„Wieso soll ich nach Hoffnung suchen?“, fragte mich einst eine Dreizehnjährige, deren körperliche Entwicklung hinter ihrer geistigen um viele Jahrhunderte zurück blieb. Als ich den Mund öffnete um zu erwidern, blieben mir die Worte im Hals stecken. Blaue, unergründliche tiefe und mit Tränen gefüllte Augen blickten mich aus einem Gesicht, das verzerrt von Hass, Wut und Traurigkeit an Schönheit verloren hatte, an. „Wieso, wenn ich auf der Suche danach zugrunde gehe?“, schrie sie mir ins Gesicht. Nie hatte ich die Kleine so wütend und aufgebracht erlebt wie zu diesem Zeitpunkt. Voll Unbehagen senkte ich den Blick, denn längst war ich nicht mehr fähig die reine Wahrheit in ihren Augen sehen zu können. In diesen meeresblauen Augen spiegelte sich Vernunft und Angst – Angst, dass die Wahrheit den Händen des Mädchens entgleiten könnte… „Warum soll ich weinen?“, fragte sie mehr zu sich selbst als zu mir, „wenn der Schmerz mich zerreißt?“. „Und warum sollte ich lachen, wenn die nächste Sekunde wieder von Trauer erfüllt und von Einsamkeit heimgesucht ist?“. Ohne in die Augen zu blicken, denen zuzuwenden eine Strafe an sich wäre, wusste ich, dass sie die Tränen hinuntergeschluckt hatte – um zu weinen reichten dreizehn Jahre längst nicht mehr aus – dafür war ihr Stolz zu groß. „Warum…“, fragte sie mit zitternder Stimme und trat einen Schritt auf mich zu… „warum soll ich kämpfen, wenn ich ohnehin verliere? Und warum soll ich weiter leben, wenn ich so viel lieber sterben würde?“. Nur das Geräusch, dass ihre Schritte verursachten bewies, dass sie gegangen war. Erst jetzt bemerkte ich die salzigen Tränen, die meine Wangen hinunter liefen… „Wieso Fragen stellen, wenn es doch keine Antworten gibt?“, murmelte ich leise und traute mich nicht einmal mehr, die Tränen von meinem Gesicht zu wischen… Dann wandte ich mich endgültig von dem herzzerreißenden Anblick meines eigenen Spiegelbildes ab und ging – ging wohin mich meine Füße tragen würden, egal wie weit. Für mich hatte das Leben seinen Sinn bereits vor langer Zeit verloren.