Verfolgt
Sie liefen. Liefen immer weiter durch den Wald, der im Zwielicht der Dämmerung weit bedrohlicher wirkte als am hellen Tage. Die Heiterkeit des Tages war fort und nun wussten nicht mehr wo sie waren, noch wovor sie genau flohen. Aber sie wussten, dass sie verfolgt wurden. Etwas war hinter ihnen her.
Dunkel. Groß. Gefährlich.
Sie fiel, gestolpert über eine Wurzel.
Er drehte sich um, half ihr auf. Nahm sie bei der Hand zu zog sie weiter. Fort von dem, was sie verfolgte.
Sie spürten, dass es näher gekommen war. Sie ihm nicht entkommen konnten.
„Schnell, da hinein“, sagte er.
Eine kleine verlassene Hütte.
Aber ihr war nicht wohl dabei.
„Darin sitzen wir in der Falle“, entgegnete sie.
Er nickte. Traute ihrem Urteilsvermögen. Vertraute ihr.
Sie liefen weiter. Immer darauf achtend, dass keiner der hölzernen Riesen sich ihnen in den Weg stellte. Sie rannten ziellos, denn jede Orientierung hatten sie schon lange verloren. Sie wollten einfach nur weg, bis sie außer Atem, stehen blieben. Sie sahen sich um.
„Es ist weg“, meinte sie verwundert, denn die Präsenz, die die ganze Zeit dicht hinter ihnen war, schien plötzlich fort zu sein.
„Ob wir es abgeschüttelt haben?“, fragte er sich hoffnungsvoll.
„Ich weiß nicht. Aber eine Atempause wäre wirklich gut“, flüsterte sie.
„Was glaubst du, wo wir sind?“
„Irgendwo im nirgendwo.“ Alice sah sich um, und plötzlich entdeckt sie etwas: einen Hoffnungsschimmer. „Sieh mal. Da scheint eine Straße zu sein.“ Sie zeigte einen Hügel hinunter, wo sie glaubte eine Straßenlaterne zu sehen.
„Dann los, dass wir aus diesem Wald hinaus kommen“, spornte er sie an.
Sie liefen hinunter. Hand in Hand. Doch kaum, dass sie die Straße erreichten, baute sich ein Schatten vor ihnen auf. Groß aber menschlich.
„Ich muss das Böse ausmerzen“, flüsterte eine männliche Stimme.
Der Schatten trat ins Licht und sie traute ihren Augen nicht: vor ihr stand er.
Er dessen Hand sie hielt, der neben ihr stand, stand nun auch vor ihr. Genau derselbe Mann. Aber sie wusste, dass er keinen Zwillingsbruder hatte.
Der Mann an ihrer Hand blickte genau so verständnislos drein, wie sie selbst.
Sie waren unfähig sich zu bewegen.
Der Mann vor ihr kam auf sie zu und zog ein Messer.
„Ich werde uns von ihr befreien, damit wir endlich unseren Frieden haben.“