Romane & Erzählungen
Eisprinzessin

0
"Eisprinzessin"
Veröffentlicht am 06. April 2016, 14 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
http://www.mystorys.de
Eisprinzessin

Eisprinzessin

Kapitel EIns

Flucht Das junge Mädchen hockte am Rande des kreisrunden Sees, welches durch das Mondlicht silbern schimmerte. Aus weiter Ferne hörte sie einen Wasserfall plätschern. „Was ist aus dieser Welt geworden?“, durchbrach sie flüsternd die Stille. Mit geschlossenen Lidern spürte sie jemanden, oder etwas, aus dem Waldrand hervortreten. Das Laub knisterte unter seinen schwerfälligen Schritten, als es weiter auf sie zuschritt. Liara erhob sich aus ihrer Hocke und wartete schweigend. Wenn dieses

Wesen vorhatte sie zu töten, hätte es keine Sekunde gezögert. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen. Für einen Moment ließen die näher kommenden Schritte die Erde erzittern. Sie fühlte den heißen Atem, der ihren Nacken streifte, als es hinter ihr zum Stehen kam. Über ihnen schrie ein Vogel. „Liara…“, flüsterte es sanft. Er war es. Wie konnte sie denken, es sei ein wildes Tier gewesen? „Verschwinde, Kolgar.“, zischte sie durch ihre Zähne. Der Wind heulte kurz auf, als sie sich umdrehte und ließ sie für einen Augenblick erschaudern. Sachte ließ Kolgar seine Hand über Liaras dunkelbraune Haare gleiten. Das Mädchen

rührte sich nicht. Die Arme lagen locker an ihren Hüften, während sie zu ihm hoch sah. Kolgar erzeugte einen leichten Druck auf ihren Kopf und ließ ihre Haare auf den Boden gleiten. Die Perücke landete zitternd im Geäst. In einem Schwung fielen Liaras glänzenden, weißen Haare ihren geraden Rücken hinab. Durch das Leuchten des Mondes funkelten sie zart wie Diamanten. „Bei mir brauchst du dich nicht zu verstecken. Ich beschütze dich.“ Es wäre so einfach gewesen seinen Worten zu glauben. Mit ihm in der Dunkelheit zu verschwinden und seine Hand zu halten. Liara trat einen Schritt zurück, näher an den See heran, um Abstand zu gewinnen. „Geh fort, Kolgar. Steig auf deinen lästigen

Gaul und reite davon.“ Wie zur Empörung des Satzes, schnaubte sein Pferd verächtlich. Gut versteckt im Unterholz. „Ich werde nicht ohne dich gehen.“, sagte er mit fester Stimme. „Das wirst du müssen.“, erwiderte Liara und ging an ihm vorbei. Sie war nicht weit gekommen, als er ihren Arm ergriff. Sie spürte seine Finger, wie sie sich einzeln in ihre Haut gruben. Kolgar wirbelte sie herum und sie landete unsanft an seiner Brust. Die Luft wich ihr zischend aus den Lungen. Liara schaute hoch in sein Gesicht. Seine Augen leuchteten dank des Mondscheins wie Blut. Seine Nase hatte einen makellosen,

geraden Rücken und lief etwas zu spitz für einen Elf zu. Er hatte seine schmalen Lippen zusammengepresst. Sie waren auch geblieben. Drei blitzartige Narben zierten auf ewig sein Gesicht. Die längste erstreckte sich von seiner Stirn über sein rechtes Auge. Sie verlief bis zu seiner Wange, wo ihr Ende leicht verblasste. Der linke Blitz schlängelte sich von seinem Auge parallel zur Nase hinab. Rechts von seinem Kinn erhob sich die letzte Narbe, die so aussah, als wollte sie nach der oberen greifen. Liara wusste instinktiv das sie Erinnerungen seiner Kämpfe waren. Drei zierliche Blitze waren für immer in seine Haut gebrannt, doch er war nach wie vor wunderschön. Und seine Haut so glatt wie

Porzellan. „Der König schickt mich.“, durchbrach Kolgar ihre Gedanken. Der König , dachte Liara grimmig. Als ob sie sich seinem Befehl beugen würde. Niemals würde sie freiwillig zu ihm zurückkehren. „Ich habe kein Interesse Dhoran wieder zusehen.“ Es tat weh. Es tat weh seinen Namen auszusprechen. Als wenn tausende Eissplitter in ihr Herz trafen und sich schrecklich langsam drehten, sodass sie jeden von ihnen spüren konnte. Spüren konnte, wie ihre Kälte ihr Blut gefrieren ließ. Doch sie würde sich keine Schwäche anmerken lassen. Nicht jetzt und auch sonst nicht. Liara riss ihren Arm aus seinem Griff.

