Mizusu fröstelte. Jetzt, wo die Sonne verschwunden war, war es rapide abgekühlt und der klamme Nebel machte das ganze nur noch schlimmer. „Das heißt also, dass Akuma immer noch lebt und hier frei herum läuft?“, fragte die 16 – Jährige und rieb sich die Arme. „Vor einigen Jahren ist er ausgebrochen. Da waren hier auch die ganzen Selbstmode. Aber jetzt ist der so gesichert, dass er nicht raus kann“, versicherte Chaos. Die Zeit hatte in diesem Wald ihre Bedeutung verloren. So schien es Mizusu, da alles um sie herum gleich
aussah und der Nebel jegliche Geräusche erstickte. Doch irgendwann wurde der Weg von einem großen Metalltor aufgehalten. Chaos und Mizusu blieben stehen und sahen einander an. „Wir sind da“, meinte der Punk und ging zu einem kleinen Wachhäuschen. Mizusu beobachtete den 17 – Jährigen, wie er mit dem Pförtner sprach und dieser dann das Tor öffnete. Sie traten hindurch und folgten einem ordentlichen Weg durch ein eher verkommenes Beet, bis hin zu einem gewaltigen Eingangsportal. Chaos stieß die große schwere Eingangstür auf und sie traten in einen mit Marmorfliesen gekachelten Empfang.
Gegenüber der Tür saß, hinter einem großen Tresen versteckt, eine kleine Frau im Krankenschwestern Outfit. Die Teenager gingen zu ihr und erklärten ihr ihr Anliegen. Die Frau tippte im Computer, dann wurde sie fündig und verwies die Beiden in den dritten Stock zu einem Doktor Onimura, welcher Yuki betreute. Die Beiden bedankten sich, stiegen in einen Aufzug und fuhren in den dritten Stock. Dort angekommen wurden sie gebeten noch einige Minuten vor dem Büro zu warten.
Mein Atem gefror in der Luft und bildete weiße Wolken. Es war das Einzige, was mir Ablenkung verschaffte. Es waren fünf Jahre vergangen, seit ich versucht hatte aus der Klinik in Kyoto zu entkommen. Damals war es mir fast gelungen, doch dieser Werter war hinterhältig gewesen und hatte mir eine Spritze mit Morphium in den Arm gerammt. Dagegen hatte ich mich nicht wehren können. Als ich damals in dieser Zelle aufgewacht war, hatten sich mich mit einer Zwangsjacke an das Bett gefesselt und bis jetzt hatte sich nicht viel an dieser Situation geändert. Ich
wurde nur zum Essen losgebunden, damit ich aufrecht Sitzen konnte oder wenn sie mich für Test und Behandlungen in andere Räume brachten. Doch zu jeder Zeit trug ich die Jacke, die meine Arme auf den Rücken zwang. Jedoch waren sie hier nicht so gemein. Im Gegenteil. Als damals eine Krankenschwester herein kam, um nach mir zu sehen, war sie schockiert über die Verbrennungen der Elektroschocks. Ich hatte damals Angst, sie würden solche Tests an mir durchführen, wie die Männer in Kyoto. Doch diese Einrichtung war am Körperbau und der Psyche von Katzenmenschen interessiert und fügte mir kein Leid zu. Ich spielte
ihr Spiel, da es für mich nur Vorteile brachte, doch ich verachtete sie alle. Ich stellte mir oft vor, wie ich sie töten würde. Einen nach dem anderen. Es war wirklich kalt in der Zelle, obwohl es ein für diese Zeit modernes Gebäude war. Aber es war auch der erste kalte Winter seit dem ich hier war. Ich hatte ein Fenster, durch das ich auf den Wald sehen konnte. Er war am schönsten, wenn die Nebelschwaden wie Raubtiere zwischen den Bäumen umher zogen. Heute war ein solcher Tag. Es kostete mich viel Anstrengung hinauszusehen, da ich mich gegen die Riemen auflehnen musste. Schritte näherten sich und die Tür zu
meiner Zelle wurde aufgeschlossen. Es war doch noch gar nicht Zeit für das Abendessen und heute wollten sie auch keine Tests machen. Was wollten sie also hier? Die Tür schwang auf und der behandelnde Arzt trat zusammen mit zwei Schwestern ein. „Hallo Akuma. Ich möchte heute etwas Neues mit dir ausprobieren“, begrüßte er mich und setzte sich auf die Kante meines Bettes. Ein inneres Verlangen schrie danach ihn zu beißen, zu treten oder anders wie zu verletzten. Doch ich blieb ruhig, ich wollte wissen, was er vorhatte. „Du bist jetzt fünf Jahre schon bei uns und du hast dich sehr gebessert, seit du hier bist. Das möchte ich belohnen. Ab heute
soll dir die Zwangsjacke entfernt werden. Du darfst dich dann in diesem Raum frei bewegen und wenn du dich in absehbarer Zeit weiter besserst und so offen bleibst wie jetzt, dann darfst du dich auf dem Grundstück frei bewegen“, erklärte Doktor Onimura. Ich traute meinen Ohren kaum. Ich kam aus dieser Jacke raus? Mein Plan funktionierte also doch. Ich maunzte und ein Lächeln flog über das Gesicht des Arztes. Was fand er nur so toll an uns Katzenmenschen? Wir waren nicht anders wie sie, bis auf die Ohren, der Schwanz und die Tatsache, dass wir nicht alterten. Doktor Onimura stand auf und trat einige Schritte zurück. Während des
Gesprächs hatten die Schwestern die Tür verschlossen. Sie wussten immerhin nicht, wie ich reagieren würde, wenn die die Jacke entfernten. Sie kamen auf mich zu und lösten die Riemen, die mich auf das Bett zwangen. Dann halfen sie mir, mich aufzusetzen und begannen die Verschlüsse der Jacke zu öffnen. Es war ein befreiendes Gefühl, dieses Ding nicht mehr tragen zu müssen. Jedoch musste ich schnell feststellen, dass es ohne sie noch kälter war. Eine der Schwestern breitete eine Decke aus und legte sie mir über die Schultern. Ich drehte mich zum Rand des Bettes und setzte vorsichtig erst einen Fuß auf den kalten Holzfußboden, dann den anderen.
Dadurch, dass ich fünf Jahre nahezu immer gelegen hatte, waren die Muskeln in meinen Armen und Beinen jämmerlich verkümmert und ich erschrak, als ich meine Beine sah. Sie waren so dünn und zerbrechlich. Würden sie mich überhaupt noch tragen?
Vorsichtig verlagerte ich immer mehr Gewicht auf meine Füße, bis ich letztlich einen ersten Versuch wagte, mich vom Bett abzustoßen und aufzusehen.