Fantasy & Horror
Der Fall der inneren Stadt Kapitel 103

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"Der Fall der inneren Stadt Kapitel 103"
Veröffentlicht am 22. Mai 2016, 42 Seiten
Kategorie Fantasy & Horror
© Umschlag Bildmaterial: giulianocoman - Fotolia.com
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Über den Autor:

...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich.. Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-) Oh und mich gibts auch bei ...
Der Fall der inneren Stadt Kapitel 103

Der Fall der inneren Stadt Kapitel 103

Einleitung

Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um

Hilfe… Bildquelle Yomare Pixabay.com

Kapitel 103 Wahrheit


Die Eskorte begleitete sie nur bis das rote Tal schließlich in Sicht kam. Eine Narbe, die sich inmitten der öden Steppe erstreckte und sich bis zum Horizont zog. Felsen, die wie mit Blut überzogen wirkten, leuchteten im Licht der Abendsonne. Selbst das Wasser der Flüsse und vereinzelten Seen, die in der Schlucht glitzerten hatte einen roten Schimmer angenommen. Einst war dieser Ort eine Stadt gewesen, die sich die ganze Länge des Tals entlang zog. Nun jedoch waren davon nur noch Trümmer

geblieben. Weiße Marmorfragmente ragten wie die Knochen gefallener Titanen aus der Landschaft und ganz am Horizont… Kellvian schirmte die Augen mit der Hand ab um mehr erkennen zu können, doch konnte er nach wie vor nur Umrisse ausmachen. Das Tal war nicht verlassen, so viel konnte er sagen. Eine Unzahl dunkler Punkte bewegte sich zwischen den Ruinen und in den vereinzelten Wäldern, die in den Schatten der Felswände gediehen. Kellvian hatte nicht gedacht, so bald schon wieder hier zu sein. Auf zweierlei Weise. Die Botschaft war so bald gekommen und die Reise war zu kurz gewesen. Zu kurz, als das er Gelegenheit

gehabt hätte, seine rasenden Gedanken zu ordnen. Rief man ihn wirklich hierher um über irgendeinen Frieden zu sprechen? Er wollte es hoffen. So sehr. Und gleichzeitig glaubte er schlicht nicht daran. Aber warum rief man ihn sonst? Der rote Heilige hatte bereits demonstriert, dass die fliegende Stadt für ihn nicht unerreichbar war. Ginge es ihm nur darum, ihn zu töten, bräuchte er ihn dazu nicht erst in eine Falle zu locken. Aber wenn es nicht darum ging, ihn angreifbar zu machen, was dann ? Besser, er fand schnell heraus, was hier noch gespielt wurde. Nur deshalb hatte er am Ende diesem treffen überhaupt

zugestimmt… Und dennoch konnte er wenig gegen das mulmige Gefühl tun, das ihn beschlich, als er das Pferd unter ihm auf einen Pfad die Klippen hinab führte. Unwillkürlich wanderte seine Hand zum Schwertgriff. Die Klinge ließ sich fast ohne Wiederstand ziehen, war auch nach all den Jahrhunderten noch Rasiermesserscharf. Einst hatte sie seinem Vater gehört bevor sie in dessen letzter Schlacht für eine Weile verschwunden war. Und davor von jedem anderen Kaiser bis zurück zu Simon Belfare selbst, der sie angeblich einst aus dem Norden mitgebracht hatte. Janis neben ihm wirkte genau so

angespannt und starrte den ganzen Abstieg lang stur geradeaus. Am liebsten wäre es ihm, der Junge wäre bei der Eskorte zurück geblieben. Und doch hatte er nicht einmal gewagt ihn darum zu bitten. Kellvian wusste längst welche Antwort er erhalten würde. Kleine Steine, losgetreten von den Hufen der Pferde kullerten die Seite des Pfades hinab und verschwanden in der Tiefe. Vom unteren Ende des Wegs aus wurden die beiden Reiter bereits misstrauisch beäugt. Etwa ein Dutzend Kultisten, manche in braunen Roben, andere in ihrer alltäglichen Kleidung, warteten schon auf sie und wichen scheinbar nur wiederwillig vor ihnen

