Nach den Ereignissen in der fliegenden Stadt ist Galren Lahaye nach Hamad zurückgekehrt. Der Friede jedoch ist von kurzer Dauer und als er Opfer eines Angriffs wird, scheint es, als habe der Tod seines Vaters nur etwas viel gefährlicheres auf den Plan gerufen. Währenddessen bleibt auch der Rest des Landes von den aufziehenden Schatten nicht unberührt. In Helike verlieren die Archonten immer mehr an Einfluss und die Jahrhundertealte Ordnung droht zu Staub zu zerfallen. Unfähig, den Urheber der Unruhen zu finden, bittet der
Archont Wys Carmine schließlich die Magier von Maras um Hilfe…
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Seit ihrem Aufbruch aus Helike musste nun fast eine Woche vergangen. Naria konnte jedoch nicht genau sagen ob das auch wirklich Stimmte. Hier draußen war es schwer, den Verlauf der Zeit an irgendetwas festzumachen, sah man vom Wechsel von Tag und Nacht einmal ab. Die Wüste sah in alle Richtungen gleich aus. Hatte am Anfang zumindest noch die Silhouette von Helike und später die des Meeres in der Ferne ihr einen orientierungspunkt geboten, so gab es hier nur noch endlose Dünen aus
weichem Sand, der sich bis zum Horizont erstreckte. Ihre Füße sanken bei jedem Schritt ein Stück ein und machten selbst das gehen Schwierig. Hinzu kam die Sonne, die Tagsüber unerbittlich brannte, nur um das Land Nachts in eisiger Kälte zurück zu lassen. Zwar hatte Wys ihr alles an Vorräten mitgegeben, das sie brauchen würde, trotzdem war die Reise alles andere als einfach. Schon alleine, weil sie sich mittlerweile nur noch schwer davon abhalten konnte, ständig zum Wasserschlauch zu greifen. Der Weg wäre noch weit und wenn ihr hier draußen das Wasser ausging, wäre sie
verloren. Lediglich die Abende und der Morgen, der auf die Nacht folgte, entschädigten sie etwas für die Strapazen. Dann konnte man diesem Land seine Grausamkeit fast verzeihen, wenn das Licht der untergehenden Sonne, sich in allen Schattierungen von Rot auf den Kämmen der Dünen brach. Wirkte m grelles Mittagslicht alles hier draußen grell und steril so erfüllten die Sonnenaufgänge das Land mit Farbe. Von den tiefsten Blau und Silbertönen wenn nur noch die Sterne das endlose Sandmeer beleuchteten bis zu gleißendem Gold und rot, als wäre die ganze Wüste in das Gewand eines Königs
gekleidet. Vielleicht würde sie dieses Land nie lieben lernen, dachte Naria. Die milden Küsten von Maras waren ihr schlicht lieber. Aber ihm Respekt zollen, das tat sie bereits nach wenigen Tagen. Niemand hatte ihr sagen können, wo genau sich die Whaid verbergen mochten, nur das sich die Drachenabeter weit nach Süden zurückgezogen hatte, weiter, als die gelegentlichen Patrouillen aus Helike oder selbst die wenigen Menschen, die gewöhnlich mit ihnen Handel trieben, sich wagten. Nur einige ihrer Späher wagten sich noch näher an die großen Städte wie Kalenchor oder Helike selbst heran. Ihr blieb also nur übrig, sich auf den Weg nach Süden zu
machen und das Beste zu hoffen. Bemerken würde man sie, das hatte Wys ihr versichert. Die Whaid ließen das von ihnen kontrollierte Gebiet nicht aus den Augen. Nut stellte sich die Frage ob das etwas Gutes war. Vermutlich nicht. Naria ertappte sich dabei, wie sie immer wieder die umgebenden Dünen absuchte, konnte jedoch nichts entdecken. Soweit es sie betraf war sie nach wie vor alleine hier draußen. Trotzdem konnte einem die in der Hitze flimmernde Luft böse Streiche spielen, wie die Gejarn alsbald hatte feststellen müssen. Manchmal ließen sie sogar die Illusion von Wasser entstehen, das sich in den Senken zwischen den Dünen sammelte, doch
