Kurzgeschichte
Box of Secrets

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"Verschenkte Chancen, verlorene Zeit und verblasste Erinnerung. Von der Liebe eines jungen Schotten."
Veröffentlicht am 31. März 2016, 10 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
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Über den Autor:

No matter how old I am, where I come from, what gender I am- you just can judge me for what I´m doing.
Verschenkte Chancen, verlorene Zeit und verblasste Erinnerung. Von der Liebe eines jungen Schotten.

Box of Secrets

Lonely Boy

„Ein Geheimnis ist doch nur dann interessant, wenn man es teilt, oder nicht? Los erzähl mir von dir!“ Ihre Stimme hallte noch lange in seinen Erinnerungen nach. Selbst nachdem sie starb, war ihre Stimme nicht verschwunden. Er hatte sich ihr geöffnet. Ihr alles erzählt. Jetzt war sie tot. Natürlich hatte er sie gemocht, sonst hätte er wohl kaum mit ihr geredet- oder? Wenn er die Augen schloss, dann sah er wieder, wie sie auf ihrem Bett gelegen hatte. Ihre langen schwarzen Haare lagen um ihren Kopf herum verteilt, wie schwerelos. Er saß, kaum zu einer Bewegung fähig auf dem Stuhl

neben dem Fenster und sah hinaus ohne wirklich etwas zu sehen. Seine Stimme hatte den Raum erfüllt und manchmal hatte er das blöde Gefühl gehabt, dass sie seine Geschichte gar nicht interessierte, nur um seiner Stimme wegen sollte er hier sein. Es war so schrecklich offensichtlich- im Nachhinein. Jetzt wusste er es. Es hatte praktisch in ihrem Abschiedsbrief gestanden, in dem sie sich von ihm verabschiedet hatte. Sie war umgezogen. Nach New York. Gott wie er diese Stadt verabscheute. Einen Monat später hatte man ihn benachrichtigt. Tot. Sie war noch so jung gewesen. Gerade zwei

Wochen vor ihrer Abreise war ihr 21. Geburtstag gewesen. Sie hatten ihn gemeinsam verbracht. Er hatte ihr ein Tagebuch geschenkt, mit dem Argument, das doch jede junge Frau so etwas führte. Ihr Lachen damals war seine liebste Erinnerung an sie. Man hatte sie verbrannt und über den Dächern der Stadt in den Wind geschickt. Sie hätte das nicht gewollt. Sicher war das eine schöne Bestattung, aber das war nicht ihre Natur. Doch es war zu spät. Er war im verfluchten Edinburgh geblieben, entgegen seines Wunsches ihr hinterher zu fliegen. Sie war seinen den Fingern entronnen wie feiner, makelloser, weißer Sand. Mit

schwarzen Haaren. Am liebsten hätte er diesen Autofahrer zur Strecke gebracht und ihn mit bloßen Händen erwürgt, damit ihm wenigstens etwas blieb. Nein, er saß hier. Auf dem Stuhl am Fenster. Sein Blick galt nun nicht mehr dem Gelände vor dem Studentenwohnheim. Das Bett war leer. Die Stille drückte unermüdlich auf seine Lungen, es war einer dieser Momente, in denen man am liebsten die gesamte Einrichtung in Kleinteile zerlegt hätte, doch er ballte nur die Hände zur Faust und atmete tief durch. Was sollte er jetzt schon tun? Nicht einmal ein Foto hatte er von ihr. Nun gut, er hatte das Bild im Kopf. Ihre grünen Augen, das freche Grinsen, die Alabasterhaut

und die schwarze Mähne. Doch wem sollte er das schon zeigen, wenn man ihn später fragen sollte, wer seine große Liebe gewesen war? Er beschloss ein Zeichenbuch zu kaufen. Sie hatte immer gern gezeichnet. Tränen rollten über seine Wangen, er wischte sie rasch weg. Unbewusst fuhr seine Hand zu seinen Lippen. Sie hatte ihn geküsst. „Komm mich besuchen“ hatte sie gesagt und nach seiner Hand gegriffen. Perplex hatte er nur dagestanden, mit offenem Mund. Sie lief los. Das Taxi würde sie gerade rechtzeitig noch zum Flughafen bringen hatte sie gerufen. Er sah sie zum letzten Mal. Er könnte sich selbst dafür an die Gurgel gehen, weil er sich nicht dazu entschlossen

hatte, zu ihr zu kommen. Immer wieder hatte er seinen Kopf gegen die Wand des Wohnheims geschlagen. Der amtliche Brief in seiner Hand war zerknittert. Als er es gelesen hatte war er kurz davor gewesen aus dem Fenster zu springen. Es hatte schon offen gestanden. Seine Hände hatten sich am Sims fest geklammert. Er war nicht gesprungen. Zu feige. Zu feige um der Frau seiner Träume nach zu reisen, zu feige um sich das Leben zu nehmen, zu feige zum Leben! Alles was er tat, war seinen ganzen Frust hinaus zuschreien und damit ein paar verwirrte Blicke auf sich zu ziehen. Seine Stimme brach sich und er schluchzte auf während er sich vom Fenster entfernt

hatte. Jetzt saß er wieder hier. In ihrem Zimmer, an ihrem Bett. Seine Zukunft war ungewiss, in seinem Kopf drehte sich alles. Was hatte denn jetzt noch einen Sinn? Er ging zur Schule um Geld verdienen zu können und dann eine Frau zu heiraten. Doch wenn es nicht sie war, dann war es keine… Wochen später hatte man einen jungen Mann in einem Schreibwarenladen ein Zeichenlehrbuch kaufen sehen.





______

 Er hatte ihren Namen vergessen. Er wusste noch, wie sie gerochen hatte. Wie ihr Lachen klang. Wie ihre Lippen sich auf seinen angefühlt hatten. Er hatte keine Ahnung wie ihr Name gewesen war. Er starrte auf die Zeichnungen vor ihm. Man konnte sehen, wie er sich entwickelt hatte. Jedoch auch, wie sich das Mädchen auf den Bildern entwickelt hatte. Auf dem ersten Bild hatte sie dunkelblonde Haare und blaue Augen. Ihr Bild in seinem Kopf hatte sich verändert. Zwar wurden die Zeichnungen über die Jahre detaillierter, doch sie zeigten zunehmend einen anderen

Menschen. Er hatte sie verloren. Nicht schwarz, sondern dunkelblond. Nicht grün, sondern blau. Er war sich so sicher gewesen. Doch dann hatte er die alten Bilder gefunden. Ihm jetzt war klar, dass er sich an eine Person erinnerte, die Wahrscheinlich nicht einmal je existiert hatte. SIE war jemand anderes gewesen. Er wurde zu alt. Sein Leben zog an ihm vorbei. Vielleicht war diese Erkenntnis der erste Schritt zurück zum Leben?

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Armara
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"Boy of Secrets..."
Faszinierend, das ist das Wort,
welches mir auf Anhieb
zu dieser interessant geschriebenen Kurzgeschichte einfällt...
Chapeau, Mademoiselle... smile*
LG Louis :-)
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