluss nichts anfangen konnte, blieb ich bei dem, was ich die ganze Zeit getan habe. Ging weiterhin mit Männern aus und verbrachte mit dem einen oder anderen die Nacht im Hotelzimmer. Es wurde allmählich zur Gewohnheit, das ich nach dem Galaempfang, oder wo auch immer ich hingeführt wurde, die Nacht im Hotelzimmer verbrachte. Es waren ja alles gepflegte Männer. Kein Grund sich zu ekeln. Sonst wäre ich nie und nimmer mit ihnen ins Bett

gestiegen. Meinen Eltern hatte ich nie gesagt, womit ich mein Geld verdiene. Sie hätten mich sonst dazu überredet, das ich damit aufhöre. Verständlich. Aber der Job brachte mir eine Stange Geld, womit ich meine Eltern unterstützen und selber ganz gut leben konnte. Außerdem gefiel es mir, bei großen Anlässen dabei zu sein. Dadurch lernte ich auch so manchen kleinen und großen Star kennen. Die meisten sind sehr nett. Aber manche sind echt zum Kotzen. Denen ist der Ruhm zu sehr in den Kopf gestiegen. Vor allem bei den jungen Prominenten war mir das aufgefallen. Gerade eben sind sie bekannt geworden,

traten ein, zweimal im Fernsehen auf und dachten, sie wären Superstars, die sich alles erlauben können. Wie gesagt, es waren welche dabei, die so waren. Aber glücklicherweise waren das nur Ausnahmen. Die meisten waren sehr nett. Man konnte sich ganz normal mit ihnen unterhalten. Sie boten einem fast alle das Du an. Irgendeiner, ich weiß nicht mehr wer es gewesen war, hatte zu mir gesagt, das er mich nicht duzen könne, weil er so erzogen wurde. Ich konnte das nachvollziehen. Meine Eltern haben mich auch so erzogen, weshalb es mir lange Zeit schwer fiel, so schnell Du zu Fremden zu sagen. Dann kam eine Zeit, da kam nichts

Aufregendes. Lauter untersetzte, neureiche Männer, die eigentlich nur auf das eine aus waren. Die aber nur zu uns kamen, um ihr Ansehen nicht zu verlieren. Wir waren ja keine Prostituierten, sondern Begleitservice. Die erste Zeit konnte ich sie noch abwimmeln. Ich hatte keinerlei Interesse, mit ihnen in die Federn zu steigen. Doch mit der Zeit legte ich, des Geldes wegen, meine Messlatte immer tiefer. Stieg mit ihnen ins Bett und ließ es über mich ergehen. Tat so, als würde es mir Spaß machen. Dabei dachte ich die ganze Zeit nur an das Liebe Geld, das mir winkte. Alsbald war ich ziemlich bekannt

geworden. Sehr zu meinem Verdruss. Aber es war ja meine Schuld. Schließlich hatte ich meine Schenkel gespreizt. Niemand hatte mich dazu gezwungen. Und obwohl ich eigentlich beim Begleitservice arbeite, bin ich für viele einfach nur eine Nutte. - Wenn ich ehrlich sein soll, haben sie gar nicht mal so unrecht. Am Anfang lag meine Messlatte ganz weit oben. Jetzt liegt sie knietief. Und alles nur des Geldes wegen. In der Zwischenzeit ist es bis zu meinen Eltern vorgedrungen. Sie legten aber den Mantel des Schweigens über die ganze Sache. Wofür ich ihnen sehr dankbar sind. Ich bin schon dabei, mir

was Neues zu suchen. Aber es ist nicht leicht. Was kann ich schon vorweisen? Welche Kenntnisse habe ich? Der Zahn der Zeit nagt an mir. Noch habe ich Kunden. Aber wie lange noch? Wahrscheinlich nur so lange, wie sich meine Schenkel spreizen. Ich will nicht behaupten, das ich schon alt und grau bin. Die Zwanziger Jahre habe ich aber schon hinter mir gelassen. Und nur dank meiner gesunden Ernährung, den Verzicht auf Tabak und Drogen und dem gemäßigten Genuss von alkoholischen Getränken, habe ich noch ein junges Aussehen. Ich mache mir lieber zu früh Gedanken um meine Zukunft, als zu spät. Noch

kann ich was dafür tun. Ist nur die Frage was. Das einzige, was ich wirklich gut kann, will ich nicht mehr machen. Meine Messlatte werde ich auch wieder höher stecken. Und wenn es bedeutet, das ich Kunden verliere. Lieber Kunden verlieren, als meine Würde und mein Selbstbewusstsein. Zukünftig werde ich darauf achten, mit wem ich mich abgebe und wem ich mich hingebe. Nicht, das ich eines Tages noch als billige Nutte ende. Nebenbei suche ich nach einen Job, bei dem ich 100% bekleidet bleibe.

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