Tag x
diese unerklärlichen Bauchschmerzen, mal kommen sie, mal gehen sie.
Ich hab mich schon lange an sie gewöhnt, und doch ist es immer wieder, wie das erste Mal. Seit 4 Jahren laufe ich damit rum, mal mehr, mal weniger.
Plötzlich, ohne Vorwarnung sind sie da, rauben dir die Luft zum Atmen, legen sich wie eine Schnur um dein Bauch.
am tag x betrat ich das große einkaufcenter, Kartoffeln, Obst, Gemüse lagen im korb. krampfhaft versuchte ich mich an meinen einkaufzettel zu erinnern, den ich auf dem Küchentisch vergaß.
plötzlich merkte ich ein ziehen, ein zuppen, mir wurde warm, meine Hände schwitzig, ich musste schnell eine Toilette finden, und rannte los.
den gang hinunter, rechts und dann noch mal rechts, befand sich ein wc. mir wurde so heiß, es war so ekelig dort, es stank.
krämpfe durchfuhren mein leib, zittern, meine ohren rauschten, ich wußte nicht wohin mit mir, dann wurde alles schwarz.
prägende Erinnerung
Tag x hatte sich in meine Festplatte gebrannt. Hilflos und allein auf n Lokus im einkaufzentrum, wer will schon in so einer Situation kommen.
nach diesen Erlebnis krachte und klappte ich noch ein paar mal zusammen, immer begleitet von unfassbaren schmerz.
ich kannte diesen schmerz schon von früher, aber nicht diese Hilflosigkeit.
wie so oft, rannte ich von Arzt a zu Arzt b.
stress, druck, alltags belastung bis hin zur schlechten Ernährung war alles als Diagnose dabei. mittlerweile hatte ich den ganzen tag nur einen Gedanken, hoffentlich gibt es hier eine Toilette... .
egal wann, egal wo, wie ein Bodyguard scannte ich mein Umfeld nach dem nächsten Örtchen ab.
Selbstläufer
der Übeltäter hieß Gallenstein. er war recht groß und hatte noch einige kleinere brüder.
gesund und voller Elan ging ich nun wieder frohen mutes einkaufen. doch was war das, verspürte ich da gerade ein zwicken? oh nein, sagt mein hirn, ich wußte es, es geht wieder los. quatsch, sagt mein verstand, du bist operiert worden, der Übeltäter ist gefunden und entfernt. alles ist gut.
doch da war es schon wieder, das zwicken, und warm ist es doch auch hier drin. mir wurde anders. "siehste, siehste", sagt mein hirn. ich wusste es. Mein Gehirn löste den Notruf aus, die Hormone schossen los, die folge waren schwitzige Hände und unwohlsein. "ha, und was hab ich gesagt, ich wusste es". Nun ist auch das Adrenalin ausgelöst, der Kloß im Hals, der nervöse Bauch, ich renne los, erst rechts, dann nochmal rechts auf das WC.
Panikattacken-die angst vor der angst
Panikattacken entstehen meist aus stark prägenden Erlebnissen.
aber auch dinge wie schilddrüsenprobleme oder einen zu hohen Anspruch an sich selbst können solche Attacken auslösen.
Unter Panikattacken versteht man massive Angstzustände die meist nicht länger wie 30 Minuten anhalten. Doch wer schon einmal richtig angst hatte, weiß wie lange in dem zusammenhang schon 5 Minuten sein können.
zu den Angstzuständen kommen noch körperliche Symptome, wie schwitzen, schneller Herzschlag, erhöhter puls, schweißausbrüche, schwindel, Beklemmungen, Atemnot, Hitzewallungen, Bauchschmerzen, bis hin zur
Ohnmacht
Der Kampf
im Netz gesurft, Artikel um Artikel studiert, beschloss ich offen damit umzugehen. Sollte es doch jeder wissen wie es mir geht. was kann mir schon großartiges passieren? der panik die Stirn bieten, sich vom druck befreien.
von nun an hatte ich immer desinfektionsspray und feuchtes wc papier bei mir. Auch buscopan. warum? na weil es mich beruhigte. Allein das wissen, das ich gut vorbereitet bin.
von nun an bin ich jeden tag in das Einkaufszentrum gefahren, in Begleitung. ich habe immer wieder gegen mein hirn mit meinem verstand kämpfen müssen. sobald meine Hände schwitzig wurden, nahm ich mir mitten in der menge die zeit, meine augen zu schließen, durch die nase einzuatmen und durch den mund aus. ich versuchte mich selbst zu beruhigen, meinem hirn mitzuteilen, das es gerade eine fehlfunktion hat.
ich habe mir alles mit Logik erklärt, auf mich eingeredet und mich gefreut, wenn ich ein stück mehr geschafft habe.
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die größte Prüfung war dann ein Konzert. tage vorher habe ich mir 1000 gründe überlegt, weswegen ich meiner Freundin absagen könnte.
mir gesagt, mir geht es nicht gut, ich schaff das bestimmt nicht. was ich wenn ich zusammenkrache, ihr den abend versau? wenn mir schlecht wird? außerdem ist es soweit weg! 3stunden autofahrt. ich will ihr ja auch nichts verderben.
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ich rief sie an und klagte ihr mein Leid. eine 30jährige Freundschaft hat keine lügen verdient.
diese frau war meine Rettung, voller Verständnis beruhigte sie mich, versicherte, dass wir fahren wenn es schlimm wird und dass ihr das nichts ausmache.
Frankfurt, an die 7000 Menschen, ich ganz vorne. ich vergaß alles um mich rum, das aufbäumen meines bauches ignorierte ich.
ein fantastisches Konzert, erste reihe, shake Hands mit dem Sänger...ich habe gesiegt!
Heute
heute bin ich zum größten Teil beschwerdefrei, ich habe gesiegt, mich selber wieder unter Kontrolle.
jeder kann das schaffen. keiner muss sich verstecken. habt Mut. ihr seid nicht allein!
ich bedanke mich fürs lesen
eure Kesalie
PS: bei Fragen dürft ihr mich gerne anschreiben. ein Gedicht in dem ich versucht habe die Gefühle wieder zu spiegeln, gibt
es auch. Es trägt den berechtigten titel: Angst