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Der König der Zwillingsstadt Kapitel 87

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"Der König der Zwillingsstadt Kapitel 87"
26 S.
26 S.

Der König der Zwillingsstadt Kapitel 87

Einleitung



Seitdem Galrens Vater vor 20 Jahren auf einer Expedition verschwand, hatte er nichts mehr von ihm gehört. Dies ändert sich schlagartig, als eines Tages ein Fremder in seinem Haus auftaucht und ihm eine Karte übergibt, die ohne Zweifel die Handschrift seines Vaters trägt. So macht er sich schließlich auf, die Route nachzuvollziehen, die dieser vor zwei Jahrzehnten genommen hatte, unwissend, das er dabei längst Teil eines viel größeren Spiels ist, das vor über einem Jahrtausend begann.

Bildquelle wandersmann / pixelio.de

Kapitel 87 Die Passage


Naria hatte sich nicht geirrt. Früh am nächsten Morgen wurde Galren vom Ruf des Ausgucks geweckt und hastete an Deck. Was er dann vor sich ah, würde er den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen, das wusste er im gleichen Moment, wo er das oberen Ende der Treppe erreichte und erstarrt innehielt. Die Passage schien ihm wie einem Fiebertraum entwachsen und erst jetzt bekam er einen Eindruck von den Kräften, die hier gegen sie wirkten. Es war, als hätte ein Gott zwei saubere Schnitte geführt und dann die

entstandene Lücke vergessen wieder zu Füllen. Links davon tobten die Stürme. Galren konnte die Wellen und die aufgewühlte See spüren. Rechts davon ebenso. Dunkle, schwarze Quellwolken überzogen den Himmel soweit das Auge reichte. Blitze zuckten herab, griffen nach Masten und Segeln um sie in Brand zu setzen. Und mittendrin... nichts. Der Sturm lies nicht etwa nach oder verzog sich... er war einfach gar nicht mehr da. Auf einem Streifen kaum doppelt so groß wie die Immerwind schimmerte das Wasser blau und glatt wie Glas und die Wolken schienen an einer unsichtbaren Wand abzudriften, die sich irgendwo über ihnen befand. Einmal sah Galren,

wie ein Blitz herabzuckte, der genau in diesen friedlichen Korridor hätte einschlagen müssen. Er verpuffte einfach, sobald er die Schnittstelle verließ, an der auch die Wolken endeten. Hadrir neben ihm schüttelte lediglich den Kopf, während er das seltsame Schauspiel verfolgte. Die Morgensonne tauchte das Wasser im Korridor in rotes Licht, während die Fluten rund herum so dunkeln und bedrohlich wie immer blieben. ,, Das ist absoluter Wahnsinn.“ , erklärte der Zwerg neben ihm. Er und Elin waren sobald die Passage in Sicht kam auf das Schiff das der König, Hadrir und auch Kasran und Varan für sich in Anspruch

nahmen, gewechselt. Heimlich hatte Galren darauf gehofft, dabei auch eine Gelegenheit zu finden, mit seinem Vater zu sprechen, doch blieb ihm das in der aufkommenden Hektik verwehrt. Segel wurden gerafft, während die Mannschaft tat, was sie konnte um das Schiff soweit es ging zu verlangsamen. Eine Hälfte des Schiffs trieb bereits inmitten des Übergangs. Die unsichtbaren Mauern, welche das Unwetter davon abhielten sie zu erreichen, waren nun spürbar und Galren trat fasziniert an die Reling. Man sah sie wirklich nur, wenn man wusste, wie man schauen musste. Ein leichtes Flirren in der Luft, so wie an heißen Tagen,

unmittelbar an der Stelle, wo tosendes und ruhiges Wasser aufeinander trafen. Er müsste sich nur vorbeugen und könnte eine Hand ausstrecken um diese Barriere zu berühren, so nah waren sie ihr inzwischen gekommen. Aus Neugier hob Galren einen Fischerhaken auf, der neben ihm am Geländer lehnte und tastete damit nach den Rändern der Passage. Im gleichen Moment, wo ein Teil des Stocks die Barriere überquerte, wurde er in zwei Hälften gerissen , als hätte Galren ihn unter eine Guillotine und nicht bloß durch die Luft bewegt. Das abgetrennte Ende wurde sofort von den Stürmen jenseits der Passage erfasst und in hohem