zurück. Ihre Ankunft war sicher bereits angekündigt worden und doch sah er in ihren Gesichtern nur Hass. Und den brennenden Wunsch, die beiden Männer , die als Gäste hierher kamen, von den Pferden zu reißen und zu töten. Götter was hatte er getan um sich je solchen Zorn zu verdienen? Sein Leben lang hatte er versucht, das Beste für sie alle zu erreichen. Und was hatte es ihm jetzt gebracht? Zwischen den Bäumen und den großen Findlingen, die ihren Weg säumten konnte er weitere Gestalten ausmachen. Manche normale Männer und Frauen. Andere wiederum… Er sah rote Augen, die ihn unter weiten Roben und Kapuzen

heraus anfunkelten. Geflügelte Bestien und Kreaturen, die sich in den Schatten verbargen… und Wesen, die er gar nicht beschreiben konnte oder wollte. Manche erinnerten noch entfernt an Menschen, andere waren zu aufgedunsenen Bestien verkommen, die auf zwei, vier und spinnengleich auf acht Gliedmaßen daherkamen. Er wollte gar nicht zu genau hinsehen. Kellvian wendete den Blick ab und schloss die Augen, während sie weiterritten und die Menge hinter sich ließen. Vermutlich wurden sie trotzdem noch beobachtet, doch niemand folgte ihnen, als sie schließlich auf eine verfallene Straße einbogen. Das Pflaster

war aufgerissen und nur noch Bruchstückhaft vorhanden, doch einst musste sie wohl so breit gewesen sein, wie die Händlerstraßen, die heute die Provinzen Cantons miteinander verbanden. Sie passierten die Grundmauern eines Torhauses. Einzelne, zerbrochene Säulen lagen quer über der Straße und waren von Zeit und Sand stumpf geschliffen worden. Es war ein toter Ort, dachte er, seine Bewohner und Kultur lang vergessen und von der Zeit davon gespült. Und war es das, was ihnen ebenfalls bevorstand, wenn diese Männer ihren Willen bekamen? Ihre Städte in Trümmern, das Imperium zerschmettert, das so lange die

verschiedensten Kulturen friedlich vereint hatte? Ein großartiges Erbe, das er der Welt hinterlassen würde. Das würde er nicht zulassen. Vor ihnen kamen nun die Überreste des Lagers in Sicht, das Eriks Expedition errichtet hatte. Asche bedeckte den Boden, soweit er sehen konnte. Verkohlte Zeltstangen ragten zum Himmel auf, an denen noch vereinzelt Stofffetzten im Wind flatterten. Immerhin gab es keine Leichen, dachte Kellvian. Man hatte die Gefallenen wohl bereits bei Seite geschafft und die Kultisten ihre Toten bestattet. Was aus den Gardisten und Eriks Arbeitern geworden war jedoch, konnte er am

Flussufer sehen. Die Überreste eines gewaltigen Scheiterhaufens glommen noch immer im Sand, doch war es nicht Kohle, die dort brannte. Rippen, Knochen und Schädel stapelten sich in einer unordentlichen Pyramide. Die leeren Augenhöhlen schienen ihnen zu folgen, als sie daran vorüber ritten… und dann sah er es zum ersten Mal. Hinter dem Fluss und den Schädeln befand sich eine gewaltige Grabungsstelle. Die Schemen, die er von oben gesehen hatte, waren tausende von Arbeitern, die damit beschäftigt waren, ein Fundament von der Fläche eines Berges abzutragen. Die Erdarbeiten waren offenbar bereits weit

