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Peelon hatte früh schon seine Frau verloren und war kinderlos geblieben. Eine Lage die ihn irgendwie für`s Ballonfahren wie geschaffen machte. Seit er in Rente gekommen war suchte er nach einer Beschäftigung; und nach einem Freiflug in einem Ballon den er zum 65. Geburtstag von Freunden geschenkt bekommen hatte hatte er diese gefunden. Er und sein Fesselballon Susanne, er hatte ihn nach seiner verstorbenen Frau getauft, waren unzertrennlich geworden. Wann immer das Wetter mitspielte waren Susanne und
Peelon in der Luft um die Schönheit der Welt zu erleben. Nun sagen viele: „Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde.“ Für Peelon galt das nicht, er hatte es im Korb seines Ballons entdeckt und war hier glücklich wie nirgendwo. Vielleicht weil er hier in vielen hundert Metern Höhe der Welt und der Trauer um seine Frau entkommen konnte. Vielleicht weil er dort oben losgelöst war und von allen Sorgen des Alltags frei war. Vielleicht.
Vielleicht aber auch nur aus Spaß an der Sache; und den hatte er - zweifellos.
Immer wenn er den gefüllten Ballon, oder besser dessen Korb bestieg, pfiff er ein kleines Lied vor sich hin. Wenn der
Korb mit Ballon sich dann vom Boden löste wurde Peelon erst ganz still und dann noch fröhlicher. „Los geht`s“, sagte er sich in Gedanken - und das tat es dann.
Peelon hatte einen länglichen, grauen, nach unten hängenden spitzen Bart, welcher immer über den Rand des Korbes von Susanne baumelte. Er fand das angenehm und es stand ihm sogar. Wäre da nicht die Sache mit den Sandsäcken gewesen, da störte er doch sehr. Immer wenn Peelon die Schnur zum öffnen eines Sackes erreichen wollte, war da sein Bart. Wenn dieses Faktum nicht gewesen und bestanden hätte er hätte seinen Bart wohl
nie mehr beschnitten und die Spitze zum Erdboden wachsen lassen. Aber das nur so nebenbei zu und über Peelon.
Nun will ich euch von einer seiner seiner spannendsten Reisen erzählen.
Es war Montag der 12. September 2002, Peelon war wach, Peelon war im Ballonkorb und er war bereit abzuheben
auf eine seiner üblichen Touren durch das französische Elsaß, oder besser, nach dorthin. Schließlich war Peelon zwar im Elsaß geboren - und somit in Frankreich. Wohnen tat er jedoch und wohnhaft war er in Deutschland und auf der deutschen Seite der Grenze und das auch sehr gern. Er bevorzugte nur Frankreich und das Elsaß der Landschaft wegen und außerdem fand er die Luft dort besser, die stets nicht so verbraucht auf ihn wirkte. Womöglich hatte er sogar Recht. So oder so startete er mit seinem Ballon wieder mal und schulterte das Abenteuer.
Peelon war schon ein gutes Stück weit geflogen, den Rhein hatte er längst
hinter sich gelassen als plötzlich ein zweiter Ballon am Himmel auftauchte. Es war ein ganz und gar schwarzer Heißluftballon. Auf seiner Seite stand in großen Buchstaben das Wort JOCK in weißen Lettern geschrieben. Und eben dieser Ballon kam ihm immer näher. Erst wenig, dann aber doch merklich folgte er ihm und kreuzte letztlich seinen Weg. Peelon sah einen jungen, mit gewinnendem Lächeln ausgestatteten, Piloten im Korb sitzen. Er winkte ihm zu und Peelon drehte bei so dass er sich mit ihm auf einige Meter Abstand unterhalten konnte. Hallo Herr Peelon, ich bin Jock Gustie. Ich würde sie gerne zu einem Rennen
herausfordern. Peelon glaubte erst nicht recht was er da hörte. Dann aber realisierte er das es Jock, der junge Luftfahrer, ernst meinte.
,,Wie komme ich zu dieser Ehre?ˮ, fragte Peelon den Mann der sich Jock nannte.
,,Ich bin Unternehmer müssen sie wissenˮ, sagte dieser darauf. ,,Ich verstehe mich auf`s gewinnen und auch auf`s verlieren, obwohl ich letzteres nicht gerne tue und auch nicht vor habeˮ, erklärte er selbstbewusst.
,,Ich Reise und fliege zum Vergnügen nurˮ, sagte Peelon zu Jock.
,,Aha, kein Interesse wieˮ, sagte Jock
kurzfolgernd.
,,Hmmˮ, Peelon überlegte. Er war gerne Ballonflieger, und wohl auch gut, also wieso nicht sich mit einem anderen messen seiner Art.
Jock sah es ihm wohl an das er überlegte. So begann er auf ihn einzureden um ihn zu überzeugen.
,,Was überlegen sie Herr Peelon?ˮ
,,Nur eine kleine Flugwette und der Gewinner ist der Erste.ˮ
Nun gut, Peelon ließ sich überreden und stimmte letztlich mit einem: ,,Also gutˮ ein.
Ohh, hätte er sich nur nicht darauf eingelassen, aber lest selbst, im nächsten
Kapitel, wie die Geschichte weiter und zu Ende geht.
