Romane & Erzählungen
Der Urlaub - Kapitel 1

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"Mystery - zwei Frauen - zwei Phänomene"
Veröffentlicht am 26. Februar 2016, 28 Seiten
Kategorie Romane & Erzählungen
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Über den Autor:

In meinem Garten steht kein Birnbaum - trotzdem unschwer zu erkennen wo mein Zuhause ist. Der Dichter, der dieses Land mit Leidenschaft beschrieb, muss damals schon gewusst haben, dass ich mich dort niederlassen würde. Das Schreiben habe ich - wie fast alle - mit dem ABC erlernt. Eigene Gedanken zu Papier zu bringen ... viel, viel später. Mich hat weder die Muse geküsst, noch fühle ich mich berufen meine Mitmenschen mit meinen literarischen ...
Mystery - zwei Frauen - zwei Phänomene

Der Urlaub - Kapitel 1

Der Urlaub

1. Kapitel



Carla warf den Kopf zurück. Der Versuch mit dieser Bewegung die vor ihren Augen baumelnde Haarsträhne wegzukatapultieren schlug fehl. Stattdessen lösten sich weitere Strähnen aus dem am Morgen so sorgfältig hochgesteckten Haar. Sie fielen in ihren Nacken und nahmen noch zwei Haarnadeln mit, die mit einem leisen Geräusch auf dem Boden landeten. Egal, dachte sie.  Erleichert, endlich zu Hause zu sein, stellte Carla ihre Einkaufstüten vor der Wohnungstür ab. Sie wohnte in der obersten Etage eines

viergeschossigen Hauses, das in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gebaut wurde. Es stand in einer ruhigen Seitenstraße im Berliner Stadtteil Johannisthal. Etwas außer Atem streifte sie ihre Schuhe schon vor der Wohnungstür ab. Normalerweise bereitete ihr das Treppensteigen keine Schwierigkeiten. Sie betrachtete es als gesunden Ausgleich für ihre überwiegend sitzende Bürotätigkeit. Hier endete ihr Gesundheitsbewusstsein. Sie gehörte nicht zu den Menschen, die zweimal in der Woche ins Fitnessstudio gingen und jeden Morgen mindestens eine halbe Stunde joggten. Ihr gegenwärtiger Erschöpfungszustand begründete sich einfach damit, dass das mit so viel

Anstrengung Erworbene unhandlich verpackt und deshalb doppelt so schwer wog. So empfand sie es zumindest. Dabei fiel ihr Blick auf eine der Tüten, aus der gut sichtbar ein Karton herausragte. Außerdem taten ihr die Füße weh. Es war eine falsche Entscheidung gewesen, heute früh Schuhe mit hohem Absatz anzuziehen. Der nachmittägliche Einkauf war zwar geplant, dass es ein Marathon werden würde, hatte sie nicht erwartet. Außerdem hatte sie nicht damit gerechnet, dass heute, an einem Dienstag, die Geschäfte so voll sein würden. Die Suche nach Parklücken hatte sie zusätzlich genervt. Während sie in ihrer großen Schultertasche nach dem Schlüsselbund suchte, fiel ihr Blick auf das blankpolierte Messingschild über der

Wohnungsklingel. Carla Bern & Rolf Fiedler, war in schwungvollen schwarzen Buchstaben eingraviert. Morgen würde sie zu einem Schlüsseldienst gehen und ein neues Namensschild anfertigen lassen. Das war schon lange überfällig. Ungeduldig kramte sie zwischen mehr oder weniger Nützlichem in ihrer Tasche. Eigentlich war sie ein sehr ordentlicher Mensch. Penibel, wie ihre Mutter überaus stolz behauptete. Aber in ihrer Tasche sah es immer aus, als ob ein Krieg zwischen den Gegenständen, die eine meist dauerhafte Heimat in ihr gefunden hatten, stattfinden würde. Erst wenn alle Papiertaschentücher sich aus der Verpackung geschummelt und ein schützendes Polster um ausgetrocknete

Lippenpflegestifte, mehrere Kugelschreiber, von denen in der Regel nur zwei funktionsfähig waren, Handy, Messband, mindestens zwei Haarspangen, lose verstreute Mentholbonbons und andere dringend benötigte Utensilien gebildet hatten, konnte sie sich aufraffen, die Ordnung, wenigstens für kurze Zeit, wieder herzustellen. Sie war fündig geworden.