fortgeschritten, den andere hatten bereits begonnen, Felsen aus den umgebenden Klippen zu schlagen. Das rhythmische dröhnen der Hämmer war bis zu ihnen zu hören und das ohrenbetäubende Krachen, wenn sich ein Felsblock losriss und zu Boden stürzte musste man im ganzen Tal mitbekommen. Gerüste zogen sich überall die Klippen entlang, während die gelösten Felsen unten zerkleinert wurden um Mörtel anzurühren und das Fundament ebenerdig aufzufüllen. Was bei allen Göttern bauten die dort? Allein der Grundriss wäre genug um eine ganze Stadt zu beherbergen. ,, Da reiten wir nicht hindurch.“ ,

entschied er spontan und Janis nickte lediglich, als sie die Pferde wendeten. Kellvian wollte weg von der Straße, die sie unweigerlich zu der monumentalen Baustelle führen würde und hin zum Rand eines kleinen Walds. Unter dem dichten Blätterdach war es schattig und kühl und zum ersten Mal hatte er nicht mehr das Gefühl, ständig von irgendwo her feindselig angefunkelt zu werden. ,, Ich glaube fest, sie bauen einen Tempel.“ , bemerkte Janis. Seine Stimme war nur ein flüstern, als hätte er Angst, die tiefe Ruhe die hier herrschte zu zerstören. ,, Der rote Heilige meinte, das Tal sei der Ort, an dem der Herr der Ordnung sich zum ersten Mal seinen

Anhängern gezeigt hätte.“ ,, Und wenn Erik recht hat ist er hier erschaffen worden.“ Kellvian hielt das Pferd an und stieg ab. Die Tiere würden im Wald nicht weit kommen und wenn sie nicht doch den Weg durch die Baustelle nehmen wollten, würden sie zu Fuß weiter müssen. ,, Ich frage mich nur… was bezweckt er damit ? Warum sich anbeten lassen? Kann ein Wesen so wahnsinnig sein sich selbst für einen Gott zu halten?“ Janis schüttelte den Kopf. ,, Nach allem was ich weiß… Ich glaube dieses Ding frisst die Seelen seiner Anhänger. Oder verleibt sie sich zumindest irgendwie ein. Zumindest klang das, was ihre

Prediger erzählen danach.“ Kellvian nahm dem Pferd das Halfter ab und lies es davontraben. Die Tiere würden sich nicht weit entfernen, nicht mit dem ganzen Lärm da draußen. Und jetzt wo sich die Nacht langsam herab senkte, würden auch sie sich besser beeilen. Bisher hatte niemand Angeboten, ihnen den Weg zu zeigen, also würden sie wohl einfach suchen müssen, bis sie den roten Heiligen fanden. Wenn er ehrlich war, hatte er es nicht einmal eilig. Bevor sie sich jedoch zum Gehen wenden konnten, wurden sie bereits gefunden. ,, Ich wusste, das ihr kommen würdet.“ Kellvian wusste nicht, was er erwartet

hatte. Der rote Heilige wirkte weder besonders jung noch alt, wie er da im Zwielicht stand, das zwischen den Baumstämmen hindurch sickerte. Eine große Narbe, die fast aussah, als hätte ihm jemand drei brennende Finger ins Gesicht gedrückt, zog sich vom Kinn bis zum Ansatz der rot-braunen Haare. Eine Sense lehnte neben ihm zwischen den Wurzeln einer großen Weide. ,, Womit ich nicht gerechnet habe ist, das ihr den Jungen mitbringen würdet. Das erspart mir ihn jagen zu müssen.“ Die Worte des Mannes jagten Kellvian einen Schauer über den Rücken. Und doch, so schnell würde er sich sicher nicht einschüchtern lassen, wenn das der

