Der Chao Phraya.
Lebensader Bangkok´s und einer der drei wichtigsten Flüsse Thailands.
Auf eben jenem Fluss befand ich mich in einem Flusstaxi. Wild mit Händen und Füssen gestikulierend, durchzogen von einigen englischen Worten verständigte ich mich mit meiner Sitznachbarin.
Als einzige "falang", also Ausländerin mit weißer Hautfarbe, befand ich mich inmitten von Einheimischen, die wahrscheinlich um diese Uhrzeit alle von der Arbeit kamen.
Ich war nach einem aufregenden Tag, vollgepackt mit Sightseeing, einer aufregenden Bootstour mit Sichtungen von diversen Echsen, Fischen und Äffchen, interessanten Gesprächen mit Touristen und Einheimischen und natürlich einem vollen Magen, da ich mich unterwegs durch sämtliche Garküchen und Obststände gearbeitet hatte, auf dem Rückweg zum Hotel.
Meine Sitznachbarin erzählte mir von ihrem kranken Sohn, mit dem sie beim Arzt war und der wirklich nicht so ganz fit aussah. Was genau ihm fehlte habe ich nicht verstanden.
Wir fuhren das nächste Pier an. Etwas irritiert las ich den Namen auf dem Schild. Und leider stand da ein Name mit dem ich nicht viel anfangen konnte. Ich hatte meine Haltestelle verpasst!
Ich verabschiedete mich von meiner Gesprächspartnerin, die mir riet das nächste Taxi zurück zu nehmen und sprang panisch aus dem Boot.
Phra Athit hieß meine Anlagestelle. Niemand konnte mir sagen welches der folgenden Flusstaxen da hin fährt. Die meisten, die ich ansprach waren hilfsbereit und die wenigsten konnte ich allerdings verstehen. Entweder es war ein
Kuddelmuddelenglisch
oder sie sprachen gar kein Englisch, was in diesem Moment keinen Unterschied für mich machte. Meine Thai-Sprachkenntnisse ermöglichten leider auch keine Konversationen.
Fuhr überhaupt von diesem Pier aus ein Boot zurück? Wenn ja welches? Wie würde ich jetzt zum Hotel zurück kommen?
Völlig orientierungslos und mit einer aufsteigenden Panik stand ich also inmitten einer geschäftigen Menge von Einheimischen. In einer ruhigen Ecke stellte ich dank eines Stadtplans fest, dass ich zwei
Stationen hätte früher aussteigen müssen.
Zum Glück befand ich mich ja bereits auf der richtigen Uferseite und beschloß den Weg zum Hotel zu Fuß zurück zu legen. Vielleicht findet sich an der dahinterliegenden Straße auch ein Tuktuk.
Unterwegs kam ich an dunklen Höfen und verlassenen Straßen vorbei, leider konnte ich nirgendwo eine Hauptstraße erblicken. Irgendwann säumten Kanäle und Parks meinen Weg aber es war immer noch kein Taxi in Sicht und ich fluchte vor mich her! Keine Ahnung wie
lang ich jetzt zurück latschen musste!
Das ich aber auch immer jeden vollquatschen muss! Selbst schuld! Hätte ich nicht besser aufpassen können? Und wie kam ich denn eigentlich auch dazu ganz alleine nach Thailand zu fliegen? Was sollte das denn?!
Zwei Monate zuvor war mir in meinem Job gekündigt worden. Und das war auch gut so. Viel zu lange quälte ich mich morgens zur Arbeit. Schon viel zu lang harrte ich in diesem Beruf aus. Die Luft war raus und das Bewusstsein, mich für eine Tätigkeit aufzuopfern, die überhaupt nicht zu mir passte, nahm ihren Platz ein. Mein Körper reagierte mit Krankheit darauf. Nie war ich öfter krank als in diesem Job. Ich bewarb mich anderweitig, leider mit wenig Erfolg.
Mein größter Traum war immer Thailand gewesen und so rettete ich mir mit der Hoffnung auf einen Urlaub den Alltag.