sobald Naria näher kam, entpuppte sich das ganze jedes Mal schnell als Täuschung. Deshalb schenkte Naria den Knochen auch zuerst keine wirkliche Beachtung, als sie den Gipfle einer weiteren Düne erreichte. Die großen am Horizont aufragenden Silhouetten konnten schlicht nicht real sein. Und doch verschwanden sie nicht, wie das Wasser es tat. Im Gegenteil. Mehr und mehr von ihnen schälten sich aus der Ödnis heraus, bis Naria langsam anfing sich zu fragen, ob sie nicht träumte. Vor ihr erstreckte sich, soweit das Auge reichte, eine Landschaft aus Gebeinen. Und es waren keine menschlichen oder
tierischen Überreste, die diese Ebene bedeckte. Rippenbögen ragten wie Säulen einer gefallenen Kathedrale zum Himmel auf und warfen scharfe Schatten in den weißen Sand. An einer anderen Stelle waren Zähne halb im Sand vergraben worden, größer als eine Hellebarde. Und dann sah sie den ersten Schädel. Die gewaltigen Kiefer hätten einem ärmliches Haus Platz bieten können und um von der Schnauze bis zu den leicht gebogenen Hörnern der Kreatur hätte man wohl eine kleine Villa unterbringen können. Naria hatte zwar Berichte über die alten Drachen gelegen und die Jagd, die die Ordeal-Kaiser auf sie
veranstalteten aber keine dieser Kreaturen war jemals als so riesig beschrieben worden, wie diese hier. Die Knochen waren von den Jahren und Jahrhunderten, die sie schon hier liegen mochten ausgebleicht und porös, trotzdem waren sie kalt, als Naria vorsichtig eine Hand darauf legte. Sie wäre die letzte die sich so schnell dem Aberglauben hingab, aber hätte sie in diesem Moment schwören müssen, sie hätte behauptet, die Knochen hätten sich bewegt. Leicht nur, aber irgendetwas war noch in ihnen. In Funke Leben vielleicht, der nicht ganz leben war. Magie… Rohe, magische Kraft, die auch nach all der Zeit noch aus den
Überresten des Drachen in den umgebenden Sand blutete. Knisternd entlud sich ein kleiner Funke, als sie schließlich die Hand zurückzog. Das hier war ein Drachenfriedhof, dachte sie ehrfürchtig. Diejenigen die es im Kaiserreich einst gegeben hatte, waren schon seit Ewigkeiten ausgeplündert, doch dieser hier war völlig intakt und von seiner Größe her… Geister, es mussten tausende sein. Generationen von Drachen, die hierhergekommen waren um ihr Ende zu finden, wenn sie es schließlich kommen sahen. Zwar waren diese ehrfurchtgebietenden Echsen fast genauso unsterblich wie ihr Ruf… doch
auch ein Unsterblicher konnte Müde werden, dachte Naria bei sich. Sie wanderte zwischen den Knochenbergen umher, ohne noch groß darauf zu achten, wohin sie ging. Schaurig war der Anblick allemal, trotzdem fühlte sie sich irgendwie zu keinem Augenblick bedroht. Im Gegenteil. Dieser Ort hatte etwas unglaublich friedliches. Auf Maras hatte es einen geisterbaum gegeben, den die wenigen ihres Volkes verehrten, die sich wieder den alten Traditionen der Clans zugewendet hatten. Naria war nur ein paar Mal dort gewesen aber das Gefühl war ähnlich gewesen. Hier jedoch war es ungleich stärker, fast betäubend.
