Ich hielt in meiner Bewegung inne. Meine Atmung setzte aus. „Mira?“, drang Dawsons leise Stimme an mein Ohr. Ich konnte nicht antworten. Er hatte gesagt, dass er mich liebte. Tausende Schmetterlinge feierten in mir eine wilde ausgelassene Party. Und doch fühlte es sich an, als wäre eine riesige Abrissbirne direkt in meinen Magen gekracht. Ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Mir hatte noch nie zuvor jemand seine Liebe gestanden. Erwartete er nun, dass ich es ihm gleich tat? „Ich...ich“, begann ich stockend, aber die Worte kamen mir einfach nicht über die
Lippen. Es war nicht so, dass ich nichts für Dawson empfand. Aber war es Liebe? Ich wusste es nicht und wollte es erst aussprechen, wenn ich mir wirklich sicher war. Alles andere käme mir verlogen und unfair vor. Dawson bewegte sich unter mir. Er versuchte sich zur Seite zu drehen. Schnell glitt ich von ihm herunter. Mit meinem Blick fixierte ich meine Hände, nur um ihn nicht ansehen zu müssen. „Mira?“, wiederholte er und setzte sich auf. Dann rutschte er zu mir. Ich konnte die Wärme seines Körpers dicht vor mir spüren. Sein Duft hüllte mich ein und berauschte meine Sinne. „Habe ich etwas falsch gemacht?“, wollte er wissen. Oh
Gott nein!, schrie es in meinem Kopf. Ich brachte jedoch nur ein schwaches Kopfschütteln zustande. Er legte seine Hände auf meine Schultern; ich sah ihn noch immer nicht an. „Sind deine Hände so interessant, oder habe ich etwa einen Popel an der Nase?“ Dieser Satz ließ mich für einen Moment lächeln. „Na geht doch“, sagte er ebenfalls mit einem Lachen in der Stimme. „Es tut mir leid Prinzessin“, fuhr er fort. Ruckartig hob ich meinen Kopf, sah ihn fragend an. Er zuckte die Schultern. „Vielleicht war es zu früh, dir das zu sagen. Aber es kam einfach heraus. Ich konnte mich nicht bremsen.“ Vehement
schüttelte ich den Kopf und öffnete meinen Mund, um ihm zu widersprechen. Er durfte sich nicht die Schuld an meinem dummen und unreifen Verhalten geben! Ich wusste ja selbst nicht recht, was mit mir los war. Warum konnte ich seine Worte nicht einfach erwidern? Doch er legte einen Finger auf meine Lippen, um mich am Sprechen zu hindern. „Lass mich ausreden“, verlangte er. Ich nickte. Er ließ seine Hand wieder sinken. „Du bist die klügste, schönste, talentierteste und liebenswürdigste Frau, die mir je begegnet ist. Dabei tut es nichts zur Sache, dass ich mich weder an meine Vergangenheit erinnern, noch
andere Menschen ansprechen kann. Ich weiß einfach, dass ich noch nie eine so umwerfende Frau gekannt habe. Du bist zwar auch total durchgeknallt, dennoch kann ich mir niemanden vorstellen, mit dem ich meine Zeit lieber verbringen möchte. Du bist etwas besonderes. Und auch wenn wir uns bis vor wenigen Tagen regelrecht bekämpft haben, so bin ich mir meiner Gefühle so sicher, wie man sich eben sein kann. Ich liebe dich Mira und daran wird sich auch nichts ändern. Ich gehöre zu den Menschen, die sagen was sie fühlen und sich darüber auch recht schnell klar sind. Du bist nicht so und das ist auch überhaupt nicht schlimm. Ich weiß, dass du viel für mich
empfindest, dir aber unsicher bist, was diese Gefühle bedeuten. Das macht nichts. Irgendwann wirst du es wissen und ich werde da sein, wenn du bereit dazu bist, es mir zu sagen. Jetzt sieh mich nicht so an, als wärst du ein kleines Kalb, das gleich auf die Schlachtbank muss. Es ist alles in Ordnung.“ Tränen liefen mir über die Wangen. Dawson nahm mein Gesicht in seine Hände und wischte jeden einzelnen Tropfen mit seinen Daumen fort. „Womit habe ich dich nur verdient?“, fragte ich atemlos. Mein Körper bebte vor unterdrückten Schluchzern. Er lächelte mich an und sah mir tief in die Augen, bevor er seine Lippen auf