Die Einkaufstüten stellte sie in der Diele ab und ging noch einmal vor die Tür, um ihre Schuhe zu holen. Die Haarnadeln fand sie auch. Dann brachte sie die Tüte mit den Lebensmitteln in die Küche. Sofort machte sie sich daran, die Lebensmittel in den Kühlschrank zu räumen. Es war nicht übermäßig viel. Der Kühlschrank strahlte eine

gewisse Übersichtlichkeit aus. Sie war ja nur noch zwei Tage zu Hause. Nach zweieinhalb Jahren würde sie das erste Mal wieder eine Urlaubsreise machen. Zwar hatte sich die erwartete Urlaubsstimmung noch nicht eingestellt, doch erste Anzeichen von Vorfreude bemerkte sie schon. Sie nahm die offene Flasche Wein aus dem Kühlschrank, hielt sie prüfend hoch und entschied, dass ein Glas Wein jetzt genau das Richtige wäre, wenn sie ihre Urlaubseinkäufe auspacken würde. Einer plötzlichen Laune folgend, schenkte sie den Wein in den einzigen Kristallrömer ein, den sie besaß, und der nur abgewaschen wurde, wenn er, weil unbenutzt, schon etwas blind wirkte. Der Wein sah in dem Glas gleich viel teurer aus.

Dann ging sie ins Schlafzimmer, zog Rock und Bluse aus, warf beides achtlos aufs Bett, was überhaupt nicht ihrem Ordnungssinn entsprach, und schlüpfte in ein altes ausgebeultes T-Shirt, das ihr mindestens eine Nummer zu groß war und ihr fast bis zu den Knien reichte. Nicht gerade ein stilvolles Andenken, das Rolf zurückgelassen hatte, aber ein praktisches. Auf dem Weg ins Wohnzimmer nahm sie das Glas, das sie zuvor auf der kleinen Kommode in der Diele abgestellt hatte und warf dabei einen Blick auf die mit Muscheln gefüllte Schale, die ebenfalls dort stand. Immer wenn sie am Meer war, sammelte sie Muscheln. Die schönsten tauschte sie dann zu Hause gegen ältere aus. Bald würden neue

hinzukommen.

Im Wohnzimmer öffnete Carla die Balkontür und machte es sich dann auf der Couch bequem. Sie legte die Füße hoch und bewegte ihre schmerzenden Zehen. Missbilligend stellte sie wieder einmal fest, dass deren Aussehen durchaus an knubbelige Pilze, die gerade aus der Erde schossen, erinnerten. Sie hob ihr Glas und prostete sich selbst zu. Die Tüten, die jetzt auf den Sesseln verteilt lagen, ließ sie erst einmal unbeachtet.


Sie hatte viel zu lange ohne nennenswerte Unterbrechung gearbeitet. Eine Woche hatte sie mit Rolf in Wien verbracht. Für den Zauber dieser Stadt hatte Rolf leider kein

Gespür und da ihr Verhältnis zu diesem Zeitpunkt schon mit Spannungen belastet war, blieb der erhoffte Erholungseffekt aus. Zweimal hatte sie sich ein verlängertes Wochenende gegönnt und war nach Husum gefahren. Ohne Rolf. Eine kleine Pension, die sie schon seit einigen Jahren kannte, war genau der Ort, an dem sie abschalten und entspannen konnte. Von dort bis St. Peter- Ording war es nur ein Katzensprung. Sie hatte lange Strandspaziergänge unternommen und sich die raue Nordseeluft ins Gesicht wehen lassen. Carla hatte schon immer das Meer geliebt und Orte bevorzugt, die an ein Gewässer grenzten. Dabei war es unerheblich ob es ein Fluss, ein See oder nur ein etwas größerer Tümpel war. Eine

Woche Urlaub hatte sie geopfert, um mit Rolf die Computermesse in Hannover zu besuchen. Eine für sie überaus langweilige Woche, die zudem noch mit Streit behaftet war. Vor oder nach Feiertagen hatte sie zwei oder drei Tage frei genommen. Die gemeinsamen Tagesausflüge mit Rolf, die sie dann unternommen hatten, waren auch nicht mehr so prickelnd, wie im ersten Jahr ihrer Beziehung. Sie hatte ihren Urlaub verplempert. Frustriert kehrte sie dann immer an ihren Arbeitsplatz zurück. Konstantin Moser, Carlas Chef, bemerkte meistens sofort ihre Unzufriedenheit.

