Sabine und der Schlafhase
Sabine war so froh. Endlich Urlaub. Fast ein ganzes Jahr hatte sie durchgearbeitet, um nun endlich ihre 6 Wochen Urlaub genießen zu können. Sofern die anderen Kollegen und Kolleginnen nichts dagegen hatten, fuhr sie jedes Jahr im Juli und August für sechs Wochen an die Nordsee. Sie wäre zwar auch gerne einmal am Mittelmeer gewesen, doch da sie gesundheitlich etwas angeschlagen war, ließ sie das eben sein. Und warum musste man denn immer so weit weg fahren? Auch an der Nordsee gab es so schöne Orte.
Dieses Jahr hatte sie sich für Husum
entschieden.Sie wollte unbedingt eine Wattwanderung machen, auch wenn sie sich vor den Wattwürmern von denen sie gelesen hatte etwas ekelte. Wenn man sich das vorstellte, dass die vorne das Watt fraßen und das hinten wieder herauskam, wenn man das zu Ende dachte…nein, das dachte sie lieber nicht zu Ende.
Von Husum aus konnte sie auch mal nach Hamburg fahren, oder vielleicht fuhr sie an einem Tag auch mal mit dem Schiff nach Helgoland. Sie hatte gelesen, dass man sich langsam beeilen musste wenn man das rote Sandsteingebilde, die sogenannte Lange Anna noch sehen wollte, da diese jedes Jahr etwas dünner und kleiner wurde, und somit
würde sie irgendwann auch gar nicht mehr da sein.
Sabine schaute im Internet, wie lange sie mit dem Auto nach Husum brauchen würde, und wie es mit den Zugverbindungen aussah. Sie entschied sich dafür das Auto zu nehmen, sie würde wohl so sieben bis acht Stunden fahren. Wenn sie also schon früh morgens losfuhr, dann wäre sie im Laufe des Nachmittags oder spätestens am frühen Abend dort und dann konnte sie erst einmal sich ins Bett legen und ausschlafen. Das kleine Gästezimmer hatte sie schon gebucht. Es war etwas ganz besonderes. Denn dieses Gästezimmer hatte nur ein Zimmer mit einem Bett und selbst die Vermieter waren nicht im
selben Gebäude, denn sie übernachtete in einem der wenigen stillgelegten Leuchttürme, die heute nur noch als Gästezimmer dienten. Zu Zeiten von GPS und ähnlichen Ortungsdiensten war ein Leuchtturm nicht mehr nötig. Und so konnte man sich den Abriss sparen und sogar noch ein bisschen Geld einnehmen und wem aus dem tiefen Landesinneren gefiel so etwas denn nicht?
Sabine packte ihre Sachen zusammen, wie immer nahm sie nicht viel mit, denn sie dachte, wenn sie wirklich etwas brauchen würde, dann könnte sie es sicherlich auch noch in Husum oder spätestens beim Ausflug nach Hamburg kaufen. Einige Klamotten für kältere, und einige für wärmere, Tage, Ein
paar Gummistiefel für die Wattwanderung und ihren e-book Reader den sie frisch mit ungefähr 600 Büchern gefüllt hatte. Ihr war auch klar dass sie selbst in 6 Wochen niemals 600 Bücher lesen konnte, aber so hate sie genug Auswahl und würde sicher immer irgendetwas zum Lesen finden auf was sie gerade Lust hatte. Und dann natürlich ihr neues Smartphone, das sie sich erst letzte Woche gekauft hatte, das musste auch mit, und dann ihren Schlafhasen. Auch wenn Sabine schon 40 war, ohne ihren Schlafhasen konnte sie nicht einschlafen.
Niemand wusste warum das so war. Einige Zeit hatte Sabine versucht es herauszufinden, doch ohne Erfolg. Letztlich
dachte sie: „Eigentlich kann es mir ja egal sein, es sieht mich ja niemand mit dem Schlafhasen“ und so kam es eben dass sie ihren Schlafhasen wirklich überall mit hin nahm.
Als sie alles zusammen hatte trug sie ihren Koffer, denn es hatte alles genau in einen Koffer gepasst, in ihr kleines blaues Auto. das sie liebevoll tüt-tüt nannte, schaltete das Radio und das Navigationsgerät ein und fuhr los.
Dank des Navigationsgerätes stand sie auch nie im Stau und war nach 7 Stunden und 32 Minuten am Leuchtturm angekommen. Sie wusste wo sie den Schlüssel holen musste,
und so lief sie in das kleine Städtchen und holte sich dort den Schlüssel für den Leuchtturm.
Die vielen Treppen und dann auch noch in Wendeltreppenform, waren nach einer so langen Fahrt etwas mühsam, aber sie schaffte es. Und als sie endlich oben war, zog sie sich nur schnell für die Nacht ein Schlafshirt an und nahm ihren Schlafhasen und kaum lag sie auf dem Bett. schlief sie auch schon ein. Für das Koffer ausräumen war morgen auch noch genug Zeit.
Am nächsten Morgen schaute Sabine auf die Uhr, warum war sie so früh wach geworden? Es war gerade einmal 7 Uhr. Draußen war es
zwar schon hell, aber sie hätte doch lieber noch etwas länger geschlafen. Sie dachte nicht mehr darüber nach, vielleicht war es ja einfach eine Folge der langen Fahrt. Sie räumte den Koffer aus und überlegte was sie heute tun wollte. Da die Sonne schien wollte sie sich irgendwo an den Strand setzen, aufs Meer schauen und ein bisschen lesen.