Bogen in die Luft geschleudert. Naria hatte sie gewarnt, dachte Galren. Und auch damit sollte sie Recht behalten. Er warf das abgebrochene Stück des Stabs, das er noch in der Hand hielt weg. Dort, wo eben noch der Haken gewesen war, befand sich nun nichts mehr, als eine saubere Schnittfläche aus poliertem Holz… ,, Also gut… wir versuchen besser nicht, das nachzumachen.“ , stellte er fest und zum ersten Mal seit auftauchen der Passage verspürte er einen Hauch von Angst. Das hier ging weit über sein Verständnis und ein Fehler bedeutete den Tod. ,,Wenn wir auch nur ein Stück zu weit

zur Seite getrieben werden, sind wir verloren, Galren. Es muss einen anderen Weg geben.“ Hadrir sah besorgt zu, wie das Schiff stetig näher auf die enge Schneise zwischen Sicherheit und Tod zutrieb. ,, Das hier, ist der andere Weg.“ , erklärte er gereizt und drehte sich zu dem Zwerg herum. ,, Eure Alternative ist, direkt durch den Sturm zu segeln. Das würden wir nicht überleben.“ Er wollte Hadrir nicht anfahren, aber seine eigene Anspannung war bereits jenseits von Gut und Böse. Elin war derweil vollauf damit beschäftigt, den Steuerleuten Anweisungen zu geben. Schien sie

anfangs noch unsicher, war sie mittlerweile scheinbar voll in ihrem Element. Galren sah ihr dabei zu, wie sie Karten und Bücher über den Haufen warf. ,, So kommen wir nicht weiter.“ , erklärte sie. ,, Wir haben das gleiche Problem wie zuvor. Niemand hat diese Gegend , geschweige denn diese Passage, je kartographiert. Uns bleibt nur, auf Sicht zu segeln und das Beste zu hoffen.“ ,, Dieser Korridor erstreckt sich über Meilen.“ , begehrte Hadrir auf. ,, Und uns bleibt kaum Platz zum Navigieren. Wenn er irgendwo einen Bogen macht, haben wir keine Chance ihm zu folgen,

wir würden in die Stürme geraten.“ ,,Ich weiß. Es ist nicht so, das uns eine Wahl bleibt“ , erklärte Elin grimmig. Galren konnte sehen, wie es in ihren Augen blitzte. ,, Aber vielleicht gibt es eine Möglichkeit. Galren…. Können wir uns auf dich verlassen? Wenn dieser Korridor irgendwohin außer geradeaus führt, musst du uns warnen…“ Er zögerte mit seiner Antwort. Seine Gabe hatte ihn im Stich gelassen, als er nach der Passage gesucht hatte. Was bedeutete das, wenn er versuchte, sie hier zu nutzen, jetzt wo er sie vor sich hatte? Galren wusste, er müsste nur nach dem Weg greifen und er wäre da. Mehr als ein Gedanke war nicht mehr nötig.

Aber konnte er sich darauf verlassen? Versagte er hier, war es für sie alle zu spät. Schließlich jedoch nickte er und trat wortlos an den Bug des Schiffs. Man verließ sich auf ihn. Und er hatte nicht vor dieses Vertrauen jetzt zu enttäuschen. Die Welt um ihn herum hörte mit jedem Schritt den er tat, weiter auf zu lärmen und verschwand zunehmend aus seiner Wahrnehmung. Dafür schien das Wasser, das sie umgab jetzt in einem hellen, fast blendenden, Ton zu glitzern. Als wären die Wogen aus flüssigem Gold geformt. Der Pfad, der dünne Lebensfaden, dem sie folgen oder verloren gehen würde, lag deutlich

vor ihm. Aufs Äußerste konzentriert spürte er kaum, wie das Schiff sich wieder in Bewegung setzte. Hadris Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten, wie Galren feststellte, als er den Pfad absuchte, der sich vor ihm auftat. Statt eine grade Linie zu formen, war er gewunden wie eine Schlange und stellenweise wurde er scheinbar noch schmaler als ohnehin schon. Kurz fragte er sich, ob es überhaupt möglich sein würde, das Schiff heil hier hindurch zu bringen. Er dachte kurz zurück an den Stock und das mulmige Gefühl, das das alles ein großer Fehler sein könnte, machte sich breit. So gut er konnte, prägte er sich die