Fing sogar an meine Route zu planen: erst Bangkok und dann weiter nach Koh Samui. Sogar nach Flügen hielt ich schon Ausschau. Nur weg hier. Ich war fest entschlossen zu kündigen und meinen Traum wahr zu machen. Dann kam mir das Schicksal zuvor und ich wurde in das Büro meines Chefs gerufen, in dem er mir die Kündigung überreichte. Endlich konnte ich meinen Traum wahr machen! Da sich niemand in meinem Freundeskreis spontan überzeugen ließ,
flog ich halt alleine.
Und so kam es dazu, dass ich mich gerade in die sinnloseste Grundsatzdiskussion aller Zeiten hineinsteigerte.
Plötzlich hatte ich ein eigenartiges Gefühl.....Ich war nicht alleine...
Einige Hunde folgten mir und irgendwie wurden es immer mehr.....
Aus Häusereingängen und Hinterhöfen schloßen sie sich der bisherigen Hundemeute an, die immer weiter zu mir aufschloß.
Ich mag Hunde, allerdings begegne ich Ihnen ungern alleine im Dunkeln, zumal
diese Exemplare auch recht struppig und aggressiv wirkten. Sie knurrten, fletschten die Zähne und kamen immer näher.
Die Aggression innerhalb der Meute stieg merklich an.
Mittlerweile bekämpften sich sogar untereinander. Sie kämpften um mich....ihre Beute....
Panisch sah ich mich in dieser menschenleeren Seitenstraße nach Hilfe um. Verdammt, kein Mensch weit und breit!
Nur ich allein mit diesen Hunden, die in mir ihr Abendessen sahen. Die nächste Hauptstraße war zwar nur
etwa 500m entfernt, allerdings war ich aufgrund der steigenden Aggression hinter mir gezwungen jetzt zu handeln! Einfach losrennen stand leider nicht zur Debatte, denn damit würde ich den Jagdinstinkt der Hunde nur weiter herausfordern und das sie schneller waren als ich, stand außer Frage. An der Hauptstraße konnte ich einige Taxen stehen sehen und hoffte die Taxifahrer würden von Weitem erkennen, dass jemand ihre Hilfe brauchte. Ganz automatisch beschleunigte ich meinen Schritt. Ich konnte nichts dafür, mein Fluchtinstinkt übernahm die Kontrolle über mich. Er war anscheinend
der Meinung ich wäre nicht Herr dieser Lage, zumal ich mich selbst in diese gebracht habe.
Die ersten Hunde nahmen diese Herausforderung gerne an und schnappten nach meinem Bein. Weitere Hund setzten zum Sprung an, als ich in meine Tasche griff und Ihnen die Tüte mit den Süßigkeiten und dem Obst hinwarf. Ich musste diesen Überraschungsmoment nutzen, und nahm die Beine in die Hand um schnellstmöglich zur Hauptstraße zu gelangen. Bei dem Großteil der Hunde funktionierte diese Ablenkung, bei
Zweien leider nicht. Sie witterten die Chance Ihre Beute nicht mehr mit dem Rest teilen zu müssen oder waren einfach nur schlauer als ihre Artgenossen.
So setzten sie erneut zum Sprung an, als ich endlich die Hauptstraße erreichte und in ein wartendes Taxi sprang! Der Taxifahrer gab sofort Gas! Aus dem Seitenfenster konnte ich sehen, dass schließlich auch die anderen Hunde aufschlossen.
Von den anderen Taxifahrern wurden sie sofort mit langen Stöcken in die Flucht geschlagen. "Ich bringe Sie am besten sofort ins
Krankenhaus!" antwortete mir der Taxifahrer auf englisch als ich mich bei meinem Lebensretter bedankte.
Ich blickte an mir herunter und bemerkte erst dann die Kratz- und Bisswunden, die die Hunde an meinen Armen und Beinen verursacht hatten!
Ich fing an zu schluchzen und zu heulen und hörte erst im Krankenhaus damit auf....