Mein Vater liebte die Freiheit,
die nicht das Leben kostet.
Wie sorgfältig hatte er alles bedacht,
um sie für uns zu gewinnen.
Er war ein Mann der Mitte.
Nicht zu hoch und nicht zu tief,
so sollte unsere Flucht sein.
Doch ich wollte schon immer
das Unbedingte,
das Schrankenlose,
das Unerhörte.
Das wurde mir sekundenschnell bewusst,
als die Rösser auf der mittleren Bahn in Fahrt
kamen,
vor ungestümer Freude wieherten
und ihre Leiber im Sonnenlicht glänzten.
Ich schlug die Mahnungen des Alten in den Fahrtwind
und ließ die Zügel lustvoll schießen.
Einmal der Sonne ganz nahe,
einmal von Schönheit geblendet,
einmal nicht fahren nach Vorschrift,
einmal schwerelos sein.
Alles auf eine Karte setzen,
das tun selbst die Götter nicht.
Als das Wachs schmolz
und die Flügel im Äther zerstoben,
zog das Schwergewicht den
Sonnenwagen
in rasender Fahrt nach unten.
Alle meinen, dass Todesangst mich beherrschte.
Doch das war nur ein kurzer Moment,
dann überließ ich mich gelöst dem freien Fall.
Ich hatte das Äußerste gewagt
und das Schönste gesehen,
das beim Sturz
meine Seele ganz erfüllte.
© Ekkehart Mittelberg, Januar 2016