Es ist bereits später Abend und Adam ist noch immer nicht zurück. Ich versuche ihn auf seinem Handy zu erreichen aber es ist ausgeschaltet. Ich laufe in der Wohnung auf und ab und nasche immer wieder von der feinen Schokolade, die Adam immer im Kühlschrank hat. Ich bin nervös und besorgt. Adam war wirklich wütend und so aufgebracht habe ich ihn noch nie erlebt. Die Warterei macht mich müde. Ich lege mich aufs Sofa und schlafe bereits kurze Zeit später ein.
Ich erwache, es ist dunkel im Wohnzimmer. Ich höre jedoch Geräusche die aus der Küche zu kommen scheinen. Ich suche mit der einen Hand mein Handy unter dem Kopfkissen und schaue auf die Uhr. Es ist bereits 08.00 Uhr. Ich habe die ganze Nacht geschlafen! Das Handy zeigt mir auch ein SMS von Trisha an welche ich aber nicht lesen kann, weil ich unbedingt herausfinden muss, wer bei uns in der Küche steht. Ich laufe langsam in den Gang in Richtung der Küche und erkenne dann, dass es Adam und seine Schwester Graziella sind die dort stehen und diskutieren. Adam
scheint zerknirscht zu sein. Graziella eher wütend und aufgebracht. Sie merken nicht, dass ich im Gang stehe. Sie unterhalten sich angeregt über irgendeinen Brief des Grossvaters. Adam erzählt ihr von unserem Streit und auch von dem Morgen im Büro. Er wirkt müde und es schmerzt mich, ihn so zu sehen. Ich laufe gähnend in die Küche und gebe den beiden den Anschein, als wäre ich erst gerade aufgewacht. Adam bleibt in der Küche stehen und sieht mich an. Ich erkenne ihn seinem Blick nicht, ob er auf mich wütend ist, oder einfach nur müde. Keine der beiden sagt ein Wort und auch ich traue mich nicht zu sprechen. Graziella sieht Adam an, aber dieser
sieht weiterhin nur mich an. Es scheint als würde er in mich hineinsehen wollen. Als würde er wissen wollen, was sich in mir abspielt oder was ich denke. Graziella umarmt ihren Brüder, flüstert ihm etwas ins Ohr und kommt dann lächelnd auf mich zu. „Du weisst nicht wie glücklich ich über dieses Baby bin“, sagt sie lächelnd und streicht mir behutsam über den Bauch. Ich erröte. Ich hätte nicht gedacht, dass Adam es ohne mich, seiner Familie erzählt aber es ist sicher die bessere Lösung. Ich lächle sie an und wir umarmen uns. Bevor sie mich loslässt sagt sie mir leise: „Vertrau Adam, er möchte nur das Beste für unsere Familie, zu welcher du nun auch
gehörst. Er liebt dich und will dich nicht verlieren. Denke immer daran ok?“ Sie lässt mich los und schaut mich an um zu sehen ob ich ihre Worte verstanden habe. Ich nicke leicht und lasse sie dann los. Sie winkt Adam zu und verlässt dann die Wohnung. Adam und ich stehen noch immer beide da ohne ein Wort zu sagen. Ich will warten, dass Adam den ersten Schritt auf mich zumacht. Ich will hören, was er mir zu sagen hat. Er sieht mich noch immer an und ich spüre wie es in seinem Gehirn rattert. Adam beginnt in der Küche hin und her zu laufen und will immer wieder ansetzen um mit mir zu sprechen aber er sagt nichts. Abrupt bleibt er stehen und bittet mich
in die Küche. Ich laufe zu ihm hin und bin verunsichert und beunruhigt vor dem was mich erwartet. Er war den ganzen Tag weg und hatte genügend Zeit um sich über die Situation klar zu werden und eine Lösung zu finden, die ihm gefällt. Ich weiss nicht was mich erwartet, was er sagen wird und wie er reagiert. Wo war er über Nacht? Ist er nach Hause gekommen und ich habe es nicht bemerkt? Als ich ihm gegenüber stehe erkenne ich die Kleider des letzten Tages. „Warst du die ganze Nacht weg?“ frage ich leise. Er scheint überrascht über meine Frage zu sein. Natürlich, er weiss auch nicht, dass ich bereits nachmittags eingeschlafen und erst jetzt
wach geworden bin. „Ja und es tut mir leid, wenn du dir Sorgen gemacht hast, aber ich musste etwas erledigen.“ Ich frage nicht nach was er denn erledigen musste, obwohl ich es eigentlich unbedingt wissen will aber ich muss lernen ihm zu vertrauen und ihm den nötigen Freiraum zu geben. Lange schauen wir uns an, ohne ein Wort zu sagen. „Ria?“ fragt Adam dann „ist es okey wenn wir heiraten? Das Kind soll in einer richtigen Familie aufwachsen. Wenn du irgendwann merkst, dass ich nicht der Richtige bin, kannst du mich auch verlassen, aber ich will nicht, das unser Kind das Gefühl hat, es sei ein Unfall gewesen und sich weniger geliebt
fühlen.“ Moment…hatte ich etwas verpasst? Ich sehe Adam fragend an. Ich weiss ja, dass er mich heiraten möchte, seit er weiss, dass ich schwanger bin aber wieso sagt er mir das jetzt so? Er war die ganze Nacht weg, sagt mir nicht wo er war und dann fragt er einfach so ob ich ihn heiraten möchte? „Adam, ich weiss nicht ob ich das richtig verstehe. Soll das eine Scheinehe sein oder ist das so etwas, dass man in reichen Kreisen eifach mal so macht? Ich bin wirklich verwirrt.“ „Tut mir leid Ria, aber ich muss wirklich wissen ob du mich heiraten willst. Ob du versuchen willst mit mir zusammen zu sein.“ Adam scheint es wirklich ernst zu sein. „Ich
hatte mir eigentlich meinen Heiratsantrag romantischer vorgestellt, aber ja, ich glaube ich will dich heiraten. „ Adam kommt auf mich zu, nimmt meine Hand und sagt nur: „Komm wir müssen zu meinen Eltern.“ Langsam verstehe ich die Welt nicht mehr. Was war das denn? Kein Kuss kein gar nichts? Adam ist nervös, lässt aber meine Hand nicht los. Er scheint neben sich zu sein. Er klopft an der Haustüre der Eltern, welche auch gleich von seinem Vater geöffnet wird. „Ich brauche Grossvaters Brief“, sagt Adam ohne den Vater zu begrüssen und stürmt ihn die Wohnung. Der Vater nickt nur und läuft voraus. Im Wohnzimmer treffen wir auf
Adams Mutter welche uns freundlich begrüsst und uns neugierig nach dem spontanen Besuch fragt. Adam bittet seine Mutter um einen kurzen Moment Geduld und läuft mit mir an der Hand, dem Vater in die Bibliothek nach. Ich werde auf einen weichen und bequemen Polstersessel verfrachtet während die Männer leise tuscheln und dabei eine Holzschatulle in der Hand halten. Adam nimmt dem Vater die Holzschattule behutsam aus der Hand und gibt sie mir. „Darin findest du einen Brief, lies ihn bitte. Es erklärt, was Samantha mit den Bedingungen gemeint hat. Es sind echte Bedingungen und es ist mit wichtig, dass du den Hintergrund
verstehst.“ Mit diesem Worten und verlassen Adam und sein Vater die Bibliothek und schliessen die Türe hinter sich. Ich sitze alleine hier in diesem Raum voller Bücher, Geheimnisse, Rätsel und einer Holzschatulle mit einem Brief.