Plan war. ,, Was ist das da draußen ?“ , verlangte er stattdessen zu wissen, während er Janis bedeutete, sich hinter ihm zu halten. Soweit er sehen konnte, waren sie alleine, doch das musste nichts heißen. Der rote Heilige war aus dem Nichts aufgetaucht wer wusste schon ob sich nicht noch weitere seiner Anhänger hier verbargen. ,, Was ihr dort seht, wird das größte Heiligtum meines Gottes werden. Dieser Ort hier ist Heilig. Hier offenbarte sich mein Herr zum ersten Mal dem alten Volk. Doch waren die alten Zauberer genau so stur wie ihr, zu blind die Wahrheit zu sehen. Dafür hat er sie

vernichtet. Ich bin hier, weil mein Herr nun euer Reich für sich fordert. Euer Schicksal liegt längst in seinen Händen. Doch streckt ihr die Waffen, werden zumindest einige mehr die Säuberungen überleben. Wenn nicht… werden euer Land und Volk den heiligen feuern des Kriegs überantwortet werden. Und verschlungen. Mir ist es gleich. Ich bekomme so oder so was ich will.“ Und es schien ihm wirklich egal, dachte Kellvian. So unglaublich es schien, kümmerte diesen Mann den nicht, was hier geschah? Das tausende starben? ,, Wieso ?“ Kellvians Hand wanderte erneut zum Schwertgriff, bereit die Waffe sofort zu ziehen, sollte es nötig

werden. ,, Was hat euch euer Herr versprochen ? Wer seid ihr, das ihr glaubt über uns alle urteilen zu können, als wäre es nichts?“ Einen Moment lang wirkte sein gegenüber tatsächlich verwirrt. ,, Ihr wisst nicht einmal wer ich bin, oder ?“ Woher auch ? Kellvian war sich absolut sicher, diesen Mann bisher noch nie gesehen zu haben. Und doch… War er über diese Antwort überrascht? ,, So groß ist eure Arroganz also schon. Und ihr werft mir vor leichtfertig mit Leben umzugehen? Wo ihr euer Reich in einen Krieg gegen den Aristokratenbund geführt, Tausende für euch habt sterben

lassen?“ ,, Ich habe diesen krieg auch nicht gewollt. Immerson hat ihn mir aufgezwungen wollt ihr mir also wirklich vorwerfen, das ich mein Leben verteidigt habe?“ ,, Euer Leben, Kaiser ? Wenn es euch nur um euer Leben gegangen wäre, hättet ihr die Waffen gestreckt und wärt aus dem Land geflohen. Nein… ihr wolltet eine Krone und euren Thron. Und dafür war euch jedes Mittel recht. Ihr zeigt erneut, was mein Herr bereits so gut versteht. So etwas wie noble Absichten gibt es nicht. Am Ende… sind wir alle böse. Wie viele Kriege hat dieses Land unter euerm Haus schon

erdulden müssen… und wie viele werden es noch werden? Mein Herr wird diesen Kreislauf beenden und beugt ihr euch nicht… so muss er euch eben seine Macht beweisen.“ ,, Das ist schlicht nicht wahr !“ Kellvian beherrschte seine Stimme nur mühsam. ,, Glaubt ihr wirklich irgendetwas wäre mit Andre de Immerson als Kaiser besser gewesen ? Wisst ihr ich glaubte damals das schlimmste gesehen zu haben. Einen Menschen, der glaubt, andere sollten Sklaven sein, das wir in den Staub getreten gehören. Aber ihr seid schlimmer als er. Ihr glaubt nicht nur einige hätten dieses Schicksal verdient, sondern wir alle. Es tut mir leid…

wirklich leid, das ihr das nicht einmal sehen könnt. Oder vielleicht wollt ihr es auch nicht, weil ihr sonst keine Ausrede mehr für diesen Feldzug hättet.“ ,, Ausreden ?“ Zum ersten Mal zeigte sich so etwas wie eine Emotion auf dem Gesicht seines Gegenübers. Ein dünnes, trauriges Lächeln. Der rote Heilige schüttelte langsam den Kopf. ,, Ihr versteht immer noch nicht. Ihr erinnert euch nicht einmal wie mir scheint. Dann lasst mich euch auf die Sprünge helfen. Bevor mein Herr das erste Mal zu mir sprach hatte ich einen Namen, Kaiser. Ich war Padion Lothaera. Söldner im Dienst des Fürsten von Silberstedt. Und ihr Kellvian Belfare, habt meine Familie

