Kurzgeschichte
Traurige Blumen?

0
"Ist wirklich alles vergänglich?"
Veröffentlicht am 30. Dezember 2015, 12 Seiten
Kategorie Kurzgeschichte
© Umschlag Bildmaterial: avewien
http://www.mystorys.de

Über den Autor:

Danke fürs Vorbeischauen! Es freut mich, wenn es noch jemanden gibt, für den Schreiben und Lesen eine Leidenschaft ist, die keine Leiden schafft! Noch mehr freue ich mich, wenn ich auf meine Geschichten Kommentare und Rückmeldungen erhalte! Einfach in meine Texte reinschauen, dann wisst Ihr bald mehr über mich! Zumindest was ich so alles schreibe ... Viel Spaß beim Schmökern! Andreas
Ist wirklich alles vergänglich?

Traurige Blumen?

EINLEITUNG

Wir alle hinterlassen Fußabdrücke.

Man muss nur genau hinsehen...











Text und Bild

(c) by avewien/Andreas V. Engel - 12/2015

traurige blumen?

Als ich vor dem Klassenzimmer stand, war ich etwas verwundert. Es war ziemlich still. Ungewöhnlich. Normalerweise ist gerade die 7B nicht zu überhören.

Als ich durch die offene Tür blicken konnte, sah ich keinen meiner Schüler. Ich dachte zunächst an einen der üblichen Streiche. Doch als ich in den Raum ging, konnte ich ganz hinten bei der Fensterbank alle Kids erblicken. Sie bemerkten mich nicht. Es war für mich nur ein leises Wimmern wahrzunehmen. Sophie entdeckte mich als Erste, und kam schnurstracks auf mich zu. „Herr Professor, der Opa vom Michi ist gestern gestorben und

…“

An eine normale Unterrichtsstunde war nicht zu denken. Diese Nachricht hatte scheinbar alle in einer gewissen Weise schockiert. Für mich ein Erlebnis, dass ich nicht erwartet hatte, denn die Klassengemeinschaft ist eher als heterogen zu bezeichnen. Als sich alle Kinder zu ihren Tischen bewegten und auch Michi mit einem „Geht schon wieder.“ Platz nahm, durchbrach Katrin die Stille: „Michi, weißt Du was mich traurig macht? Wenn meine Schwester wieder ins Spital muss. Dann fühle ich mich immer so allein.“ Alle blickten zu Katrin, doch keiner fragte nach.

Miriam wischte sich mit der linken Hand

übers Gesicht und erwiderte: „Ich war so verzweifelt, als mein Hund gestorben ist. Er war mein bester Freund.“ Max stand auf, ging zu Miriam und sagte: „Mir ist es genauso gegangen. Aber schau, ich hab immer noch ein Foto von ihm bei mir.“ Er kramte sein Federpennal hervor und zeigte Miriam das Bild. Miriam lächelte. Plötzlich begannen alle Kinder nach und nach zu erzählen. Lukas wollte die Stimmung ein wenig aufhellen und meinte: „Ich könnte heulen, wenn es beim Bäcker keine Donuts mehr gibt.“ Er erntete von den meisten seiner Mitschüler ein kleines Lächeln. Es schien, als hätten alle diese Botschaft verstanden. Ich war zunehmend erstaunt, was an diesem Tag in der Klasse

passiert war. Als die Glocke die Pause einläutete, griff ich nach meinen Unterlagen und ging – trotz der traurigen Nachricht - in gewisser Weise stolz Richtung Tür.

Doch bevor ich den Raum verlassen konnte, drückte mir Stefan – der als Einziger nichts gesagt hatte - einen zusammengefalteten Zettel in die Hand. Ich wollte noch fragen, warum er mir dieses Blatt gab, doch er war schon Richtung Schulhof unterwegs. Auf dem Blatt stand „Bitte erst zu Hause aufmachen.“ Ich war zwar neugierig, doch ich wartete bis der Unterrichtstag zu Ende war. Der Abend war angenehm warm. Ich nahm ein Glas Wein und setzte mich auf meinen

kleinen Balkon. Die halbe Stadt schien unterwegs zu sein – der Straßenlärm war nahezu unerträglich. Als ich die Zettel auseinander gefaltet hatte, begann ich in aller Ruhe zu lesen:

Ich finde das total unfair. Ich hab Michis Opa gekannt. Wir waren sehr oft bei ihm. Und jetzt können wir nicht mehr bei ihm zu Mittag essen oder mit ihm spielen. Er hat uns so viele tolle Kartenspiele beigebracht. Das soll jetzt alles auf einmal nicht mehr so sein? Michi hat mir gestern noch eine SMS geschrieben, dass sein Großvater gestorben ist.

