Kurzgeschichte
Der Brief der Kinder - Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

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"Der Brief der Kinder - Es gibt nichts Gutes, außer man tut es"
Veröffentlicht am 25. Mai 2016, 14 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las. Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten ...
Der Brief der Kinder - Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

Der Brief der Kinder - Es gibt nichts Gutes, außer man tut es

der brief der kinder

Meine 12 jährige Tochter Lena kam neulich von der Schule nach Hause und schmiss ihre Schultasche in die Ecke. Das hatte erfahrungsgemäß nichts Gutes zu bedeuten. Sie rannte wortlos nach oben und knallte die Tür zu ihrem Zimmer zu. Nun hatte ich nach all den Jahren Erfahrung genug ab zu warten, biss sich die Wogen geglättet hatten, so zu sagen. Eine Weile später kam sie wieder runter, stellte ihre Tasche ordentlich hin und kramte einen Briefumschlag heraus. Sie

gab ihn mir mit den Worten: „Hier, von der Schule“ in die Hand. Bevor ich ihn öffnete, wollte ich von ihr wissen, um was es ging. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie irgendetwas angestellt hatte, weswegen man ihr einen Brief für mich mit gab. „Es geht um Alina“, erklärte sie. „Alina?“, fragte ich. „Ist das nicht dieses türkische Mädchen? Aber wieso kriegst du einen Brief mit, wenn sie was angestellt hat? Oder habt ihr...“ Weiter kam ich nicht, weil sie mir ins Wort fiel. „Alina hat nichts angestellt und ich auch nicht. Und sie ist keine Türkin. Niemand hat was angestellt, außer ein paar blöder

Eltern.“ Ich zog es vor, keine weiteren Nachfragen zu stellen und öffnete den Brief. Es war eine Einladung zu einem außerplanmäßigem Elternabend. „auch das noch, ich hab ja nichts Besseres zu tun,“, sagte ich mehr zu mir selber, aber Lena wurde daraufhin schon wieder wütend. „Ach ja, was Wichtigeres?“, rief sie ziemlich erbost. Beim Abendessen redeten wir dann im Kreis der Familie über die ganze Angelegenheit, wobei mir meine Tochter ein Bild zeigte, das Alina gezeichnet und es ihr geschenkt hatte. Ein typisches Kinderbild, das eine kleine Familie

zeigte, aber auch etwas, das auf keinem Kinderbild sein sollte. Zerstörte Häuser und Raketen, die über ihre Köpfe flogen. Ich sah jetzt auch keinen zwingenden Grund, weshalb Alina die Klasse verlassen sollte. Bevor ich mich am nächsten Abend auf den Weg zur Schule machte, steckte mir meine Tochter einen Brief zu. „Der ist von uns Kindern. Lies ihn bitte am Schluss vor“, sagte sie. Ich versprach, dass ich das machen würde. Die Rektorin begrüßte uns und kam auch gleich zur Sache. Ziemlich schnell bildeten sich zwei Lager, pro und anti Alina, beziehungsweise ihrer Mutter. Ulkiger weise saß die anti Alina

Fraktion rechts im Klassenzimmer und die eher toleranteren Eltern links. Ich sah mir das Ganze mittig von hinten an. Der Wortführer der rechten Fraktion war der Besitzer des Schreibwarenladens am Marktplatz. Seine Argumente galten der Verschleierung der Mutter (Wer weiß, was die noch alles zu verbergen haben), über das Kopftuch des Mädchens (irgendwann werden unsere Mädchen auch so rumlaufen müssen), bis hin zu der Sorge, dass durch die Straßen marodierende Horden von Asylanten sein Geschäft leerräumen könnten. Unterbrochen wurde seine flammende Rede immer wieder von Zwischenrufen der linken Fraktion. Besonders eine

Mutter, die ich nicht näher kannte, warf ihm immer wieder rechtes Gedankengut und Schüren von Ängsten vor. Die Rektorin versuchte vergeblich zu schlichten und Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen. Bevor wir noch dazu kamen, ab zu stimmen, ob die Schließung der Balkanroute richtig war, hatte sie die Schnauze voll und brach den Elternabend ohne Ergebnis ab. Resigniert raufte sie sich die Haare und sagte: „Hat noch irgendwer etwas zu sagen, was bisher noch nicht herein gebrüllt wurde?“ Ich erhob mich und verkündete: „Ich hab hier einen Brief von denen, die es eigentlich betrifft und die zu dieser

Sache noch gar nicht gefragt wurden. Von unseren Kindern.“ Ich erhielt die Erlaubnis ihn vor zu lesen, was ich dann auch tat. „Sehr geehrte Rektorin, Sehr geehrt Eltern. Wir, die Kinder der Klasse 6a wollen nicht, dass uns Alina verlässt. Ihre Mutter kam verschleiert, als sie sie abholte. Na und, was kann Alina dafür? Sie kommt mit Kopftuch zum Unterricht. Na und? Andere tragen ein Halstuch, oder einen Schal. Sind sie die Nächsten, die dafür blöd angemacht werden? Mit ihren wenigen Worten, die sie auf deutsch kann und vielen Bildern hat uns Alina von ihrem bisherigem Leben