umgebracht.“ Lothaera… Kellvian hatte den Namen nur ein einziges Mal zuvor gesehen. Nicht einmal gehört. Nur gesehen. Geschrieben auf einer Plakette. Vor fast zwei Jahrzehnten. Oh nein. Das war schlicht nicht möglich… Das war… Wahnsinn, das war es. Und doch hatte er einen Grund an den Worten seines Gegenübers zu zweifeln? Die unterdrückte Wut in der Stimme des roten Heiligen war nicht gespielt. Er hasste ihn, hasste ihn genug um eine Kreuzzug gegen ihn zu führen. Und doch… Auf einmal sah er alles wieder vor sich, genauso wie es damals gewesen war. Er

meinte sogar die Schneeflocken zu spüren, dick und schwer, die langsam aus dem Himmel fielen und das Land unter sich bedeckten. Den kalten Wind, der selbst durch die Pelzmäntel drohte, ihnen das Leben zu entreißen. Die Schlacht um Silberstedt war keine Woche her, und noch immer verbargen sich Teile von Andre de Immersons Armee in den Bergen um die Stadt. Kellvian hatte persönlich eine Gruppe Männer angeführt um sie aufzuspüren, zusammen mit Syle. Doch an diesem Morgen waren sie, hoch in den Bergen über der Stadt, auf etwas völlig anderes gestoßen. Syle hatte erklärt, er hätte einen Kontakt, der wüsste, wo sich

einige von Immersons Männern verbergen könnten und so hatten sie such bereits im Morgengrauen auf den Weg gemacht. Von dem Haus war bei ihrer Ankunft wenig mehr als eine Ruine geblieben. Geschwärzte Balken ragten unter einer Schneewehe heraus, welche die Überreste unter sich begraben hatte. Und davor hatte jemand ein großes Banner aufgepflanzt, auf dem eine silberne Spinne auf violettem Grund zu sehen war. Das Wappen der Familie Immerson. Die kleine Tafel darunter war ebenfalls bereits halb im Schnee versunken, doch Kellvian kratzte sie wieder frei. ,, Verräter an ihrem rechtmäßigen

Fürsten.“ , las er mit leiser Stimme vor. Die Namen selber waren unter einer dicken Eisschicht verschwunden, die sich auf der Tafel gebildet hatte, lediglich den Familiennamen konnte er ausmachen. Lothaera. Insgesamt waren es fünf Zeilen. Fünf Todesurteile… Kellvian stand auf, während jemand bereits damit begonnen hatte, das Spinnenwappen herab zu reißen und zu verbrennen. Einige andere durchsuchten derweil das ausgebrannte Bauwerk, doch alles, was sie zu Tage förderten, waren tote Körper. Vier Leichen. Das Feuer hatte kaum etwas übrig gelassen, an dem man hätte festmachen können, wer sie waren und Kellvian war froh, als sich

endlich jemand erbarmte und sie zudeckte. Trotzdem wendete er sich ab und als Syle zu ihm trat sah er, dass auch der Bär sichtlich mitgenommen wirkte. Das waren seine Informanten gewesen, dachte Kellvian. Er hatte sie darum gebeten, ihm mitzuteilen, wenn Immersons Männer sich zeigten. Und sie hatten bitter dafür bezahlt. ,, Es ist nicht eure Schuld.“ , versuchte er ihn zu beruhigen. Doch Syle schüttelte lediglich den Kopf. ,, Das ist es nicht. Immerson mag Tod sein, Kellvian, doch scheint mir, dieser Krieg wird immer noch weiter Opfer fordern. Und wofür ? Für nichts…“ Er nickte lediglich und wendete sich von