Aber wissen Sie, Herr Professor, ich habe ein wenig nachgedacht, um Michi ein wenig

aufzumuntern – obwohl es nichts genützt hat – aber vielleicht hilft es ja irgendwann wem. Und ich habe mir gedacht, ich gebe Ihnen den Zettel, weil Sie können sicher damit was anfangen. Der Tod ist echt eine Katastrophe. Aber ich bin so froh, dass ich Michis Opa kennen gelernt habe. Wir werden zwar nie wieder mit ihm zusammen sitzen, aber er hat mir Sachen beigebracht, die ich sonst nie gelernt hätte. Und er hat immer gemeint, dass es wichtig ist, sowas weiterzugeben. Irgendwann ist das Leben aus. Ist nun einmal so. Aber irgendwas bleibt immer von einem übrig. Ich denke mir, vielleicht ist es dann gar nicht notwendig, dass man so extrem traurig ist, wenn es vorbei ist.

Vielleicht klingt es eigenartig, aber ich hatte dann irgendwie komische Gedanken. Vielleicht verstehen Sie es ja, was ich hier aufgeschrieben habe:


Ist die Blume traurig, wenn die Blüten abfallen? Weint der Schmetterling seiner Zeit als Raupe nach? Macht es dem Schnee was aus, wenn er schmilzt? Ärgert sich der Stein, wenn er abgerieben wird?


Das klingt auch für mich eigenartig, aber irgendwie sind wir scheinbar alle nicht für die Ewigkeit bestimmt. Und trotzdem kann

manches ewig bleiben. Die Erinnerung.


Ich verbrachte noch einige Stunden auf dem Balkon. Mittlerweile war es auf den Straßen ruhiger geworden. Ich lehnte mich in meinen Sessel, starrte in den Nachthimmel und merkte wie verschiedenste Gedanken durch meinen Kopf schossen. Nach und nach verlor auch für mich die Vergänglichkeit zunehmend an Bedeutung.

0

Hörbuch

Über den Autor

avewien
Danke fürs Vorbeischauen!

Es freut mich, wenn es noch jemanden gibt, für den Schreiben und Lesen eine Leidenschaft ist, die keine Leiden schafft! Noch mehr freue ich mich, wenn ich auf meine Geschichten Kommentare und Rückmeldungen erhalte!

Einfach in meine Texte reinschauen, dann wisst Ihr bald mehr über mich! Zumindest was ich so alles schreibe ...

Viel Spaß beim Schmökern!
Andreas

Leser-Statistik
23

Leser
Quelle
Veröffentlicht am

Kommentare
Kommentar schreiben

Senden
KaraList Erinnerungen und Vergänglichkeit in einer unaufgeregten und gerade deshalb eindringlich wirkenden Geschichte festgehalten. Großartig! Besonders interessant, dass Deine Protagonisten Kinder sind, für die sich die Trauer sehr unterschiedlich definiert.
LG
Kara
Vor langer Zeit - Antworten
avewien Vielen Dank Kara!
Es ist ja nicht nur bei den Kindern so...nur ist es oftmals so, dass sie noch instinktiver reagieren.

LG
Andreas
Vor langer Zeit - Antworten
pekaberlin Kurz, schlicht, genial, Andreas!
Wozu mehr Worte machen?
Chapeau, Liebe Grüße und einen guten Rutsch natürlich
Peter
Vor langer Zeit - Antworten
avewien Vielen Dank Peter!
Vor allem für den Chapeau.
Auch Dir ein Prosit 2016.
Andreas
Vor langer Zeit - Antworten
EllaWolke Etwas ganz Besonderes!
Danke dafür

Liebe Grüße
Ella
Vor langer Zeit - Antworten
avewien Vielen Dank Ella!
Das freut das Schreiberherz!

Liebe Grüße und einen guten Start ins neue Jahr!
Andreas
Vor langer Zeit - Antworten
Ameise Wunderbar Deine Geschichte. Besonders weil ich denke das niemand verloren geht, wir ändern nur den Aggregatzustand und unser ewusstsein verschwindet. Ich habe Deine Geschichte gern ind mot Gänsehaut gelesen. LG Ameise
Vor langer Zeit - Antworten
avewien Vielen lieben Dank Ameise!
Liebe Grüße und einen guten Start ins neue Jahr!
Andreas
Vor langer Zeit - Antworten
Feedre sehr schöne Gedanken über Erinnerungen
unsere treuen Begleiter durchs Leben...:-))
LgF
Vor langer Zeit - Antworten
avewien Genauso ist es liebe F. ;-)
Danke Dir und liebe Grüße!
Andreas
Vor langer Zeit - Antworten
Zeige mehr Kommentare
10
14
0
Senden

139222
Impressum / Nutzungsbedingungen / Datenschutzerklärung