Was wird von einer Freundin erwartet?
DIE ERSTE REAKTION AUF EIN
NEUES BUCH
Mit dieser Kurzgeschichte über eine Autorin möchte ich gerne jeden, der diese kommentieren möchte, dazu einladen.
Endlich hat es Susan geschafft.
Ihr Buch war veröffentlicht und in jedem Buchhandel verfügbar.
Stolz und voll Freude sah sie sich im Onlinekatalog das Cover ihres neu erschienenen Romans an. Es war ein tolles Gefühl!
Ihr eigenes Buch!
Nach zwei Jahren Arbeit konnte sie ihr Werk offiziell bewundern und es steckte wahrlich viel Arbeit dahinter.
Es war Susan von Beginn an klar, dass sie mit diesem Buch viel verbinden wollte. Gefühle, ihre Ansicht, aber sie wollte auch damit etwas vermitteln, nämlich Wissen und so den zukünftigen Leser auf eine Reise schicken, die ihn am Ende zu mehr Verständnis bringen sollte.
Für Susan war Schreiben allerdings nur ein Hobby, dem sie trotz einem anstrengenden und aufwendigen Beruf gerne Zeit widmete.
So benötigte sie allein für das Konzept einige
Wochen, doch das Aufwendigste war die Korrektur.
Immer wieder las sie das Geschriebene durch und immer wieder fand sie Fehler. Eine enge Vertraute von Susan unterstützte sie kräftig beim Korrekturlesen und half ihr die Schwachstellen zu beseitigen.
Nebenbei versuchte Susan ihr Glück auch bei diverse Buchverlage und sie schrieb sie an.
Doch obwohl Susan nur Absagen bekam, waren die Feedbacks von manchen Lektoren dennoch sehr positiv zu werten und sie merkte, dass einige Lektoren nicht uninteressiert an ihr Manuskript gewesen wären, wenn der jeweilige Verlag regional oder thematisch gepasst hätte.
Susan ließ sich aber davon nicht abschrecken, ganz im Gegenteil. Sie wusste, dass der Stoff gut war und sie wollte im Alleingang das Buch veröffentlichen. Für sie zählte nur ein Verdienst, der Verdienst der Anerkennung und
das Interesse des Lesers zu wecken.
In einer Zeit, wo täglich eine Unzahl an Bücher veröffentlicht werden, ist dies gar nicht so einfach und vor allem ist es nicht leicht potentielle Leser zu finden.
Da sich Susan einen Self-Publishing Verlag aussuchte und sie trotzdem eine Qualität bieten wollte, stellte sie den Kontakt zu einer ehemaligen Lehrerin von ihr her, die sich bereit erklärte, ebenfalls Korrektur zu lesen.
Im Anschluss wurde das Manuskript nochmals von Susan, als auch von ihrer Engvertrauten durchgelesen um weitere Druckfehlerteufelchen aufzuspüren.
Schließlich kam der Tag, an dem ein Schlussstrich gezogen und die Korrekurarbeit beendet wurde.
Susan hoffte, dass sich keine weiteren Fehler mehr im Text befanden, aber ausschließen
wollte sie es nicht.
Es benötigte weitere drei Tage und mehrmaliges Hochladen auf den Server bis Susan ihr Buch endlich für den Druck frei geben und nochmals eine Woche, bis sie es im Handel betrachten konnte.
Doch der große Augenblick war gekommen. Nach einem Jahr Korrektur war es soweit.
Endlich konnte Susan sich mit der Werbung beschäftigen und natürlich, allem voran, dem Freundes- und Bekanntenkreis von der Veröffentlichung berichten.
Susan kannte ihr Buch in und auswendig und hatte keine Ahnung, wie ihr Werk tatsächlich ankommen würde. So musste sie abwarten und mit großer Spannung erwartete sie die Reaktionen auf ihr Buch, das doch ihre Leidenschaft und ihr Empfinden wiedergab.
Es war Daniela, eine Freundin von ihr, die zuerst reagierte. Die beiden kannten sich schon
viele Jahre und obwohl es nicht ihre erste Geschichte war, die Susan der Öffentlichkeit in die Hand gab, so war es doch das erste Mal, dass Daniela etwas von ihr las.
Wenige Tage nach Veröffentlichung sowie nach soeben abgeschlossenen Vertrag mit dem Verlag:
Susan kam am Abend gerade von der Arbeit nach Hause, als sie eine Nachricht von Daniela auf ihrem Handy bekam:
„Dein Buch liest sich wirklich toll! … Gefundene Fehler schicke ich anschließend.“
Kurz darauf summte Susans Handy erneut.
„Seite 10 … es heißt die, nicht das...“ Dazu schickte sie ein Foto von der entsprechenden Seite.
„Seite 14 … AnnE, … Seite 20 … MännerN....“
So ging es ein paar Mal und selbstverständlich wurde jedes Mal ein Foto der Seite als Beweis mitgeliefert.
Schließlich verstummte das
Handy.
Am nächsten Tag, es war kurz nach Mittag, summte Susans Handy erneut.
„Seite 25...(Foto inklusive)... das klingt ein wenig eigenartig“
Erneutes Summen.
„Seite 35,... (Foto) ...gehört da nicht der Dativ?“
Susan konnte es nicht fassen.
Erneut kam eine Nachricht von Daniela.
„Weißt Du, ich habe lange überlegt, ob ich dir die Fehler sagen soll, aber als eine gute Freundin wollte ich das machen....“
„Seite 40, ...meines Erachtens ist der Artikel nicht richtig.. es heißt die, nicht das.“ Dazu wieder ein Foto.
Als Susan weiterhin von einer Antwort Abstand nahm, verstummte schließlich das Handy...
Ende