den Leichen ab. Zumindest, bis ihm klar wurde, dass etwas nicht stimmte. Fünf Namen aber nur vier Körper. Und dann hörte er das Schreien eines Kindes… ,, Ihr kennt den Namen also doch.“ Der rote Heilige holte ihn mit einem Schlag zurück in die Wirklichkeit. ,, Aber nicht woher ihr glaubt ich… Ich habe das ganze Kaiserreich nach euch absuchen lassen. Ich dachte es gäbe keine Überlebenden euer Familie mehr. Das wollte ich sicherstellen, bevor…“ Der Mann ließ ihn nicht ausreden. ,, Nun ich bin euren Häschern entkommen.“ ,, Meinen Häschern ?“ Kellvian schüttelte den Kopf. ,, Glaubt ihr wirklich ich wollte euch auslöschen ?

Ich glaube ihr versteht nicht, wenn ihr mir nur einen Moment zuhören würdet. Ihr macht einen gewaltigen Fehler…“ ,, Ich mache einen Fehler, Kellvian ?“ Der rote Heilige lachte lediglich, während er langsam auf ihn zutrat. ,, Ganz im Gegenteil, ich habe vor einen zu korrigieren…“ ,, So hört mir doch zu, als ich bei dem Haus ankam waren schon alle Tod. Ich hatte nichts damit zu tun. Ich kenne sogar euren Namen nur, weil man ihn dort aufgelistet hat. Es waren Andre de Immersons Männer, eure eigenen Kameraden, die eure Familie überfallen haben. Sie wollten sie an uns ausliefern und dafür mussten sie sterben. Sie haben

versucht uns zu helfen… Warum sollte ich sie da töten lassen?“ ,, Das ist eine Lüge. Und noch eine für die ihr bezahlen werdet. Ihr tut so Nobel, dabei klebt genau so viel Blut an euren Händen wie an meinen. Mit einem unterschied. Als ich am Ende des Kriegs zu meiner Familie zurück wollte, fand ich nur noch Ruinen… und die Spuren eurer Männer. Jahrelang habe ich keine Hoffnung mehr gesehen, Kellvian. Doch dann kam der Herr der Ordnung zu mir. Er sprach mit mir und gab mir die Macht, die Dinge richtig zu setzen. Und wenn ich euch nur vernichte, werden eure Taten bald ungeschehen sein. Selbst der Tod ist nicht jenseits der Macht

meines Herrn!“ Mit diesen Worten riss der rote Heilige die Sense an sich und schwang die Waffe nach Kellvian. Dieser kam grade noch dazu, zurückzuspringen, während Janis bereits das Schwert zog um ihm zur Hilfe zu kommen. Der rote Heilige war schnell, schneller, als er das je bei einem Menschen für möglich gehalten hatte. Und obwohl er den brennenden Hass in den Augen des Mannes sehen konnte, fühlte er einen Moment nur Mitleid. Egal was sein Herr ihm versprochen haben mochte, alle Magie konnte die Toten nicht zurück bringen. Sicher, man konnte jemanden vom Rand des Todes zurück holen, er hatte es

selber oft genug erlebt und sogar selber erfahren… aber jemanden der schon Jahre lang tot war ? Was wollte er den wiederbeleben einen Haufen Knochen? Er war eine Spielfigur seines Gottes, nicht mehr, ob das dem roten Heiligen bewusst war oder nicht. Aber eine Spielfigur, die er vernichten musste, dachte Kellvian. Oder sie würde im Gegenzug alles zerstören für was er Jahrelang gearbeitet hatte. In seiner blinden Wut schien der Mann nicht einmal daran zu denken, Zauber anzuwenden, sondern trieb ihn nur mit einem Hagel aus Schlägen zurück. Kellvian gelang es nur, einige zu parieren, doch jedes Mal wenn er selber