Gefahrstellen ein, bevor er zu Elin zurücklief. ,, Die erste Kurve geht nach rechts.“ , erklärte er , als er die Gejarn am Steuer des Schiffs fand, wo sie mit dem Steuermann redete. Dieser versuchte krampfhaft das Schiff auf einem schnurgraden Kurs zu halten. Galren konnte die Schweißtropfen auf der Stirn des Mannes sehen. ,, Danach folgt eine Engstelle. Ihr seht sie noch nicht, aber wenn wir nicht sofort unseren Kurs ändern, schaffen wir es nicht mehr rechtzeitig. Sobald wir durch sind, müsst ihr das Schiff wieder auf einen graden Kurs bringen. Die Passage wird direkt dahinter zu einem

Nadelöhr.“ Der Zwergensteuermann sah ihn nur entsetzt an. ,, Wir werden das nie schaffen… habt ihr eine Ahnung wie schwerfällig dieses Schiff ist…wir…“ ,, Wir können auch nicht mehr umkehren.“ , fiel Elin ihm ins Wort. ,, Es gibt nicht genug Platz dafür. Es gibt keine andere Möglichkeit mehr, als weiter zu machen.“ Galren konnte sehen, wie der Mann tief Luft holte und ein stilles Gebet murmelte, während er das Schiff nach rechts zog. Die ganze Mannschaft schien gleichermaßen auf ihren Plätzen erstarrt, während die gewaltige Konstruktion aus Holz und Metall sich langsam neigte und

dem langsam seitlich führenden Korridor aus schützender Magie folgte. Holz und Leinen knirschten, doch der erwartete Aufprall und der Ruck wenn das Schiff auseinandergerissen wurde, blieben aus. Galren hielt sich an einem Tau fest, während sie endlich aus der Kurve hinaus trieben… und dann geschah es. Trotz aller Bemühungen waren sie zu weit zur Seite geraten und die plötzlich näher beieinander liegenden Wände der Passage kamen mit der linken Schiffsseite in Kontakt. Das gesamte Schiff zitterte, als die vorgewölbten Planken des Schiffsrumpfs sauber abgeschliffen wurden, wo sie über die unsichtbare Grenze ragten. Metall

und Holz wurden gleichermaßen in die Luft geschleudert und gingen als Schauer über das Deck nieder. Männer schrien und brachten sich in Deckung. Andere blieben nur wie erstarrt stehen wo sie waren und sahen zu, wie das Schiff wie in einer gewaltigen Sägemühle geschliffen wurde. Die kleinste Kursänderung und sie würden endgültig über die Grenze kommen und das Schiff in zwei Hälften gerissen werden. Der Steuermann, der sich hinter das Ruder duckte, wagte es nicht, das Steuerrad auch nur einen Fingernagel breit zu bewegen, während der Korridor vor ihnen endlich wieder breiter wurde. Die erste Hürde wäre genommen, dachte

Galren erleichtert. Er konnte das glitzern der offenen See bereits sehen, irgendwo am Ende der nur noch leicht gewundenen Passage. Er ließ das Tau los und sah zu, wie das Schiff an den Barrieren vorbei trieb. Elin würde sie von hier ab auch alleine durchbringen, dachte Galren. Trotzdem rief er sich erneut den Pfad in Erinnerung, den er gesehen hatte. Es gelang ihm mühelos. Seine Fähigkeiten waren mittlerweile so gefestigt, das er kaum mehr darüber nachdenken musste. Und warum konnte er dann die Passage selbst damit nicht finden? Nach wie vor konnte er nicht behaupten zu verstehen, was hier vor sich ging. Waren die

Stürme als Hindernis für jemanden wie ihn gedacht gewesen? Oder waren sie von all dem unabhängiges Phänomen? Wenn nicht, dann kam er besser dahinter, was ihre Erschaffer so gefürchtet hatten, bevor sie Canton erreichten… Es würde nicht mehr lange dauern. Und doch wäre dadurch grade einmal ein Schiff in Sicherheit. Zwölf weitere würden folgen müssen. In Gedanken versunken, merkte er kaum, wie jemand neben ihn trat. Kein Zwerg, dazu war die Gestalt zu groß. ,, Was meinst du, wie weit ist es, bis wir Canton erreichen ?“ Varan Lahaye ließ den Blick auf den Horizont geheftet,

