Beschreibung
Direkt und frisch aus dem Leben des PhanThomas gegriffen...
Irgendwie meint sie’s nicht gut mit mir, die gute alte Deutsche Mehdorn-Bahn. Mit der Pünktlichkeit hat sie’s ja seit jeher nicht – geschenkt. Aber quasi als ausgleichende Gerechtigkeit könnte man doch wenigstens ein klein wenig Komfort erwarten. Doch leider beginnt das Martyrium ja schon beim Kauf eines Kaffees, der mit unverschämten 2,70 Euro zu Buche schlägt. Doch der Kommerz ist halt der Fels in der Brandung einer jeden Demokratie, daher: gekauft, getrunken, geärgert. Dass die werte Frau vom Service mein 2 Euro-Stück versemmelt und nicht wiedergefunden hat, hat mich dann aber doch ein wenig zufrieden gestimmt. Für mich änderte das nichts am Preis, aber der grausige Herr Mehdung, äh -dorn kriegt so wenigstens auch kein Kaffeegeld. Ich hoffe, die Servicedame muss sich deswegen jetzt nicht erklären, denn im Deutschen war sie leider auch nur wenig bewandert. Globalisierung rules!
Da sich mangelnder Komfort ja wie die Verspätung durch die ganze Unternehmung namens Bahn zieht, hatte ich auch anderer Stelle nur wenig Glück. Klar, die Sitze sind ziemlich unbequem, aber das weiß jeder, kennt, bis auf die Erste-Klasse-Bonzen, auch niemand anders, von daher hier ebenfalls: geschenkt. Doch wie wäre es denn mal mit einer netten Nebensitzerin, dachte ich noch heute Morgen bei mir. Gesagt getan: Kaum eingestiegen, hatte ich eine sehr gesprächsbereite Dame neben mir. Der Haken an der Sache war nur, dass sie geschätzte 70 Jahre alt, nur noch halb rüstig und zudem an Grippe erkrankt war, wie sie mir versicherte. Prompt roch’s neben mir auch schon nach Krankenhaus, während auf den Sitzen um mich herum, strategisch geschickt platziert, junge, hübsch anzuschauende Frauen saßen, die man sehen musste, egal in welche Richtung man auf die wie immer nach Tod und Vernichtung stinkende Toilette entschwand. Na ja, und da an meiner Situation eh nichts mehr zu retten war, konnte ich meiner Nebensitzerin dann auch anschließend beim Koffertragen helfen.
Die musste nämlich auch in Osnabrück raus, wo es übrigens sehr kalt war. Kein Problem, ich bin ja Bahn-Comfort-Kunde, setz ich mich doch in die Lounge und schlürfe Kaffee. – dachte ich verschmitzt. Wie, Osnabrück hat keine Lounge? Na wer hätte damit gerechnet? Am Gleis sitzend wartete ich dann auf meinen um 10 Minuten verspäteten Anschlusszug. Und auch hier hockte sich wieder, nun, mehr oder weniger prompt, eine Dame neben mich, mit dem Unterschied zur letzten, dass diese noch mal geschätzte 20 Jahre älter war, kaum mehr wusste, wer, wo und weshalb sie da war und deswegen von ihrer ebenfalls bereits betagten Tochter umsorgt werden musste. So etwas frustriert mich, verdammt, schliddere ich doch auch gerade in meine Ich-werde-bald-30-Krise hinein. Uh!
Aufheitern konnte mich nur der kleine Timmy. Was? Ach, keine Ahnung, ob der Bengel so hieß, aber Timmy klingt einfach gut. Timmy saß neben Papa auf der Reisetasche und erzählte stolz, er würde jetzt nach Berlin Spandau fahren – mit dem Papa. Da würde die Mama auf ihn warten, und auf den Papa wartet die Tine. Dann schloss er an, dass sie ja heute mit der Bahn führen, weil der Papa kein Auto mehr habe. Einfach zu süß, leider hat der Papa dem kleinen Timmy anschließend irgendwas Unverständliches ins Ohr gebrubbelt, so dass Timmy danach nicht mehr weiterreden wollte. Wahrscheinlich wurden die Weihnachtsgeschenke ersatzlos gestrichen. Aber mir war’s auch egal, denn Timmy made my day, und außerdem kam dann ja auch schon die Bahn.
Diese hatte übrigens einen Wagon weniger – nämlich meinen. Der ist angeblich irgendwo hinter der deutschen Grenze verloren gegangen, versicherte die Durchsage (Begründung im Zitat: Probleme im Betriebsablauf). Der Holländer war also schuld, na immerhin. Glück im Unglück, für mich war, dass ein Ersatzwagon gefunden wurde,, von dem aus ich jetzt schreibe und der übrigens die unbequemsten Sitze hat, die ich bisher erlebt habe. Eine eiserne Jungfrau kann nicht weniger gemütlich sein. Hinzu kommt, dass die (tatsächlich recht hübsche) Dame vor mir einen nervtötenden, weißen Moppaufsatz von einem Köter hat, der gerade frei rumläuft und just in diesem Augenblick zwischen meinen Beinen herumschnüffelt. Das Klingeln von Handys bringt den übrigens auf die Palme, wie ich gerade bemerkt hab. Da kann ich nur hoffen, dass Mama nicht anruft.
Was bin ich da froh, dass im Anschluss kein weiterer Zug auf mich wartet und auch keine Tine, sondern einfach nur das Papamobil, mit dem es dann ab in die Premnitz’sche Pampa geht – eine Woche weihnachtlicher Zwangsaufenthalt in der Strafkolonie des wirtschaftlichen Vollversagens, wo ich zumeist zwischen Rentnern und Nazis als Gesprächspartner wählen darf. Tolle Aussichten sind das. Ach, ich hasse Weihnachten! Uh, und jetzt muss ich aufhören und die Beine einziehen, denn Waldi rastet schon wieder aus...