zu einem Angriff ansetzten wollte, jagte auch schon wieder die Sense herab. Janis hatte Mühe auch nur mit ihnen Schritt zu halten, geschweige denn, ihm zur Hilfe zu kommen. Er hinkte immer noch, dachte Kellvian betrübt, während er weiter darum kämpfte auch nur den Arm für die nächste Parade zu heben. Dieser törichte Junge… Er hatte ihn angelogen und doch… hatte er es nicht eigentlich gewusst? Und warum hast du ihn dann mitgenommen? , fragte er sich, während er erneut einem Schlag auswich, der einen Armdicken Ast sauber von einem der Bäume trennte. Sein Gegner kannte offenbar keine Erschöpfung, doch er gelangte bereits

jetzt ans Ende seiner Kräfte. Alle seine Sinne waren aufs äußerste gespannt, seine Lungen brannten und er konnte sein Blut rauschen hören. ,, Bitte, ihr versteht nicht.“ , versuchte er es erneut. Und tatsächlich hielt sein Gegner zum ersten Mal inne. Schwer atmend ließ der rote Heilige die Sense ein Stück weit sinken und funkelte ihn düster an. Immerhin schien auch er mittlerweile erschöpft, dachte Kellvian. Und dann sah er Janis, der immer noch versuchte, zu ihnen aufzuschließen. Der Junge näherte sich leise, während er das Bein nachzog, die Zähne zusammengebissen um ja keinen Laut von sich zu geben.

Der rote Heilige stand mit dem Rücken zu ihm. Nur ein paar Augenblicke noch und es wäre vorbei… Und doch konnte er das wirklich zulassen? Ein Teil von ihm wollte Janis zurufen zu bleiben wo er war. Der Junge wusste ja nicht einmal, was er da im Begriff stand zu tun. Und alles dank ihm… ,, Ihr seid es, der nicht versteht, Kaiser. Heute zahlt ihr für alles. Und eure Ausflüchte interessieren mich nicht mehr.“ Erneut hob der Mann die Sense. Die gekrümmte Schneide funkelte im letzten Rest Tageslicht Blutrot, spiegelte eine verzerrte Reflexion des umgebenden Walds wieder. Und Janis

war so gut wie hinter ihm. ,, Ihr habt mir meine Familie genommen, Kellvian… wie wäre es wenn ich im Gegenzug eure zerstörte ?“ Zu spät wurde ihm klar, dass die Sense nicht auf ihn zielte. Der rote Heilige wirbelte zu Janis herum, bevor dieser überhaupt Begriff was vor sich ging. Die Schneide drang ohne jeden Wiederstand in seine Brust und riss eine klaffende Wunde. Das letzte was Kellvian in den Augen seines Sohnes sah, war grenzenlose Überraschung. Dann riss der rote Heilige auch schon die Klinge zurück und verstellte ihm die Sicht, während Janis zu Boden ging. ,,Nein !“ Kellvian dachte nicht mehr

nach. Er stürmte lediglich vor, während der Mörder seines Sohnes nach wie vor vor ihm stand. Der Mann, der genau so wenig verstand, was er grade getan hatte. Und es war ihm plötzlich auch egal, ob er es je erfuhr. In diesem Augenblick kannte er nur noch Wut. Und die Waffe in seiner Hand schien dem Ruf ihres Meisters nach Blut zu folgen. Kellvian beachtete das Licht, das in den uralten Juwelen aufflackerte nicht einmal, genau so wenig, wie die grellen, gelben Flammen, die sich die Klinge entlang fraßen. Singend erwachte der Stahl in seinen Händen zum Leben und doch traf er nur noch Luft, als die Gestalt des roten Heiligen wie beiläufig