  „Machen Sie einmal richtig Urlaub, Frau Bern“, sagte er mahnend.

Aber dann klappte es mit ihrer

Urlaubsvertretung nicht so hundertprozentig, so dass sie befürchtete, einige Terminsachen würden nicht rechtzeitig genug abgearbeitet werden. Vertragsabschlüsse, die sie vorbereitet hatte, wollte sie auch gern selbst zum Abschluss bringen. Ihr war klar, dass sie sich ihre angebliche Unabkömmlichkeit nur einredete, um nicht einen längeren Urlaub mit Rolf verbringen zu müssen. Die Tatsache, dass ihr Chef ganz froh war, sie immer greifbar zu wissen, und seine Anerkennung ihrer Arbeit, machten es ihr leichter auf einen längeren Urlaub zu verzichten. Sie arbeiteten beide gut zusammen. Sie war seine rechte und seine linke Hand bemerkte er oft scherzhaft. Auf ihrem Arbeitsvertrag stand Assistentin der Geschäftsführung, was nichts

weiter bedeutete, als dass sie alle administrativen Aufgaben der Geschäftsleitung wahrnehmen musste. Dazu gehörten Vertragsvorbereitungen und weniger komplizierte Vertragsverhandlungen bei Großaufträgen führte selbstverständlich ihr Chef die Verhandlungen, Kalkulationen und die Betreuung einiger langjähriger Kunden ebenso, wie die Terminkontrolle und natürlich das Kaffeekochen. Die Arbeit machte ihr Spaß. Außerdem schätzte Carlas Chef ihr Gespür für Kunden mit denen es möglichweise Schwierigkeiten geben würde. Dann schrillten sofort ihre Alarmglocken. Sie wusste selbst nicht woher dieses Gefühl mit einem Mal kam, konnte es auch kaum in Worte fassen. Es war einfach da. Vorsichtig

versuchte sie ihren Chef auf die eine oder andere Besonderheit eines Kunden hinzuweisen. Doch er lächelte und verwies auf seine Erfahrung, die er unzweifelhaft besaß. Als jedoch ihre Bedenken Realität wurden, begann er nach und nach ihrem Urteil zu vertrauen. Eigentlich war sie Finanzbuchhalterin. Aber nur der Umgang mit Zahlen wurde ihr auf Dauer zu trocken. Nach Abschluss ihrer Ausbildung besuchte sie einige Lehrgänge und eignete sich Kenntnisse im Vertragsrecht an. Als sie vor sechs Jahren die Stellenanzeige in der Zeitung las, bewarb sie sich sofort. Und dann trat wirklich ein, was sie kaum zu hoffen gewagt hatte, sie bekam die Stelle in der Firma von Konstantin Moser. So zog sie zum

Leidwesen ihrer Eltern von Bremen nach Berlin. Die Wohnung, die sie zuerst bezog, war klein, dunkel und billig. Nach zwei Jahren zog sie in ihre jetzige Wohnung, die glücklicherweise noch bezahlbar war.

Konstantin Moser hatte die inzwischen auf dreißig Mitarbeiter angewachsene Firma mit seiner Frau, die Carlas Aufgaben bis zu deren Anstellung wahrgenommen hatte, und seinem Schwiegervater vor fünfunddreißig Jahren aufgebaut. Eine Holzmanufaktur, die mit der Restauration antiker Möbel und der Herstellung und dem Einbau riesiger Bücherwände, die millimetergenau in den dafür vorgesehenen Raum eingepasst wurden, einen großen Kundenkreis gewinnen konnte. Da ihr Chef auch für

außergewöhnliche Wünsche immer ein offenes Ohr hatte, kamen sogar Anfragen aus dem Ausland. Aber jetzt wollte er die Leitung seines Unternehmens in die Hände seines Sohnes Christian legen und langsam anfangen sich auf den Ruhestand vorzubereiten. Christian Moser war Betriebswirtschaftler und arbeitete noch bei einem Möbeldiscounter als Marketingleiter. Carla hatte Christian schon mehrfach gesehen, auch einige Worte mit ihm gewechselt, und fand ihn ebenso sympathisch wie seinen Vater. Wie die Zusammenarbeit mit ihm werden würde, blieb abzuwarten. Ihren bisherigen Arbeitsplatz würde sie jedenfalls behalten. Das hatte man ihr schon zugesichert.


