Humor & Satire
Ein Papiertiger

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"Ein Papiertiger"
Veröffentlicht am 18. April 2016, 8 Seiten
Kategorie Humor & Satire
© Umschlag Bildmaterial: Foto von Cesco (Pixabay)
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben. Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen. Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.
Ein Papiertiger

Ein Papiertiger

Ein Papiertiger

Satiriker lebten schon immer gefährlich, wenn sie Mächtige zur Zielscheibe ihres Spotts machten. Das trifft auf Titus Petronius Arbiter (14-66 n. Chr.) eigentlich nicht zu, der lange Zeit ein Günstling Neros war und von diesem zum arbiter elegantiae, zum Schiedsrichter in Geschmacksfragen, gemacht wurde.

So richtete sich der satirische Roman „Satyrikon“ des Petronius auch nicht speziell gegen Nero, eher allgemein gegen geschmacklose Verschwendungssucht der römischen Oberschicht. Doch hatte dieser Liebling des Despoten Nero Neider ,und man

nimmt an, dass der Prätorianerpräfekt Tigellinus Petronius aus Missgunst der Teilnahme an der Pisonischen Verschwörung gegen Nero (66 n. Chr.) bezichtigte. Damit war das Schicksal des Petronius besiegelt.

Jetzt kamen die größten Stunden des Satirikers Petronius, des Arbiter elegantiae. Er schnitt sich seine Pulsadern auf und verband sie wieder, um seinen Tod als Satiriker zelebrieren zu können, denn er diktierte seinen Sklaven Spottverse auf Neros neueste Laster. Der vermeintlich verweichlichte Müßiggänger starb klaglos und mannhaft wie ein Stoiker.

Wie anders der heute so beliebte

Satiriker Jan Böhmermann, der tatsächlich mit grottenschlechten Versen (es sei nicht verschwiegen, dass viele sie für Kunst halten) den türkischen Präsidenten Erdogan angegriffen hat. Damit hat er viel riskiert, nicht wegen einer Geldstrafe, die ihm bei noch ausstehenden juristischen Ermittlungen vielleicht droht und ihn wahrscheinlich bei seinen zahlreichen Sympathisanten noch berühmter machen wird als er heute schon ist, aber wegen der Tatsache, dass nicht wenige Türken sein Schmähgedicht auf Erdogan als rassistische Beleidigung durch Verbreitung von Vorurteilen gegen Türken empfinden. Es ist also begründet,

dass Böhmermann untere Polizeischutz steht.

Nun könnte sich zeigen, dass Böhmermann weiß, dass auch Satire ihren Preis hat, dass man Steher sein muss, wenn man sich mit der Macht anlegt. Stattdessen scheint der kühne Satiriker die große Flatter zu bekommen, wenn man dem SPIEGEL Nr. 16/16.4. 2016 vertrauen darf:

„Die jetzige Löschung aus der ZDF-Mediathek jedoch fasste ihn richtig an. Das war doch seine Sendung. Durfte er hier nicht machen, was er wollte?

Wer in den folgenden Tagen mit ihm Kontakt hatte, erlebte einen Mann, der

nicht zu wissen schien, wie ihm geschah. Aus vielem, was er unternahm, sprach Verzweiflung. Böhmermann schrieb und rief Menschen des öffentlichen Lebens an. Journalisten, Intellektuelle, Mächtige, auch solche, die er gar nicht persönlich kannte. Was genau er sich von ihnen erhoffte, war nicht immer klar. Rat? Zuspruch?

Bei seiner Suche nach Verbündeten war er nicht wählerisch. Als rechtlichen Beistand nahm er sich ausgerechnet Christian Schertz, den Berliner Prominentenanwalt, über den er sich in seiner Sendung regelmäßig lustig macht. Außerdem schickte er per Direktnachricht auf Twitter einen

Hilferuf an Peter Altmaier, einfach nur, weil beide dort einander folgen, aber der Kanzleramtsminister meldete sich nach einer ersten Antwort nicht mehr.

Böhmermann twitterte auch Persönliches an Kai Diekmann, den Herausgeber von „Bild“. (….) Dazu schrieb Böhmermann: „Kai, steh mir bei.“ In einer weiteren Nachricht bat er Diekmann darum, seine Privatsphäre zu schützen, was vermutlich so clever ist, wie wenn ein Ferkel Zuflucht beim Schlachter sucht.

Diekmann verhielt sich, wie man es vielleicht nicht anders erwarten darf: Er machte einen Teil der persönlichen Nachrichten auf Twitter öffentlich, versehen mit der bigotten Bemerkung, er

mache sich 'ernsthaft Sorgen' um Böhmermann.“ ( SPIEGEL,S. 14 f.)

Weil Böhmermann durch sein rüdes Schmähgedicht auf Erdogan den von Merkel so mühsam ausgehandelten Deal mit der Türkei gefährdet hat, darf es ihn nicht wundern, dass die Kanzlerin die Beleidigungsklage Erdogans nun der deutschen Justiz überantwortet hat.

Eine tollkühne Satire zu schreiben und mutig dafür einzustehen, ist dem Sonnyboy der Satire nicht gegeben.

© Ekkehart Mittelberg, April 2016

 

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Über den Autor

Phantasus
Literatur war mir in meinem Leben schon während der Schulzeit sehr wichtig. Doch ich habe erst seit ein paar Jahren die Zeit gefunden, selbst zu schreiben.
Ich freue mich über Lob, bin aber für alle Verbesserungsvorschläge offen.
Ich lese immer wieder in Literaturgeschichten, weil ich meine,dass wir nur so entdecken können, wie wir einen ganz bescheidenen Beitrag dazu leisten können, dass Literatur sich weiter entwickelt.