bei Seite trat und ihm mit der Faust vor die Brust schlug. Die Druckwelle des Zaubers raubte ihm den Atem. Kellvian sah die Welt plötzlich an sich vorbeifliegen und schlug ungebremst gegen den nächsten Baum. Einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, dennoch hatte er es irgendwie geschafft, das Schwert nicht loszulassen. Schwerfällig schleppte Kellvian sich in die Schatten und blickte zurück, wo noch immer Janis zerschmetterter Körper lag. Der rote Heilige stieg achtlos über ihn hinweg, während er den Wald absuchte. Nach ihm. Alles in Kellvian schrie danach, sich erneut auf dieses Monster zu stürzen,

das so selbstgefällig über Janis stand. Und doch… was würde es bringen? Ein Teil von ihm wusste, dass er keine Chance hatte. Aber vielleicht war das immer noch besser als mit dem Wissen zu leben, das er Janis in den Tod geführt hatte. Schweren Herzens zog er sich langsam in die Wälder zurück um einen Ausweg aus dem Tal zu suchen.

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EagleWriter
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Terazuma Hi Eagle!

Du erwartest doch wohl nicht wirklich einen Kommentar zu diesem Kapitel?*seufz* Naja, wenn ich schon dabei bin...^^

Also dieses Ende, das kam wirklich überraschend - und grausam.
Und wieder einmal wurde alles aus einem Missverständnis heraus geboren.
Dass Janis auch noch dieses Kind ist, darauf wäre ich nicht gekommen. Hut ab vor Antjes Aufmerksamkeit.^^
Demzufolge hat der rote Heilige seinen eigenen Sohn oder Neffen getötet. Und auch wenn ich Janis anfangs nicht leiden konnte, ihn jetzt umbringen zu lassen ist mehr als gemein. Hättest du ihn nur den arroganten Schnösel bleiben lassen, dann wäre sein Tod weitaus weniger schmerzlich. Für den Leser zumindest. So jedoch ist es schon mehr als grausam. Da machst du dir solche Mühen dieses Ekel zu erziehen und einen aufrechten Menschen aus ihm zu machen, nur um ihn dann abmurksen zu lassen?
Wenn du nicht schon ein drittes Buch geplant hättest, das noch all den Wahnsinn ausmerzen kann, würde ich persönlich durchs Internet kommen, um dich zu würgen! ^^
Na, dann lass dir für das nächste Buch wirklich, wirklich, wirklich etwas Gutes einfallen!!! *grummel* ^^
LG Tera
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter ^^ Keine Sorge, ich bin mit der Planung für Part 3 schon ziemlich weit. Und damit mit der Story an sich noch lange nicht am Ende. Ich verrate nur mal, das wir Janis nicht zum letzten mal gesehen haben.
lg
E:W
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Terazuma pffft...
Irgendwie traue ich diesem Friedensangebot nicht...
Hättest du ihn bloß so widerlich bleiben lassen wie er war! Keine Träne hätte ich ihm nachgeweint! Jetzt muss ich nicht nur Luciens Tod verarbeiten, sondern auch den seines Mörders! *grrr* Wie pervers ist das denn? XDDD
LG Tera
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Ach komm dafür darfst du Ismaiel wiederhaben :D
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Terazuma *zerkugel* Na, zumindest hast du es geschafft, mich wieder zum Lachen zu bringen. Ismaiel! Ausgerechnet Ismaiel! ^^
Das ist ja so, wie wenn ich um meine süße, putzige Katze trauere und jemand hält mir dafür eine Kakerlake hin! XDDD
LG Tera
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze ... wenn ich rate dürfte, würde ich sagen, Janis war dieses Kind aus den Ruinen

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter  ^^ Treffer
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Juhu :)
... und du kannst nicht so grausam sein, Janis sterben zu lassen.

LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Wir sprechen uns in etwa 80 Kapiteln für Buch 3 ^^
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze ... Ähm ... das hier ist Buch 1 ? ? ?
Du machst Scherze ... :( meinst du, ich erlebe das noch^^

Vor langer Zeit - Antworten
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