SELTSAMER STREIT
Das Auge spricht: „Ich bin so wichtig,
niemand kann leben ohne mich.“
Das Ohr fragt: „Höre ich da richtig,
wer denkt denn hier so groß von sich?“
„Wie soll der Mensch denn vorwärts kommen
ohne Beine, die ihn tragen?“
Der Magen grummelt ganz benommen:
„Ich allein hab hier das Sagen.“
„Nur ich allein kann alles leisten.“
meldet die Hand sich gleich dazu.
„Ich riech Gefahr am Allermeisten.“
meint die Nase, „gib endlich Ruh!“
Das Herz schlägt kräftiger in der Brust:
„Was wärt ihr ohne meinen Schlag?
Denn würde ich sagen, keine Lust,
es ging nicht weiter einen Tag.“
Der Darm nun leise zu Worte kommt:
„Ohne mich hält es keiner aus.
Zerplatzen würde der Mensch doch prompt,
schmeiß ich nicht jeden Müll hinaus.“
Da hört man Lachen von den Knochen:
„Ohne uns geht doch gar nichts mehr.
Alles wäre schon eingebrochen,
denn der Körper ist viel zu schwer.“
Die Lunge hat bisher geschwiegen,
doch nun macht sie sich lautstark Luft.
„Kommt meine Atmung zum Erliegen,
ist jede Energie verpufft.“
Das Hirn hört sich alles schweigend an.
„Jeder tut, was ihm ist bestimmt.
Es zählt nicht, sagt einer, das ist meins.
Dummes Streiten alle verstimmt.“
Das Gefühl ruft jetzt laut: „Ich danke!
Der Frieden kehrt nun endlich ein.
Hört einfach auf mit dem Gezanke!
Kein Dienst ist groß und keiner klein.“
Der Körper zeigt, wie es doch sein kann.
Du bist wichtig und kannst walten.
Fair zueinander, Kind, Frau und Mann,
wird das Leben gut gestalten.
©Sylke Eckensberger