Sie suchte sich ein schönes Plätzchen und durchsuchte ihren e-book Reader, was sie heute wohl lesen könnte. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie faszinierten sie schon immer Geschichten mit und über Hasen. Daher nahm sie sich auch heute eine Geschichte vor, in der es um Hasen ging. Irgendetwas war an dieser Geschichte allerdings seltsam. Es handelte von einer
Sabine, die nie ohne ihren Schlafhasen ins Bett ging und immer an der Nordsee Urlaub machte. Sie wusste ja, dass es immer wieder vorkam, dass man sich in Geschichten wieder findet. Doch gleich so sehr? Das war ja fast schon wie ein Spiegelbild.
Sie las weiter und es stand in der Geschichte, dass die Sabine am nächsten Tag ganz früh an den Strand gehen würde, und dort etwas sehen würde, was sie erst nicht glauben könnte, was sie dann aber in ihre Heimat bringen würde.
Sabine dachte: „Na, jetzt weiß ich, dass das nur eine Geschichte ist, ich weiß doch wo ich zuhause bin, und da geh ich in sechs
Wochen wieder mit meinem Auto hin, also ist das alles nur Zufall.
So ganz ließ sie die Geschichte allerdings nicht los, und abends brachte sie keinen Bissen runter, so sehr musste sie an diesen seltsamen Zufall denken. Sie legte sich wieder sehr früh ins Bett, natürlich nicht ohne ihren Schlafhasen.
Und dieses Mal wachte sie schon um 4:30 auf. Sie wusste nicht warum, aber trotz dieser frühen Uhrzeit, und obwohl es draußen noch dunkel war, zog sie irgendetwas mit einer unvorstellbaren Kraft an den Strand. Sie hätte gar nirgends anders hingehen können, selbst
wenn sie es gewollt hätte.
Als sie am Stand angekommen war, war weit und breit niemand zu sehen, nur ein Schiff lag am Strand und das Schiff sah irgendwie aus, als wäre es aus einer anderen Zeit, oder aus einer anderen Welt. Sabine hatte zwar große Angst, aber ihre Neugier war stärker und so suchte sie ob sie irgendwie, irgendwo in das Schiff hinein gelangen konnte. Und als sie eine Strickleiter fand, kletterte sie hinein und schaute sich vorsichtig um. Nirgends war jemand zu sehen. Kein Wunder, dass das Schiff an den Strand gespült worden war. Da sah sie etwas, das wie die Tür zu einer Kabine aussah und als sie sie öffnete traute sie ihren Augen nicht. Die Tür führte in einen Saal, in dem mindestens 10 Männer und 10
Frauen in Betten lagen. Doch das war nicht das eigentlich seltsame. Viel seltsamer war, dass alle, wirklich alle, einen Schlafhasen bei sich im Bett hatten, der dem von Sabine sehr ähnlich sah.
Da konnte Sabine nicht mehr anders. Sie weckte eine der Frauen, die in der Nähe der Eingangstüre schliefen. Und als diese wach wurde und Sabine sah, sagte diese in einer anderen Sprache, die Sabine aber irgendwie trotzdem verstand:
„Hallo Sabine, willkommen zuhause“
Sabine hatte ja schon immer gewusst, dass sie etwas anders war als die anderen, aber wer waren denn diese Leute hier? Die Frau, die von Sabine geweckt worden war, erklärte
ihr, dass sie von einem fernen Planeten kämen, und die Schlafhasen wären in etwa vergleichbar, mit dem was die Menschen als Schlafmittel nahmen. Nur dass das eben auf ihrem Planeten jeder brauchte. Wer keinen hatte, oder seinen verlor, der konnte nicht mehr schlafen und starb nach wenigen Tagen an Übermüdung. Leider konnte man sich auch keinen Ersatz kaufen.
Sabine fand dieses Schiff etwas gruslig, war aber andererseits froh wieder zuhause zu sein. Und am nächsten Tag sahen die Menschen am Strand ein Schiff, dass in den Himmel flog, obwohl es kein Raumschiff war. Obwohl, irgendwie ja doch, eben ein Schiff
dass in den Weltraum flog.
Die Wesen erklärten Sabine alles, was sie in den letzten 40 Jahren verpasst hatte und auch wie es geschehen konnte, dass sie als Baby bei den Menschen auf der Erde untergekommen war.
Sie erklärten Sabine auch, wie sie mit ihrer neuesten Technologie auf die e-book Reader der Menschen Nachrichten schicken konnten, und so lassen die Kollegen und Kolleginnen von Sabine kurz bevor sie wieder zum Dienst hätte erscheinen müssen: „Hallo, liebe Kollegen, und Kolleginnen, ich werde nicht mehr kommen, denn ich bin zuhause, Eure Sabine.
Alle ihre Kolleginnen und Kollegen fragten sich, wie das geschehen konnte, und wieso sie zuhause wäre, denn jetzt merkten sie alle erst einmal selbst, dass sie auch nicht zuhause waren, obwohl sie das immer gedacht haben.
Darum achtet darauf, dass, wenn ihr Euer Zuhause gefunden habt, ihr es nie mehr aus den Augen verliert. Und achtet nicht darauf was andere von eurem Zuhause halten, denn es ist euer Zuhause und nicht das der anderen.