Sie musste sich tatsächlich zum Weitergehen zwingen um sich nicht einfach in den Schatten einer verwitterten Kralle zu legen und eine Weile nur dazusitzen. Dann jedoch hörte sie plötzlich etwas. Etwas anderes, als das leise Heulen des Windes zwischen den Rippen der toten Drachen. Es war Gesang, der zwischen den monumentalen Gebeinen wiederhallte wie von einer Klippe. Ein feiner, melodischer Klang, der mehr ein Summen war, den wirkliche Worte. Naria zögerte einen Moment, dann machte sie sich jedoch tatsächlich auf, dem Klang zu folgen. Es war das erste Mal sei einer Gefühlten Ewigkeit,
das sie auch nur ein anderes Lebewesen hörte.. Sie kletterte zwischen einigen Krallenknochen hindurch und musste über eilige Wirbel steigen, die wie eine kleine Mauer durch den Sand ragten.. und dann sah sie schließlich, woher der Gesang stammte. Vor ihr lag eine kleine Fläche, die vom Wind von Sand und Geröll befreit worden war, so dass nur der nackte Stein darunter zurück blieb. Und darauf lagen weitere Gerippe. Diesmal nicht weit auseinander, wie noch auf dem Teil des Friedhofes, der nun hinter ihr lag, sondern in einem wilden durcheinander, das kaum mehr erkennen ließ, welcher
Teil zu welchem Drachen gehörte, oder wie viele es eigentlich waren. Es war ein Wald aus Knochen und in diesem Wald, der das Plateau in ein durcheinander aus Schatten und Licht tauchte, kniete eine Frau. In ihrer Hand hielt sie ein Messer, das ohne Zweifel aus einem Drachenzahn gefertigt worden war. Das Material war fast genauso Hart wie Stahl und um einiges weniger Spröde. Denn was die fremde dort tat, hätte eine Klinge aus egal welchem Metall vermutlich einfach zerspringen lassen. Unter weiteren, leisen Gesängen hob sie Respektvoll einen kleinen Knochen auf und begann langsam die weißliche, äußere Schicht abzutragen, die ihn fast
wie Lack überzog. Lack, der einem Schwert standhalten konnte. Dennoch war es das einzige, was an den Überresten eines Drachen an die anderer Tiere erinnerte. Darunter schimmerte bläulicher Kristall, durchscheinend und ohne jegliche Verunreinigungen oder Einschlüsse… und für einen Magier um einiges wertvoller als Diamanten, wie Naria wusste. Der Orden und auch einige der Magier für Maras, nutzten Drachenknochen als Rohmaterial für Speicherkristalle, mit denen sich ein einmal eingebetteter Zauber auch für jene wirken ließ, die nicht über die entsprechende Gabe verfügten. Oder die entstehenden Juwelen wurden von
Magiern genutzt um ihre eigenen Fertigkeiten zu steigern. So oder so… grade weil Drachen sonst überall so gut wie ausgestorben waren und es nur wenig Ersatz gab, waren ihre Knochen umso wertvoller und die daraus gefertigten Zauber beinahe unbezahlbar. Die einzigen anderen Dinge, die neben Drachenknochen Magie speichern konnten, waren irrlichtstaub… und je länger Naria darüber nachdachte, vermutlich auch Sterneneisen. Es würde zumindest einige der Eigenschaften erklären, die Galrens Schwert aufwies. Auch nicht grade Dinge, über die man durch Zufall stolpern würde. Die Frau hatte mittlerweile den
Knochen komplett frei gelegt und ließ ihn mit weiteren leisen Gebeten und Gesängen in eine Tasche an ihrem Gürtel wandern. Auch wenn sie scheinbar nicht über Magie verfügte, ihre Worte schienen ihre ganz eigene Macht zu haben. Naria konnte spüren, wie die uralte, in den Knochen gefangene Magie darauf reagierte, die ganze Ebene leicht zu zittern schien… Mit einem letzten gebet ließ sie schließlich das Messer sinken und sah zu Naria , die regungslos am Rand des kleinen Plateaus stand. Langsam erhob sie sich. Ihre Kleidung bestand aus grobem, ungefärbtem Leinenstoff, der ihr locker um den Körper fiel. Ihre Füße
