Part 1
Sonnenstrahlen fielen durch das offene Fenster. Sie trieben die Schatten der Nacht zurück bis in die letzten Ecken. Auf den Strahlen tanzten kleine Sonnenfeen. Sie sprangen auf den Schreibtisch, den Schrank und das Bett und tanzten auch dort. Eine kleine mutige Fee wagte sich, auf der Nasenspitzte des Mädchens, das in dem Bett lag und schlief. Gerade drehte die Fee eine Pirouette, als das Mädchen erwachte und sich aufsetzte. Zwar konnte sie die Feen nicht sehen, doch diese zogen sich trotzdem ein Stück weit vom Bett zurück. Die 16 – Jährige sah
auf ihren Wecker. In fünf Minuten würde dieser klingeln, um sie für die Schule zu wecken. Es war ein schöner Morgen. Ruhig und entspannt. Das hatte es schon lange nicht mehr in diesem Haus gegeben. Doch plötzlich hörte das Mädchen Stimmen vor der Tür und die Ruhe war für immer verschwunden. „Was kann ich denn dafür, dass sie so schlechte Noten schreibt?“ „Was du dafür kannst? Alles! Du könntest dir ja mal Zeit für deine Tochter nehmen!“ „Aber du weißt, dass ich arbeiten muss.“ „Ich arbeite auch. Jetzt geh da rein und sprich mit ihr!“ Ihre Eltern stritten sich. Schon wieder. Gerade als sie sich wieder hinlegen und so tun wollte, als würde sie
schlafen, ging die Tür auf und ihre Eltern traten ins Zimmer. Ihrem Vater war es deutlich anzusehen, dass ihm die Situation unangenehm war, doch ihre Mutter stand fast schon zu sicher da und das Mädchen wusste, sie käme um dieses Gespräch nicht herum.
Die Worte ihrer Eltern interessierte sie nicht. Sie sah hinaus auf die Dächer der Stadt. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und es schien, als sei dort draußen alles in Ordnung. Ein Wort drang an ihr Ohr und ihre gesamte Welt zerbrach in tausende Splitter. Ungläubig sah das Mädchen ihn an. Wie konnten sie nur? Tränen füllten ihre Augen, doch sie hatte sich geschworen, nicht vor
ihren Eltern zu weinen. „Habt ihr nicht noch irgendwas zu tun? Frühstücken oder euch unten streiten?“, fragte sie bitter und schob ihre Eltern hinaus zur Tür. Dann knallte sie die Tür zu, schloss sie ab und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Tränen rannen ihr die Wangen hinunter und so stand sie dar und weinte. Auf der anderen Seite versuchte ihre Mutter wutentbrannt die Tür zu öffnen und schrie irgendwelche Drohungen. Doch es interessierte die 16 – Jährige nicht. Sie schlug mit der Faust gegen die Tür. Das machte das Geschrei ihrer Mutter nicht besser, doch es war ihr egal. Langsam kroch schmerz ihren Arm hinauf und sie betrachtete ihn. Um
ihren Unterarm war ein Verband gewickelt. Sie wusste, was sie dort getan hatte war nicht richtig gewesen, doch es war ein stummer Hilfeschrei.