sommer 2015, Kyoto
„Mr. Tsukiya, lassen Sie mich doch zuerst erklären, wie es zu dieser Entscheidung kam“, versuchte der Arzt Yuki´s Großvater zu besämpftigen. Doch Isuya Tsukiya wollte sich nicht beruhigen. Wieso auch? Gerade wurde ihm mitgeteilt, dass sein Enkel in eine Nervenheilanstalt eingewiesen werden sollte. Usumi hielt ihn am Arm. „Anata, wir sollten wirklich erst einmal hören, was die Gründe der Ärzte sind“, redete sie ihrem Mann gut zu. Isuya wurde einsichtig und gab nach: „Ok, gut. Wieso wollen Sie ihn also einweisen?“
Der Arzt atmete tief ein. „Nun, wie sie wissen wurde er am Schrein des Akuma gefunden. Seit er hier in Behandlung bessert sich sein mentaler Zustand jedoch nicht. Er haluziniert, behauptet Dinge zu sehen, die nicht existieren. Außerdem hat er eine Art Psychose entwickelt. Wir wollen ihn also nicht einweisen, weil wir glauben er sei verrückt, sondern weil wir ihm hier nicht helfen können und diese Menschen schon“, erläuterte der Arzt dann, wobei er einen Großteil aus der vor ihm liegenden Akte ablaß. Isuya lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Sie sagen also Yuki ist krank und diese Leute können ihm helfen gesund zu werden, richtig?“,
fasste er das vom Arzt gesprochene noch einmal zusammen. „Ja genau“, bestätigte der Arzt. Usumi sah ihren Mann erwartungsvoll an. „Ich werde darüber nachdenken“, gab dieser dann zur Kenntnis.
Als Mizusu aus der Bahn stieg schien ihr die Sonne entgegen. Während Yuki weiter in Kyoto im Krankenhaus lag, war sie wieder zurück nach Tokyo gefahren, denn sie musste weiter zur Schule gehen. Dort hatte sie dann Arbeitsblätter für Yuki gesammelt und Mitschriften vom Unterricht angefertigt.
Die 16 – Jährige ging den Bahnstieg entlang und durch das Bahnhofsgebäude. Am Ausgang, der in Richtung Stadt
gerichtete war, saß eine Gruppe Punks. Mizusu betrachtete und entdeckte auf einer Jacke die mit Killernieten verzierte Aufschrift: Chaos. Er saß mit dem Rücken zu ihr und bemerkte sie nicht. Die 16 – Jährige nahm all ihren Mut zusammen, ging auf die Gruppe zu und tippte dem Punk auf die Schulter. Er und seine Kumpel drehten sich um. Erst lag Dunkelheit in den braunen Augen, doch als Chaos Mizusu erkannte, hellten sich seine Augen auf und er stand auf, um sie zu begrüßen. Nach einem kurzen Gespräch erklärte sich Chaos dazu bereit, Mizusu zur Klinik zu begleiten. Eigentlich kannte die 16 – Jährige den Weg, dennoch war sie froh, dass der
Punk sie begleitete. Es versprach ihr ein Gefühl von Sicherheit.
Frühling 1905, Kyoto
Er kam vorsichtig näher, bis er wenige Zentimeter von mir entfernt stehen blieb und hockte sich wieder hin. „Du bist also Akuma?“ Er sprach eher zu sich selbst, als mit mir. Wer war dieser Mann und warum hatte er keine Angst vor mir? Er wusste doch wer ich war. Dieses seltsame Gefühl stieg in mir auf. Eine Mischung aus Angst und Ungewissheit. Es war jenes Gefühl, welches mich daran hinderte zu sein wie in der Zeit, wo ich noch frei war. Es fraß sich immer weiter hoch und drohte mein Her zu zerquetschen. „Komm her!“, wies er den Pfleger an, welcher bis lang an der Tür
verharrt war. Er kam und hielt etwas in seinen klobigen Händen. „Leg sie ihm an“, befahl der Mann. Ich wich weiter in meine Ecke zurück. Was hatten die vor?
Der Pfleger stand nun vor mir und packte meine Handgelenke. Sein Griff fraß sich in meine Hand. Dann brachte er mich zu fall, was für ein Mann seiner Statur nicht sonderlich schwer war, da ich ausgemagert und kraftlos war. Er drückte sein Knie in meinen Nacken, sodass ich mich nicht bewegen konnte und begann mir etwas über die Arme zu ziehen. Anschließend ging er von mir runter und zurrte Riemen auf meinem Rücken zusammen. Eine Zwangsjacke. Das Gefühl der Panik schwappte über
den Rand meiner Vernunft. Es war, als würde jemand einen Schalter umlegen und das Licht ging aus. Dunkelheit fraß sich seinen Weg durch die Zwangsjacke, durch meine Haut und Muskeln und hin zu meiner Seele. Sie umarmte sie, hüllte sie in ihren dunklen Umhang und schloss sie in sich ein, sodass niemand ihr schaden konnte.