Prolog
Die schwarzhaarige Frau drückte das Baby, das sie in den Armen hielt fest an sich. Zum einen um es besser vor dem kalten, beißenden Wind zu schützen, zum anderen beruhigte der kleine, warme Körper sie zumindest ein bisschen. Trotz der besänftigenden Wirkung war ihr Herzschlag immer noch erhöht, hatte bisher nicht zu seinem regulärem Takt zurückgefunden.
Ihr Atem ging ebenfalls schnell, ihre Lungen brannten vor Anstrengung und dieses Gefühl schien nicht verschwinden zu wollen. Nervös blickte sie sich um, vergewisserte sich abermals ob ihr auch
niemand gefolgt war. Sie war sich bewusst wie unnötig das war, wusste sie doch sehr wohl dass kein Dämon ihr durch das Portal hätte folgen können und trotzdem wurde sie dieses unbehagliche Gefühl beobachtet zu werden nicht los.
Leichte Panik begann sich in ihr auszubreiten und sie musste alle ihre Kraftreserven mobilisieren damit die Angst nicht die Überhand gewann.
Sie sagte sich gedanklich immer wieder, dass sie nun in Sicherheit war, das sie sich zusammenreißen musste weil ihr Auftrag noch nicht beendet war. Sie musste geraderücken was schief gelaufen war und zu ihrem großen
Bedauern war von einer Sekunde auf die andere einfach alles schief gelaufen. Ihre Flucht war hektisch gewesen, sie hatte sich auf die Schnelle einen Plan einfallen lassen müssen, der sowohl ihr Überleben, als auch das Überleben der Kleinen sicherte.
Und hier stand sie nun, vor der braunen massiven Haustüre aus Holz und zögerte. Sie hatte sich durch ihre Flucht mächtige Feinde gemacht, dessen war sie sie sich nur allzu deutlich bewusst. Egal wie lange sie es hinauszögern konnte, irgendwann würde sie sich ihnen stellen müssen und sie hatte die leise Ahnung, dass diese Begegnung nicht sonderlich gut für sie ausgehen würde.
Plötzlich zerriss das ohrenbetäubende Schreien das Babys in den Armen der Frau die Stille. Ihr heftiges Zusammenzucken, ließ die Kleine beinahe aus ihrem Griff rutschen. Als Reaktion auf die Geräusche, gingen in dem Haus vor ihr die Lichter an.
Es war Zeit zu gehen.
Sie legte das kleine Mädchen behutsam vor der Türe ab und trat einen Schritt zurück.
" Pass gut auf dich auf! Betritt niemals die andere Seite, sie ist ein viel zu gefährlicher Ort. Viel Glück meine Kleine!"
Mit diesen Worten drehte sie sich um,beschleunigte ihren Schritt und
betete für das Schicksal des Mädchens, das nun nicht mehr in ihren Händen lag.
Kapitel 1
Ich spürte augenblicklich dass ich träumte, kannte das Prozedere, dass mich gleich erwarten würde. Obwohl ich darauf gefasst war, die unzähligen Nächte vorher, das ständige Durchleben des Traumes mich darauf hätten vorbereiten müssen, war es dennoch jedes Mal schlimm für mich. Es gab kein Entkommen, keine Chance rechtzeitig aufzuwachen.
Das Verlies in dem ich mich befand war mir inzwischen vertraut ebenso wie der modrige Geruch und die Kälte.
Eine Gänsehaut breitete sich über meinem gesamten Körper aus und ich
schauderte heftig. Dabei klirrten die Ketten die um meine Hände und meine Füße gelegt waren und mir jede Bewegungsfreiheit nahmen.
Es war düster um mich herum, sodass ich nur grobe Formen und Umrisse warnehmen konnte. Durch die schlecht eSicht, hörte ich das Stöhnen, die Schmerzensschreie und das Weinen nur umso deutlicher. Das Leid um mich herum war greifbar und brachte mich selbst an die Grenze des Erträglichen.
Gleich würde es passieren. Mein Körper spannte sich in Erwartung auf das kommende an. Nicht mehr lange, wenige Sekunden. Ich wusste es und dennoch erschütterte es mich jedes Mal aufs
Neue. Man sollte meinen dass ein immer wiederkehrender Traum irgendwann an Spannung verlieren würde aber das war weit gefehlt.