meine legte und mir einen leidenschaftlich sinnlichen Kuss schenkte. Die nächsten Wochen flogen nur so dahin. Ich trainierte hart für meinen großen Auftritt, verbrachte die wenigen Pausen mit meinen Freunden und jede freie Minute mit Dawson. Er massierte meine schmerzenden Muskeln, nahm mich nachts in seine starken Arme und machte mich einfach nur glücklich. An den Wochenenden besuchte ich Dad in London. Ich telefonierte jeden Tag mit ihm. Er machte gute Fortschritte, sodass er die Weihnachtsfeiertage sogar zu Hause verbringen konnte. Es war eine ruhige Zeit, während der ich es ihm so
angenehm wie möglich machte und ihn tatkräftig bemutterte. Dawson fand das irre komisch und fragte mich mit neckendem Unterton, wann ich ihn auch einmal so umsorgen würde. Daraufhin streckte ich ihm die Zunge heraus, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte. Mit jedem Tag, der verstrich und der 28. Dezember näher rückte, wurde ich nervöser. Der Wohltätigkeitsabend stand unmittelbar bevor. Schlaflos wälzte ich mich im Bett hin und her, selbst Dawson konnte mich kaum beruhigen. Was wenn ich versagte und mich vor meinen Lehrern, Mitschülern und allen anderen Anwesenden blamierte, weil ich vor Aufregung den Fuß falsch aufsetzte, die
Choreographie vergaß oder ausrutschte und hinfiel? War ich überhaupt gut genug, um vor solch einem großen Publikum aufzutreten? Montagmorgen wachte ich bereits vor dem Weckerklingeln auf. Draußen war es noch dunkel. Dawsons ruhiger gleichmäßiger Atem neben mir verriet, dass er noch schlief. Leise, um ihn nicht zu wecken, schlüpfte ich aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen durch das Zimmer Richtung Tür. Als ich am Wohnzimmer vorbei kam, konnte ich mir ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Arme und Beine von sich ausgestreckt, lag Richard auf dem Sofa. Die Decke hatte sich wirr um seine
Beine geschlungen. Sein rechter Arm lag auf dem Boden. Leise schnarchend, murmelte er unverständliche Worte vor sich hin. Dads bester Freund hatte die Feiertage hier verbracht und auch gestern Abend, kurz nachdem ich von der Generalprobe nach Hause gekommen war, stand er plötzlich vor der Tür. Er hatte seiner derzeitigen Freundin den Laufpass gegeben, als sie anfing darüber zu sprechen, bei ihm einzuziehen. Und das nach gerade einmal fünf Wochen Beziehung! Richard würde Dad heute Abend an die RDA begleiten und ihn anschließend zurück nach London fahren. Sie freuten
sich schon sehr darauf, mich tanzen zu sehen und mich freute es, dass sie meinen ersten großen Auftritt miterleben würden. Der Duft von frischen Pancakes stieg mir in die Nase. Verwundert folgte ich dem Geruch in die Küche, in der bereits Licht brannte. Dad stand mit dem Rücken zu mir, mit einem Pfannenwender bewaffnet, am Ofen und summte eine mir unbekannte Melodie. „Setz dich doch Liebes“, forderte er mich auf ohne sich umzudrehen und summte weiter. Etwas irritiert rutschte ich auf einen der Stühle. Der Tisch war bereits reichlich gedeckt. Vor mir stand eine Tasse heiße Schokolade mit
Schlagsahne und Zimt. Wohlig seufzend nippte ich daran und zog mein linkes Bein unter meinen Körper. Nach einem ruhigen Frühstück steckte auch Richard seinen verschlafen aussehenden Kopf durch die Tür und verabschiedete sich für den Moment von uns. Während der nächsten Stunden, die schwindelerregend schnell vergingen, wurde ich immer aufgeregter. Ein ziehender Kopfschmerz machte sich bemerkbar, den ich sogleich mit einer Schmerztablette im Keim erstickte. Meine Hände zitterten, es fühlte sich an, als müsste ich mich jeden Augenblick übergeben. Ich hasste
Lampenfieber! „Alles in Ordnung?“, fragte ich Cora schmunzelnd, doch meine Freundin warf mir einen säuerlichen Blick zu und knurrte: „Das letzte Mal hat es noch gepasst! Ich fasse es einfach nicht!“ Es war mittlerweile später Nachmittag. Toby und ich waren zusammen zur RDA gefahren. Aufgeregt hatten Beth und Cora auf dem Parkplatz auf uns gewartet. Kaum dass wir ausgestiegen waren, redeten sie auch schon ohne Punkt und Komma drauf los. Nun saßen wir im Ankleidebereich und bereiteten uns auf den großen Auftritt vor. Cora hatte sich ihr Kleid geschnappt und versuchte mit gequältem Blick den
Reißverschluss zuzuziehen. „Zu Weihnachten etwas über die Strenge geschlagen?“, scherzte Elizabeth, die hinter mir stand und meine Haare auf den Lockenstab aufdrehte. Cora warf auch ihr einen bösen Blick zu. „Etwas?“, höhnte da plötzlich eine Stimme neben uns. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Cicely, dicht gefolgt von Portia, in unsere Richtung stolzierte. „Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts! Seht sie euch doch an! Ich frage mich, wie ihr Partner sie hochheben soll“, feixte sie. Ich öffnete meinen Mund, um ihr zu sagen, dass sie sich verziehen sollte, wenn sie meinen Fuß nicht in ihrem Hintern stecken haben
wollte, Cora kam mir jedoch zuvor: „Du wirst dich mit meinem Anblick wohl abfinden müssen, meinst du nicht auch?“, fragte sie honigsüß. Cicelys Lächeln erstarb. Blanker Hass stand nun in ihrem hübschen Gesicht. Ohne ein weiteres Wort drehte sie uns den Rücken zu und verschwand. „Was war das denn?“, wollte ich wissen. „Raffael hat mich über die Feiertage zu sich nach Hause eingeladen, um seine Familie kennenzulernen. Du hättest mal Cicelys Gesicht sehen sollen. Sie war die ganze Zeit über beleidigt und hat versucht, die Aufmerksamkeit, die auf mich gelegt wurde, wieder auf sich zu ziehen. Sie ist es scheinbar gewöhnt,
immer und überall im Rampenlicht zu stehen.“ „Wie ist ihre Familie?“, hakte Beth nach. „Sehr nett. Ich verstehe nicht, wie derart liebevolle Menschen, so ein Biest hervorbringen konnten.“ Bei Coras entrüstetem Tonfall brachen wir in schallendes Gelächter aus. Als wir uns wieder beruhigt hatten, konzentrierten wir uns wieder auf unser Styling. Beth hatte ein wahres Wunder vollbracht und mir eine atemberaubend schöne Frisur aus fließenden Wellen und süßen Zöpfen gezaubert. Auch mit meinem Make-Up hatte sie sich größte Mühe gegeben. Ich bedankte mich mit einer überschwänglichen Umarmung bei
ihr, die jäh von Coras wüsten Beschimpfungen unterbrochen wurde. Sie versuchte noch immer in das Kleid zu schlüpfen, das über die Feiertage scheinbar geschrumpft war. Beth konnte sich das Drama nicht länger mit ansehen. Sie trat dicht an Cora heran und redete eindringlich auf sie ein. „Bauch einziehen und Luft anhalten!“, befahl sie. Cora gehorchte. Mit zusammengepressten Lippen versuchten beide, Cora in das Kleid zu bekommen. Nach viel Schnaufen, Schimpfen und Flüchen gab Beth es schließlich auf. „Es tut mir Leid, aber so wird das einfach nichts!“ Cora war den Tränen nahe. „Was soll ich denn jetzt machen?“
„Wie wär´s wenn du mein Kleid ausziehst und stattdessen deines anziehen würdest?“ Unbemerkt war Mulan Madigan, die zierliche Chinesin mit dem rabenschwarzen Haar, an unsere kleine Gruppe herangetreten. In ihren Händen hielt sie ein Kleid aus hauchzartem Stoff, das völlig identisch mit dem war, das Cora mehr oder weniger trug. Nachdem wir nun alle die richtigen Kleider anhatten, steckte Ms Hillard ihren Kopf in den Raum. „Sind Sie alle soweit?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, sprach sie weiter: „Mr Kendrix begrüßt soeben die Gäste. Wie Sie wissen, eröffnen die Jazz-Tänzer das Ensemble, gefolgt von den Stepp- und anschließend
den Ballett-Tänzern. Danach sind dann Sie an der Reihe, also in etwa eineinhalb Stunden. Ihnen mag diese Zeit vielleicht lang erscheinen. Aber glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass sie wie im Flug vergehen wird. Gehen Sie nun in sich, konzentrieren Sie sich und denken Sie daran, dass jeder einzelne von Ihnen zu einer gelingenden Show beiträgt. Wie in jedem Jahr, sitzen einige wichtige Leute im Publikum. Geben Sie also Ihr bestes und enttäuschen Sie mich nicht.“ Sie sah uns einen nach dem anderen an und verschwand dann mit zusammengepressten Lippen nach draußen, um ihren Platz im Publikum einzunehmen.
Für uns hieß es nun abwarten bis Mr Livsey uns das Zeichen gab, dass wir an der Reihe waren. Es wurde still und wir alle lauschten den Klängen der Musik aus dem Saal hinter uns. „Noch fünfzehn Minuten!“, erklärte uns der Choreograph in gehetztem Tonfall und schritt schnellen Schrittes durch unsere Reihen. Die Aufregung brach über mir herein wie ein Hurrikan an einem ruhigen Sommertag. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, die Welt um mich herum war seltsam dunkel und unscharf, die Geräusche klangen zu leise und so, als
würde ich mich unter Wasser befinden. Nur mühsam konnte ich mich soweit beherrschen, nicht an meinen frisch lackierten Fingernägeln zu kauen, eine Angewohnheit, die ich mir vor vielen Jahren abgewöhnt hatte, dem ich jetzt aber nur schwer widerstehen konnte. Ich war ein seelisches Wrack! Wie sollte ich bloß auf diese Bühne hinausgehen und eine gute Show hinlegen? Was hatte ich mir bloß dabei gedacht, eine der Hauptrollen zu übernehmen? Mein Vater saß da draußen und würde mit ansehen müssen, wie ich jämmerlich versagte! Unruhig lief ich hin und her und ermahnte mich selbst, nicht die Beherrschung zu verlieren. Es half nicht.
Erst als ich durch zwei Hände auf meinen Schultern zum Stehenbleiben gezwungen wurde und in die wunderbar beruhigenden Augen von Dawson blickte, konnte ich wieder richtig atmen. Eine schwere Last schien von mir genommen zu sein. Mein Herz pochte nicht mehr wild gegen meine Brust und meine Sinne funktionierten wieder wie sie es sollten. Dankbar lächelte ich ihn an. Er sagte kein Wort, sah mich einfach nur an. Aber das reichte vollkommen. Mehr brauchte ich in diesem Moment nicht. Nur ihn. Ich musste Dawson nur ansehen und ich wusste, dass alles gut werden würde, dass ich mich zu Unrecht so fertig machte. Ich war eine gute Tänzerin,
sonst stünde ich jetzt nicht an dieser Stelle! Er half mir, einen klaren Kopf zu bekommen und mich zu sammeln. Ich fühlte mich rundum wohl und entspannt. Das Lampenfieber war wie weggeblasen. Zu gern hätte ich mich jetzt an ihn geschmiegt und ihm einen Kuss gestohlen, doch wir befanden uns in einem Raum mit über dreißig anderen Leuten. Also nickte ich ihm einfach nur einmal kaum merklich zu, woraufhin er sich zu mir herunterbeugte und einen sanften Kuss auf meine Stirn hauchte. Ich atmete noch einmal tief ein und aus, warf Dawson ein letztes Lächeln zu und folgte dann den anderen. Der Vorhang war heruntergelassen
worden und die Bühnenhelfer, einige Schüler, die nicht als Tänzer an der Show teilnahmen, brachten gerade alle Requisiten an ihren Platz. Liam tauchte neben mir auf und nickte mir aufmunternd zu. Er wirkte längst nicht so aufgeregt, wie ich es noch vor wenigen Minuten gewesen war. Aber er kannte das alles auch schon. Es war sein drittes und letztes Jahr an der RDA; er hatte demnach schon mehr als ein Mal auf einer Bühne gestanden. Wir blieben am Bühnenrand stehen. Scott Mitchell und Alicia Atkinson, beides Schüler aus dem zweiten Jahr, liefen an uns vorbei. Alicia trug eine weite geblümte Bluse, die ihr bis knapp über
den Hintern reichte, ihre Haare waren zu einem Dutt zusammengesteckt. Sie setzte sich in den Schaukelstuhl, der auf der Bühne stand und wechselte ein paar letzte Worte mit ihrem Partner. Einer der Helfer drückte ihr ein Wollknäuel und Stricknadeln in die Hände und ließ die beiden allein. Die Stimmen aus den Zuschauerreihen verstummten, als der Vorhang nach oben gezogen wurde. Die Aufführung der Contemporary-Dance-Klassen erzählte die wunderschöne Liebesgeschichte eines Paares, das sich in Jugendtagen kennenlernt und auch nach vielen vielen Jahren noch genauso viel Spaß und Liebe
miteinander verbindet wie am ersten Tag ihrer Beziehung. Das liebende Pärchen wurde dabei von vier Tanzpaaren verkörpert. Den Anfang machten Alicia und Scott, die im hohen Alter in ihrem Wohnzimmer saßen und an ihre gemeinsame Zeit zurückdachten. Die Musik setzte ein, Alicia nahm ihr Strickzeug zur Hand und wippte mit einem entspannten Lächeln vor und zurück. Scott trat an sie heran, gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und stellte sich hinter den Stuhl. Sie legte die Nadeln beiseite, streckte die Arme über ihren Kopf nach Scott aus und stieß sich nach hinten. Er hielt sie fest, drückte die
Lehne des Stuhls noch weiter nach unten, sodass Alicia ihre Beine über Scotts Schulter schieben und er sie aus dem Stuhl heben konnte. Nach einer Drehung setzte er sie wieder auf dem Boden ab und schwebte mit ihr über die Bühne, wirbelte sie im Kreis um sich herum, hob sie über seinen Kopf und zeigte mit jedem Schritt, jeder Geste und jedem Blick die Liebe, die der Mann, den er spielte, für seine Frau empfand. Nun kam Bewegung in die gänzlich in Schwarz gekleideten Tänzer, zwischen denen ich stand. Sie strömten auf die Bühne, ahmten die Schritte von Alicia und Scott nach und gaben Liam und mir so unser
Zeichen. Ich zupfte meine kurze Schuluniform, die ich trug, zurecht und folgte Liam. Wir mischten uns unter die anderen Tänzer, gingen für einen kurzen Moment in der Masse unter. Dann teilte sich die Menge, zog sich zurück in den Hintergrund und überließen Liam und mir die Bühne. Alicia und Scott hatten den Trubel genutzt, um unbemerkt zu verschwinden. Liam kam auf mich zu, ich machte einen Schritt zurück; versuchte ihm auszuweichen. Doch er packte mein Handgelenk mit der einen und meinen Rucksack, den ich über eine Schulter trug, mit der anderen Hand. Er warf ihn auf den Boden und kickte ihn mit dem
Fuß weg. Dann spürte ich seine freie Hand an meiner Taille. Er dirigierte mich über die Bühne, führte mich im Takt der Musik. Es war atemberaubend. Die Luft um uns herum schien zu surren. Mein Herz stand still. Ich verlor mich in diesem Augenblick, dachte an nichts anderes mehr als an die Rollen, die Liam und ich verkörperten, an unsere nächsten Schritte und die Musik, die wie Blut durch meine Adern floss und mich völlig in ihren Bann zog. Es war wie ein Rausch, aus dem ich unter keinem Umstand wieder herausgerissen werden wollte. In schwungvollen Pirouetten drehte ich mich von meinem Partner weg. Er
streckte die Hand nach mir aus, die ich aus der Ferne ergreifen wollte. Doch natürlich waren wir zu weit voneinander entfernt, als dass sich unsere Hände hätten berühren können. Liam verzog gequält das Gesicht und wandte sich von mir ab. Er verschwand, ließ mich allein auf der Bühne zurück. Schnell lief ich ihm nach, bremste mich jedoch nach einigen Metern ab, vergrub mein Gesicht in den Händen und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon. Das verliebte Pärchen hatte sich trennen müssen. Die Musik veränderte sich, die Tänzer auf der Bühne verharrten in ihren Bewegungen. Jack Baldwin betrat die
Bühne von der Seite, auf der Liam zuvor verschwunden war. Er lief ziellos umher und schien nicht auf seine Umgebung zu achten. Ich beobachtete Emma Woods, wie sie es ihm auf dieser Seite der Bühne gleichtat. Auch sie schien kein Ziel vor Augen zu haben, als sie sich durch die still stehenden Menschen bewegte. Irgendwann liefen sie wie zufällig ineinander und sahen sich erschrocken an. Ein Lächeln, begleitet mit dem Blick der Erkenntnis, legte sich auf die Gesichter der beiden. Sie verschränkten die Finger ineinander, schlangen die Arme umeinander und begannen einen leidenschaftlichen Tanz.
