Die Schule des Horrors
Der erste Schultag im neuen Schuljahr.
Ich blickte über den Schulhof und sah unzählige Schüler - neue und alte Gesichter - die auf das Schulgebäude in Scharen zuströmten. Ich befand mich Sekunden später auch unter ihnen. Im Treppenaufgang gleich nach der großen dunklen Eichentür hing wie üblich im hölzernen Schaukasten ein Plan für alle Schüler, der anzeigte, welche Klasse sich in welchem Raum versammeln sollte. Ich stand wie versteinert davor, blickte immer wieder auf den Plan, suchte meine Klasse, fand sie aber nicht.
Verwirrt sah ich um mich, suchend nach einem bekannten Gesicht. Nichts. Ich erkannte absolut niemanden! Wieder starrte ich auf den Plan, schwankend. Es wurde neben und hinter mir geschoben und gedrängelt, weil auch andere auf den Plan sehen wollten. Ich überlegte. War ich nun in der 9a oder in der 9d? Ich konnte mich einfach nicht mehr daran erinnern. 9a oder 9d? In welcher Klasse war ich denn jetzt nur? Halb verzweifelt merkte ich mir einfach beide Zimmernummern und stieg die restlichen Stufen zu den Klassenräumen hinauf. Immer wieder sah ich um mich, mir war alles und jeder so fremd als wäre ich nicht
ich...
Irgendwann fand ich das Zimmer der 9a und trat ein.
Ein Mädchen, welches an einem der Schultische saß, sah auf und meinte: "Ey, du bist hier falsch. Geh weiter!"
War das doch nicht meine Schulklasse? Verwirrt drehte ich mich um und verließ den Raum wieder. Ich suchte auch die anderen Zimmer zwischen dem der 9a und der 9d auf, aber es waren nicht meine Klassen. Irgendwann stand ich vor der 9d und sah Mandy, die mich
anlächelte.
Hier war ich richtig! Endlich! Ich überflog mit meinen Augen das Klassenzimmer nach einem geeigneten Platz, fand jedoch leider nur einen in der ersten Reihe - Türreihe! Mist! Ich hatte einfach viel zu viel Zeit mit der Zimmersuche verloren!
Als dann unsere Lehrerin, ich kannte sie aus dem letzten Schuljahr in Geschichte, unseren Stundenplan für das kommende Schuljahr ansagte, war irgendetwas merkwürdig. Ich konnte nur nicht sagen, was. Selbst während der ganzen Unterrichtsstunde lies mich dieses
ungute Gefühl nicht los.
Außerdem sprach unsere Lehrerin immer von "meinem Volk". Ich verstand nicht, was sie damit meinte. Hatte es etwas mit Geschichte als Unterrichtsfach zu tun? Und wieder hörte ich "mein Volk" in meine Ohren dringen als plötzlich der Alarm losging und meine Mitschüler und ich wie unter Panik, Aufregung und Strom standen. Eine Durchsage gab es nicht. Nur diesen nervigen schrillen Alarmton, der uns sagte, wir sollen das Gebäude verlassen.
Unsere Lehrerin bestand auf einen ruhigen geordneten Gang, doch wir
waren viel zu aufgeregt und chaotisch.
Während wir aus unserem Klassenzimmer eilten, rief ich unserer Lehrerin fragend entgegen:
"Wieso sagen Sie immer "mein Volk"?"
Doch eine Antwort erhielt ich in diesem Chaos, das sich auf dem Schulflur bot, nicht. Ich sah wie alle Schüler aus ihren Zimmern stürmten, nur um gleich darauf in noch mehr Gedränge und Chaos zu rennen.
Ich drehte mich zu unserem Klassenzimmer um und sah, wie unsere
Lehrerin die Tür mit beiden Händen zuhielt und sagte:
"Was geschlossen sei, öffne sich und was offen ist, schließe sich!"
Ich verstand erst nicht, was da soeben vor meinen Augen geschah. Doch als ich mich bis zur Tür unseres Klassenzimmers durch die drängenden Schülermassen zurückgeschoben hatte und die Tür versuchte zu öffnen, war diese fest verschlossen. Selbst rütteln brachte nichts. Die Tür war felsenfest verschlossen und bewegte sich keinen einzigen
Millimeter.
Hinter mir brachen Schüler zusammen, panische Schreie und Winseln drangen an meine Ohren. Ich drehte mich um und sah Männer in schwarzen Uniformen mit Schutzwesten und Gewehren durch die Flure eilen und auf alles zu schießen, was sich bewegte. Aber wieso?
Ich wollte es nicht sofort herausfinden und rannte davon.
Hinter einer Tür mit Glaseinsatz fand ich dann die Antwort.
Ich wollte gerade in ein Klassenzimmer
stürmen, hatte die Türklinke schon in der Hand und sah durch das Glas, wie aus einem Schüler ein anderes Wesen wurde. Es hatte lange krallenartige Finger, grüne schleimige Haut, gelbe große Augen, spitze scharfkantige Zähne, eine gekrümmte Haltung und scheinbar Hunger! Denn als es mich erblickte, stürmte es auf die Tür wie ein wildes Tier zu, und ich gerit in Panik. Was sollte ich tun? Ich wollte wegrennen, doch stattdessen presste ich meine Hände und mich selbst komplett gegen die Tür so fest ich konnte und murmelte mit geschlossenen Augen die Worte meiner
Lehrerin:
"Was verschlossen wurde, öffne sich und was offen ist, schließe sich!"
Ich hatte keine Ahnung, was passieren würde, ob dieser Satz mich retten oder mich ins Verderben stürzen würde. Deshalb sprach ich ein schnelles Stoßgebet in den Himmel hinauf und rannte in Windeseile davon genau in die entgegen gesetzte Richtung der schwarzen Uniformierten.
Schüler und Lehrer rannten panisch umher, andere wiederum waren in Monstergestalt irgendwo gefangen
genommen worden oder lagen bewusstlos auf den Fluren verteilt. Es war das reinste Chaos - und ich befand mich blöderweise mittendrin.
Ich wollte nur noch hier weg und rannte und rannte bis ich einen kleinen stechenden Schmerz verspürte und mit einem Mal zusammenbrach...
Von all dem ganzen drum herum nahm ich von da an nichts mehr wahr...