An der Wohnungstür wurde in ungeduldigen kurzen Intervallen geklingelt. Das konnte nur Gerlinde sein. Dazu brauchte sie keine hellseherischen Fähigkeiten, die ihr ihre Mutter immer bescheinigte. Gerlinde Koch wohnte mit ihrem gehbehinderten Mann in der Wohnung unter ihr. Sie war eine füllige Endfünfzigerin mit tizianrot gefärbten kurzen Haaren, immer hilfsbereit und mit einem sonnigen Gemüt. Seit einem halben Jahr bezog sie wegen eines Wirbelsäulenleidens eine kleine Rente. Da sie nicht voll berentet war, stockte sie ihr Haushaltsbudget etwas auf. Zweimal in der Woche putzte sie in einem Arzthaushalt. Ihr Mann war schon seit Jahren berufsunfähig. Die beiden waren

kinderlos und hatten Carla mit Wärme ins Herz geschlossen. Carla mochte gar nicht daran denken, wie es sein würde, wenn sie auszogen. Gerlindes Mann brauchte eine Gehhilfe und konnte die Wohnung in der dritten Etage nur unter Schwierigkeiten verlassen. Deshalb suchte Gerlinde eine Wohnung, die für ihren Mann Erleichterungen bringen sollte. Carla öffnete die Wohnungstür und nach einer herzlichen Begrüßung gingen die beiden Frauen ins Wohnzimmer. Gerlinde sah natürlich sofort die noch immer nicht ausgepackten Einkaufstüten. Carla holte ein zweites Weinglas und schenkte Gerlinde den Rest Wein, der noch in der Flasche war, ein. Währenddessen dachte Gerlinde, wie so oft,

warum ist diese junge sympathische Frau allein. Carla war mittelgroß und schlank. Ein offenes ovales Gesicht mit strahlenden grünen Augen wurde von einer Fülle kastanienbraunen Haares umrahmt. Meistens trug Carla es elegant zusammengesteckt am Hinterkopf. In der Freizeit jedoch fiel es ihr locker auf die Schultern oder sie band es mit einem Haargummi zusammen. Es ist wohl noch nicht der Richtige gekommen, dachte Gerlinde, obwohl sie der Meinung war, Carla war jetzt dreißig, dass es langsam Zeit wäre. Aber das würde sie natürlich niemals zu Carla sagen. Rolf war auf jeden Fall der Falsche gewesen. Das wusste sie von Anfang an.             

   „Prost“, sagte Carla, und riss Gerlinde aus

ihren Betrachtungen.               

  "Einen schönen und ereignisreichen Urlaub“, wünschte Gerlinde und trank einen Schluck aus ihrem Glas.

Gespannt schaute sie auf die prallen Einkaufstüten und hoffte inständig,

dass Carla endlich anfangen würde auszupacken. Sie wusste, dass Carla ihr sowieso alles zeigen würde. Carla lächelte als sie Gerlindes Blick sah und griff sich eine Tüte.

   „Dein Urteil ist gefragt, Gerlinde“, sagte Carla schmunzelnd und begann auszupacken.

Kosmetikartikel, Sonnenschutzlotion, pharmazeutische Produkte, unter anderem auch eine Sprayflasche Moskitoschutz und

eine Flasche Nelkenöl sowie ein Paar Flip Flops kamen zum Vorschein. Gerlinde war etwas enttäuscht. Aus der nächsten Tüte nahm Carla drei pastellfarbene Tops, eine weiße Baumwollhose und eine grüne Organza-Tunika. Gerlinde nickte zustimmend mit dem Kopf.       

  "Sehr hübsch“, sagte sie mehrmals und blickte gespannt auf die letzte Tüte.                                            

    „Jetzt kommt das Beste“, sagte Carla und nahm die größte Tüte, aus der sie einen Karton zog.

In Seidenpapier eingewickelt lag ein Kleid aus Seide und Chiffon. Als sie es aus dem Karton nahm, murmelte Gerlinde mehrfach:

  „Wunderschön, Carla!“                     

Sattes Grün und leuchtendes Blau gingen ineinander über und unterstrichen das edle Material. Im Neckholderstil gearbeitet wurde es im Nacken mit einem schmalen Riegel gehalten und ließ Schultern und Rücken großzügig frei, zog sich Figur betont bis zur Taille und floss dann in weichem Fall bis über die Fußknöchel. Die Freude über Gerlindes ehrliche Bewunderung war Carla anzusehen.