Sie wollte schnell zum Wald gelangen und verschwinden. Im Schutz des Dickichts keine Spuren hinterlassen. Unsichtbar werden. „Du wirst nirgendwohin gehen!“, knurrte Kolgar gefährlich hinter ihr. Sie spürte ein Prickeln auf ihrer Haut, ein Zeichen für Gefahr, und doch sah sie zu ihm zurück. Keine einzige Bewegung ging von ihm aus, lediglich seine Augen ruhten auf ihr. Das Prickeln wurde stärker. Und dann nahm Liara sie wahr. Ihre langen Umhänge streiften den Boden und wirbelten Blätter auf. Der Mond zog sich hinter seine schützenden Wolken zurück und hinterließ sie in Schwärze. Wie viele mochten es sein? Liara fühlte die sachten Erschütterungen unter ihren Füßen,

als sie zum Stehen kamen. Sie war umzingelt. Stand regungslos in der Mitte des Kreises. Das Mädchen schaute sich um. Wer ließ sie außer Kolgar keine Sekunde aus den Augen? Plötzlich erkannte Liara sie. Ein Schauder lief ihren Rücken hinunter. Dunkelelfen. Um ihre Mundwinkel spielte ein vergnügtes Grinsen und ihre blutroten Augen funkelten trotz der tiefschwarzen Nacht. Liara sah ihre Arme vor Angriffslust zucken. Entschlossen ging sie einen Schritt auf Kolgar zu. Wie Spiegelbilder folgten die anderen Dunkelelfen ihren Bewegungen. Kolgars rechte Hand bedeutete seinen Soldaten still zu stehen. Die Anderen hörten auf seinen stummen

Befehl. Er war ihr Anführer. „Verräter!“, schrie sie ihn an. „Du warst schon immer einer gewesen!“ „Es tut mir Leid.“; erwiderte Kolgar achselzuckend. „Es tut dir Leid?“, fragte Liara entrüstet. „Was tut dir Leid, Kolgar? Das du mich jagst? Das du mich zu ihm zurückschleifen willst?“ Sie trat so nah an ihn heran, wie es ging und sprach mit fester Stimme. „Du entschuldigst dich nicht. Für nichts und niemanden.“ Schwarze Haarsträhnen stahlen sich aus seiner Kapuze und kitzelten ihre Wangen. Dieser so vertraute Moment war mehr als unangebracht, denn früher mochte sie es wie

seine Haarspitzen ihr Gesicht streichelten. Doch jetzt war es ihr zu wider. Dem Mädchen war klar das sie nicht kampflos gehen könnte. Dieses Mal war es Kolgar ernst. Nie zuvor kam er mit solch einer Unterstützung. Bedeutend langsam kehrte sie in die Mitte zurück. Jeden Moment könnte Kolgar seinen Befehl aussprechen und die Dunkelelfen würden sich auf sie stürzen. Tief im Wald, wo Liara ihr Lager aufgeschlagen hatte, lag ihre Waffe wartend auf ihren Einsatz. Doch selbst wenn das Elfenmädchen schnell genug wäre, hätte sie gegen zehn Kämpfer auf einmal keine Chance. Sie müsste sie strategisch trennen und einzeln bekämpfen. Sie schloss ihre

Augen und bereitete sich auf den Angriff vor. Wartete auf die Schwerter die durch die Luft schnitten. Auf das Kriegsgebrüll der Elfen. Doch nichts geschah. Sie hörte einzig und allein die Baumkronen leise wispern, die vom Wind hin und her gewiegt wurden. Zögernd öffnete Liara ihre Augen und konnte nicht begreifen was sie erblickte. Kolgar stand noch immer vor ihr. Seine Muskeln angespannt und die Fäuste an seinen Körper gepresst. Nur seine Augen wanderten hastig umher. Die übrigen Dunkelelfen erstarrten ebenfalls in ihren Bewegungen. Vorsichtig schritt das Elfenmädchen auf Kolgar zu. Es konnte genauso gut ein Trick sein. Wenn sie nah genug war, konnte er blitzschnell seine Arme

um sie schlingen und nicht mehr loslassen. Sie stand nah genug vor ihm um sehen zu können, wie die bleiche Haut sich um seine Fingerknöchel spannte. Er wirkte versteinert. Unfähig sich zu bewegen, obwohl er es wollte. Liara ergriff ihre Chance ohne zu zögern und rannte so schnell ihre Beine sie trugen, in den Wald. Sie wusste nicht was passiert war, doch Kolgar und seine Kämpfer wären zumindest für eine Zeit lang aufgehalten.

0

Hörbuch

Über den Autor

xoxoYvonnexoxo

Leser-Statistik
12

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
Zeige mehr Kommentare
10
0
0
Senden

142634
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung