Prolog
Lieber Leser!
In dieser Kurzgeschichte geht es um das Thema „Farbenlehre“, nachzulesen im Forumsbattle 50, im Forum auf der Webseite mystorys.de.
Eine Farbe der vorgegebenen galt es herauszupicken und in Szene zu setzen. Außerdem sollten 8 Vorgabewörter eingebaut werden, die hier alle im Text vorkommen.
Viel Spaß beim Lesen der Geschichte!
Dringende Angelegenheit
Rudi war mit seinem Hängerzug unterwegs. Die Nacht schimmerte in diffusen Farben. Braungraue Schimären durchstreiften die Lichtkegel der Scheinwerfer. Rudi kannte die Strecke. Im Prinzip könnte er während der Fahrt schlafen. Schließlich gab es ja am Straßenrand diese Leitplanken, die sicherlich nicht umsonst so hießen. Doch Rudi hatte nicht vor, die Definition auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu untersuchen.
Die Magie des Unbekannten schien zwar lockenswert, jedoch nicht heute. Vielleicht morgen …
Irgendwann, in irgendeiner Pampa, auf der recht einsamen Strecke, grummelte es in Rudis Magen. Oder eher im Bauch. Auch das noch, brummte Rudi, ausgerechnet jetzt!
Er parkte den Hängerzug an einer Bushaltestelle. Um diese Zeit würde sicherlich KEIN Bus kommen. Rudi kletterte die Stufen des LKWs herunter und peilte die Lage. Dunkelheit, niemand in Sicht, kein Klo weit und breit, Klopapier in Buchform vorhanden. Was tun? Auf den verranzten Müllkorb setzen?
Da könnte man sich ja sonstwas wegholen …
Doch Rudi war schließlich nicht auf den Kopf gefallen. Behände zog er sich die Hosen runter und bekletterte die Deichsel des Anhängers, nicht ohne sich vorher des Buches bemächtigt zu haben. Sooo ließ sich das Geschäft prima erledigen! Man weiß nämlich, was gut ist. Und gut ist es, angenehm zu sitzen. Rudi hielt die Augen beim Drücken geschlossen. Er drückte wohl zu stark, sodass es ihm hinter den Lidern flimmerte. Das Spektrum eines Regenbogens schien ein Scheißdreck dagegen zu sein. Selbst wenn man danach die Augen öffnet, explodieren die Farbpigmente zu gleißenden Sternen wie kleine Atomkerne nach allen Seiten, bis sich die Guckerchen an die
Dunkelheit wieder gewöhnt haben.
Als er fertig war, riss er ein paar Seiten aus dem Buch und hygienisierte seinen Sitzbereich, denn im Stehen fuhr es sich schlecht. Dann drehte er die Papiere zu einer kleinen Rolle zusammen und steckte sie in die Mitte des ziemlich beeindruckenden Haufens. Als Rudi etwas später wieder in der Fahrerkanzel saß, schaute er im Licht der Kabine, welches Buch er benutzt hatte. Goethes Faust. Ausgerechnet Goethe. Nun ja, die Geschichte war sowieso schwer zu lesen und überhaupt – wie kommt ein derartiger Mist überhaupt in sein Auto?
Rudi runzelte die Stirn und wischte mit einer imaginären Handbewegung die Gedanken
daran hinfort. Schließlich war er kein … Waschlappen, oder Pantoffelheld, der sich täglich mit einem derartigen Quatsch beschäftigte. Diesel, Gummi, Geschwindigkeit – das waren seine Begriffe, mit denen sich was anfangen ließ. Goethe … phhfff …
Rudi startete den Motor. Zeit ist schließlich Geld. Er ließ die gelegte Staffelei hinter sich, und fuhr seinem Ziel entgegen.
Irgendwann, nachdem Rudi die Waren, die er transportierte, gelöscht und Neue aufgenommen hatte, ging es den gleichen Weg wieder zurück. Inzwischen stand längst die Sonne über dem Horizont und die Wolken wirbelten im Schneckentempo am
Himmel entlang. Rudi blinzelte nach oben. Manche Formationen sahen richtig nach etwas aus. Wie ein Drache zum Beispiel, oder die andere dort … wie ein Schaf (… ein Wolkenschaf – Rudi grinste), oder die eine da … wie ein Barhocker …
Nun wird es blöd, brummte Rudi und kniff mehrmals kurz hintereinander die Augen zusammen. Nun ja, bald schon … bald schlafen … aber nicht jetzt!
Rudi sah schon von weitem, dass an der Bushaltestelle, an der er nachts seine sicherlich imposante Farbenlehre
hinterlassen hatte, ein enormer Haufen Leute stand, die alle nach unten schauten und
sicherlich nicht dort den Bus erwarteten. Rudi dachte sich gleich, worum es sich handeln könnte. Als er auf gleicher Höhe war, bremste er sein Fahrzeug ab und rief durch das schon heruntergekurbelte Fenster den erstaunt zu ihm heraufschauenden Leuten zu:
„DIESE RECHTEN WICHSER! Jetzt setzen die hier schon ihre Stempel hin. Wo soll das nur hinführen …!“
Kopfschüttelnd ließ er den Hängerzug anrucken und fuhr weiter. Als die Menge aus seinem Blickfeld verschwunden war, tränten ihm die Augen schon vor Lachen.
Tja, Rudi wäre nicht Rudi, wenn er dem Ganzen nicht irgendwie die Krone aufgesetzt hätte.
Epilog
Goethes Farbenlehre setzt sich aus bestimmten Komponenten zusammen, die begrifflich erwähnt, im Text vorkommen sollen. Als Autor jedoch denke ich, dass diese Begriffe, wie bei meiner Geschichte, wo es um die Farbe Braun geht, nicht im Text erwähnt werden müssen, da diese bereits daraus hervorgehen.
Braun – Bräunung der Haut (Schönheit), Erde, Bodenständigkeit, Nationalsozialismus, Kot
Bräunung der Haut – ist hier die zurückgelassene Patina beim Erleichterungsmoment, was jetzt nicht unbedingt etwas mit Schönheit zu tun haben muss, aber kann.
Erde – ist doch wohl klar, dass die Handlung auf der Erde passiert und nicht auf dem Mond.
Bodenständigkeit – auch klar, schließlich hat der Fahrer einen festen Stand mit den Füßen und außerdem einen anständigen Beruf.
Nationalsozialismus – geht aus der Ausdrucksweise zweier Wörter, die Rudi den Leuten zuruft, klar hervor.
Kot – ist wohl eindeutig genug, schließlich spielt er eine Hauptrolle in dieser Geschichte.