   "Damit wirst du genügend Aufmerksamkeit auf deiner einsamen Insel genießen“, sagte sie.                  

   "Warum musst du ausgerechnet nach Lombok fliegen, wenn es schon Indonesien sein soll?“, fuhr sie fort.             

    „Und so ein abgelegenes Hotel, wie du mir erzählt hast. Bali stelle ich mir spannender

und unterhaltsamer vor.“    

   „Einsam ist die Insel nicht, Gerlinde“, antwortete Carla.

   „Sie ist nur nicht von Touristen bevölkert. Noch nicht. Du kennst mich doch inzwischen zu gut, um zu wissen, dass ich die Ruhe mag.“                     

  „Aber die hättest du auch an einem näher gelegenen Urlaubsziel gefunden“, erwiderte Gerlinde.                        

Innerlich gab Carla ihr Recht und musste sich auch eingestehen, dass sie sich diesen aufkeimenden Wunsch nach Indonesien zu reisen, der an Intensität immer mehr zugenommen hatte, selbst nicht erklären konnte. Dieser Gedanke hatte sich in ihrem Gehirn festgekrallt, wie eine Zecke in der Haut

ihres Opfers. Vielleicht war Wunsch nicht die richtige Bezeichnung dafür; es zog sie eher dorthin.  Sie plauderten noch über dies und das, hauptsächlich jedoch über Carlas bevorstehenden Urlaub und nachdem jede ihren Wein ausgetrunken hatte, gab Carla noch Hinweise zu ihren Grünpflanzen, die Gerlinde sich erboten hatte, während ihrer Abwesenheit zu pflegen. Gerlinde nahm die Wohnungsschlüssel, die Carla ihr gab, und nahm ihr das Versprechen ab, vor der Abreise nochmal bei ihr und ihrem Mann vorbeizuschauen. Kurz darauf verabschiedete sie sich, nicht ohne kopfschüttelnd zu murmeln: „Indonesien.“ Carla räumte noch ein bisschen auf, brachte die neuen Sachen ins Gästezimmer, schaltete

den Computer auf dem Schreibtisch ein, um eventuell eingegangene E-Mails zu lesen und war nicht überrascht, eine Nachricht von ihrer Mutter erhalten zu haben. Seitdem ihre Mutter nicht mehr arbeitete hatte sie das Internet für sich entdeckt. Carlas Mutter hatte viele Jahre an der Kasse eines Drogerie-Marktes gesessen. Da sie aber auch Ware in die Regale räumen, schwere Kartons tragen und Palletten bewegen musste, litt sie seit einigen Jahren häufiger an Rückenschmerzen, so dass sie sich immer öfter krank melden musste, weil sie sich kaum noch bewegen konnte. Letztlich bestand Carlas Vater darauf, dass sie ihre Arbeitsstelle aufgab und zu Hause blieb. Jetzt erinnerte sie Carla noch einmal daran, dass

sie mit Vater schon am Sonnabend kommen würde und sie solle auf keinen Fall vergessen, den Wohnungsschlüssel bei Frau Koch zu hinterlegen. Carla seufzte amüsiert, denn sie hatte ihrer Mutter mehrfach versichert, dass mit Gerlinde alles abgesprochen war. Marion und Heinz Berg, Carlas Eltern, wohnten in Bremen und wollten die Wohnung ihrer Tochter während deren Abwesenheit für eine Woche nutzen, um Berlin und Umgebung ausgiebig zu erkunden. Carlas Vater arbeitete als Werkstattleiter in einem renommierten Autohaus und wollte in zwei Jahren in den Vorruhestand gehen. Carla war froh, dass ihre Eltern finanziell abgesichert waren und ihren Ruhestand würden genießen können.

Sie hatten einige Ersparnisse, einmal dadurch bedingt, dass ihre Mutter viele Jahre mitgearbeitet hatte, zum anderen verdiente ihr Vater nicht schlecht. Er nahm öfter einen Kurzurlaub, den er mit seiner Frau in möglichst mit dem Auto zu erreichende Regionen verbrachte. Lange Flugreisen zu den gängigen Urlaubszielen im Ausland hatte er bis auf wenige Male erfolgreich abwehren können. Sie überlegte, ob sie sofort antworten sollte, entschied sich aber dann für einen Telefonanruf am nächsten Tag.