erzählt. Von ihrer Heimat, dem Krieg und der Flucht. Alina ist ein sehr tapferes Mädchen und wir wissen nicht, wer von uns das alles überstanden hätte. Bitte nehmen sie uns Alina nicht weg. Gezeichnet...“ Ich faltetet den Brief zusammen. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Ich hab noch nie so eine Stille in einem voll besetztem Klassenzimmer erlebt. „Alle“, sagte ich. „Ausnahmslos alle Schüler und Schülerinnen der Klasse 6a haben diesen Brief unterschreiben.“ Dem Ladenbesitzer blieb der Mund offen stehen. „Ja, auch Ihre Tochter hat unterschrieben“, beantwortete ich seine

nicht gestellte Frage. Beschämt wandte er sich ab. Ich ging durch die Reihen nach vorne zum Pult und übergab der Rektorin den Brief der Kinder. Als ich nach Hause kam, erwartetet mich meine Tochter bereits ungeduldig. „Na...?“, wollte sie wissen. „Naja“, antwortetet ich. „Ihr werdet eine menge Arbeit haben dafür zu sorgen, dass Alina im Unterricht gut mitkommt.“ Freudig umarmte mich meine Tochter. „Tja, es gibt nichts Gutes...“, sagte ich. „...außer man tut es“, ergänzte meine Tochter lächelnd.

es gibt nichts gutes, ausser man tut es.


Der Spruch passt nicht nur zu dieser Geschichte, sondern auch zu dem Spendenbuch, in dem diese Geschichte ebenfalls nach zu lesen ist. "Wer anderen eine Grube gräbt..." Ein Buch zu dem sich Autoren und Autorinnen der bookrix comunity Gedanken zu Sprichwörtern gemacht haben. Erhältlich nei amazon als Taschenbuch und als e-book in vielen e-book Shops. Der Reinerlös der Bücher geht vollständig als Spende an die Arca Fabiana Tierrettung e.V.

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Hörbuch

Über den Autor

rolandreaders

Ich habe schon immer gerne Geschichten erfunden. Noch bevor ich überhaupt schreiben konnte. Wann immer die Welt nicht so war, wie ich siie mir vorstellte, habe ich mich in eine Traumwelt geflüchtet, in dem ich Bücher las.
Bücher sind, anders als Filme, vorgefertigte Geschichten, in denen immer noich Raum bleibt für die eigene Fantasie. Genau das hat mich schon immer an der Literatur fasziniert. Und ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten die Leser und Leserinnen auch ein bisschen aus ihrem Alltag holen und sie auf ein gemeinsam erlebtes Abenteuer entführen kann.
Denn der Leser, oder die Leserin sind auch immer ein Teil der Geschichte, die sie gerade lesen. Wenn auch nur als Beobachter.

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EllaWolke Die Kinder haben Größe gezeigt, die Erwachsene einfach nicht mehr erlangen!

LG und Danke für dieses Erlebnis
Ella
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Ella.
Danke fürs lesen, den Kommentar und den Favo.
Stimmt. Zum Glück können sich Kinder noch anfreunden, ohne vorher nach dem Pass zu fragen. Eine fremde Herkunft weckt eher Interesse, als Ängste.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
baesta Das zeigt mal wieder, dass Kinder manchmal den besseren Riecher haben.
Allerdings gefällt auch mir eine Vollverschleierung nicht, da ich gerne den Menschen ins Gesicht sehe, mit denen ich rede. Aber das ist nur meine Meinung und bedeutet nicht, dass auch andere sie teilen müssen.
Vollverschleierung ist irgendwie doch ein Ausdruck einer fanatischen Religion, andererseits - sind solche Frauen sicher sparsam bei Modedingen (lach).
LG Bärbel
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Bärbel.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und die Coins.
Ja, wenn man es nicht mit Humor nehmen kann, mit was dann?
Ehrlich gesagt, bin ich gegenüber dieser Vollverschleierung auch skeptisch. Das ist einfach nicht unsere Vorstellung einer freien Welt.
Gäste und Gastgeber müssen eben noch viel voneinander und übereinander lernen.
Und ich glaube, so ein Brief von Kindern ist da schon mal ein ziemlich guter Denkanstoß.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
sugarlady Eine schöne Idee, Menschen zu helfen.
In unserem Ort, sind die sogenannten Flüchtlinge oft sehr freundlich
und Grüßen höflich.
Liebe Grüße!
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo sugarlady.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und den Favo.
Tja, es sind eben auch Menschen, wie du und ich.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW 
Eine sehr beeindruckende Geschichte - Kinder haben
oftmals eher ein Gespür was richtig und was falsch ist.
Sehr gut geschrieben lieber Roland.
Liebe Grüße
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Gertraud.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und die Coins.
Kinder sehen eben oft zuerst den Menschen und Erwachsene sehen oft zuerst das Problem.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
schnief Eine wunderbare und ebenso nachdenkliche Erzählung.
LG Manuela
Ps.
Das Einzige was fehlt, ist der Link zum Spendenbuch " Wer anderen ein Grube gräbt ...." Hrsg. Gitta Rübsaat
Vor langer Zeit - Antworten
rolandreaders Hallo Manuela.
Danke fürs Lesen, den Kommentar und den Favo.
Freut mich, dass dir die Geschichte gefällt.
Den Link habe ich jetzt hinzu gefügt.
L.G.Roland.
Vor langer Zeit - Antworten
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