Es kam wieder Bewegung in die Tänzer um die beiden. Sie zogen Emma von Jack weg und trugen sie aus dem Blickfeld des Publikums. Schnell streifte sie sich die kurzen Shorts, die sie trug vom Körper und schlüpfte in das weiße Kleid, das ihr entgegengehalten wurde. Während sie es nach oben zog, steckte man ihr einen Haarreifen mit einem kurzen Schleier ins Haar. Sie machte auf dem Absatz kehrt und schritt ihrem Partner entgegen. Die Zuschauer pfiffen und applaudierten. Emma schlang nach einem kurzen Tanz die Arme um Jacks Hals. Dieser hob sie auf seine Arme und trug sie von der
Bühne. Nun kam das letzte Paar an die Reihe, Spencer Hayes und Jessica Baker. Gemeinsam traten sie vor die Zuschauer. In ihren Armen hielt Jessica ein Stoffbündel. Behutsam legte sie es in die hölzerne Wiege, die zwischenzeitlich zu ihnen getragen worden war. Dann begannen auch sie ihren Tanz. Und wie schon bei allen anderen Paaren, sah man auch bei ihnen die grenzenlose Liebe, die die beiden dem jeweils anderem entgegenbrachten. Sie nahmen das Stoffbündel wieder an sich und verschwanden. Jetzt kam das große Finale. Wir alle versammelten uns auf der Bühne. Zuerst
Liam und ich, gefolgt von Jack und Emma, die noch immer das luftige Hochzeitskleid trug, Spencer und Jessica und zum Schluss Scott und Alicia. Die Erinnerungen des Pärchens vermischten sich miteinander. Wir tanzten nebeneinander und doch miteinander. Ich legte meine Hand in Liams dargebotene und ließ mich von ihm an seine Brust ziehen. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass die anderen Paare unsere Bewegungen mit einer kleinen Zeitversetzung nachahmten und auch die zahlreichen Paare im Hintergrund tanzten nun die selben Schritte wie wir.
Es folgte die Hebefigur, bei der Kira bei den Proben so unglücklich gestürzt und sich das Handgelenk gebrochen hatte. Dann verließen nach und nach alle die Bühne.
Nur Alicia und Scott blieben zurück. Sie ließ sich von Scott zum Schaukelstuhl tragen und sich vorsichtig darin absetzen. Dann griff sie erneut nach ihrem Strickzeug. Er gab ihr wie am Anfang des Stücks einen Kuss auf die Stirn, woraufhin der Vorhang fiel und der tosende Applaus der Zuschauer aufbrandete.
Moscito Herzlich Willkommen zurück und dann mit einem so tollen Kapitel. Man war gleich wieder mitten drin und irgendwie hatte ich das Gefühl, du warst nie weg und hast so eine lange Pause eingelegt. Gut gemacht. Das soll aber nicht heißen, dass du uns jetzt wieder so lange warten lassen darfst. Dawson gefällt mir immer besser, aber ich fürchte auch um das Ende dieser jungen Liebe, lasse mich aber sehr gern bis dahin von den beiden und von dir verzaubern. Lieben Gruß in deinen Sonntag Silke |
LilaLilime Schön dass du wieder mit dabei bist und danke für die lieben Worte. Und bei meinen übersprudelnden Ideen lässt die Fortsetzung bestimmt nicht lange auf sich warten. Ich fürchte mit dir, dabei weiß ich ja wie es ausgehen wird ;) LG von Andrea P.S. Jetzt habe ich auch endlich wieder etwas mehr Zeit um nach Jo und Alex zu sehen. Habe die beiden schon vermisst und habe mir vorgenommen, sie nächste Woche mal wieder zu "besuchen" |
LilaLilime ach wenn in dem Gesamtwerk alles drin ist, dann finde ich das auch bestimmt :) |
abschuetze ... und da ist sie ja wieder, unsere LILALILIME :)) und mit ihr ein entzügendes Kapitel um Mira und Dawson. Ist schon ansteckend ... so ein Lampenfieber. hab richtig mit getanzt... in Gedanken natürlich. Einfach klasse. LG von Antje |
LilaLilime ja da ist sie wieder, mit vieeelen neuen Ideen und wenn auch nicht viel aber wenigstens ein bisschen mehr Zeit sie umzusetzen :) schön dass dir das Kapitel gefällt ich hoffe dein Lampenfieber legt sich dann auch so schnell wie das von Mira ;) LG von Andrea |