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"Ein Papiertiger..."
Wahrlich, die 'Causa Böhmermann'
scheint inzwischen die Nation in pro und contra zu spalten
und so ganz nebenbei in eine handfeste Staatsaffaire abzugleiten.
Ein zutiefst beleidigter türkischer Oberboss mit Starallüren und ganz, ganz schlechtem Charisma beklagt sich über einen moralisch unter die Gürtellinie schlagenden deutschen 'Comedian' zu einer Ehrabschneidung, von der allerdings schon lange keine Rede mehr sein kann, weil ihm, diesem sich wie ein wildgewordener Drachen am politischen Himmel gebärender Diktator, diese vermeintliche Ehre längst schon abhanden gekommen war...
Eine zögerlich agierende deutsche Kanzlerin gibt ihrerseits grünes Licht und lässt zum juristischen Halali auf einen grottenschlechten Schreiberling blasen, obwohl sie dafür überhaupt nicht kompetent ist, denn diese Kompetenz steht allein der deutschen Justiz,
in Persona des Generalbundesanwaltes zu...
Aber da die wegen der Flüchtlingskriese unter Zugzwang stehende Kanzlerin keinen anderen Ausweg sieht, als jenen zutiefst Beleidigten zu hofieren,
eskaliert die Situation und die deutsche Demokratie
nimmt wegen politischem Unvermögens der verantwortlichen deutschen Politiker einen gewaltigen und jetzt schon nicht mehr gut zu machenden Schaden...
Ein nicht zu übertreffendes Meisterwerk an politischer Dummheit und fataler Borniertheit, während im Mittelmeer vor faschistoiden Systemen flüchtende Menschen weiterhin jämmerlich ertrinken...
Ein bitter-böses Possenspiel, dessen gesamtgesellschaftlichen Ausmaße und politischen Umrisse in ihrer Gänze noch gar nicht erfasst werden können...
Willkommen also auf der politischen Bühne des 21. Jahrhunderts,
bei der die Unfähigen den Einfältigen das Funktionieren dieser Welt erklären...
LG Louis
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Lieber Louis,
merci, auch für den Favo, du ergänzt meine Kritik mit dem Hinweis auf die Jämmerlichkeit Erdogans und den zumindest fragwürdigen Deal Merkels. Ich identifiziere mich ausdrücklich mit deinen Ausführungen.
Man könnte fragen, warum ich diese Seite der Medaille nicht in meine Kritik einbezogen habe.
Mir ging es darum klarzumachen, dass Satire ihre Grenze in der Menschwürde des Kritisierten findet und das muss selbst für den Demokratieverächter Erdogan gelten. Er hätte Anlässe genug für geistreiche Satire geboten, aber ich denke, Herrn Böhmermann ging es darum, den Skandal zu schaffen. Man kann auch das noch billigen mit der Überlegung, dass die inkonsequente Politik Merkels so bloßgestellt wurde.
Aber gerade von ein einem so verletzenden Satiriker wie Böhmermann darf man erwarten, dass er keine kalten Füße bekommt.
LG
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
FLEURdelaCOEUR 
Jetzt geht dem Böhmermann offensichtlich die Düse ...
Wenn seine Verse wenigstens noch witzig gewesen wären, was man ja bei Satire eigentlich erwartet ... Aber die waren einfach nur unterste Schublade.
Trotz allem bleibt ein schaler Geschmack zurück, wenn ein Kabarettist oder Comedian vor Gericht kommt.
Eine lehrreiche Geschichte mit aktuellem Bezug!

Liebe Grüße
fleur

Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci, Marie, Ich vermute, dass eine geringe Geldstrafe Böhmermann den Status eines Märtyrers verleihen wird. Seine Fans werden ihn noch mehr verehren.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
GertraudW 
Sehr gut "aufgeklärt" lieber Ekki.
Was ich von Böhmermann (und Erdogan) halte,
das möchte ich hier nicht weiter ausbreiten ...
Liebe Grüße
Gertraud
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Gracie, Gertraud, wer Böhmeermann kritisiert, sollte Erdogan nicht verschonen.
Naja, Böhmermann hat ja jetzt eine Denkpause. Vielleicht besinnt er sich danach auf Satire, die den Namen verdient.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
Loraine Hallo Ekki,

Danke für die Informationen die das Medienbild etwas klarer stellen.
Täglich neue Schlagzeilen - aber wenig sachliche Einblicke. Aufgebauscht Opfer/Täter... das könnte anders gehandhabt werden. Manches wird zum Selbstläufer...
LG Loraine
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Merci Loraine, ein guter Satiriker sollte nicht nur austeilen. Er muss auch einstecken können. Das ist das Problem.
Liebe Grüße
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
gela556 Jetzt muss ich aber wirklich mal höfflichst, Danke sagen.
Eine bessere Aufklärung kann garnicht geschrieben werden.
Gut zu Wissen, wie es Zustande kam
Hatte heute ein Vers gelesen über diesen Böhmermann
und nun kann ich es richtig nachvollziehen.
schönen Abend noch,
GlG, Angelika
Vor langer Zeit - Antworten
Phantasus Keine Ursache, Angelika. Wenn Böhmermann seine Verse auf den Umgang Erdogans mit kritischen Journalisten gerichtet hätte, wäre vielleicht statt ein grottenschlechtes Schmähgedicht gute Satire dabei herausgekommen.
GlG
Ekki
Vor langer Zeit - Antworten
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