Peelon war zu allem entschlossen; dieser junge Jock Gustie mit seinem schwarzen, furchtbaren, auffallenden, unpassenden Ballon würde nun eine Lehre von ihm erteilt bekommen. Er flog zwar nicht einen schwarzen Ballon mit Aufschrift seines Namens aber sein Ballon war durchaus schnell und wendig. Im Grunde wie der alte Peelon selbst.
Peelon machte sich bereit, er prüfte den Luftdruck im Ballon und die Temperatur der Heißluft. Sicher war sicher. Nun, sie hatten sich noch nicht besprochen konkret, also fragte Peelon den Kollegen
im gegnerischen Ballon nach dem Ziel.
,,Wo soll`s denn nun eigentlich hingehen, fragte er Jock.
Dieser überlegte nicht zu lang und nicht zu kurz und sagte dann: ,,Ich finde Colmar einige Kilometer westlich von hier ein gutes Ziel.ˮ
,,Nun gutˮ, sagte Peelon. ,,So sei es; da war ich lange nicht.ˮ
Sollte ihm der Flugwettbewerb allen Anschein nach auch noch ein Lobenswertes Ziel für seinen Ausflug einbringen, dachte er sich. Er war einverstanden. Jock Pfiff auf einer Schiedsrichterpfeife und das Rennen begann.
Nun ist ein Rennen zwischen zwei
Ballons eine laaaaaaange Sache. Wieso man da überhaupt von einem Rennen reden konnte wusste Peelon nicht, wusste Jock nicht, und ich weiss es nur aus Büchern darüber. So oder so, es wurde ein langer Tag.
Peelon heizte, er schaute und doch - der Ballon flog eben wie und wie schnell er wollte. Das hatte er nicht so recht in der Hand. Hoffentlich würden sie bald ankommen. Doch Colmar war nicht weit. Sie flogen in jedem Fall in die richtige Richtung.
Wettflug hin oder her, es war ein schöner Flug auch dennoch. Jock allerdings war mit seinem Flug weniger zufrieden als Peelon. Sein Ballon heizte
richtig, flog richtig, nur gewann er nicht an Fahrt.
Der Wind war sanft, zu sanft für seinen Geschmack und vor allem war seine Ungeduld groß. So heizte er und stieg weiter auf um höhere Winde zu erreichen. Das war gut. Peelon verschlief es. Plötzlich war Jock doch tatsächlich in weiter Führung. Colmar war nah und Peelon war entsetzt. Wie hatte ihm das nur passieren können? Peelon warf etwas Balast ab um etwas höher zu kommen und schwapp, er hatte einen Windstoß mit Fahrt für ihn erreicht. Er kam wieder näher.
Doch das Glück, ist eine Windgöttin die einen liebt beim Wettflug; und eben
diese tat es nicht von Dauer. Er wurde wieder langsamer und holte nur knapp noch etwas auf. Colmars Stadtrand war nahe.
Peelon hätte sicherlich verloren wäre da nicht das Glück einer anderen Göttin auf seiner Seite gewesen. Die Göttin des Heizgases meinte es besser mit ihm und Jock hatte sie unterschätzt.
Uhhh, wie war er entsetzt als ihm klar wurde das sein prachtvoller Ballon, in Führung liegend, kein Gas mehr hatte. Er sang und kam immer tiefer herunter. Peelon hatte mit seinem Ballon gerade so Hausgehalten das er gut noch die Stadtgrenze von Colmar passierte. Jock war
geschlagen.
Huuf, da hatte Peelon aber aller Glück der Welt gehabt. Er sank nun auch tiefer und ging über Colmars Stadtmitte liegend langsam runter.
Jock Gustie, Jock Gustie - er fand seine Fassung nicht; aber wo war er. Wie konnte es bei aller Technik nur so gekommen sein. Er beschloss Peelon zur Rede zu Stellen. Schließlich war ein Ballon ein Ballon und jeder hatte doch zu funktionieren wie seiner.
Peelon erwarte ihn.
,,Sag mir Peelon, wie konnte mir nur das Gas ausgehen wo du noch weit geflogen bistˮ, fragte Jock.
,,Ich weiss es
nicht.ˮ
,,Du weisst es nicht?ˮ
,,Ja, ich weiss es nicht. Gas war in beiden genug drin. Aber eines weiss ich doch. Ballonfliegen ist kein Wettflug und man sollte keinen daraus machen. Ich bin geflogen wie immer.ˮ
Nun ich will es vorweg nehmen, Jock Gustie war sehr verärgert. Mehr über sich als über Peelon. Aber dennoch er war es. Er mottete seinen Ballon ein - für immer.
Peelon aber wusste woran es gottlob gelegen hatte das er letztlich gewonnen hatte.
Erfahrung. Und was noch viel wichtiger war als die - Geduld beim Ballonflug. Er
konnte nicht hetzen mit seinem Ballon, nicht mal wenn er es vorsätzlich gewollt hätte. Und außerdem genoss er es.
Das war sein Vorteil gewesen, seine Wette mit Jock Gustie gewonnen - wenn auch glücklich und gottlob. Er war und blieb eben einsame Spitze am Horizont