Das Handtuch
Wortvorgabe:
-Gelegenheit
-Erwähnenswert
-Wurmstichig
-Süchtig
-Bügelfalte
-Keilriemen
-Einkochen
-Neongelb
-Frequenz
-Ehrfurchtsvoll
-Notizbuch
-Monchimonchi*
Anne schlägt ihr Notizbuch auf und liest sich selbst laut vor, was sie irgendwann dort einmal geschrieben hat. Monchimonchi, sie versucht es immer und immer wieder, um doch noch dahinter zu kommen was es zu bedeuten hat. Umsonst hat sie es sich doch damals nicht aufgeschrieben. Dabei versucht sie sich zurückzulehnen, um sich doch noch zu erinnern. Sie nutzte die Gelegenheit, sich mit einem Lächeln in ihre Kindheit zurückzuversetzen. Da war das innig geliebte braun Fellige kleine Etwas, was sich immer wieder den Daumen in den Mund stecken ließ. „Was habe ich es geliebt“, bemerkt sie so bei sich. „Wo ist es eigentlich abgeblieben, mein
Monchichi“. Die gesuchte Bedeutung des Wortes Monchimonchi führte sie auf eine anderen Fährte. Ob sie letztendlich doch noch dorthin gelangen wird, woran sie sich erinnern möchte?
Anne begab sich auf den Weg zum Dachboden und suchte im wurmstichigen alten Schrank, der all ihre Lieblingssachen aus der vergangenen Zeit aufbewahrte. Sie räumte einige kleine Schuhkartons beiseite, um an einen bestimmten Karton zu gelangen, in dem sie ihr Monchichi vermutete. Zwischendrin entdeckte sie ein Glas Eingewecktes aus uralten Zeiten. Ehrfurchtsvoll nimmt sie
vorsichtig das verstaubte Glas in ihre beiden Hände. „Oh ja, Einkochen ist auch voll aus der Mode gekommen. Was haben wir Früher alles mit den Eltern und Großeltern gemeinsam in Gläsern gefüllt für den nahenden Winter, heute ist es nur noch Nostalgie. Seltsam, dass es noch so gut erhalten ist. Doch essen mag ich es jetzt auch nicht mehr“. So nahm sie das Glas und stellte es beiseite, um es später zu entsorgen.
Ihre eigene Frequenz war in der Zwischenzeit vollkommen auf damals eingestellt. Sie wandte sich voll dem Schrank wieder zu, um an weiter verborgene Schätze zu gelangen. Kopf
schüttelnd zog sie ein vergilbtes Handtuch aus diesem hervor. Es ließ sich nur noch erahnen, dass es einstmals wunderschön Neongelb leuchtete. „Wo ist all deine ganze Schönheit geblieben, mein geliebtes Handtuch aus der Jugendzeit. Damals warst du mir viel zu wertvoll, um dich zu entsorgen. Ich denke jetzt ist es an der Zeit. Hast viele Nachkommen in meinem Wäscheschrank bekommen. Jedoch gebe ich zu, sie halten lange nicht mehr das aus was sie versprechen. Viel zu schnell lösen sich Nähte oder reißen die Haken ab. Naja, die Wirtschaft bleibt ja da nicht unbeachtet, sie entwickelt sich immer wieder neu und so gibt es jetzt sogar
Haken aus Plaste, für all jene die nicht mehr nähen können. Du brauchtest solch ein Neumodisches Etwas nie, dein Haken ist noch wie neu, robust und tragfähig. Kannst stolz sein, bis zum letzten Tag hast du gehalten, was du einst versprochen“. Mit einem kleinen Wehmutsgefühl legte Anne es beiseite. „Ob ich ihm noch eine Chance geben werde“? Unschlüssig und doch mit einer gehörigen Portion Gewissheit, dass es in der nächsten Wäsche landen wird, legte sie es beiseite. Unter dem Handtuch lag ein Keilriemen und dieser hat sich im Handtuch schon verewigt. Anne wusste sofort, das er von ihrem ersten Auto, einem hellblauem Trabant war. Sie ließ
ihre Hände an ihm entlang gleiten als versetze sie sich noch einmal ins Auto zurück, mit dem sie so gern durch die Landschaft gefahren ist. Es fuhr nicht schnell, dafür jedoch zuverlässig. Bis auf einmal, sie war auf der Fahrt in den Urlaub. Als ihr geliebtes Auto den Geist aufzugeben schien. Sie wollte gerade das Handtuch werfen und all ihre Hoffnung aufgeben, dass einer ihr zur Hilfe kommen wird. Da war es wieder ganz nah, was Anne sich damals aufgeschrieben hatte. In all ihre Ungeduld erschienen ein Mönch, der ihr als erstes einmal eine Portion Ruhe verabreichte, gewürzt mit einer gehörigen Dosis Geduld. „Na klar ich
habe die kleinen Striche vor lauter Aufregung vergessen auf das o zu setzen“, erkannte Anne sofort wieder für sich. Sie hat das Wort sofort wieder deutlich und klar vor ihrem inneren Auge. Schon fast süchtig betrachtet sie es, da sie das Gefühl nicht los wurde, dass sie damit ein bisher für sie verborgenes Geheimnis lüften könnte. In einer Ruhe und Gelassenheit betrachtete sie dieses Wort noch einmal Monchimonchi. Versuchte es zu entziffern mit all ihrer Unwissenheit die sie damals in sich trug. Mönch im on chi , buchstabierte sie jetzt. „Na klar, der Mönch lehrte mich, alles in Gelassenheit zu betrachten. Er war stets on und chi zu
gleich. Er war in seiner Mitte und nichts brachte ihn aus der Ruhe. Und ich wollte das Handtuch werfen, wie gut dass er mir damals im rechten Moment begegnet ist“.
Anne holte tief Luft, nahm den gesuchten Karton in die Hand, öffnete vorsichtig den Deckel. Obendrauf, auf vielen weiteren kleinen Sachen, lag brav und treu ihr Monchichi. Den Daumen hatte er nicht im Mund, er war vielleicht erwachsen geworden.
Anne streichelt sanft über sein weiches Fell, lächelt zufrieden und legt ihn wieder zurück. Ordnet den Inhalt des im
Schrank übriggebliebenen. Schließt ihn sorgfältig wieder zu. Nimmt das Einwegglas, das Handtuch und all ihre Erlebnisse und Erkenntnisse mit nach unten. Das Glas entsorgte sie vorschriftsmäßig. Ging danach ins Bad um sich die Hände zu reinigen. Als sie sich diese am Handtuch abtrocknete, war ihr bewusst wie kurzlebig so manch ein Leben sein kann. Sie Öffnete den Schrank und schenkte ihren Handtüchern einen vorwurfsvollen Blick, welche sogar auf Bügelfalte gelegt waren. Sah nebenbei nach, ob ihr wiederentdecktes Lieblingshandtuch von damals sich einreihen kann.
Anne ließ Wasser in eine Schüssel und behutsam reinigte sie ihr Handtuch.
Erwähnenswert wäre nebenbei noch, dass das Handtuch zwar an Farbe verloren hat, jedoch keinesfalls Mängel aufwies, an dem seine Gebrauchseigenschaften scheitern hätten können. Es durfte weiter ein Handtuch bleiben und viele male spürte es diesen Dankbaren Händedruck.
CC BY-NC-ND.@ 15.05.2016 Petra-Josephine