Lakanus
Teil 1
Ich hatte endlich Urlaub und wollte mit meiner Familie nach Spanien fliegen, als schon wieder das Telefon klingelte.
„Bitte, lass es doch klingeln,“ bat meine Frau Cornelia.
„Es ist unser erster gemeinsamer Urlaub und die Kinder freuen sich doch auch, dass sie endlich einmal ihren Vater um sich haben. Du hast noch nicht ein einziges mal, etwas Zeit für sie gefunden. Ständig bist du unterwegs, um Morde aufzuklären und wir haben dann das nachsehen. Bitte, bleib doch
hier!“
Er hatte aber schon den Telefonhörer wieder aufgelegt, gab seiner Frau noch ein Küsschen und ging.
Wütend nahm sie sich gerade einen Drink, als ihr kleiner Sohn zur Tür herein kam und mit trauriger Stimme fragte; „Fahren wir nun nicht mehr weg mit unserem Papi, liebe Mami?“
„Nein,“ und mit voller Wucht, schmiss sie ihr Glas gegen die Wand.
„Scher dich hier raus und lass mich in Ruhe!“
Völlig hysterisch, bekam der Fünfjährige eine Ohrfeige, so das er mit dem Kopf an die Tischkante flog.
„O Tomi, verzeih mir bitte. Denn das,
dass habe ich wirklich nicht gewollt. Ich war doch nur so schrecklich wütend auf deinem Vater, weil er niemals etwas Zeit für uns hat.“
Über der rechten Augenbraue, hatte der Junge eine kleine Platzwunde und mit Tränen in den Augen, legte sie ihm ein Pflaster auf.
„Verzeih mein kleiner Liebling, aber geh nun auf dein Zimmer rauf und spiele noch ein bisschen. Ich habe leider noch keine Zeit für dich, da ich unser Mittagessen vorbereiten muss.“
Mit einem leichten Klaps auf dem Hintern, versuchte sie ihren Worten, Nachdruck zu verleihen.
Aber der Kleine schwieg und würdigte
seiner Mutter keinen Blick, als er auf sein Zimmer ging.
Traurig blickte er aus dem geschlossenem Fenster und sah dabei seine kleine Schwester, die draußen vor der Tür stand und noch in ihrem Kinderwagen lag.
Plötzlich erinnerte er sich daran, wie die Mutter sie auf dem Arm hatte und sie dabei zärtlich an sich drückte.
Auch er wollte so gerne wieder einmal von der Mutter in den Arm genommen und gedrückt werden.
Aber seit seine Schwester da war, kann er sich nicht mehr daran erinnern,jemals wieder die Liebe seiner Mutter bekommen zu
haben.
Voller Hass auf seine Schwester, schlich er nun ganz leise die Treppen hinunter.
Unten angekommen, sah er geradewegs zur Küche und erblickte seine Mutter, die noch immer mit dem putzen von dem Gemüse beschäftigt war.
Nebenbei, trank sie von dem Whisky.
Da die Flasche noch voll war, als sie das erste Glas getrunken hatte und nun nur noch die Hälfte davon in der Flasche vor ihr auf dem Küchentisch stand, wusste er sofort, dass sie davon getrunken hat.
Noch einmal vergewisserte er sich, ob sie ihn wirklich nicht gesehen hatte und ging anschließend zur Wohnungstür.
Leise öffnet er diese und stand endlich
im Garten, wo auch seine Schwester sich befand.
Obwohl er ganz genau wusste, dass er nicht alleine hinaus gehen darf, tat er es dieses mal aus purem Trotz.
„Denke daran, du kannst sehr leicht in den Swimmingpool fallen,“ hörte er eine innerliche Stimme zu sich sagen.
Wie oft er diese Worte schon zu hören bekam, wusste er gar nicht mehr.
Immer und immer wieder hatten die Eltern es ihm gesagt und auf seine Frage hin, warum denn seine Schwester draußen sein darf, hatten seine Eltern nur gelacht und gemeint, „ Deine Schwester ist doch noch viel zu klein, Tomi. Sie liegt ja in einem Kinderwagen,
wo ihr nichts geschehen kann.“
Noch in Gedanken versunken, fing die Kleine plötzlich laut zu schreien an und strampelte mit ihren Füßen die Zudecke hoch, so das diese drohte, jeden Augenblick herauszufallen.
Nun wollte er seiner Schwester den Sauger geben und betätigte dabei, unbeabsichtigt, die Bremsen von dem Kinderwagen, als er auf die untere Stange stieg.
Den Schnuller fand er nicht und stieg wieder runter.
Tomi sah dann, wie der Kinderwagen immer heftiger zu schaukeln begann und dann anfing, Stück für Stück dem Abhang entgegen zu
rollen.
Schneller und immer schneller rollte der Wagen auf dem Pool zu .
Wie versteinert stand der Junge da und hörte noch ein letztes mal seine Schwester schreien, dann trat eine toten Stille ein.
Der Kinderwagen war längst im Swimmingpool versunken gewesen, als Tomi seinen Namen hörte.
Er wollte schreien, aber die Stimme versagte ihm.
„Hallo mein kleiner Sohn, ich bin wieder zu Hause und Morgen fliegen wir in den Urlaub. Nichts kann uns noch daran hindern. Freust du dich auch schon so sehr darauf, wie ich mich
freue?“
Langsam drehte sich mein Sohn um und ich erschrak fürchterlich, als ich seinen starren Blick sah.
Dann viel mir auch noch das Pflaster über seiner rechten Augenbraue auf.
Behutsam nahm ich meinen Sohn auf den Arm und gemeinsam gingen wir in das Haus.
„Coni, was ist mit dem Jungen los? Er sieht völlig verstört aus. Sage nicht, du hast ihn schon wieder geschlagen? Ich weiß das du völlig verzweifelt bist, aber das gibt dir doch noch lange nicht das Recht, dich an den Kindern zu vergreifen.“
„Mein Gott, dass war doch nur eine
kleine Ohrfeige, weil er mich total genervt hatte. Außerdem habe ich jetzt keine Zeit für euch beide, denn die Kleine muss rein geholt und fertig gemacht werden,“ sagte sie noch beim gehen und war kurz darauf aus der Haustür verschwunden gewesen.
Es dauerte nicht lange, und sie kam Leichenblass zurück und fragte, „ Gerd, hast du Tina schon auf ihr Zimmer gebracht? Sie stand vor der Haustüre, aber da ist sie nicht mehr.“
„Nein, ich fand nur Tomi draußen und war darüber auch sehr verwundert gewesen. Schließlich hatten wir es ihm doch verboten, alleine hinaus zu gehen.