© KaraList

Erstveröffentlichung der Gesamtausgabe

09/2013

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Über den Autor

KaraList
In meinem Garten steht kein Birnbaum - trotzdem unschwer zu erkennen wo mein Zuhause ist. Der Dichter, der dieses Land mit Leidenschaft beschrieb, muss damals schon gewusst haben, dass ich mich dort niederlassen würde.
Das Schreiben habe ich - wie fast alle - mit dem ABC erlernt. Eigene Gedanken zu Papier zu bringen ... viel, viel später. Mich hat weder die Muse geküsst, noch fühle ich mich berufen meine Mitmenschen mit meinen literarischen Ergüssen zu überschütten.
Nach gefühlten 20 000 gelesenen Büchern, habe ich mir gesagt, eine Geschichte oder ein Gedicht schreiben, das kannst du vielleicht auch. Und wenn der geneigte Leser nach der letzten Zeile das Buch mit dem Gedanken zuschlägt ´schade, dass es zu Ende ist` - dann war die Mühe nicht umsonst. Denn, Schreiben ist Arbeit.

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Albatros99 Ich lese mich heute durch, meine liebe Kara, (hab einen Tag Urlaub und so bisschen Zeit) Wunderbar formuliert und spannend geschrieben, na, wie eben jedes Mal von dir. Und übrigens. meine Karla ist deutsch-deutsch, wie sie selbst von sich sagt (grins) Karla mit K und Schmidt mit dt, und sie hat braune lange Haare und grüne Augen und reist ständig in der Welt rum!
So, bis gleich, bei Teil2, dreh erst mal meine Wiily-Runde!
LG Christine
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Liebe Christine,
das ist ja toll, dass Du Dich durch mein Buch kämpfst. Ich habe ja schon Kap. 11 veröffentlicht.
Deine Karla könnte glatt meine Protagonistin sein ... doch ich glaube nicht, dass ihr das gefallen würde. :-)
Vielen herzlichen Dank für das Taschengeld.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
trixi1303 Da bin ich mal gespannt, was es so mit Carlas Gespür und dem dringenden Wunsch nach Indonesien zu reisen auf sich hat.
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Du wirst ein bisschen Geduld brauchen, liebe Trixi.
Vielen Dank für den Favo.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Magnolie Da schauen wir doch mal, warum ihr Herz sie nach Indonesien führt ...
Herzlichst
Manu
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Ich freue mich, dass Du Dich an dieses doch etwas umfangreichere Buch gewagt hast. :-)
... und Du hast sogar nachgeholt. Vielen herzlichen Dank.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Herbsttag Mal sehen ob Carla Indonesien so gut gefällt wie mir. Lombok ist auf jeden Fall sehenswert. Bin gespannt, welche "Vorahnung" Wirklichkeit wird. Ira
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Ich verrate nichts ... :-)
Ein herzliches Dankeschön für´s Lesen und die Klimperchen.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
Moscito Mir ist jetzt nur eins im Gedächtnis hängen geblieben "Sprayflasche Moskitoschutz" :( vor mir muss man sich nicht schützen, aber ich bin ja auch nicht in Indonesien zuhause mpffff. Nun bin ich aber gespannt, was da jetzt draus wird. Vorahnungen, was schwierige Kunden betrifft und ein unerklärlicher Drang unbedingt genau an diesen Ort zu müssen. Ich freue mich auf mehr.
Lieben Gruß
Silke
Vor langer Zeit - Antworten
KaraList Ich kann Dir versichern, diese Moscito-Biester können einen in den Wahnsinn treiben. Dass es auch nette Moscitos gibt, habe ich erst hier in diesem Forum erfahren. :-))
Ich freue mich, dass Du dabei bist und bedanke mich herzlich für den Favo.
LG
Kara
PS: Ich habe den Prolog Deines neuen Buches gelesen, doch ich schaffe es zeitlich nicht, mehrere Kapitel kontinuierlich zu lesen. Ich bin schon bei Fliegengitters Buch und muss aufpassen, dass mir nichts entgeht.
Vor langer Zeit - Antworten
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