steckten in einfachen Sandalen, die bereits kurz davor standen auseinanderzufallen und an ihrer Hüfte hin der Beutel mit den Drachenknochen, sowie eine Scheide für den Dolch. Hinzu kamen ein Wasserschlauch und ein langer Mantel, die zusammen mit einem einfachen Stab an einem der Knochenberge in ihrer Nähe lehnten. Halblange dunkelrote Haare fielen ihr ins Gesicht, das von der Sonne braun gebrannt war und ein paar ebenso dunkler Augen sahen abschätzend zu der Gejarn hinauf. Vielleicht, dachte Naria, hatte sie auch noch nie eine Gejarn gesehen. Abseits von Helike gab es in der Wüste wohl nur noch Whaid und
nach allem was Wys ihr über sie erzählt hatte, waren das alles Menschen. Was die Frage aufkommen ließ, was das Mädchen war. Naria bezweifelte, dass sie schon ihren zwanzigsten Sommer erlebt hatte, auch wenn ihre leicht heruntergekommene Kleidung und der Schmutz auf ihrer Haut von mehr als genug Strapazen sprachen. Und sie hatte Macht… Ob es ihr bewusst war oder nicht, aber die Knochen selber hatten auf ihre Gesänge reagiert. Auch wenn sie keine eigene Magie besaß, das hätte Naria gespürt, sie wusste sich die anderer zu Nutze zu machen. Das konnte durchaus gefährlich
sein. Die Arme erhoben, so dass die junge Frau sehen konnte, das sie unbewaffnet war, trat sie näher. ,, Ich will euch nichts böses.“ , erklärte sie laut, als das Mädchen tatsächlich Anstalten machte, zu ihrer Tasche zu springen und davonzulaufen. ,, Bitte.. Aber ich suche die Whaid.“ Die junge Frau erstarrte wo sie war. Misstrauisch und ängstlich zugleich funkelten ihre Augen Naria an. ,, Ihr seid kein Knochendieb ?“ Die Frage wurde fast hoffnungsvoll gestellt. ,, Alle die hierher kommen wollen gewöhnlich nur die Überreste unserer Ahnen
stehlen.“ ,, Ah… und wie würdet ihr nennen, was ihr hier tut ?“ Naria nickte in Richtung des Messers und des Beutels voller freigelegter Drachenknochen an ihrer Hüfte. ,, Das... Das ist doch etwas völlig anderes.“ Trotzdem wurde sie rot. Offenbar war es für sie schon peinlich nur daran zu denken, mit einem dieser Grabräuber verglichen zu werden. ,, Aber ich bezweifle auch, das ihr das verstehen würdet. Die Fremden kommen hierher, ohne jeden Respekt und reißen an sich, was sie können. Deshalb seid ihr doch hier…“ Ihre Hand wanderte zum Messer, zitterte dabei
sichtlich. ,,Mädchen, mich könnten eure Knochen nicht weniger interessieren.“ , seufzte Naria. Das fing ja gut an. Immerhin schien sie wirklich zu den Whaid zu gehören, sowie sie reagierte. ,, Ich will nur mit euch reden. Zu euren Bedingungen wenn es sein muss. Aber ich brauche ein paar Antworten von eurem Volk. Und ich komme auch nicht von den Archonten oder von Helike. Ich bin Naria Carmine. Meine Mutter ist Relina von Maras…“ Wenn das Mädchen etwas mit dem Namen anfangen konnte, so zeigte sie es zumindest nicht. Wenigstens ließ sie das Messer los. ,, mein Name ist Sine von
den Whaid. Also…ihr… wenn ihr mich freiwillig begleitet, solle unser Anführer entscheiden, ob man euch Glauben schenkt.“
Sie verschluckte sich fast an ihren Worten. Da ist aber jemand nervös, dachte Naria und musste ein grinsen unterdrücken. Also gut, sie war ihrem Ziel offenbar ein Stück näher gekommen…
Terazuma Hallo Eagle! Na, wenigstens läuft es bei Naria gut. Zumindest bis jetzt Wie es bei den Whaid weitergeht, ist wieder etwas anderes. Aber ich glaube nicht, dass Naria feindselig behandelt werden wird.^^ Was mir besonders an diesem Kapitel gefiel, waren die wunderbaren Stimmungsbilder, die du von der Wüste beschrieben hast. Das war wirklich sehr eindrucksvoll. ^^ LG Tera |
EagleWriter Danke, freut mich das mir das schon mal gelingt ^^. lg E:W |