während er sprach. ,, Noch zwei Wochen, vielleicht drei.“ , erwiderte er. ,, Auf dem Weg hierher haben wir einen Umweg machen müssen, diesmal dürfte es schneller gehen.“ Galren wagte es nicht aufzusehen, wollte das Feuer nicht noch einmal sehen, das in den Augen seines Vaters brannte. Er hatte nur die schwache Hoffnung, dass der Mann als der er ihn kannte nicht völlig verschwunden war. Wenn sie nur erst wieder Zuhause wären… vielleicht würde dann alles besser. Langsam hob er nun doch den Kopf und sah zu seinem Vater, der sich auf die Reling stützte, den Blick nach wie vor in die Ferne gerichtet. Galren wusste, dass er

nachdachte, aber über was, das konnte er nicht sagen. ,, Vater sei ehrlich, was hast du vor ?“ ,, Diese Leute retten.“ , erwiderte Varan leise, bevor er sich umdrehte. ,, Und ich hoffe, das hast du auch.“ Natürlich tat er das, dachte Galren. Alleine die Tatsache, dass sie hier waren konnte daran ja wohl keinen Zweifel lassen, oder? Er wünschte er wüsste, was sein Vater in diesem Moment dachte. Nach außen gab dieser Mann nur noch Preis, was er sie auch wissen lassen wollte. Was wenn er der Grund für das alles ist, Galren? , fragte er sich selbst. Kannst du diesem Mann überhaupt trauen? Du tust genau was er will, aber

du weißt gleichzeitig nicht, was er vorhat. Was wenn du genau das tust, was die Erbauer dieser Barriere verhindern wollten? Und wenn schon, wer sagte denn das das nicht das richtige war? Nur weil jemand etwas verhindern wollte, hieß das nicht, dass es schlecht war. Im Gegenteil. Und er würde seinen Vater nicht wegen einer Vorahnung zurück lassen… Mittlerweile hatte das Schiff das Ende der Passage erreicht und trieb wider auf das offene Meer hinaus. Die Wolken der Stürme links und rechts von ihnen , zerfaserten an den Enden und griffen wie Finger einer Hand über den Himmel, fast , als würden sie doch noch versuchen,

sie irgendwie aufzuhalten. Doch nichts dergleichen geschah. Keine Wolkenhand senkte sich über sie herab und nur der ferne Donner erinnerte daran, was dort in ihrem Rücken nach wie vor auf sie lauerte… Aber das würde heute nicht ihre letzte Begegnung mit dem Unwetter sein, dachte Galren. ,, Lasst ein Boot zu Wasser. Ich und Elin rudern zurück und bringen das nächste Schiff durch…“ Das Wasser innerhalb des Korridors wäre ruhig genug dafür. Allerdings hatte alleine die Vorstellung in einer Nussschale inmitten der Stürme zu treiben etwas

Nervenaufreibendes…

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EagleWriter
...Was gibts über mich zu wissen ? Ich schreibe gerne, deshalb bin ich auf der Seite angemeldet. Muss man mehr wissen ?Ich freu mich natürlich immer über konstruktive Kritik und Kommentare zu meinen Texten.Sonst noch was über mich..
Malt und Metalhead und Laborheini mit einem Faible für Philosophie, Pfeifen und Fantasyliteratur. Erwarte also bitte niemand zu viel von mir :-)

Oh und mich gibts auch bei MyStorys
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Terazuma Irgendetwas sagt mir, dass das das Schrecklichste ist, das geschehen konnte. Varan Lahaye oder besser das was in ihm oder in dem Schwert ist, hätte niemals durch diese Barriere kommen dürfen.
Das ergibt Sinn, dass Galrens Gabe den Weg nicht finden kann, wenn die Barriere dazu geschaffen wurde, das was es verursacht abzuhalten durchzukommen. *grusel*
LG Tera
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter 
Es läuft also alles nach Plan ^^
lg
E:W
Vor langer Zeit - Antworten
Terazuma Wie gesagt, ich bin noch ohnmächtig... XDDD
Will ich es überhaupt wissen, was da für Katastrophen auf Canton zukommen?
Verflixt! Dazu bin ich schon viel zu tief in dieses Buch eingetaucht. 'grummel' ^^
LGTera
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Ich wage zu behaupten, nein, aber gleichzeitig, auch morbide Neugier ist Neugier ^^
lg
E:W
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Terazuma Oh ja! Und wie! ^^
LG Tera
Vor langer Zeit - Antworten
abschuetze Da hast du ja mal ein nervenaufreibendes Szenario geschaffen. Schein im neuen Jahr noch aufregender weiter zu gehen ;-)

ich wünsch dir was für 2016 :))
LG von Antje
Vor langer Zeit - Antworten
EagleWriter Frohes Neues
lg
E:W
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