Der jähe, hauchzarte Windstoß war alles was sie ankündigte. Dann tauchte vor mir das Gesicht einer alten Frau auf. Sie hatte aschfahle Haut, ihre grauen strähnigen Haare umrahmten ihr Gesicht und ihre schiefe Grimasse offenbarte vier spitzen Zähne die das einzige waren was ihr Gebiss zu füllen schien. Ihre leeren Augenhöhlen waren wie zwei große schwarze Löcher, angsteinflößend aber es war unmöglich zu entkommen. Das hielt mich jedoch nicht davon ab es zu versuchen und ich warf mich in
meinen Ketten hin und her. Meine Hilflosigkeit übermannte mich und Tränen rannen über meine Wangen.
Ein hohes schrilles Kreischen entfuhr mir als sich eine kalte Hand von hinten um meinen Nacken legte.
Die zweite war also auch erschienen. Langsam und schmerzvoll riss sie mit ihren scharfen Fingernägel, die Klauen glichen, meine Haut auf. Ich schrie auf und der Laut krazte durch meinen Hals.
Währenddessen verbiss sich die erste mit ihren Zähnen in meiner Schulter.
Aus dem Augenwinkel sah ich wie mehr von ihrer Sorte auftauchten und Grauen durchzuckte mich.
Ich wollte endlich aufwachen aber noch
war es nicht so weit, noch hielt mich der Traum als seine Gefangene und machte mit mir was er wollte, versetzte mich blanken Horror.
Von außerhalb der Gitterstäbe erklang diese Stimme. Es war eine männliche Stimme, sie klang rauchig und kehlig so als würde sich ihr Besitzer zu viele Zigaretten gönnen. Wer auch immer da sprach strömte eine Aura der Macht aus, die mich zu zerquetschen drohte, ich bekam kaum noch genug Luft zum atmen.
"Meine liebe Fear, ich gebe dir abermals die Chance mir zu sagen wo sie ist. In euren Adern fließt das selbe Blut, du spürst doch bestimmt wo sie sich aufhält." Die Worte hallten in meinem
Kopf wider, ergaben wie immer keinen Sinn und waren verglichen mit den Schmerzen die ich spürte unwichtig. Es fühlte sich an als würden die zwei alten Frauen, wobei ich stark daran zweifelte das sie menschlich waren, kurz davor waren mich zu zerfetzen.
"Du bist ein Reinblut, es wäre bedauerlich wenn du mich mit deinem Verhalten dazu zwingen würdest dich zu töten." Der Mann fuhr von meinen Schreien unbeirrt fort zu reden.
Schlagartig nahm ich ein schrilles Geräusch war, es bahnte sich seinen Weg durch mein Bewusstsein, rüttelte mich auf, klärte meinen Verstand und brachte
ihn und meinen Körper unbeschadet zurück in die reale Welt. Zunächst orientierungslos blickte ich mich um. Ich hörte immer noch diesen Laut und versuchte ihn zuzuordnen und zu lokalisieren was mir schließlich auch gelang. Als ich den Wecker auf meinem Handy ausgeschaltet hatte sank ich zurück in mein weiches und warmes Bett, das wie ich feststellen musste auch total nassgeschwitzt war.
Doch das war gerade zweitrangig, denn die Erleichterung von meinem Wecker gerettet worden zu sein wog schwerer als der leichte Ekel vor meinem nassen Bett. Ich hatte diesen Traum inzwischen so oft, dass ich jedes mal froh war wenn
ich erwachte und mich vor dem Einschlafen zunehmend fürchtete.
Das einzige was ich tun konnte war zu hoffen, dass dieser Traum irgendwann vergehen würde.
Ich fühlte mich wie gerädert als ich mich daran machte aufzustehen und mich für die Schule fertig zu machen. Noch halb benommen schwang ich meine Beine aus dem Bett und hörte ein schmatzendes Geräusch noch bevor ich registrierte, dass meine Füße bis zu den Knöchel in einer Wanne, zum Rand voll mit Schlamm steckten. Ein paar Sekunden brachte mich das so sehr aus der Fassung, dass ich mich nicht bewegen konnte, dann sickerte sowohl
die Erkenntis durch was passiert war, als auch die absolute Gewissheit wer dahinter steckte.
"Nate, Jake!" brüllte ich. Vor der Tür war leises Gekicher zu hören.
"Ihr kleinen Teufel", murmelte ich.
Ich sah mich in meinem Zimmer um, versuchte eine Möglichkeit zu finden wie ich meine Füße am besten säubern könnte ohne zu viel einzusauen. Zu meiner rechten befand sich mein Schreibtisch, ordentlich aufgeräumt, kein Anzeichen meiner eigentlich chaotischen Ader. Zu meiner rechten reihten sich ein Bücherregal und ein Kleiderschrank an meiner Wand.